TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/15 W235 2180555-1

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2180555-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Kuba, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2017, Zl. 1162857804-170912155, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Kuba und stellte nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 04.08.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Ein Abgleich im VIS System des Bundesministeriums für Inneres hat ergeben, dass dem Beschwerdeführer von der niederländischen Botschaft in Havanna ein Schengen-Visum für 40 Tage im Zeitraum XXXX06.2017 bis XXXX08.2017 erteilt worden war (vgl. AS 15).

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, im Zuge derer er zunächst angab, an keinen Krankheiten zu leiden. In Österreich lebe eine Cousine von ihm. Daher sei sein Zielland Österreich gewesen. Am XXXX07.2017 habe er Kuba von Havanna aus mit dem Flugzeug legal mit seinem eigenen Reisepass, ausgestellt vom Passamt Havanna und mit einem Schengen-Visum, das von der "holländischen" Botschaft in Havanna ausgestellt worden sei, versehen, verlassen und sei nach XXXX geflogen. In Italien sei er nur auf der Durchreise gewesen. Um Asyl habe er nur in Österreich angesucht. Wegen seiner in Österreich lebenden Cousine wolle der Beschwerdeführer in Österreich bleiben.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 09.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Niederlande angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 37).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 22.08.2017 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an die Niederlande.

Mit Schreiben vom 17.10.2017 stimmte die niederländische Dublinbehörde der Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

1.4. Am 08.11.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Spanisch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer eingangs angab, dass er sich gut fühle und in der Lage sei, die Einvernahme durchzuführen. Er stehe nicht in ärztlicher Behandlung und nehme auch keine Medikamente. Das Visum für die Niederlande habe er sich ausstellen lassen, da er nach Österreich gewollt habe. Er habe politische Probleme in Kuba. Es habe keine andere Möglichkeit gegeben zu einem Visum zu gelangen als für die Niederlande. Der Beschwerdeführer habe weder in Österreich noch im Gebiet der Europäischen Union Eltern und/oder Kinder und lebe auch mit niemanden in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er habe eine Cousine in Österreich, bei der er jetzt lebe. Seine Cousine habe einen österreichischen Pass. Der Beschwerdeführer wohne im Haus seiner Cousine und bekomme Unterkunft von ihr.

Zur Zustimmung der Niederlande, den Beschwerdeführer zu übernehmen, gab er an, dass er das nicht gewusst habe. Sein Lebensmittelpunkt befinde sich in Österreich bei seiner Cousine. Er habe nie vorgehabt nach "Holland" zu gehen. Das Visum sei nur Mittel zum Zweck für die Flucht gewesen. Der Außerlandesbringung seiner Person in die Niederlande stehe entgegen, dass die Cousine des Beschwerdeführers hier sei und er bei ihr lebe. Von der in der Einvernahme angebotenen Möglichkeit, sich die Länderfeststellungen zu den Niederlande vom Dolmetscher übersetzen zu lassen, wolle er keinen Gebrauch machen.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Niederlande gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig sind (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung in die Niederlande zulässig ist

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Kuba sei. Aus medizinischer Sicht spreche nichts gegen die Rücküberstellung seiner Person in die Niederlande. Es würden keine Umstände vorliegen, die einer Ausweisung des Beschwerdeführers in die Niederlande entgegenstünden. Festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer in Besitz eines Schengen-Visums der Niederlande mit einer Gültigkeitsdauer von XXXX06.2017 bis XXXX08.2017 gewesen sei. Festgestellt werde, dass sich die Niederlande mit Zustimmung vom 17.10.2017 zur Durchführung seines Asylverfahrens bereit erklärt hätten. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer in den Niederlande systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt wäre bzw. dass ihm behördlicher Schutz vorenthalten werden würde. In Österreich lebe eine Cousine des Beschwerdeführers. Es würden keine Umstände vorliegen, die einer Ausweisung seiner Person aus Österreich in die Niederlande entgegenstünden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 7 bis 16 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum niederländischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in den Niederlande.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben habe, dass er gesund sei bzw. keine gesundheitlichen Probleme habe. Aufgrund seiner Angaben und der Zustimmungserklärung der Niederlande stehe der Besitz eines Schengen-Visums mit einer Gültigkeitsdauer von XXXX06.2017 bis XXXX08.2017 fest. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt hätten sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seien aufgrund seiner nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden. Dass offenbar keine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der Kürze des bisherigen Aufenthalts. Die Feststellungen zu den Niederlande würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass er tatsächlich konkret Gefahr liefe, dass ihm in den Niederlande eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Die Niederlande hätten sich mit Schreiben vom 17.10.2017 ausdrücklich bereit erklärt, den Beschwerdeführer im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin III-VO zu übernehmen und könne daher nicht erkannt werden, dass ihm der Zugang zum Asylverfahren in den Niederlande verweigert würde. Eine Schutzverweigerung in den Niederlande könne daher auch nicht erwartet werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergebe, dass Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, volljähriger Mann, der nicht angegeben habe, dass eine finanzielle Abhängigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu seiner Cousine vorliege. Dass er bei seiner Cousine wohne, stelle keinen Aspekt dar, der einen Eingriff im Sinne des Art. 8 EMRK in sein Recht auf Privatleben in Österreich ausschließen würde. Die Möglichkeit, den Kontakt zu seiner Cousine aufrechtzuerhalten, bestehe für den Beschwerdeführer auch von den Niederlande aus. Daher stelle seine Ausweisung aus Österreich keinen gravierenden Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Familien- und Privatlebens dar. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Die Niederlande seien bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen, seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, die Niederlande aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in den Niederlande mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde. Ein vom Beschwerdeführer im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Mit undatiertem Schriftsatz, eingelangt beim Bundesamt am 12.12.2017, erhob der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Cousine habe, in deren Haushalt er wohnen könne und die ihn materiell und moralisch unterstütze. Daher hätte Österreich die Pflicht gehabt, von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Gemäß Art. 27 Dublin III-VO habe der Beschwerdeführer das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch ein Gericht. Daher habe das Bundesverwaltungsgericht nicht nur allenfalls der Beschwerde die aufschiebenden Wirkung zuzuerkennen, sondern auch einen anfechtbaren Beschluss zu erlassen, wenn keine aufschiebende Wirkung erteilt werde.

4. Am 12.01.2018 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg in die Niederlande überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Kuba. Ihm wurde von der niederländischen Botschaft in Havanna ein Schengen-Visum für 40 Tage im Zeitraum XXXX06.2017 bis XXXX08.2017 erteilt. In Besitz dieses Visums reiste der Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 04.08.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung in Österreich im Besitz eines gültigen niederländischen Schengen-Visums war.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 22.08.2017 ein Aufnahmegesuch an die Niederlande, welches von der niederländischen Dublinbehörde am 17.10.2017 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit der Niederlande wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in den Niederlande sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung in die Niederlande Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung in die Niederlande aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

In Österreich lebt eine Cousine des Beschwerdeführers, die österreichische Staatsangehörige ist. Während seines Aufenthalts in Österreich lebte der Beschwerdeführer mit seiner Cousine im gemeinsamen Haushalt. Darüber hinausgehende wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur konnten nicht festgestellt werden. Sohin wird festgestellt, dass keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet bestehen.

Am 12.01.2018 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg in die Niederlande überstellt, wobei die Überstellung selbst ohne Vorkommnisse verlaufen ist.

1.2. Zum niederländischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in den Niederlande:

Zum niederländischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in den Niederlande wurden im angefochtenen Bescheid umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Dublin-Rückkehrer:

Ein Asylwerber, der im Rahmen der Dublin-Bestimmungen in die Niederlande zurückkehrt, hat Zugang zum Asylverfahren (allgemeines und erweitertes Verfahren) vor dem IND [= Immigration and Naturalisation Service]. Im Falle eines "take-back"-Verfahrens kann der Asylwerber einen Folgeantrag stellen, der neue Elemente enthalten muss. Es gibt aber bis zum Beginn des Verfahrens keine Ruhe- und Vorbereitungsphase und keine Unterbringung. Oft nehmen die Behörden in solchen Konstellationen eine Fluchtgefahr an und es besteht die Möglichkeit, dass solche Rückkehrer in Haft genommen werden. In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen (AIDA 11.2015).

Dublin-Rückkehrer haben dieselben Rechte wie andere Asylwerber und können einen Folgeantrag einbringen, wenn sie wollen. Dieser wird wie der Folgeantrag eines Nicht-Dublin-Rückkehrers behandelt. Das heißt, wenn der Folgeantrag keine neuen Elemente enthält, wird der Antrag unter Verweis auf die Entscheidung im ersten Verfahren abgewiesen. Werden neue Elemente vorgebracht, wird der Antrag vollständig geprüft (IND 11.1.2012).

b). Non-Refoulement:

Entscheidungen über Außerlandesbringungen in Länder oder Gebiete, in denen laut Einschätzung von Spezialisten ein Schutz vor Verfolgung nicht gesichert ist, werden nur in enger Zusammenarbeit mit dem niederländischen Außenministerium und internationalen Menschenrechtsorganisationen durchgeführt. Auch versicherten die Behörden, dass keine Rückführungen stattfinden, wenn der Asylwerber bei der Rückkehr inhaftiert werden würde (USDOS 25.6.2015).

c). Versorgung:

Gemäß Gesetz haben alle mittellosen Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und materielle Versorgung ab Antragstellung (AIDA 11.2015). Die Central Agency for the Reception of Asylum Seekers (COA) ist für die Unterbringung und die Versorgung der grundlegenden Bedürfnisse von Asylwerbern während ihres Asylverfahrens verantwortlich (COA o.D.; vgl. AIDA 11.2015).

Die Versorgung deckt die folgenden Leistungen und Kosten:

Unterkunft; wöchentlicher Zuschuss für Nahrung, Kleidung und persönliche Ausgaben (€ 12,95/Person); Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zum Besuch des Anwalts; Freizeitangebot und Bildungsaktivitäten (z.B. Vorbereitung für die Integrationsprüfung); Krankenversicherung; Haftpflichtversicherung; Sonderkosten (AIDA 11.2015).

[...]

Nach Ablauf der ersten sechs Monate des Asylverfahrens darf der Asylwerber für 24 Wochen im Jahr arbeiten (IND o.D.). Asylwerbern ist es möglich, verschiedene Arbeiten in ihrem Unterbringungszentrum (z.B. Wartungs- und Reinigungsarbeiten) gegen wöchentliche Bezahlung in der Höhe von € 13,80 zu verrichten (AIDA 11.2015).

[...]

Die Mitarbeiter der COA-Unterbringungszentren sind verantwortlich für das Wohlergehen der Asylwerber. COA berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse der Schutzsuchenden. Es gibt keine eigenen Einrichtungen für behinderte AW; diese können aber wie niederländische Staatsbürger die vorhandenen Heimbetreuungseinrichtungen nützen. Es gibt jedoch eigene Unterbringungseinrichtungen für AW mit psychischen Problemen und für Kinder (AIDA 11.2015).

Nach negativer Entscheidung im allgemeinen Verfahren hat der AW noch für 4 Wochen das Recht auf Unterbringung, egal ob er Beschwerde einlegt oder nicht und egal ob die Beschwerde aufschiebende Wirkung zugesprochen bekommt oder nicht. Danach endet dieses Recht. Bei Beschwerde gegen negative Entscheidung im erweiterten Verfahren, hat der AW das Recht auf Unterbringung auf Dauer des Rechtsmittelverfahrens (und für weitere 4 Wochen nach dem Urteil des Gerichts). Bei weiterer Beschwerde vor dem Council of State gibt es nur dann ein Recht auf Unterbringung, wenn das Council eine aufschiebende Wirkung zuerkennt. Das ist aber angeblich meist nicht der Fall (AIDA 11.2015). Wenn es nötig ist, ist ein zusätzlicher Aufenthalt in einer sogenannten Freedom Restricting Location für weitere maximal 12 Wochen möglich. Die Voraussetzung für den Aufenthalt dort ist die Rückkehr in die Heimat. [...]

Das European Committee of Social Rights des Europarats kritisierte Ende 2014, dass die Niederlande die Rechte irregulärer Migranten verletzten, indem sie ihnen nach abgelehntem Asylverfahren keine staatliche Versorgung mehr hatten zukommen lassen. Der aktuelle Stand der Dinge ist, dass die Versorgung abgelehnter Asylwerber von den Gemeinden zur Verfügung gestellt und von der Regierung finanziert werden muss (AIDA 11.2015).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in der angefochtenen Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in den Niederlande auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus den Länderinformationen im angefochtenen Bescheid keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das niederländische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in den Niederlande den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Einreise nach Österreich und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.

Dass dem Beschwerdeführer von der niederländischen Botschaft in Havanna ein Schengen-Visum für 40 Tage im Zeitraum XXXX06.2017 bisXXXX08.2017 erteilt wurde, ergibt sich ebenso aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Dem Akt ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am XXXX06.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Visums der Kategorie C bei der Botschaft der Niederlande in Havanna gestellt hat, welches ihm am XXXX06.2017 mit der Nummer XXXX ausgestellt worden war (vgl. AS 15). Hinzu kommt, dass die Erteilung des Visums für den Beschwerdeführer durch die niederländische Dublinbehörde bestätigt wurde, die ihre Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers auf Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO stützt. Auch den eigenen Angaben des Beschwerdeführers ist zu entnehmen, dass er Kuba legal mit seinem eigenen Reisepass, der mit einem Schengen-Visum versehen war, das von der "holländischen" Botschaft in Havanna ausgestellt worden sei, verlassen habe (vgl. AS 21, AS 23). Aus diesem Gesamtzusammenhang ergibt sich sohin auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung am 04.08.2017 in Besitz eines gültigen niederländischen Schengen-Visums war.

Die Feststellungen zum Aufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Aufnahme durch die Niederlande ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden. Darauf, dass die Zuständigkeit der Niederlande beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in den Niederlande wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers in die Niederlande entgegenstehen bzw. entgegengestanden sind, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt brachte er vor, dass er an keinen Krankheiten leide (vgl. AS 21) bzw. dass er sich nicht in ärztlicher Behandlung befinde und keine Medikamente nehme (vgl. AS 111).

Dass der Beschwerdeführer in Österreich eine Cousine hat, die österreichische Staatsangehörige ist und mit der er während seines Aufenthalts in Österreich im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt (vgl. AS 113). Da keine wechselseitigen Abhängigkeiten vorgebracht wurden, war die diesbezügliche Feststellung zu treffen. Da weitere Abhängigkeiten bzw. Bindungen im österreichischen Bundesgebiet nicht vorgebracht wurden, war die Feststellungen zu treffen, dass keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich bestehen.

Letztlich ergibt sich die Feststellung zur Überstellung des Beschwerdeführers in die Niederlande aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 12.01.2018.

2.2. Die Feststellungen zum Asylverfahren in den Niederlande einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in den Niederlande ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in den Niederlande ergibt sich sohin aus den durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt verzichtete er auf die angebotene Möglichkeit, sich die Länderfeststellungen zu den Niederlande vom Dolmetscher übersetzen zu lassen (vgl. AS 113). Auch in der Beschwerde wurde diesen Länderfeststellungen nicht entgegengetreten bzw. wurden auch keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaates im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund derer er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 27 Rechtsmittel

(1) Der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d hat das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch ein Gericht.

(2) Die Mitgliedstaaten sehen eine angemessene Frist vor, in der die betreffende Person ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Absatz 1 wahrnehmen kann.

(3) Zum Zwecke eines Rechtsbehelfs gegen eine Überstellungsentscheidung oder einer Überprüfung einer Überstellungsentscheidung sehen die Mitgliedstaaten in ihrem innerstaatlichen Recht Folgendes vor:

a) [...]

b) dass die Überstellung automatisch ausgesetzt wird und diese Aussetzung innerhalb einer angemessenen Frist endet, innerhalb der ein Gericht, nach eingehender und gründlicher Prüfung, darüber entschieden hat, ob eine aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung gewährt wird; oder

c) [...]

[...]

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit der Niederlande zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich im Besitz eines gültigen niederländischen Visums war. Zudem stimmte die niederländische Dublinbehörde der Aufnahme des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 17.10.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu. Auch der Beschwerdeführer selbst brachte im Verfahren vor, dass ihm ein gültiges, niederländisches Visum ausgestellt worden sei, in dessen Besitz er in Österreich eingereist sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit der Niederlande in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung in die Niederlande gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

Zum Beschwerdevorbringen, gemäß Art. 27 Dublin III-VO habe der Beschwerdeführer das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch ein Gericht und habe das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Grund entweder der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen oder einen anfechtbaren Beschluss zu erlassen, wenn keine aufschiebende Wirkung erteilt werde, ist der Beschwerdeführer zunächst auf Art. 27 Abs. 3 lit. b Dublin III-VO zu verweisen, demzufolge die Beendigung einer "automatischen" Aussetzung einer Überstellung mit angemessener Frist, innerhalb der ein Gericht über die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung entschieden hat, vorgesehen ist, zu verweisen. Dieser "automatischen" Aussetzung entspricht § 17 Abs. 1 BFA-VG, wovon auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 13.09.2017, C-60/16, ausgeht. Nach diesem Urteil kommt es nämlich nicht darauf an, ob dem Rechtsbehelf oder der Überprüfung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 lit. a und b Dublin III-VO ex lege aufschiebende Wirkung zukommt oder deren Gewährung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-VO von einem Antrag der betroffenen Person abhängig gemacht wird (vgl. hierzu auch VwGH vom 26.04.2018, Ro 2017/21/0010). Ferner ist im vorliegenden Fall darauf zu verweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht nunmehr eine Entscheidung in der Hauptsache trifft, womit das Rechtsschutzinteresse an einer Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde weggefallen ist (vgl. VwGH vom 25.09.2017, Ra 2017/20/0298).

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten.

3.2.4.2. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren kein Vorbringen betreffend einen Aufenthalt in den Niederlande und/oder ein solches in Zusammenhang mit dem niederländischen Asylsystem erstattet hat. Der Beschwerdeführer gab lediglich an, dass er sich das Visum für die Niederlande lediglich habe ausstellen lassen, um nach Österreich zu gelangen. Es habe keine andere Möglichkeit gegeben zu einem Visum zu gelangen als für die Niederlande. Die Ausstellung des Visums sei "Mittel zum Zweck" gewesen (vgl. AS 111, AS 113). Systemische Mängel im niederländischen Asylverfahren sind aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers sohin jedenfalls nicht zu erblicken.

Grundsätzlich ist zur Lage für Asylwerber in den Niederlande auszuführen, dass bereits aufgrund der länderspezifischen Erwägungen im angefochtenen Bescheid nicht erkannt werden kann, dass Asylwerber, die im Rahmen der Dublin III-VO von Österreich in die Niederlande überstellt werden, aufgrund der dortigen Rechtslage und/oder der dortigen Vollzugspraxis systemische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK zu erwarten hätten oder, dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestünde. Es liegen auch keine Verurteilungen der Niederlande durch den EGMR oder den EuGH vor, die eine Praxis systemischer Mängel des niederländischen Asylwesens, insbesondere im Fall von Dublin-Rücküberstellten aus anderen EU-Staaten, erkennen ließen. Der Vollständigkeit halber wird an dieser Stelle nochmals darauf verwiesen, dass sich die niederländische Dublinbehörde ausdrücklich mit Schreiben vom 17.10.2017 bereit erklärt hat, den Beschwerdeführer aufzunehmen.

Auch wenn der Beschwerdeführer (wegen seiner in Österreich lebenden Cousine) den Wunsch hat, in Österreich zu bleiben, ist an dieser Stelle auf den Hauptzweck der Dublin III-VO zu verweisen, wonach eine im allgemeinen von den Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen ist.

3.2.4.3. Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall kein Vorbringen in Zusammenhang mit dem Vorliegen von Krankheiten bzw. eines aktuellen medizinischen Behandlungsbedarfs im Verfahren vor dem Bundesamt erstattet und finden sich auch sonst nach der Aktenlage keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers in physischer oder psychischer Hinsicht. Auch in der Beschwerde wurde kein Vorbringen in Bezug auf etwaige Erkrankungen bzw. in Bezug auf eine allfällige Behandlungsbedürftigkeit erstattet. Unabhängig davon ist festzuhalten, dass die unentgeltliche medizinische Grundversorgung in den Niederlande jedenfalls gewährleistet ist. Wie den Länderfeststellungen zu entnehmen ist, wird einem Asylwerber, der zum ersten Mal in ein Asylzentrum kommt, eine medizinische Eingangsuntersuchung angeboten, um Behandlungserfordernisse frühzeitig zu erfassen. Asylwerber sind grundsätzlich krankenversichert und ist die medizinische Versorgung in den Unterbringungszentren gewährleistet. Auch Personen, die kein Aufenthaltsrecht mehr in den Niederlande haben, haben Zugang zu medizinischer Notversorgung (vgl. Seite 14 des angefochtenen Bescheides). In einer Gesamtbetrachtung ist jedenfalls davon auszugehen, dass dem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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