Entscheidungsdatum
12.10.2018Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
L510 2179680-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch RA Mag. Gregor SIEBER, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (in der Folge: SGKK) vom 03.10.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides die Salzburger Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
I.1. Mit Schreiben vom 01.08.2017, Zl. XXXX, teilte die SGKK dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der XXXX GmbH, aus den Beiträgen Juli 2015 bis November 2015 ein Rückstand in der Höhe von € 3.064,09 zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen bestehe. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom selben Tag beigelegt.
Auf dem Beitragskonto der XXXX, FN XXXX, bei welcher der BF laut Firmenbuch ab dem XXXX2014 Geschäftsführer gewesen sei, scheine nach der Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Zahlungen durch den Insolvenz-Entgeltfonds derzeit ein Rückstand iHv. Gesamt € 3.071, 24 offen auf, welchen die SGKK gegen den BF persönlich im Zuge der Ausfallshaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG für die in der beiliegenden Rückstandsaufstellung dargestellten Beitragsmonate geltend mache.
Aufgrund der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) sei betreffend Urteil zu GZ.: XXXX des Salzburger Landesgerichtes, betreffend die Dienstnehmerin XXXX, nachverrechnet worden. Der BF habe diese nicht ordnungsgemäß abgerechnet und die entsprechenden Beiträge nicht abgeführt.
Es sei die Sache des Geschäftsführers, Gründe darzulegen, welche ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen, nämlich die ordentliche Anmeldung und Abrechnung der Dienstnehmer und Sachbezüge, zu erfüllen.
Der BF werde daher aufgefordert, bis spätestens 23.08.2017 die angeführten Unterlagen vorzulegen und ihm gleichzeitig Gelegenheit gegeben, zusätzliche Beweisanbote einzubringen.
I.2. Am 24.08.2017 teilte der rechtsfreundliche Vertreter des BF der belangten Behörde telefonisch sein Vertretungsverhältnis für den BF mit und ersuchte um Fristerstreckung für die Antwort zum Schreiben vom 01.08.2017; diese wurde der Aktenlage nach (bis zum 29.09.2017) genehmigt.
Dem Aktenvermerk des bezeichneten Rechtsanwaltes folgend teilte dieser der belangten Behörde weiter mit, dass eine Beitragshaftung des BF nach § 67 Abs. 10 ASVG nicht greifen könne, da die bezügliche Arbeitnehmerin XXXX tatsächlich nur geringfügig angestellt gewesen sei und das nur für einen viel kürzeren Zeitraum, als aus dem Versäumungsurteil zu XXXX des LG Salzburg übernommen.
Er habe weiter über das anhängige Verfahren beim IEF, in welchem Fr. XXXX Insolvenz-Entgelt beantragt habe, wobei ihr dies nach dem umfangreichen Beweisverfahren aber aller Voraussicht nach abgewiesen werde. Es werde auf die fehlende Bindung des IEF an das Versäumungsurteil (§ 7 Abs. 1 IESG) verwiesen und dass eine Bescheiderlassung für die zweite Septemberwoche angekündigt sei. Da der erwartete Negativbescheid des IEF wesentliche Grundlage für die Stellungnahme des BF zur vorgehaltenen Beitragshaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG sein werde (§ 49 Abs. 6 ASVG), werde um die entsprechende Fristerstreckung ersucht.
I.3. Mit (Haftungs)Bescheid vom 03.10.2017, Zl. XXXX, zugestellt am 12.10.2017, verpflichtete die SGKK den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG als ehemaligen Geschäftsführer der XXXX GmbH zur Zahlung von zu entrichten gewesenen Beiträgen s.Nbg. aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Juli 2015 bis November 2015 in Höhe von € 3.087,52 zuzüglich Verzugszinsen ab 03.10.2017 in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG jeweils ergebenden Höhe, dass seien ab 03.10.2017 3,38 % p.a. aus € 2.809,43 innerhalb von 14 Tagen bei sonstigen Zwangsfolgen.
I.3.1. Auf dem Beitragskonto der XXXX GmbH scheine derzeit ein Gesamtrückstand in Höhe von € 3.087,52 offen auf. Diesen Betrag mache die SGKK für die in der beiliegenden Rückstandsaufstellung gegen den BF persönlich im Zuge der Ausfallshaftung geltend.
I.3.2. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass aufgrund der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) betreffend Urteil zu GZ.: XXXX des Salzburger Landesgerichtes, betreffend die Dienstnehmerin XXXX, nachverrechnet worden sei. Der BF habe diese nicht ordnungsgemäß abgerechnet und die entsprechenden Beiträge nicht abgeführt. Hätte der BF entsprechend den Vorschriften gehandelt, wäre der nun offene und uneinbringliche Betrag bei der Gesellschaft im damaligen Zeitraum einbringlich gewesen.
Es sei die Sache des Geschäftsführers, Gründe darzulegen, welche ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen, nämlich die ordentliche Anmeldung und Abrechnung der Dienstnehmer und Sachbezüge, zu erfüllen.
Mit Schreiben vom 01.08.2017 sei der BF aufgefordert worden, die Gründe darzulegen, welche den BF ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen (Erfüllung der Meldepflicht und Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge) zu erfüllen.
Auf dieses Schreiben habe er reagiert, jedoch nach der Fristerstreckung keine Unterlagen oder Argumente vorgebracht, welche gegen sein Verschulden sprechen, weshalb die Haftung für die im Spruch genannten Beiträge samt Nebengebühren abzusprechen gewesen sei.
I.4. Mit Schriftsatz vom 02.11.2017 erhob der BF im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Beschwerde gegen den Bescheid der SGKK vom 03.10.2017, Zl. XXXX. Geltend gemacht wurden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Anlässlich der telefonischen Kontaktaufnahme des Rechtsvertreters des BF am 24.08.2017 seien ganz konkrete und sachbezogene Behauptungen aufgestellt worden, die nicht schon von vornherein als unmaßgeblich erscheinen konnten, sondern eine Ermittlungspflicht der Behörde ausgelöst hätten. Von der amtswegigen Ermittlungspflicht durfte sich die Behörde noch nicht befreit sehen, weil noch keine Stellungnahme des Beschwerdeführers eingelangt war.
Auch habe das von der in Rede stehenden Dienstnehmerin behauptete Beschäftigungsverhältnis so - wie angenommen - nicht bestanden. Dies habe der negative Bescheid des IEF Service GmbH ergeben und werde dieser Bescheid einer Klage standhalten. Die belangte Behörde könne so um keine Beiträge verkürzt sein und komme daher auch eine Haftung des BF folglich nicht in Betracht.
I.5. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 12.12.2017 die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt vor.
Der Vertreter des BF habe sich bei der belangten Behörde gemeldet und mitgeteilt, dass ein Verfahren betreffend der Dienstnehmerin Fr. XXXX beim Insolvenzentgeltfonds anhängig seien und weitere Unterlagen bis zum 29.09.2017 beigebracht werden würden.
Obwohl bereits ein ablehnender Bescheid des Insolvenzentgeltfonds mit 18.09.2017 vorgelegen habe, wie in der Beschwerde ausgeführt worden sei, sei keine Stellungnahme seitens des BF übermittelt worden, weshalb mit 03.10.2017 der Bescheid erlassen worden sei.
Nach § 38 AVG sei die Behörde berechtigt, eine im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfrage, welche als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wäre, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnene eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zu Grunde zu legen. Im vorliegenden Fall liege der Behörde ein seit XXXX rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes vor, weshalb sich die Behörde lediglich die Frage gestellt habe, wieso dem BF, wenn doch Beweise vorhanden seien, welche gegen den rechtskräftig festgestellten Sachverhalt sprechen, nicht mit Widerspruch, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Berufung, diese Entscheidung bekämpft habe. Die Behörde habe dieses Nichthandeln des BF als Zustimmung zum rechtskräftigen Urteil und dem darin enthaltenen Sachverhalt gewertet.
Darüber hinaus entfalte auch ein Versäumungsurteil, entgegen dem Vorbringen des BF, wie alle anderen Urteile eine Bindungswirkung, da der Partei die oben genannten Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.
Die SGKK beantrage daher die Beschwerde abzuweisen und den Bescheid der SGKK vollinhaltlich zu bestätigen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die SGKK hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts unterlassen und ergibt sich dieser auch nicht aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Ergänzende Ermittlungsschritte sind erforderlich. Die Behörde hat durch diese Vorgangsweise wesentliche Ermittlungen an das Bundesverwaltungsgericht delegiert.
Der angefochtene Bescheid vom 03.10.2017 wurde dem BF am 12.10.2017 durch Hinterlegung zugestellt. Die Beschwerde vom 02.11.2017 (eingegangen bei der SGKK am 07.11.2017) erweist sich daher als rechtzeitig.
2. Beweiswürdigung:
Oben angeführter Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.
Über das Telefonat des Vertreters des Beschwerdeführers mit der belangten Behörde am 24.08.2017 wurde seitens der Bescheidverfasserin ein Aktenvermerk angelegt. Daraus geht hervor, dass gegenüber dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers Fristerstreckung bis 29.09.2017 gewährt wurde. Informationen über den weiteren Gesprächsinhalt enthält dieser Aktenvermerk nicht (vgl. Aktenteil mit der Benennung III.).
Demgegenüber enthält der vom rechtsfreundlichen Vertreter angefertigte Aktenvermerk vom 24.08.2017 (vgl. Beilage ./4 zur Beschwerde) eine detaillierte Beschreibung des Gesprächsinhaltes.
Dass der Rechtsvertreter bei diesem Gespräch über das offene Verfahren beim Insolvenzentgeltfond betreffend der Dienstnehmerin Fr. XXXX informierte, wird durch die Stellungnahme der Salzburger Gebietskrankenkasse anlässlich der Beschwerdevorlage (vgl. Seite 2) konzediert und damit bestätigt, dass der Aktenvermerk der SGK vom 24.08.2017 insoweit unvollständig ist.
Von der belangten Behörde wurde dem Rechtsvertreter des BF eine Fristerstreckung gewährt, d.h. dessen Bevollmächtigung offenbar zur Kenntnis genommen. Gleichwohl erfolgte eine Zustellung des Bescheides vom 03.10.2017 an den BF selbst und zwar an die Firmenadresse in XXXX, XXXX. Dem Firmenbuch zufolge ist diese Gesellschaft gemäß Eintrag vom XXXX aufgelöst.
Der Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers befand sich von 18.04.2017 bis 05.06.2018 in XXXX, XXXX. Seit dem zuletzt angeführten Datum ist der BF nach unbekannt verzogen.
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher nicht ersichtlich, dass seitens der belangten Behörde ein adäquates Ermittlungsverfahren vor Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides stattgefunden hat.
Vielmehr ist offenkundig, dass die SGKK Ermittlungsschritte - die ab dem beschriebenen Telefonat unumgänglich erscheinen - bewusst unterließ, um diese an das Verwaltungsgericht überzuwälzen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Behebung des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2). Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes [VwGH] zu § 28 VwGVG verlangt es das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH v. 17.03.2016, Zl. Ra 2015/11/0127; v. 29.04.2015, Zl. Ra 2015/20/0038;
v. 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 RS29).
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Die von der SGKK durchgeführte Nachverrechnung basiert auf einem Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom XXXX, Zl.: XXXX, zugunsten der Klägerin XXXX. Es handelt sich dabei um ein Versäumungsurteil gegen die beklagte Partei XXXX GmbH, Geschäftsführer XXXX. Die beklagte Partei wurde u.a. schuldig erkannt, der klagenden Partei € 11.091,64 brutto und € 289,80 netto binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen, und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der beklagten Partei und der Klägerin weiterhin aufrecht bestehe.
Das telefonische Vorbringen der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 24.08.2017 lässt eher das Gegenteil annehmen (dass das Dienstverhältnis der XXXX eben nicht in dieser Form bestand) und belegen die der Beschwerde beigelegten Dokumente diese Annahme.
Über das Verfahren beim Insolvenzentgeltfond war die belangte Behörde informiert, was sie im Vorlagebericht auch bestätigt. Ermittlungen zur Aufklärung offenbar nicht miteinander in Einklang zu bringenden Tatsachenannahmen wurden dem Akteninhalt nach nicht eingeleitet. Der BF hatte im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung ein nicht bloß ganz allgemeines, sondern ein durchaus konkretes sachbezogenes und nicht schon von vornherein aus rechtlichen Gründen unmaßgebliches Vorbringen erstattet, welches für die Behörde Anlass zu weiterführenden Ermittlungen hätte sein müssen (vgl. diesbezüglich VwGH Ra 2015/08/0040 v. 07.10.2015).
Die Behörde negierte aber offensichtlich dieses Vorbringen und erließ auf Grundlage des zuvor Bekannten den angefochtenen Bescheid.
Auch ein weiterer Ermittlungsansatz blieb völlig außer Acht: Es wurden keine Ermittlungen hinsichtlich Leistungen des AMS an die betreffende Dienstnehmerin geführt, dies auch unter dem Blickwinkel von Rückforderungsansprüchen (möglicherweise sogar strafrechtlich relevanten Handlungen) bei Zutreffen der Annahmen des Versäumungsurteiles.
Selbst einfachste Ermittlungen hinsichtlich des Wohnsitzes des Beschwerdeführers (ZMR-Anfrage) wurden nicht geführt.
Der Bescheid vom 03.10.2017 wurde an den Beschwerdeführer - an die Firmenadresse - und nicht an den rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.
Wie die vorherigen Ausführungen zeigen, wurde der maßgebliche Sachverhalt seitens der SGKK nicht festgestellt. Es wurden essentielle Ermittlungen unterlassen, weswegen im gegenständlichen Fall entsprechend der Rechtsprechung des VwGH zu § 28 Abs. 3 VwGVG (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063) davon auszugehen ist, dass genau solch gravierende Ermittlungslücken vorliegen, die zur Zurückweisung an die Verwaltungsbehörde (SGKK) berechtigen, zumal das Vorliegen eines entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nicht abschließend beurteilt werden kann, ohne sich mit dem gesamten Sachverhalt auseinandergesetzt zu haben.
Da im gegenständlichen Fall die Hauptlast des Ermittlungsverfahrens vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wäre, käme dies einer Delegation des Verfahrens an dieses Gericht gleich. Es liegt nicht auf der Hand, dass die Ermittlungen und Entscheidung in der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht rascher durchgeführt werden könnten oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wären.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an das BFA zurückzuverweisen.
Entfall der mündlichen Verhandlung:
Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen (§ 24 Abs.4 VwGVG).
Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die getroffene Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L510.2179680.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.01.2019