TE Bvwg Beschluss 2018/10/18 W226 2207694-1

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Veröffentlicht am 18.10.2018
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Entscheidungsdatum

18.10.2018

Norm

AsylG 2005 §57
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W226 2207694-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2018, Zl. 1182203306-180176472, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und wurde am 17.02.2018 wegen Verdachtes der Begehung einer Straftat festgenommen und in eine Justizanstalt verbracht. Über den Beschwerdeführer wurde Untersuchungshaft verhängt.

Aus dem Depositenbericht ergibt sich, dass der Beschwerdeführer unter anderem im Besitz einer polnischen "Karta Polaka", offensichtlich gültig bis 2025, ist.

Mit Schreiben vom 20.02.2018 wurde der Beschwerdeführer von der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (§ 67 FPG) in Kenntnis gesetzt und wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme dazu abzugeben. Von dieser Möglichkeit nahm er nicht Gebrauch.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30.05.2018, GZ 33Hv 27/18, wurde er schließlich wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 5, 130 Abs. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt.

Am 31.07.2018 wurde der Beschwerdeführer nunmehr davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot (§ 53 FPG) zu erlassen. Auch dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

Mit Bescheid vom 13.09.2018, Zl. 1182203306-180176472, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. und II.). Ferner wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 6 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte zusammengefasst aus, dass er Polen seit 4 Jahren legal lebe und arbeite. Er habe eine ID-Karte (Karta Polaka) gültig bis XXXX und einen polnischen Aufenthaltstitel, gültig bis XXXX . Auch seine Lebensgefährtin lebe in Polen. Die Behörde hätte - § 52 Abs. 6 FPG folgend - die Möglichkeit der Ausreise in das Hoheitsgebiet von Polen einräumen müssen.

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.10.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird der soeben dargelegte Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 11, S 153). § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, (ebenso VwGH, 27.01.2015, Ro 2014/22/0087) mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst dann vor, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht, insbesondere weil

1. die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

2. die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat

3. konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden oder

4. ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel zu erkennen sind und

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich als grob mangelhaft. Wie dargestellt hat die belangte Behörde nach einer Übermittlung personenbezogener Dokumente durch die zuständige Justizanstalt Kenntnis davon erlangt, dass der Beschwerdeführer im Besitz einer "Karta Pobytu" und einer "Karta Polaka" ist. Im "Informationsverbundsystem, zentrales Fremdenregister-Auskunft", ist nunmehr ein nationaler Führerschein des Beschwerdeführers mit dem Vermerk "bedenklich" vermerkt, weiters ein sonstiges Dokument, scheinbar in XXXX ausgestellt, ebenfalls mit dem Vermerk "bedenklich" und darüber hinaus unter der Rubrik "Aufenthaltsgenehmigung" die offensichtlich polnische Aufenthaltsberechtigung, gültig vom XXXX bis XXXX ebenfalls mit der Klassifizierung "bedenklich".

Mit den gegenständlichen Aufenthaltstiteln und den gegenständlichen Dokumenten, welche wie dargestellt im zentralen Fremdenregister eingetragen sind, hat sich die belangte Behörde jedoch nicht weiter beschäftigt, sondern offensichtlich einzig mit einem Mitarbeiter an der Grenzkontrollstelle des Flughafens XXXX Kontakt aufgenommen, ob dieser - polnischer - Ausweis ein Reisedokument ist oder nicht (AS 25).

Einer Abfrage aus dem Dokumenten-Informations-System DOKIS (AS 29) ist jedoch zu entnehmen, dass die belangte Behörde sich ein Amtswissen darüber angeeignet hat, dass die "Karta Polaka", ein Nachweis für ehnische Polen aus Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion ist, wobei die Inhaber dieser Karte keine polnische Staatsbürgerschaft haben, aber verschiedene Privilegien, beispielsweise bei Einreisevisum etc. in Polen. Genau auf diese von der belangten Behörde im Akt aufgenommenen und in den Feststellungen auch wiedergegebenen Dokumente verweist der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen, die belangte Behörde hat wie dargestellt die Dokumente in den Feststellungen erwähnt, dann jedoch in weiterer Folge in rechtlicher Hinsicht nicht weiter berücksichtigt.

Dieses völlige Ignorieren führt jedoch zu einer weitgehenden Mangelhaftigkeit des behördlichen Verfahrens, wobei folgendes auszuführen ist:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der in der Beschwerde auch erwähnte § 52 Abs. 6 FPG vor dem Hintergrund von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG zu lesen ist. Dort wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig auf haltiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, hat es zu einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (vgl. VwGH vom 10.04.2014, 2013/22/0310 und VwGH vom 21.12.2017, 2017/21/0234). Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der Verpflichtung ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen.

Im gegenständlichen Verfahren hat die belangte Behörde somit zwar Dokumente im Verwaltungsakt aufgenommen und diese auch in den Feststellungen erwähnt, wonach der Beschwerdeführer offensichtlich zum dauerhaften Aufenthalt in Polen berechtigt ist.

Die von der belangten Behörde eingeholte Information, dass die Karta Polaka kein Reisedokument ist (AS 25) greift demzufolge zu kurz, zumal sich die belangte Behörde eingehender mit der Frage zu befassen gehabt hätte, ob dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht in Polen zukommt oder nicht. In diesem Zusammenhang ist für das erkennende Gericht auch von hervorgehobener Bedeutung, dass wie dargestellt laut Informationsverbundsystem, zentrales Fremdenregister-Auskunft, zu sämtlichen vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumenten, die sich im Original bei seinen Depositen in der Justizanstalt befinden sollen, Hinweise auf "Bedenklichkeit" entdeckt wurden. Ohne genaue Kenntnis davon, ob diese Dokumente nunmehr echt sind, dem Beschwerdeführer somit tatsächlich ein Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedsstaates (im konkreten Fall: Polen) zukommt oder nicht, war es der belangten Behörde nicht möglich, zu beurteilen, ob ein Vorgehen gemäß § 52 Abs. 6 FPG geboten ist, oder ob sofort eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.

Da somit die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht ausreichend geprüft sind und auch das erlassene Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 FPG nur gemeinsam mit einer bestehenden Rückkehrentscheidung erlassen werden kann, erweist sich die Behebung der angefochtenen Entscheidung als unumgänglich (zu einem gleichgelagerten Fall vgl. auch BVwG vom 23.07.2018, GZ I412 2200816-1/3E).

Die belangte Behörde wird sich somit umfassend Kenntnis von der Echtheit der vorgelegten Dokumente und vom allenfalls bestehenden Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in einem Mitgliedsstaat, nämlich Polen, zu verschaffen haben.

Wenn die Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt sehr unzureichend festgestellt hat, indem sie keine für die Entscheidung in der Sache brauchbaren Ermittlungsergebnisse geliefert hat (vgl. VwGH, 20.10.2015, Ra 2015/09/0088; VwGH, 23.02.2017, Ra 2016/09/0103 und VwGH, 28.03.2017, Ro 2016/09/0009), ist eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG zulässig.

Die Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst besteht aber nicht nur dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt (schon) feststeht (§ 28 Abs 2 Z 1 VwGVG), sondern auch dann, wenn dessen Feststellung durch das VwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs 2 Z 2 VwGVG) (VwGH, 30.03.2017, Ro 2015/03/0036).

Vom Bundesverwaltungsgericht wird entsprechend auch nicht verkannt, dass die österreichische Rechtsordnung der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte eindeutig den Vorrang gibt und eine kassatorische Entscheidung nur unter den engen Rahmenbedingungen der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Rahmenbedingungen zu § 28 Abs. 3 VwGVG möglich ist. Der VwGH hat betont, dass mit dem (engen) Verständnis der Ausnahmen von der den VwG grundsätzlich zukommenden Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst der der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 insofern zu Grunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen wurde, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen (vgl insbesondere VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063). Hintergrund dieses Systems ist der (aus Gründen der Rechtssicherheit nachvollziehbare) Wunsch nach einer Verfahrensbeschleunigung, welcher gerade in sensiblen Verfahren wie im Bereich des Asylrechts hohe Bedeutung zukommt. So wird vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens generell nicht eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG rechtfertigt; im "Interesse der Raschheit" sei dieses vom Verwaltungsgericht einzuholen (vgl. zuletzt VwGH, 22.03.2018, Ra 2017/01/0287).

Sind lediglich ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das VwG im Interesse der Raschheit iSd § 28 Abs 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht lediglich auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist (VwGH, 22.06.2017, Ra 2017/20/0011). Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein VwG insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung (vgl VwGH, 26.04.2016, Ro 2015/03/0038).

Auch die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellt für sich genommen keinen Grund für eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG dar (VwGH, 26.04.2016, Ro 2015/03/0038). Dasselbe gilt für das Erfordernis ergänzender Einvernahmen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung (VwGH, 22.06.2016, Ra 2016/03/0027, mwN).

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegt im vorliegenden Fall eine meritorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes aber nicht im "Interesse der Raschheit" bzw. der Verfahrensbeschleunigung. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, legte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Verhandlung unterbleiben kann, wenn die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt hat und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt. Dies ist gegenständlich unmöglich, da die Verwaltungsbehörde schlichtweg keine eindeutigen Feststellungen und keine Beweiswürdigung zu einem möglichen Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in Polen vorgenommen hat. Durch diese Vorgehensweise zwingt die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und delegiert somit die Ermittlungstätigkeit. Die Notwendigkeit der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht würde - wie oben ausgeführt - generell noch nicht dazu führen, dass von einer Sachentscheidung abgesehen werden kann. Allerdings kann die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Fall aber nicht im Interesse der Verfahrensbeschleunigung liegen, hatte die belangte Behörde bisher ebenso noch keine Einvernahme durchgeführt und bereits nach einem unbeantwortetem Parteiengehör jegliche weiteren Ermittlungsschritte unterlassen, obwohl der Beschwerdeführer jederzeit greifbar gewesen wäre.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens wäre daher im gegenständlichen Fall nicht als Ergänzung anzusehen, sondern würde nun anstelle der belangten Behörde das Bundesverwaltungsgericht als Erstbehörde ermitteln. Eine solche Vorgehensweise kann nicht im Sinne des Gesetzes und v.a. auch nicht im Sinne der intendierten Verfahrensbeschleunigung liegen kann. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit nicht gegeben.

Im Übrigen wurde im angefochtenen Bescheid unter Spruchpunkt VI. einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und besteht somit für das Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidungsfrist von 7 Tagen.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren Ermittlungen und Feststellungen zum Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers in Polen anstellen und sich beweiswürdigend und rechtlich damit auseinanderzusetzen haben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltstitel, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Mitgliedstaat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W226.2207694.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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