Entscheidungsdatum
11.10.2018Norm
AVG §13 Abs3Spruch
I407 2186384-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Vorsitzenden und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, vom 03.01.2018 mit dem festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre und der Grad der Behinderung 60% betrage, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs. 1 Z 3, 17 und 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Mit formularmäßigem Vordruck des Sozialministeriumservice Landesstelle Vorarlberg (in der Folge: belangte Behörde), beantragte Frau XXXX(in der Folge: Beschwerdeführerin) am 14.09.2017, bei der belangten Behörde am 19.09.2017 eingelangt, die Neufestsetzung des Grades der Behinderung.
2. Mit Bescheid vom 03.01.2019 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre und der Grad der Behinderung 60% betrage. Begründend wurde ausgeführt, dass das medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass der Grad der Behinderung 60 % betrage.
3. Mit Schreiben vom 13.02.2018, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass ihre Schmerzen sich massiv verstärkt hätten. Befunde eines Neurologen und eines Psychiaters werde sie vorlegen.
4. Mit Verbesserungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2018 wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, ihre Beschwerde näher zu begründen. Sollte sie dem nicht nachkommen, werde ihre Beschwerde zurückgewiesen.
Bis zum Entscheidungszeitpunkt kam die Beschwerdeführerein dieser Aufforderung nicht nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung
Der angeführte Verfahrensgang und der dazu festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des Gerichtsakts.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
§§ 6 und 7 Abs. 1 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes, BVwGG, in der Stammfassung BGBl I 2013/10 lauten wie folgt:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG hat das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat zu erfolgen. Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter bestehenden Senat zu entscheiden.
Die §§ 1 und 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes VwGVG BGBl I 2013/33 in der geltenden Fassung lauten wie folgt:
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH 24.04.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind. Zudem wurde vom Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung notwendig erschienen ließ.
Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.
Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht zu erwarten war.
Zu Spruchteil A)
4. Zur Zurückweisung der Beschwerde:
4.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nach den Verhältnissen spätestens zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zu beurteilen (vgl. VwGH 22.12.1997, 95/10/0078 mwN).
Der mit "Beschwerderecht und Beschwerdefrist" titulierte § 7 Abs. 4 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, lautet:
"(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,
2. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,
3. in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung,
4. in den Fällen des Art. 132 Abs. 4 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem die Schulbehörde, an die die Weisung gerichtet ist, von dieser Kenntnis erlangt hat, und
5. in den Fällen des Art. 132 Abs. 5 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat."
4.5. § 19 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) BGBl. Nr. 22/1970 lautet:
"§ 19. (1) Die Beschwerdefrist bei Verfahren gemäß §§ 8, 9, 9a und 14 Abs. 2 beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt bei Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen bei Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
4.6. § 7 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idgF, regelt die "Heilung von Zustellmängeln" und wie folgt:
"§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."
Gemäß § 12 1. Satz VwGVG, BGBl. I. 33/2013 idgF, sind Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.
§ 32 AVG, BGBl. 51/1991 idgF, wird mit "Fristen" tituliert und lautet:
"§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.
(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats."
§ 33 AVG, BGBl. 51/1991 idgF, lautet:
"§ 33. (1) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.
(4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
Eine nach Wochen bestimmte Frist endet um Mitternacht (24:00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN).
§ 9 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, ist mit "Inhalt der Beschwerde" betitelt und lautet:
"§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist."
§ 13 Abs. 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF, lautet wie folgt:
"(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."
4.7. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Der offenkundig versandbereite Bescheid der belangten Behörde vom 03.01.2018 wurde von der belangten Behörde am selben Tag expediert. In seinem Schreiben vom 13.02.2018 an die belangte Behörde bestätigt die Beschwerdeführerin den Erhalt des Bescheides.
Etwaige Zustellmängel sind damit jedenfalls mit spätestens 13.02.2018 geheilt.
Im gegenständlichen Verfahren liegt eine Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG vor und es gilt gemäß § 19 Abs. 1 BEinstG iVm § 7 Abs. 4 VwGVG eine sechswöchige Beschwerdefrist, deren Fristenlauf mit der Zustellung des Bescheides ausgelöst wurde.
Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides unrichtig oder fehlerhaft gewesen wäre, sind nicht hervorgekommen und wurden auch nicht behauptet.
Die für das gegenständliche Verfahren maßgebliche sechswöchige Beschwerdefrist begann somit spätestens am 13.02.2018 zu laufen und endete demnach gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 33 Abs. 1 AVG am Dienstag, den 27.03.2018, 24:00 Uhr.
Die bei der belangten Behörde 15.02.2018 eingebrachte Beschwerde enthält keine den Erfordernissen des § 9 Abs 1 Z. 3 VwGVG entsprechende Beschwerdebegründung und ist sohin als mangelhaft zu qualifizieren. Innerhalb der Rechtsmittelfrist langte bei der belangten Behörde keine Beschwerdeergänzung ein.
Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21.06.2018 eine mangelhafte Beschwerdeeinbringung im Rahmen des rechtlichen Gehörs vor und forderte sie auf, eine Beschwerdebegündung i. S. des § 9 VwGVG Abs. 1 Z. 3 iVm. § 13 Abs. 3 AVG nachzureichen. Sie wurde darauf hingewiesen, dass - sofern keine Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, nachgebracht werden, die Beschwerde zurückgewiesen wird. Die Zustellung dieses Verbesserungsauftrags erfolgte am 27.06.2018 rechtswirksam durch persönliche Ausfolgung.
Da die Beschwerdeführerin innerhalb der ausreichend bemessenen Frist dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen ist, war die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG im vorliegenden Fall nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerdegründe, Frist, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I407.2186384.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.01.2019