TE Bvwg Beschluss 2018/10/2 I407 2123883-1

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Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

AlVG §25
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

I407 2123883-1/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichter Florian TAUBER und Mag. Stefan WANNER als Beisitzer über den Antrag der XXXX, geb. XXXX, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist bezüglich des Antrages auf Vorlage des Bescheides vom 11.01.2016, Zl. LGSTi/IV/0566/300776-702/2015-CB, an das Bundesverwaltungsgericht beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

1. Folgender Verfahrensgang wird festgesellt:

1. Mit Bescheid vom 11.01.2016, Zl. LGSTi/IV/0566/300776-702/2015-CB, wies das Arbeitsmarktservice Innsbruck, regionale Geschäftsstelle (in der Folge: belangte Behörde) die Beschwerde von XXXX (in der Folge: Wiedereinsetzungswerberin) gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2015, mit welchem der Bezug des Arbeitslosengeldes der Wiedereinsetzungswerberin für den Zeitraum 02.03.2015 bis 10.07.2015 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und die Wiedereinsetzungswerberin gemäß § 25 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeld in Höhe von Euro 3.726,95 verpflichtet wurde, im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm §§ 24 Abs. 2, 25 Abs. 1 und 56 AlVG ab.

2. Mit Schriftsatz vom 29.01.2016, eingelangt bei der belangten Behörde am 05.02.2016, beantragte die Wiedereinsetzungswerberin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3. Mit Bescheid vom 15.02.2016, Zl. LGSTi/IV/0566/300776-702/2016-R, wies die belangte Behörde den Vorlageantrag der Wiedereinsetzungswerberin gemäß § 15 Abs. 1 und 3 VwGVG als verspätet zurück.

4. Dagegen erhob die Wiedereinsetzungswerberin mit Schreiben vom 17.03.2016 Beschwerde.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Wiedereinsetzungswerberin mit Schreiben vom 04.04.2016 die Verspätung ihres Rechtsmittels gegen den Bescheid vom 15.02.2016, Zl. LGSTi/IV/0566/300776-702/2016-R vor: Aus dem Rückschein gehe hervor, dass der Bescheid der belangten Behörde am 16.02.2016 ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Rechtsmittelfrist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG von 4 Wochen habe am Dienstag, dem 16.02.2016 zu laufen begonnen und habe am Dienstag, dem 15.03.2016, 24:00 Uhr, geendet. Die von der Wiedereinsetzungswerberin am 18.03.2016 zur Post gegebene Beschwerde sei daher verspätet.

6. In ihrer Stellungnahme vom 13.04.2016, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 19.04.2016, ersuchte die Wiedereinsetzungswerberin um detaillierte Überprüfung der Zustellung des Bescheides vom 15.02.2016. Die Wiedereinsetzungswerberin glaube, den Bescheid am 16.02.2016 hinterlegt bekommen und noch am selben Tag abgeholt zu haben. Daher behaupte sie, dass sie die Berufung am 29.02.2016 eingebracht habe. Zudem ersuche die Wiedereinsetzungswerberin in ihrer Stellungnahme die Tippfehler ihrerseits zu entschuldigen: Sie habe den Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2016 (hinterlegt am 16.02.2016) am 18.02.2016 abgeholt und die Berufung am 29.02.2016 eingebracht. Sie habe am 18.03.2016 das Schreiben vom 17.03.2016 aufgegeben, aber die Beschwerde habe sie am 29.02.2016 (gemeint wohl: 29.01.2016) aufgegeben.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.04.2016, Zl. I404 2123883-1/5E wurde die Beschwerde vom 17.03.2016 gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

8. In der Folge brachte die Wiedereinsetzungswerberin den zum 14.04.2016 datierten, am 14.07.2016 zur Post gegebenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Frist betreffend des Antrages auf Vorlage des Bescheides vom 11.01.2016 (Beschwerdevorentscheidung) an das Bundesverwaltungsgericht bei der belangten Behörde ein. Begründend wurde angeführt, dass sie erst mit 08.07.2016 erfahren habe, dass ihr Sohn die gegenständliche Beschwerde zu spät zur Post gebracht habe und wurde eine eidesstattliche Erklärung des Sohnes beigelegt.

9. Am 21.07.2016 legte die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dem Bundesverwaltungsgericht vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt; diesen ist die Wiedereinsetzungswerberin auch in ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung vom 14.07.2016 im Wesentlichen nicht entgegengetreten. Sofern die Wiedereinsetzungswerberin in ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung auf die Gründe für ihren verspäteten Vorlageantrag eingeht und eine eidesstattliche Erklärung ihres Sohnes beifügte, wird auf den Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2016 sowie auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.05.2016 verwiesen, mit welchen sowohl der Vorlageantrag der Wiedereinsetzungswerberin als auch die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2016 als verspätet zurückgewiesen wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 33 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017 (in Folge: VwGVG), ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen.

Gemäß § 33 Abs. 6 VwGVG findet gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags keine Wiedereinsetzung statt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013 (in Folge: AVG), weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. etwa VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/008, mwH). Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. etwa VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113, mwN).

Hinsichtlich § 71 Abs. 1 Z 1 AVG geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Kenntnis von der Verspätung der Einbringung eines Rechtsmittels bereits dann gegeben ist, wenn die Partei oder ihr Vertreter diese erkennen konnte und musste (vgl. etwa VwGH 30.05.2007, 2006/06/0328).

Die Wiedereinsetzungswerberin ist spätestens seit der Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 15.02.2016 am 16.02.2016, mit welchem der Vorlageantrag der Wiedereinsetzungswerberin als verspätet zurückgewiesen wurde, in Kenntnis von der Verspätung der Einbringung der Beschwerde und war zu diesem Zeitpunkt das Hindernis der Unkenntnis dessen weggefallen.

Die zweiwöchige Frist zur Erhebung eines Wiedereinsetzungsantrags gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG begann daher spätestens am 16.02.2016 zu laufen und endete am 01.03.2016. Da der am 14.07.2016 bei der belangten Behörde eingebrachte und am 21.07.2016 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Antrag auf Wiedereinsetzung sich somit als verspätet erweist, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung als verspätet zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber sei betreffend das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe den Vorlageantrag am 28.01.2016 ihrem Sohn übergeben, damit dieser ihn am 29.01.2016 bei der Post aufgeben könne und dieser hätte dies dann vergessen, noch erwähnt, dass der Bescheid vom 11.01.2016 am 14.01.2016 durch Hinterlegung zugestellt wurde und die Rechtsmittelfrist sohin am 28.01.2016 endete, weswegen eine Postaufgabe des Vorlageantrages am 29.01.2016 ohnehin verspätet gewesen wäre. Versäumt der Bote seinen Auftrag, so kann darin zudem nach der stRsp des VwGH für die Partei nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gesehen werden, das ohne ihr Verschulden die Einhaltung der Frist verhindert hat, wenn sie der zumutbaren und der Sachlage nach gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen ist. Die geforderte Überwachungspflicht ist nicht dadurch erfüllt, dass eine besonders verlässliche Person mit der Durchführung des Auftrags (z.B. der Postaufgabe) betraut wird, sondern nur dann, wenn die Partei die tatsächliche Ausführung des Auftrags durch entsprechende Nachfrage sicherstellt. Hat die Partei die Überwachungspflicht verabsäumt, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, weil sich eine Partei, die sich nach Übergabe eines Schriftstücks an einen Boten nicht mehr darum kümmert, ob das Schriftstück tatsächlich und zeitgerecht überbracht wurde, vorwerfen lassen muss, dass sie auffallend sorglos gehandelt, d.h. jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderlich und ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist (Hengstschläger/Leeb, AVG (2. Ausgabe 2014) § 71 Rz 47). Aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Wiedereinsetzungsantrag, sie hätte erst am 08.07.2016 von der verspäteten Aufgabe des Vorlageantrages erfahren, lässt sich folglich schließen, dass die Beschwerdeführerin ihrer Überwachungspflicht nicht entsprechend nachgekommen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinsichtlich der vorliegenden Entscheidung liegt eine klare Rechtslage sowie - wie unter A) zitiert - eine eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Schlagworte

Frist, Verspätung, Wiedereinsetzung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I407.2123883.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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