TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/10 97/19/1043

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Veröffentlicht am 10.09.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/1044 97/19/1045 97/19/1046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden 1.) der 1953 geborenen H G,

2.)

des 1987 geborenen E G, 3.) des 1989 geborenen A G, sowie

4.)

des 1991 geborenen H G, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 11. Dezember 1996, 1.) Zl. 120.749/2-III/11/96 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin),

2.)

Zl. 120.749/3-III/11/96 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer),

3.)

Zl. 120.749/4-III/11/96 (betreffend den Drittbeschwerdeführer), sowie 4.) Zl. 120.749/5-III/11/96 (betreffend den Viertbeschwerdeführer), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbeschwerdeführerin, welche über Wiedereinreisesichtvermerke für den Zeitraum von 8. April 1987 bis 22. November 1992 verfügte, ist die Mutter der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer. Die Beschwerdeführer beantragten jeweils am 8. August 1996 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und gaben als Aufenthaltszweck die Familienzusammenführung mit dem in Österreich lebenden Ehegatten bzw. der Erstbeschwerdeführerin an. In den Antragsunterlagen der Erstbeschwerdeführerin findet sich unter anderem eine Arbeits- und Lohnbestätigung des Ehegatten bzw. Vaters der Beschwerdeführer, die Kopie eines Mietvertrages sowie Kopien der Sozialversicherungskarten der Erstbeschwerdeführerin sowie des Dritt- und Viertbeschwerdeführers.

Die Aufenthaltsbehörde erster Instanz wies den Antrag der Beschwerdeführer je mit Bescheiden vom 5. September 1996 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufG) als unbegründet ab. Die Beschwerdeführer beriefen.

Im Akt der Berufungsbehörde (betreffend die Erstbeschwerdeführerin) findet sich sodann ein Aktenvermerk vom 13. November 1996 (vgl. Aktenseite 65), wonach sich laut telefonischer Auskunft der Wiener Gebietskrankenkasse das Unternehmen, in welchem der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer beschäftigt sei, in Liquidation befinde. Die belangte Behörde forderte in der Folge durch Schreiben vom 13. November 1996 die Beschwerdeführer unter anderem auf, einen aktuellen Einkommensnachweis und aktuelle Nachweise einer Krankenversicherung und einer ortsüblichen Unterkunft zu erbringen. Die Beschwerdeführer kamen dieser Aufforderung nicht nach.

Mit den nunmehr angefochtenen, im Wesentlichen inhaltsgleichen Bescheiden vom 11. Dezember 1996 wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z 2 und Z 3 Fremdengesetz (FrG) ab. Sie stellte fest, die Beschwerdeführer hätten nicht zwingend logisch nachvollziehbar dokumentiert, dass ihr Lebensunterhalt gemäß § 5 Abs. 1 AufG gesichert bzw. ihre Unterkunft für Inländer ortsüblich sei. Denn trotz Aufforderung seitens der belangten Behörde, die dafür notwendigen Unterlagen vorzulegen bzw. aktuell zu belegen, seien die Beschwerdeführer dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Daher stehe für die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführer weder über eine für Inländer ortsübliche Unterkunft, noch über einen gesicherten Lebensunterhalt, und auch nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügten. Der Ehegatte bzw. Vater der Beschwerdeführer halte sich zwar im Bundesgebiet auf, in Hinblick auf den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 MRK habe jedoch eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen stattzufinden. Im Beschwerdefall hätte die Abwägung ergeben, dass den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Priorität einzuräumen sei, da sowohl die Unterhaltsmittel - da nicht belegt - nicht als ausreichend zu betrachten seien, als auch keine für Inländer ortsübliche Unterkunft vorhanden sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, im Wesentlichen inhaltsgleichen Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die vorliegenden Beschwerden wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat hierüber erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 FrG 1992 lautet auszugsweise:

"(1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

2. der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt;

3. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines gesetzlichen Anspruches;

..."

Vorauszuschicken ist, dass die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer weder nach der Aktenlage noch nach deren Beschwerdevorbringen über einen am 1. Juli 1993 gültigen Sichtvermerk oder über später erteilte Aufenthaltsbewilligungen verfügten, weshalb auf diese Beschwerdefälle die Bestimmungen des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 keine Anwendung finden.

Aber auch hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich - entgegen ihrem Beschwerdevorbringen - aus dem Akteninhalt und aus den vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Auskünften des Fremdenpolizeilichen Büros sowie der Aufenthaltsbehörde 1. Instanz, dass ihr lediglich bis zum 22. November 1992 reichende Wiedereinreisesichtvermerke erteilt worden sind. Auf einen entsprechenden Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes konnte die Erstbeschwerdeführerin weder die ungefähren Daten noch die ausstellende Behörde der ihr angeblich nach dem November 1992 erteilten Aufenthaltstitel nennen. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher von den unbedenklichen Angaben der zuständigen Fremdenbehörden über die Anzahl und die Dauer der der Erstbeschwerdeführerin erteilten Wiedereinreisesichtvermerke aus. Im Hinblick darauf, dass zwischen dem Ablauf des letzten der Erstbeschwerdeführerin erteilten Sichtvermerkes und der gegenständlichen Antragstellung ein Zeitraum von über dreieinhalb Jahre liegt, geht der Verwaltungsgerichtshof trotz des mehrjährigen Voraufenthaltes der Erstbeschwerdeführerin davon aus, das weder ein dem Fall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, VfSlg. 14.148, noch ein dem Fall des hg. Erkenntnisses vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, vergleichbarer Fall vorliegt. Dies bedeutet, dass auch im Fall der Erstbeschwerdeführerin die Bestimmungen des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 keine Anwendung finden.

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Annahme der belangten Behörde, dass ihr Lebensunterhalt nicht gesichert bzw. der Versicherungsschutz nicht gewährleistet sei. Sie begründen dies damit, dass alle Beschwerdeführer mit dem Gatten bzw. Vater, welcher bei einem Reisebüro arbeite, voll mitversichert seien. Die Erstbeschwerdeführerin besorge den Haushalt und die Erziehung. Genügend Wohnraum sei für die Familie durch einen Hauptmietvertrag abgesichert. Mit Stellungnahme vom 7. Mai 1999 legten sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ferner eine aktuelle Lohnbestätigung des Ehemannes bzw. Vaters der Beschwerdeführer und die Kopie eines Mietvertrages vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebenso wenig geboten, wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0857, mwN). Die belangte Behörde darf nun zwar im Hinblick auf die Verpflichtung der Beschwerdeführer zur Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens von Versagungsgründen auch im Berufungsverfahren ohne entsprechenden Vorhalt von den Unterhaltsmitteln ausgehen, die von den Beschwerdeführern in ihren Bewilligungsanträgen und im folgenden Verwaltungsverfahren von sich aus bekannt gegeben hatten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/2559 bis 2561); dies bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde nicht ihre eigenen Ermittlungen - wie dies durch den Aktenvermerk vom 13. November 1996 dokumentiert ist - über die den Beschwerdeführern zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel anstellen und für den Fall, dass die Ergebnisse dieser Ermittlungen Zweifel an der aktuellen Sicherung des Einkommens der Beschwerdeführer hervorrufen, die Antragsteller auffordern kann, aktuelle Nachweise des zur Verfügung stehenden Einkommens vorzulegen.

Die Beschwerdeführer haben es nun trotz einer solchen Aufforderung seitens der belangten Behörde unterlassen, derartige Nachweise der Unterhaltsmittel ihres Ehegatten bzw. Vaters zu erbringen. Es wäre im Rahmen der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführer gelegen, ihre aktuellen Unterhaltsmittel der Höhe nach zu beziffern und auch durch entsprechende Nachweise zu bescheinigen. Nur dadurch wären sie ihrer Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nachgekommen, glaubhaft zu machen, dass - im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Anträge - kein Ausschließungsgrund iSd § 5 AufG vorliegt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0857). Die von den Beschwerdeführern schließlich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erbrachten Nachweise einer aktuellen Lohnbestätigung bzw. eines Mietvertrages sind in Anbetracht des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, dass die Beschwerdeführer ihrer Obliegenheit glaubhaft zu machen, dass kein Ausschließungsgrund im Sinn des § 5 leg. cit. vorliege, nicht nachgekommen seien.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Auf die Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG verzichtet werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191043.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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