Entscheidungsdatum
05.10.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W161 1405373-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2018, Zl. 467707402-180659228, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 i.d.g.F. und § 61 FPG i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger. Er stellte am 04.10.2008 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.03.2009 gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c Dublin-II-Verordnung Polen zuständig ist. Der Beschwerdeführer wurde auch gemäß § 10 Abs.1 Z.1 AsylG 2005 nach Polen ausgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Polen für zulässig erklärt.
1.2. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof zur Geschäftszahl S3 405.373-1/2009/7E, gemäß §§ 5 und 10 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.
2.1. Am 16.10.2010 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.02.2010 gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen.
3.1. Am 12.07.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen dritten, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Eine Eurodac-Abfrage ergab sechs Treffer mit der Kennziffer 1 (Asylantragstellung), und zwar einen Treffer mit Polen (03.10.2008), zwei Treffer mit Österreich (04.10.2008, 16.01.2010), einen Treffer mit der Schweiz (19.01.2010), ein Treffer mit den Niederlanden (02.12.2011), sowie einen Treffer mit Schweden (07.01.2014).
3.2. Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.07.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden. Er sei alleine nach Österreich gereist und habe keinen Kontakt zu seiner Frau und seinen fünf Kindern. Er wisse auch nicht, wo seine Familie sich zurzeit befinde. In Österreich habe er eine Schwester, wohnhaft in XXXX , Status unbekannt. Er habe in allen durchgereisten EU-Ländern keinen Asylstatus bekommen. Hätte er im Jahr 2008 in Österreich Asyl bekommen, dann wäre er sicher nicht durch so viele EU-Länder gereist. Er habe in keinem EU-Land, in dem er um Asyl angesucht habe, einen positiven Bescheid bekommen. In Polen sei er geduldet und dürfe dort arbeiten und leben. Er habe in den Ländern, in denen er sich in den letzten Jahren aufgehalten habe, eine gute Unterkunft, gute medizinische Versorgung und eine gute soziale Betreuung gehabt. Die Bevölkerung sei ihm sehr positiv und aufgeschlossen gegenübergestanden. In Polen sei dies nicht der Fall gewesen. Als Fluchtgrund aus Polen gab er an, am 08.05.2018 seien drei bewaffnete Tschetschenen in seine gemietete Wohnung in XXXX gekommen und hätten ihm vorgeworfen, dass er bei seinem Asylverfahren in Polen gegen den tschetschenischen Präsidenten Kadyrow ausgesagt habe und deshalb ein Verräter sei. Es sei in seiner Wohnung zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, wobei er schwer am Körper misshandelt worden wäre. Er wolle nach Österreich, da er hier Schutz finde. In Österreich könne er auch seine Meinung ohne Schwierigkeiten äußern. Er sei deshalb nach XXXX gekommen, weil er glaube, dass es hier nicht so viele Tschetschenen gebe. Die Reise habe er selbst organisiert. Befragt, warum er sein Heimatland verlassen habe, gab der Beschwerdeführer an, er sei im Jahr 2008 in seiner Heimat Tschetschenien ohne Grund von maskierten tschetschenischen Polizeibeamten von zu Hause abgeholt und drei Tage festgehalten worden. Er sei in der Folge schwer gefoltert worden. Seine Familie habe 10.000 US-Dollar für seine Freilassung an die Behörden bezahlen müssen.
3.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 16.07.2018 unter Darstellung der Angaben des Beschwerdeführers ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Schweden.
Mit Schreiben vom 18.07.2018 stimmten die schwedischen Behörden diesem Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs.2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
3.3. Am 27.07.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei gab der Antragsteller auf die Frage nach dem Vorliegen etwaiger verwandtschaftlicher Anknüpfungspunkte in Österreich oder der Europäischen Union an, dass sich in Österreich eine Schwester mit Familie aufhalten würde. Befragt nach einem Abhängigkeitsverhältnis zur Schwester gab der Beschwerdeführer an, er sei krank und wenn er sterben sollte oder schwer erkranke, solle jemand bei ihm sein. Er habe telefonisch Kontakt zu seiner Schwester. Österreich möge er einfach mehr als alle anderen europäischen Länder. Er habe sich bisher in Polen aufgehalten. Er habe Kinder in Deutschland. Auch seine Gattin halte sich in Deutschland auf, er sei seit sechs Jahren geschieden. Befragt nach Vorfällen oder Problemen in Schweden gab der Beschwerdeführer an, nein, er sei in Schweden gewesen. Seine Mutter zu Hause sei aber krank geworden und er habe seine Sachen gepackt und sei nach Hause gefahren. Er könne sich nicht genau erinnern, wie lange und wo in Schweden er aufhältig gewesen sei, es seien ca. zwei Monate gewesen. Am 04. März vor fünf oder sechs Jahren sei seine Mutter gestorben und dann sei er nach Hause. Er glaube es sei 2014 gewesen. Der Beschwerdeführer gab weiter an, er habe Krebs und Leberzirrhose und könne nicht nach Schweden. Am 17.08.2018 habe er einen MRT-Termin und er fühle sich jeden Tag schlechter und wisse nicht, wie lange er noch leben werde. Befragt, seit wann er die Gesundheitsprobleme habe, gab er an, vor vier Monaten habe er in Polen von seiner Krankheit erfahren. Er sei seit langem krank und habe es nicht gewusst.
Der Beschwerdeführer legte in der Folge über Aufforderung medizinische Unterlagen vor, und zwar einen Gastroskopie-Befund über eine Gastroskopie am 06.06.2018 im LKH- XXXX mit der Diagnose:
"Einzelne erhabene Erosionen (Papeln) im Magen, keine Blutungszeichen im Sinne einer chronischen Gastritis ohne Aktivitätszeichen derzeit."
Weiters legte er einen Arztbericht der medizinischen Universität XXXX vom 25.06.2018 vor (Histologiebefund der Gastroskopie vom 06.06.2018). Der Befund selbst fehlt. Als Therapievorschlag wird eine Helicobakter-Eradikations-Therapie nach dem üblichen Schema und eine Kontrolle mittels Atemtests in ca. drei Monaten empfohlen.
Weiters wurde vorgelegt ein MRT-Oberbauch/Leberbefund vom 17.08.2018 von einem Institut in XXXX . Dort ist als Ergebnis festgehalten: "In allen Sequenzen weitgehend leber-isointenser-Tumor im Segment Nr. VII., angedeutete zentrale Narbe, am ehesten handelt es sich um eine FNH. Eine Art-Diagnose ohne i.V. Kontrastmittelverstärkung naturgemäß nicht sicher möglich. Milde Steatosis hepatis aspektmäßig gegeben."
Schon vor der Einvernahme wurden eine Klienten-Karte, Unterlagen von XXXX und ein Befundergebnis samt Befunden von XXXX vorgelegt. Im ärztlichen Befundbericht wird ein altersentsprechender Herz-/Lungenbefund attestiert, als Befund einer Abdomensonographie ist festgehalten: "An der Leberkuppe Segment 8 zeigt sich eine inhomogene, eher hypoechogene Raumforderung mit einem Durchmesser von ca. 7x5 cm, Verdacht auf einzelne kleine Verkalkungen, möglicherweise einem teilthrombosierten Hämangiom entsprechend, zum Ausschluss einer sonstigen Pathologie jedoch Schnittbilddiagnostik zu empfehlen, im übrigen regelrechte Darstellung der Milz, Nieren und des Pankreas, kein Aszites."
3.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Schweden für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 (zu ergänzen: lit. b) Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Schweden gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Schweden wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (Migrationsverket o.D.; vgl. AIDA 3.2017, USDOS 2.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (o.D.): Protection and asylum in Sweden, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden.html, Zugriff 16.2.2018
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018
Dublin-Rückkehrer
Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer nach Schweden kommt, werden neue Asylanträge auf jeden Fall entgegengenommen. Wenn eine frühere Entscheidung in der Zwischenzeit rechtskräftig geworden ist, werden entsprechende Maßnahmen gesetzt (EASO 24.10.2017).
Wen das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Schweden noch läuft, wird er entsprechend untergebracht und das Verfahren beschleunigten geführt. Dublin-Rückkehrer mit einer rechtskräftig negativen Entscheidung in Schweden können zur Außerlandesbringung geschlossen untergebracht werden (AIDA 3.2017).
Wenn ein Dublin-Rückkehrer mit negativer Asylentscheidung gemäß ärztlichem Attest gesundheitlich nicht für die Außerlandesbringung geeignet ist, wird diese ausgesetzt. Solange der Betreffende bei der Asylbehörde registriert ist, hat er das Recht auf Unterbringung. Im Falle einer Nicht-Registrierung bei der Asylbehörde, ist die Gemeinde, in welcher der Antragssteller seinen Wohnsitz hat, für die Unterbringung zuständig (Migrationsverket 3.1.2018).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
-
Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail
-
Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail
Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Asylwerber unter 18 Jahren werden als unbegleitete Minderjährige eingestuft und sind rechtlich schwedischen Kindern gleichgestellt (Migrationsverket 12.2017). UMA haben Anspruch auf einen Vormund und einen Rechtsberater während des Asylverfahrens (AIDA 3.2017). In der Zuständigkeit eines Vormundes liegen Themen wie Begleitung bei Behördengängen, Finanzen, Bildung, medizinische Betreuung usw. Unbegleitete Minderjährige haben das Recht auf eine schulische Ausbildung, sowie kostenlose medizinische Versorgung und Zahnbehandlung wie schwedische Minderjährige. Bestehen Zweifel an der Minderjährigkeit, wird eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt (Migrationsverket 12.2017). Die Zuverlässigkeit der Methode der Altersfeststellung wurde in den letzten Jahren mehrfach kritisiert (AIDA 3.2017). Aus diesem Grund wurde im Jahr 2017 eine neue Methode zur Altersbestimmung eingeführt, die aus einer Röntgen- und MRT-Untersuchung besteht (TL 30.5.2017). UMA werden entweder bei Verwandten oder in Pflegefamilien oder in speziellen Zentren untergebracht (Migrationsverket 12.2017).
Auf den Umgang mit den speziellen Bedürfnissen vulnerabler Asylwerber wird im Gesetz und beim Training der Verfahrensführer besonders eingegangen. Zumindest 50% der Antragsteller nehmen die Möglichkeit der Gesundenuntersuchung wahr, was wichtig für die Identifizierung von Folteropfern etc. ist. Wegen der Schweigepflicht wird dies dem Verfahrensführer aber nicht automatisch bekannt gegeben. Der Rechtsbeistand des Asylwerbers kann dies jedoch ins Verfahren einbringen. Nicht geschäftsfähigen Antragstellern muss ein Vormund zur Seite gestellt werden (AIDA 3.2017).
Die Asylbehörde verfügt über drei Zentren mit einer Gesamtkapazität von 45 Plätzen für schutzbedürftige Asylwerber in verschiedenen Teilen des Landes. Hier werden Asylwerber aus ethnischen Minderheiten, Folteropfer aber auch einige LGBTI-Personen untergebracht. Alleinstehende Frauen und alleinerziehende Mütter werden gemeinsam beherbergt. Familien werden zusammen untergebracht. Die Asylbehörde verfügt über barrierefreie Wohnmöglichkeiten für Menschen im Rollstuhl. Für Personen mit körperlicher Behinderung kann eine an ihrer Bedürfnisse angepasste Betreuung beantragt werden. Im Falle einer gehörlosen Person, kommt eine Unterbringung in Leksand in Frage. Für gefährdete Personen kann die Asylbehörde in Zusammenarbeit mit der Polizei oder, wenn es notwendig ist, mit der kommunalen Sozialbehörde Platz in einem Frauenhaus zur Verfügung stellen. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für traumatisierte Personen (AIDA 3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (12.2017): How to apply for asylum, https://www.migrationsverket.se/download/18.4a5a58d51602d141cf4194a/1516357864308/Barnbroschyr_utan_foralder_eng.pdf, Zugriff 16.2.2018
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TL - The Local (30.5.2017): First results of Sweden's asylum age assessment tests,
https://www.thelocal.se/20170530/first-results-of-swedens-asylum-age-assessment-tests, Zugriff 16.2.2018
Non-Refoulement
In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Sweden,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1395739.html, Zugriff 16.2.2018
Versorgung
Asylwerber haben in Schweden generell Zugang zu Versorgung. Im Falle von Folgeanträgen besteht jedoch nur ein eingeschränktes Recht darauf. Wenn Antragssteller über eigene finanzielle Mittel verfügen, müssen sie diese zuerst aufbrauchen. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine, die deutlich niedriger ist als die Sozialhilfe für schwedische Staatsangehörige. Das monatliche Taschengeld für Asylwerber beträgt in einem Unterbringungszentrum mit Verpflegung zwischen 60 und 76,50 Euro. Im Falle einer privaten Unterkunft liegt es zwischen 194 und 225 Euro. Für besondere Ausgaben (z.B. Winterkleidung, Brillen, teilweise auch zur Deckung medizinischer Kosten) kann eine Sonderzulage beantragt werden. Asylwerber haben nach Erfüllung bestimmter Kriterien Zugang zum Arbeitsmarkt, ohne dass es für sie eine Arbeitsgenehmigung erforderlich wäre (AIDA 3.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
Unterbringung
Die schwedische Asylbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch private Unterbringung bei Freunden oder Verwandten ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen Asylwerbern und in eigenen Zimmern untergebracht (AIDA 3.2017).
Die schwedische Asylbehörde verfügt in 290 Gemeinden über diverse Unterbringungsmöglichkeiten, in denen Ende 2016 63.063 Asylwerber beherbergt wurden. Dabei handelt es sich meist um angemietete Privathäuser und -wohnungen. 35.449 Asylwerber haben 2016 eine private Unterkunft gehabt und 24.196 Personen befanden sich aufgrund ihrer Schutzbedürftigkeit oder aus anderen Gründen in speziellen Unterbringungszentren (AIDA 3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Nothilfe, sowie unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung (Migrationsverket 14.12.2017). Weiters schreibt das Gesetz über die medizinische Versorgung von Ausländern ohne Aufenthaltsberechtigung vor, dass das schwedische Gesundheitssystem für alle Personen, unabhängig von deren Aufenthaltstitel, eine medizinische Versorgung in folgenden Fällen zur Verfügung zu stellen hat: unaufschiebbare Behandlung, Gesundheitsfürsorge für Mütter, Abtreibung und Nachbehandlung, Verhütungsberatung, Verschreibung von Medikamenten in den aufgezählten Fällen und ärztliche Untersuchung (Migrationsverket 5.1.2018).
Alle Asylwerber erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf einen Übersetzer. Für bestimmte medizinische Leistungen und Rezepte ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen (Migrationsverket 14.12.2017; vgl. AIDA 3.2017). Diese Gebühren werden für Personen über 18 Jahren staatlich subventioniert. Wenn innerhalb von sechs Monaten Medikamentenkosten von 400 SEK überschritten werden, besteht die Möglichkeit eine Kostenrückerstattung für den überschreitenden Betrag zu beantragen. Kinder unter 18 Jahren sind in der medizinischen Versorgung mit schwedischen Staatsbürgern gleichgestellt (5.1.2018).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.216).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
-
Migrationsverket (14.12.2017): Health care for asylum seekers, https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 16.2.2018
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Migrationsverket (3.1.2018): Anfragebeantwortung, per E-Mail
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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine auf 3 Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung, mit denselben Rechten wie bei unbefristetem Aufenthalt. Läuft diese aus und man ist selbsterhaltungsfähig, kann man eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis beantragen (Migrationsverket 9.1.2018.a). Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für 13 Monate, mit denselben Rechten wie bei unbefristetem Aufenthalt. Auch die Arbeitsaufnahme ist erlaubt, aber beim Familiennachzug gibt es erhebliche Einschränkungen. Auch diese Aufenthaltserlaubnis ist unter bestimmten Bedingungen verlängerbar (Migrationsverket 9.1.2018b).
Wer eine Aufenthaltsgenehmigung erhält, soll nach zwei Monaten die Unterbringung für Asylwerber verlassen. Danach fallen Schutzberechtigte in Hinsicht auf Unterstützung und Bereitstellung von Wohnraum in die Zuständigkeit der quotenmäßig zuständigen Wohnsitzgemeinde. Sie haben Anspruch auf einen "Introduction Plan" um ihren Zugang zu Bildung, Sprachkursen, Kursen über die schwedische Gesellschaft, Berufsausbildung usw. zu planen. Schutzberechtigte haben Zugang zu medizinischer Versorgung wie alle anderen in Schweden aufenthaltsberechtigten Personen (AIDA 3.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): Country Report:
Sweden,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_2016update.pdf, Zugriff 16.2.2018
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Migrationsverket (9.1.2018a): Residence permits for those granted refugee status,
https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-refugee-status.html, Zugriff 16.2.2018
Migrationsverket (9.1.2018b): Residence permits for those granted subsidiary protection status,
https://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/When-you-have-received-a-decision-on-your-asylum-application/If-you-are-allowed-to-stay/Residence-permits-for-those-granted-subsidiary-protection-status-.html, Zugriff 16.2.2018
Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO Schweden für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Der Antragsteller leide an keinen Erkrankungen, die seiner Überstellung nach Schweden im Wege stünden. Der Antragsteller habe im Rahmen einer am 27.07.2018 durchgeführten Einvernahme sich für einvernahmefähig erklärt, abschließend jedoch angegeben, an Krebs und Leberzirrhose zu leiden. An dieser Stelle sei auf die Länderfeststellung zur medizinischen Versorgung in Schweden zu verweisen, in welcher konkret ausgeführt sei, dass Asylwerber das Recht auf medizinische Notfallhilfe, unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung haben. Ausländer ohne Aufenthaltsberechtigung hätten in bestimmten Fällen das Recht auf medizinische Versorgung. Auch würden alle Asylwerber die Möglichkeit einer Gesunden-Untersuchung erhalten. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich niedergelassenen Schwester samt Familie würden über ein zwischen Verwandten dieser Art übliches Maß nicht hinausgehen und es würden auch keine gegenseitigen Abhängigkeiten vorliegen.
3.5. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, im konkreten Fall wäre eine Einzelfallprüfung erforderlich gewesen zur Beurteilung der Frage, ob dem Beschwerdeführer in Schweden eine Verletzung seiner durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Schweden seien unvollständig, sehr kurz gehalten und einseitig, insbesondere in Bezug auf die Situation von Dublin-Rückkehrern und deren medizinische Versorgung. Weiters habe in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides kein praktischer Abgleich zwischen dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der tatsächlichen Familiensituation stattgefunden. Gerade im Zuge der Erkrankung des Beschwerdeführers kann es durchaus sein, dass er in Zukunft auf die Unterstützung seiner Schwester angewiesen ist. Seine Erkrankung stelle sich in verschiedenen Facetten dar und sei es in der Kürze des Aufenthaltes in Österreich nicht möglich gewesen, die Erkrankung eingehend zu untersuchen.
Der Beschwerde beigelegt sind neuerlich die bereits im Verfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen sowie ein aktueller Bericht des XXXX -Klinikums über eine Magnet-Resonanz-Tomographie vom 04.09.2018 mit folgendem Ergebnis:
"Zusammenfassung/Ergebnis:
Ergebnis Oberbauch:
Typische fokal noduläre (FNH) im rechten Leberlappen S7/S6, Größe 7 cm. Aus bildgebender Sicht mittelfristige Verlaufskontrolle in ca. 1 Jahr zum Ausschluss eines Größenwachstums empfohlen. Nierenzyste links mittleres Drittel. Im Übrigen unauffälliger Befund."
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer suchte in Österreich bereits drei Mal, zuletzt am 12.07.2018 um die Gewährung internationalen Schutzes an.
Der Beschwerdeführer stellte in den letzten Jahren auch jeweils auch einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz, in den Niederlanden, in Polen und zuletzt am 07.01.2014 in Schweden.
Das BFA richtete am 16.07.2018 ein Wiederaufnahmegesuch an Schweden, welchem die schwedischen Behörden mit am 14.02.2018 eingelangtem Schreiben ausdrücklich zustimmten.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweden an.
Der Antragsteller leidet an keiner aktuell lebensbedrohlichen Erkrankung. Laut aktuellem Befund nach einer Magnetresonanztomographie vom 04.09.2018 weist er eine fokal noduläre Hyperplasie (FNH) im rechten Leberlappen in der Größe von 7 cm auf. Dabei handelt es sich um eine gutartige Wucherung in der Leber. Darüber hinaus wurde eine Nierenzyste festgestellt. Ein stationärer Spitalsaufenthalt des Beschwerdeführers war bisher nicht notwendig.
In Österreich lebt eine Schwester des Beschwerdeführers mit ihrer Familie. Ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet jedoch nicht.
Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der Asylantragstellung in Schweden ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahmen im Zusammenhang mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei seitens Schwedens leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt den Verwaltungsakten ein - zwischen der österreichischen und der schwedischen Dublin-Behörde ab.
Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Schweden wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Schweden auch Feststellungen zur Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben im Zusammenhang mit den von ihm vorgelegten ärztlichen Unterlagen. Die vom Beschwerdeführer in seiner Einvernahme genannten Erkrankungen in Form von Krebs und Leberzirrhose finden in den von ihm vorgelegten ärztlichen Unterlagen keine Deckung. Die festgestellte gutartige Wucherung in der Leber und eine Zyste in der Niere weisen nicht jenen Schwere einer Erkrankung auf, dass sie eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Schweden unzulässig machen würden. Darüber hinaus ergibt sich aus den Länderfeststellungen zu Schweden, dass der Beschwerdeführer dort ausreichende ärztliche Versorgung vorfindet und ihm diese auch zusteht.
Die Feststellung des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich basiert auf ihren eigenen Angaben. Zu der in Österreich aufhältigen Schwester besteht keine ausgeprägte familiäre Nahebeziehung des Beschwerdeführers, wie bereits die Behörde festgestellt hat. Der Beschwerdeführer kannte nicht einmal den Status seiner Schwester und gab auch an, zu dieser nur telefonischen Kontakt zu haben. Es liegt auch kein gemeinsamer Haushalt des Beschwerdeführers mit seiner Schwester und auch kein Anhaltspunkt für das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1.2. Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 56/2018 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 56/2018 lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 56/2018 lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Im vorliegenden Fall ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Dublin III-VO anzuwenden:
Art. 49
Inkrafttreten und Anwendbarkeit
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.
Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG.
Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, trat sie am 19.07.2013 in Kraft und gilt jedenfalls für Anträge wie den vorliegenden, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Art. 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf d