TE Bvwg Beschluss 2018/10/19 W235 2174066-1

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Veröffentlicht am 19.10.2018
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Entscheidungsdatum

19.10.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W235 2174066-1/4E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 03.10.2017, Zl. Islamabad-OB/KONS/3158/2015, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 14.07.2017, Zl. Islamabad-ÖB/KONS/3158/2015, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin und ihre minderjährige Tochter namens XXXX sind Staatsangehörige von Afghanistan und stellten am 04.11.2015 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad jeweils Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Diesbezüglich wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin die Ehegattin des afghanischen Staatsangehörigen XXXX, geb. XXXX, ist, dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX07.2015, Zl. XXXX, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war (= Bezugsperson). Ihre minderjährige Tochter ist das gemeinsame Kind der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson.

Diesem Antrag wurden neben dem (ausgefüllten) Befragungsformular im Familienverfahren folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) beigelegt:

* Fragebogen für afghanische Asylwerber im Familienverfahren, dem zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführerin "vor vier Jahren" (sohin Ende 2011) geheiratet habe, es auch eine Heiratsurkunde gegeben habe, die von der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson unterfertigt worden sei, die die Beschwerdeführerin jedoch verloren habe und sie sich vor ca. einem Monat (sohin im Oktober 2015) eine neue Heiratsurkunde ausstellen lassen habe;

* Tazkira der Beschwerdeführerin (in schlechter Qualität) samt englischer Übersetzung, ausgestellt von Islamic Republic of Afghanistan, XXXX;

* (nachträglich amXXXX10.2015 ausgestellte) Heiratsurkunde der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson mit dem Eheschließungsdatum XXXX12.2012 (in englischer Übersetzung vorgelegt);

* Kopie des Reisepasses der Beschwerdeführerin dem das Geburtsdatum XXXXXXXX zu entnehmen ist, ausgestellt am XXXX09.2015 vomXXXX mit der Nummer: XXXX;

* Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX07.2015, Zl. XXXX, mit welchem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war und dem zu entnehmen ist, dass nach den Angaben der Bezugsperson diese nach Schließung des Camps im März 2013 in ihr Heimatdorf zurückgekehrt sei und geheiratet habe;

* Kontoauszug der Bezugsperson vom XXXX10.2015;

* E-Card der Bezugsperson;

* Auszug aus dem Konventionsreisepass der Bezugsperson, ausgestellt am XXXX08.2015 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit der Nummer: XXXX;

* Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX07.2015 betreffend die Bezugsperson und

* vier Hochzeitsfotos in schlechter Qualität

1.2. Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG vom 25.01.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekannt, dass im Fall der Beschwerdeführerin und ihrer minderjährigen Tochter eine Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder einer Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG sei. Zudem würden die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente nicht genügen, um die Angehörigeneigenschaft der Minderjährigen nachzuweisen. Die Bezugsperson habe sich geweigert, an der zum Nachweis der Angehörigeneigenschaft ihrer Tochter, XXXX, erforderlichen DNA-Analyse innerhalb der ihr gesetzten Frist mitzuwirken. Bisher sei keine weitere Kontaktaufnahme zur Vereinbarung eines Termins zur Abstammungsanalyse erfolgt und verwies das Bundesamt auf die näheren Ausführungen in der beiliegenden Stellungnahme.

Neben dieser Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin das Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme der Bezugsperson vom 13.12.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Kenntnis gebracht.

In der der Mitteilung beigelegten Stellungnahme vom 23.01.2017 wurde betreffend die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin zusammengefasst ausgeführt, dass der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX07.2015, Zl.XXXX, zuerkannt worden sei. Die Eigenschaft als Familienangehörige nach § 35 Abs. 4 AsylG könne aufgrund gravierender Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses nicht festgestellt werden. Die Bezugsperson sei am 13.12.2016 im Zuge einer Zeugeneinvernahme über die Möglichkeit einer DNA-Analyse informiert worden. Die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin habe zwecks Nachweis ihre Tazkira vorgelegt. Das behauptete Familienverhältnis müsse nicht nur glaubhaft gemacht, sondern als erwiesen anzusehen sein, womit der volle Beweis im Sinne des AVG zu erbringen sei. Im gegenständlichen Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben, weil aufgrund der Dokumentenunsicherheit in Afghanistan keineswegs davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen im Sinne eines vollen Beweises anzunehmen sei, sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. Zudem sei die Möglichkeit des Gegenbeweises zum bestehenden Ermittlungsergebnis in Form der Durchführung einer Altersdiagnose [wohl gemeint: DNA-Analyse] anzutreten bis dato nicht wahrgenommen worden.

Im Rahmen einer weiteren Stellungnahme vom 23.01.2017 betreffend die Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin vorgebracht habe, dass sie die Ehefrau der Bezugsperson, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX07.2015, Zl. XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, sei. Als Nachweis habe sie ein Heiratszertifikat vom XXXX10.2015 mit Bezugnahme auf eine Eheschließung am XXXX12.2012 vorgelegt. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung würden bereits deshalb nicht vorliegen, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsland bestanden habe. Demnach würden sich im vorliegenden Fall gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG ergeben, weil sich aus dem Ermittlungsverfahren bzw. aus den niederschriftlichen Angaben ergebe, dass die Eigenschaft als Familienangehörige im Sinne des § 35 AsylG nicht bestehe und auch nach den Grundsätzen des Herkunftslandes eine gültige Ehe nicht geschlossen worden sei, sodass eine Statusgewährung nicht wahrscheinlich sei. In diesem Zusammenhang wurde auf die maßgeblichen Bestimmungen des afghanischen Zivilgesetzbuches hingewiesen. Demnach sei für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages dessen Registrierung in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise vorgeschrieben. Ohne Nachweis durch eine öffentliche Urkunde sei die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig. Die Bezugsperson habe glaubhaft Ende Juli 2014 Afghanistan verlassen und nachweislich am XXXX08.2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Die Ausreise der Bezugsperson sei somit spätestens ein Jahr und acht Monate nach der traditionellen Heirat erfolgt. Gemäß den Angaben der Bezugsperson in ihrer Einvernahme vom 18.11.2014 sei die traditionelle Heirat ca. 15 Monate vor der Ausreise aus Afghanistan - was dem Heiratszertifikat widersprechend erst einem Datum vom Juli 2013 für die traditionelle Hochzeit entsprechen würde - erfolgt. Auch gab die Bezugsperson an, die Ehe sei nach der Schließung des Camps im März 2013, als die Bezugsperson in ihr Heimatdorf zurückgekehrt sei, erfolgt. Auch bei ihrer Zeugeneinvernahme am 13.12.2016 habe die Bezugsperson einen anderen Termin für die Eheschließung, als auf dem Heiratszertifikat ersichtlich, angegeben. So erklärte die Bezugsperson Mitte 2013 im Bezirk XXXX geheiratet zu haben. Auf Vorhalt des Widerspruchs [zwischen ihren Angaben und dem Datum auf der Heiratsurkunde] habe die Bezugsperson angegeben, dass sie Mitte 2013 geheiratet habe und im Jahr 2012 die Verlobung gewesen sei. Aus dem vorgelegten Heiratszertifikat ergebe sich offensichtlich eine im Nachhinein - am XXXX10.2015 - beurkundete Eheschließung der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson. Die Registrierung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Bezugsperson bereits seit drei Monaten in Österreich asylberechtigt gewesen sei. Eine solche Beurkundung bzw. Registrierung der Ehe habe während des Aufenthaltes beider Ehegatten in Afghanistan nie stattgefunden, sodass die Bezugsperson zu einem Zeitpunkt Afghanistan verlassen habe, als keine rechtsgültige Eheschließung vorgelegen sei. Selbst wenn man, trotz der unterschiedlichen Angaben zur Heirat und entgegen der aufliegenden Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen wahrer Tatsachen auch widerrechtlich zu erlangen, davon ausgehe, dass im Jahr 2012 eine Eheschließung in Afghanistan erfolgt wäre, bleibe diesbezüglich festzuhalten, dass weder die Beschwerdeführerin noch die Bezugsperson je behauptet, geschweige denn unter Beweise gestellt hätten, dass sie die Ehe nach staatlichem Recht, einschließlich Registrierung, geschlossen hätten. Die Bezugsperson habe im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt selbst angegeben, mit der Beschwerdeführerin (lediglich) traditionell verheiratet zu sein. Da es seit 2008 die vorgeschriebene Registrierung der Ehe im afghanischen Zivilrecht gebe, sei die lediglich nach islamischem Recht geschlossene und im Heimatland nicht registrierte Ehe als nicht gültig anzusehen. Nach Anführung der maßgeblichen Bestimmungen des Internationalen Privatrechtes und des österreichischen Ehegesetzes folgerte die Behörde, dass nicht vom Bestehen einer "von Anfang an gültigen Ehe" gesprochen werden könne, da die traditionelle Eheschließung Mitte 2013 bzw. laut anzuzweifelndem Zertifikat im Dezember 2012 erfolgt sei, die Bezugsperson Afghanistan aber bereits im Juli 2014 - etwa ein Jahr bzw. 18 Monate danach - verlassen habe.

Dies teilte die Österreichische Botschaft Islamabad der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26.01.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme auf.

1.3. Am 03.02.2017 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin sowie ihrer minderjährigen Tochter, eingebracht im Wege ihrer damals bevollmächtigten Vertreterin ein, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson am XXXX12.2012 traditionell geheiratet hätten. Seit Mitte 2013 bis zur Flucht der Bezugsperson im Juni 2014 habe das Paar im gemeinsamen Haushalt gelebt. Die gemeinsame Tochter der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sei am XXXX09.2013 - somit etwa neun Monate nach der Eheschließung - zur Welt gekommen. Da eine unmittelbare staatliche Registrierung nach der offiziellen Hochzeit den Eheleuten als nicht notwendig erschienen und dies in Afghanistan generell unüblich sei, sei die Registrierung erst zu dem Zeitpunkt, als ein Nachweis der Eheschließung für die geplante Familienzusammenführung notwendig gewesen sei, durchgeführt worden. Demnach sei die Ehe am XXXX10.2015 registriert worden, was der Gültigkeit der Ehe ab dem XXXX12.2012 nicht entgegenstehe. Die Bezugsperson habe am XXXX07.2015 in Österreich den Asylstatus erhalten und sei die Bezugsperson betreffend die Einreiseanträge der Beschwerdeführerin und der gemeinsamen minderjährigen Tochter am 13.12.2016 zeugenschaftlich einvernommen worden. Da es im Protokoll zu Fehlern gekommen sei und die Bezugsperson informiert worden sei, dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose an die Botschaft übermittelt worden sei, sei am 26.01.2017 eine ergänzende Stellungnahme zu der Einvernahme an das Bundesamt gesendet worden. Allerdings sei bereits am 25.01.2017 die negative Wahrscheinlichkeitsprognose an die Botschaft übermittelt worden und habe die ergänzende Stellungnahme vom 26.01.2017 nicht mehr berücksichtigt werden können.

Zum Einreiseantrag der Beschwerdeführerin wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass dem Ablehnungsgrund des Bundesamtes, dass keine rechtsgültige Ehe vorgelegen sei, da die Eheschließung zwar am XXXX12.2012 stattgefunden habe, jedoch erst am XXXX10.2015 registriert worden sei, entgegengetreten werde, zumal die Durchführung der Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann mit den Vorschriften für eine gültige Ehe in Afghanistan übereinstimmen würden. Das afghanische Eherecht kenne zwei wesentliche Voraussetzungen für das Zustandekommen einer gültigen Ehe. Das Angebot und die Annahme durch Personen verschiedenen Geschlechts und das Einhalten zusätzlicher Formvorschriften. Die Nichtigkeit der Ehe komme grundsätzlich nur bei schweren Verstößen gegen die Vorschriften zustande. Bei sonstigen Verstößen gegen Formvorschriften gelte die Ehe zwar als fehlerhaft, der Mangel werde aber durch die Vollziehung der Ehe saniert. Demnach sei die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nach afghanischem Recht gültig. Die Ehe sei 2012 geschlossen, jedoch nicht staatlich registriert worden. Die amtliche Registrierung der Ehe sei, entgegen der Annahme der Behörde, keineswegs üblich und stelle keine zwingende Voraussetzung für eine gültige Ehe dar. Wenngleich das afghanische Zivilgesetzbuch eine solche Registrierung vorsehe, spiele diese für die tatsächlichen Gegebenheiten in Afghanistan keine Rolle und sei eine traditionell geschlossene Ehe auch ohne Registrierung voll rechtsgültig, da sie mit sämtlichen Rechten und Pflichten einer Ehe einhergehe. Das Bundesamt habe richtigerweise angeführt, dass die Ehe gemäß den Bestimmungen des Internationalen Privatrechts nicht nach österreichischem, sondern nach afghanischem Recht zu beurteilen sei. Die Verweise auf das Ehegesetz würden insofern ins Leere gehen, da diese nur anzuwenden seien, wenn die rechtlichen Bestimmungen den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widersprechen würden. Zudem sei es während der zeugenschaftlichen Einvernahme der Bezugsperson zu Fehlern gekommen. So habe die Eheschließung am XXXX12.2012 und nicht Mitte 2013 stattgefunden, was insofern schlüssig sei, da die Tochter des Paares bereits im September 2013 zur Welt gekommen sei.

Zur Tochter der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson wurde ins Treffen geführt, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Bundesamt von einer "Altersdiagnose" zum Nachweis der Familieneigenschaft der dreijährigen Tochter spreche, was auf den generellen Schluss einer mangelhaften Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Sachverhalt schließen lasse. Zudem sei in der Stellungnahme des Bundesamtes darauf hingewiesen worden, dass die Bezugsperson im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme auf die Möglichkeit einer DNA-Analyse hingewiesen worden sei. Dieser Hinweis auf die "Altersdiagnose" stelle wohl ein Versehen dar. Auch die Mitteilung vom 25.01.2017 enthalte den standardisierten Ablehnungsgrund, dass sich die Bezugsperson geweigert habe, an einer DNA-Analyse zum Nachweis der Angehörigeneigenschaft innerhalb der ihr gesetzte Frist mitzuwirken. Dem müsse an diese Stelle widersprochen werden, da die Bezugsperson zu keinem Zeitpunkt, weder während noch nach der zeugenschaftlichen Einvernahme auf die Möglichkeit der Durchführung einer DNA-Analyse hingewiesen worden sei noch sei ihr eine Frist zur Mitwirkung an der Durchführung einer DNA-Analyse gesetzt worden. Auch aus dem Einvernahmeprotokoll vom 13.12.2016 gehe kein Hinweis auf die Möglichkeit einer DNA-Analyse hervor. Wie bereits in der Stellungnahme vom 26.01.2017 angegeben, erkläre sich sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Bezugsperson zu einer DNA-Analyse gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG bereit. Demnach werde nach positivem DNA-Gutachten der Beschwerdeführerin und ihrer minderjährigen Tochter die Einreise zu gewähren sein. In diesem Zusammenhang werde auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson mit ihrer gemeinsamen Tochter in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hätten, was als weiterer Beweis, (unter Hinweis auf einen ACCORD Bericht) für das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe gewertet werden müsse. Zudem werde darauf hingewiesen, dass das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK berücksichtigt werden müsse. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes habe die Behörde derartig gelagerte Fälle, an denen Kinder beteiligt seien und die Gültigkeit der Ehe der Eltern angezweifelt werde, zu prüfen, ob es nach Art. 8 EMRK geboten sein könnte, dass der Antragsteller das Familienleben mit seiner Ehefrau und ihrem Kind in Österreich fortsetze (vgl. VfGH vom 06.06.2014, B369/2013). Selbst unter der Annahme, dass das Bundesamt entgegen der in der Stellungnahme angeführten Argumente und Quellenangaben an seiner Auffassung, dass die Ehegatteneigenschaft nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, festhalte, sei der Beschwerdeführerin und Mutter im Lichte der angeführten höchstgerichtlichen Entscheidung ein Einreisetitel zu gewähren, damit das gemeinsame Familienleben mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Österreich fortgeführt werden könne.

Neben der Kopie der Vollmacht der (damals) einschreitenden Vertreterin und der bereits vorgelegten Heiratsurkunde vom XXXX10.2015 wurden der Stellungnahme folgende Unterlagen beigelegt:

* Heiratsbestätigung des Mullahs über die Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson am XXXX (XXXX12.2012) samt deutscher Übersetzung und

* ergänzende Stellungnahme zur zeugenschaftlichen Einvernahme der Bezugsperson vom 26.01.2017, der im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass es zu einem Fehler im Protokoll gekommen sei, da die Heirat nicht Mitte März 2013 stattgefunden habe, sondern das Paar Mitte März 2013 in einen gemeinsamen Haushalt gezogen sei

1.4. Nach Übermittlung der von der Beschwerdeführerin abgegebenen Stellungnahme erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12.07.2017 eine neuerliche Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG, in der ausgeführt wurde, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes betreffend die Beschwerdeführerin aufrecht bleibe. Begründend wurde dies mit dem Umstand, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb der Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG sei. Der Mitteilung war das Protokoll der Einvernahme der Bezugsperson vom 13.12.2016 sowie eine Stellungnahme des Bundesamtes beigelegt. In der Stellungnahme wurde, nach Wiederholung der Begründung aus der Stellungnahme vom 23.01.2017, darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin zum behaupteten Datum der Eheschließung erst 16 bzw. 16,5 Jahre alt gewesen sei und somit eine "Kinderehe" vorliege, die dem ordre-public Grundsatz widerspreche.

2. Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG vom 12.07.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betreffend die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson bekannt, dass eine Gewährung des Status der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich sei. Verwiesen wurde auf die beiliegende Stellungnahme, das Protokoll der Einvernahme der Bezugsperson vom 28.02.2017 und das DNA-Gutachten, wonach die Vaterschaft der Bezugsperson als erwiesen gelte.

In der Stellungnahme betreffend die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass am 13.12.2016 eine Zeugeneinvernahme des Vaters (= Bezugsperson) stattgefunden habe und die Information über die Möglichkeit einer DNA-Analyse, die aber nach erbetener Bedenkzeit nicht in die Niederschrift protokolliert worden sei, gesondert ausgegeben worden sei. Da keine Kontaktaufnahme bezüglich der vorgeschlagenen DNA-Analyse erfolgt sei, sei am 25.01.2017 eine negative Prognose an die Österreichische Botschaft Islamabad ergangen. Am 28.02.2017 eine weitere Zeugeneinvernahme erfolgt, in der die Bezugsperson über die Möglichkeit einer DNA-Analyse informiert und ein Termin mit dem Forensischen DNA-Zentrallabor der Medizinischen Universität Wien vereinbart worden sei. Am 08.06.2017 sei das Gutachten betreffend Abstammungsuntersuchung eingelangt, wonach die Vaterschaft der Bezugsperson praktisch erwiesen sei. Daher sei die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Einreise der minderjährigen antragstellenden Partei im Sinne des § 35 Abs. 4 iVm § 34 AsylG wahrscheinlich.

3. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 14.07.2017, Zl. Islamabad-ÖB/KONS/3158/2015 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG abgewiesen und wurde das bisherige Vorbringen der Beschwerdeführerin wiederholt und auf die Begründungen der Mitteilungen sowie Stellungnahmen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2017 (bzw. 25.01.2017) und vom 12.07.2017 verwiesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer ausgewiesenen Vertreterin am 10.08.2017 fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde der Inhalt der Stellungnahme vom 03.02.2017 wiedergegeben. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass der minderjährigen Tochter der Beschwerdeführerin seitens des Bundesamtes mitgeteilt worden sei, dass die Gewährung desselben Schutzes wie jener der Bezugsperson wahrscheinlich sei. Das Bundesamt habe die Ablehnung des Einreiseantrages im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass die Ehe zu einem Zeitpunkt registriert worden sei, als sich die Bezugsperson bereits in Österreich befunden habe. Zusätzlich sei in der Stellungnahme des Bundesamtes vom 12.07.2017 erstmals die Ansicht geäußert worden, dass die Eheschließung dem ordre-public Grundsatz widerspreche, da die Beschwerdeführerin zum behaupteten Datum der Eheschließung erst 16 bzw. 16,5 Jahre alt gewesen sei. Nach Wiederholung der im Rahmen der Stellungnahme vorgebrachten Argumente seitens der Beschwerdeführerin wurde zum Vorwurf der "Kinderehe" ausgeführt, dass diese Ansicht erstmals im Rahmen der Stellungnahme des Bundeamtes vom 12.07.2017 geäußert worden sei und ein Verstoß gegen das Überraschungs- und Neuerungsverbot darstelle. Der Beschwerdeführerin sei diesbezüglich keine Möglichkeit gegeben worden, diesem Vorbringen des Bundesamtes im Rahmen einer Stellungnahme entgegenzutreten. Weiters wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Ehe nach afghanischem Recht gültig sei, da das afghanische Zivilgesetzbuch beim Mann das vollendete 18. Lebensjahr und bei der Frau das vollendete 16. Lebensjahr vorsehe. Gemäß § 6 IPRG sei eine Bestimmung fremden Rechts nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei. Dabei wurde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes verwiesen, wonach von dieser Ausnahme "sparsamster Gebrauch" zu machen sei. Ein Abweichen von zwingenden österreichischen Vorschriften sei keinesfalls bereits ein ordre-public Verstoß. Vor allem müsse die Anwendung der fremden Norm im Ergebnis den ordre-public Grundsatz verletzen. Eine ausreichend starke Inlandsbeziehung werde daher vorausgesetzt. Der Oberste Gerichtshof nenne das Verbot der Kinderehe als Grundwertung der österreichischen Rechtsordnung, jedoch könne eine solche Bewertung nicht losgelöst vom Einzelfall und dem Schutzzweck der Norm erfolgen. Das Verbot der Kinderehe diene vor allem dazu, minderjährigen Personen, die die notwendige Reife nicht besitzen würden, vor einer Zwangsehe und damit verbundener sexueller Ausbeutung, Gewalt und Zwangsarbeit zu schützen. Dies sei im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht der Fall. Die Ehe der Eheleute sei aus freiem Willen geschlossen worden. Die Beschwerdeführerin sei zum Zeitpunkt der Eheschließung 16 und die Bezugsperson 20 Jahre alt gewesen, was sowohl mit der afghanischen als auch mit der österreichischen Rechtsordnung vereinbar sei. Das Ehepaar habe ein Jahr lang im gemeinsamen Haushalt gelebt und für die gemeinsame Tochter gesorgt. Die Beschwerdeführerin stelle den Antrag, um das gemeinsame Familienleben in Österreich fortzusetzen. Zum Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK wurde auf den Inhalt der Stellungnahme vom 03.02.2017 hingewiesen. Zudem wurde vorgebracht, dass es sich bei der Beschwerdeführerin nicht nur um die Ehefrau der Bezugsperson, sondern auch um die Mutter der gemeinsamen Tochter, für die eine positive Entscheidung im Rahmen des § 35 AsylG vorliege, handle. Demnach könne der Einreiseantrag der Beschwerdeführerin nicht ohne weiteres abgelehnt werden, da dies eine Fortführung des Familienlebens zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter verhindern würde. Die Entscheidung führe dazu, dass eine Kernfamilie auf Dauer getrennt voneinander leben müsse. Nach Hinweis auf entsprechende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes wurde moniert, dass die Behörde im vorliegenden Fall die Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen Art. 8 EMRK versäumt habe. Hätte die Behörde eine solche Prüfung durchgeführt, wäre sie eindeutig zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verweigerung der Einreise für die Beschwerdeführerin zur langfristigen Trennung einer Kernfamilie führe und somit in eklatantem Widerspruch zu Art. 8 EMRK stehe.

Neben den bereits im Zuge des Verfahrens vorgelegten Urkunden wurden auch die Heiratsurkunde und die Tazkira in deutscher Übersetzung vorgelegt. Zudem wurde die Tazkira der Tochter der Beschwerdeführerin in deutscher Übersetzung vorgelegt.

5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.10.2017, Zl. Islamabad-ÖB/KONS/3158/2015, wies die Österreichische Botschaft Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiederholung des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet ab. Dabei begründete das Bundesamt die negative Wahrscheinlichkeitsprognose mit dem Umstand, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe.

6. Folglich stellte die Beschwerdeführerin durch ihre (damals) ausgewiesene Vertreterin gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag und wiederholte zusammengefasst den bisherigen Verfahrensgang.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

2. Zu A)

2.1. Gesetzliche Grundlagen:

2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

§ 26 Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:

§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen

[...]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [...]

Da die Antragstellung im gegenständlichen Verfahren am 04.11.2015 erfolgte und dieses Verfahren sohin vor dem 01.06.2016 anhängig war, kommt die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG zu tragen und ist § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG in der Fassung vor Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden.

§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013)

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn 1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und 2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht. Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12.11.2014, Zl. Ra 2014/20/0029 (unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dort mit dieser Frage auseinandergesetzt und dargelegt, dass ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch die Verwaltungsgerichte gesetzlich festgelegt ist. Die nach § 28 VwGVG von der meritorischen Entscheidungspflicht verbleibenden Ausnahmen sind strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden."

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:

"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).

2.3. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

2.3.1. Wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die österreichischen Vertretungsbehörden in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines Asylberechtigten bzw. eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft kommt daher nicht in Betracht. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer asyl- oder subsidiär schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Antrages auf internationalen Schutz zuständige Bundesamt die Schutzgewährung für nicht wahrscheinlich erachtet (vgl. VwGH vom 16.12.2014, Zl. 2014/22/0034; vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 sowie vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423). Innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 - geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems steht es allerdings dem Bundesverwaltungsgericht offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, was voraussetzt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Mitteilung auch entsprechend begründet und dem Antragsteller Gelegenheit geboten wird, davon Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung nehmen zu können (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

2.3.2. Im vorliegenden Fall gründet sich die angefochtene Entscheidung in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 03.10.2017 im Wesentlichen auf die Argumentation, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen und die Einreise der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsland bestanden habe, zumal die traditionelle Heirat erst nachträglich registriert worden sei und nach staatlichem afghanischen Recht eine Ehe ohne Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ungültig sei. Allerdings hat es das Bundesamt unterlassen, das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Gänze zu würdigen. Daher sind wesentliche Ermittlungen unterblieben und das Verfahren wurde mit Mangelhaftigkeit belastet. Dies aus folgenden Gründen:

2.3.2.1. Im gegenständlichen Verfahren stellte die Beschwerdeführerin für sich und ihre minderjährige Tochter einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG. Im Zuge des Verfahrens wurde eine DNA-Analyse zum Nachweis der Familienangehörigeneigenschaft der Tochter der Beschwerdeführerin durchgeführt, die ergeben hat, dass die Vaterschaft zwischen der Bezugsperson und dem Kind als praktisch erwiesen gilt. Daraufhin wurde der minderjährigen Tochter der Beschwerdeführerin mit Mitteilung vom 12.07.2017 eine positive Wahrscheinlichkeit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nach Einreise gemäß § 35 Abs. 4 AsylG prognostiziert.

Mit Mitteilung und Stellungnahme vom selben Tag wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Gewährung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten auch weiterhin nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsland bestanden habe. Wenn in der Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen wird, dass das Bundesamt nach neuerlicher Prüfung mitgeteilt habe, dass es auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose vom 23.01.2017 festhalte und die Entscheidung mit seiner Mitteilung und Stellungnahme vom 12.07.2017 begründe, so ist diesbezüglich anzumerken, dass sich die Sachlage seit dem 23.01.2017 insofern geändert hat, da der minderjährigen Tochter der Beschwerdeführerin am 12.07.2017 eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose erteilt wurde.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Behörde die negative Wahrscheinlichkeitsprognose im Fall der Beschwerdeführerin auf die nachträgliche Registrierung der Ehe stützt; die Familienzugehörigkeit bzw. dass es sich bei XXXX um die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson handelt hat die Behörde jedoch nicht in Zweifel gezogen.

Wie die Beschwerde zutreffend angeführt hat, ist die gegenständliche Situation mit jener vergleichbar, über die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 06.06.2014, B369/2013, ausgeführt hat wie folgt: "Dem vorliegenden Fall liegt die Konstellation zugrunde, dass einem Fremden, der Vater der gemeinsamen Kinder und Ehemann der Beschwerdeführerin ist, als subsidiär Schutzberechtigten in Österreich eine (bereits einmal verlängerte) befristete Aufenthaltsberechtigung zukommt. Damit ist den im Ausland verbliebenen Familienangehörigen (hier: Ehefrau und vier gemeinsamen Kinder) - von wenigen Ausnahmen abgesehen - gemäß § 35 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 die Einreise nach Österreich zu gewähren. Demgemäß erhielten die vier Kinder der Beschwerdeführerin eine positive Mitteilung des Bundesasylamtes nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005. Das Ablehnungsschreiben der Österreichischen Botschaft Islamabad die Beschwerdeführerin betreffend, dem normativer Charakter zukommt, basiert auf einer Mitteilung des BAA an die Österreichische Botschaft Islamabad (negative Wahrscheinlichkeitsprognose für die Erlangung des selben Schutzes wie der Ehemann, da die Ehe nicht "im Herkunftsstaat bestanden" habe; § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) und teilt der Beschwerdeführerin im Ergebnis mit, dass ihr kein Visum nach § 21 Abs. 1 Z 2 FremdenpolizeiG 2005 zu erteilen sei. Im vorliegenden Fall könnte es nach Art. 8 EMRK geboten sein, dass die Beschwerdeführerin als Mutter der vier Kinder, denen die Einreiseerlaubnis - wie in § 35 Abs. 2 AsylG 2005 vorgesehen - nach Österreich erteilt wurde, das Familienleben mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Österreich fortsetzt; eine dies verweigernde Entscheidung hätte die Gründe dafür entsprechend darlegen müssen. Auf diese spezifische Konstellation des Falles ist weder in der Mitteilung des Bundesasylamtes eingegangen worden noch ist diese mit der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde in Islamabad in geeigneter Weise erörtert worden."

Im Lichte dieser höchstgerichtlichen Entscheidung kann es also Art. 8 EMRK auch im gegenständlichen - vergleichbaren - Fall erfordern, dass der Beschwerdeführerin zur Fortsetzung ihres Familienlebens mit ihrem Ehemann und ihrer minderjährigen Tochter auch dann ein Einreisetitel zu erteilen ist, wenn die Ehe zwischen der Bezugsperson und der Beschwerdeführerin als nicht "im Herkunftsstaat bestanden" habend und/oder als "ordre-public"-widrig angesehen wird. Aus dem oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ergibt sich zumindest, dass eine konkrete und individuelle Prüfung der beteiligten Interessen nach den Kriterien des Art. 8 EMRK stattzufinden hat und eine eventuelle Ablehnung eines Einreisetitels entsprechend begründet werden muss.

Die richtige Anwendung der vom Verfassungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis entwickelten Rechtssätze wird es erfordern, dass die belangte Behörde das vergangene und zukünftig geplante Bestehen eines gemeinsamen Familienlebens ermittelt, wobei diese Ermittlungen bereits in die Wahrscheinlichkeitsprognose einfließen können. Im Fall einer negativen Wahrscheinlichkeitsprognose ist diese entsprechend und ausreichend zu begründen, sodass diese von der Österreichischen Botschaft in geeigneter Weise mit der Beschwerdeführerin erörtert werden kann.

Zum Beschwerdevorbringen, in der Stellungnahme des Bundesamtes vom 12.07.2017 wurde erstmals die Ansicht geäußert, dass die Eheschließung dem ordre-public Grundsatz widerspreche, da die Beschwerdeführerin zum behaupteten Datum der Eheschließung erst 16 bzw. 16,5 Jahre alt gewesen sei, ist der Vollständigkeit halber noch Folgendes auszuführen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das "Überraschungsverbot" auch im Verwaltungsverfahren zu beachten. Unter dem Überraschungsverbot ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgehalten, dass sich das zum Überraschungsverbot in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt. Auch führt ein Verstoß gegen das Überraschungsverbot nur dann zu einer Aufhebung der beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erledigung, wenn diesem Verfahrensmangel Relevanz zukommt, was im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof darzulegen ist. Diese Grundsätze sind auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten maßgeblich, zumal von den Verwaltungsgerichten auf dem Boden des § 17 VwGVG sowohl das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs. 2 AVG als auch der Grundsatz der Einräumung von Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG zu beachten sind (vgl. VwGH vom 27.06.2017, Ra 2016/18/0277).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 03.09.2001, Zl. 99/10/0011) wird ein allfälliger Verfahrensmangel des Verwaltungsverfahrens erster Instanz dann saniert, wenn der Einschreiter Gelegenheit hatte, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch machte. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin am 10.08.2017 eine Beschwerde eingebracht und hatte sohin Gelegenheit, sich zur Ansicht der Behörde, die Eheschließung widerspreche dem ordre-public Grundsatz, zu äußert (dies ungeachtet, ob es sich tatsächlich um einen Verfahrensmangel gehandelt hat).

Ferner ist noch darauf hinzuweisen, dass das afghanische Zivilgesetzbuch vom 05.01.1977 in seinem Art. 70 ausführt, dass die Ehefähigkeit bei Frauen eintritt, wenn sie das 16. Lebensjahr vollendet haben. Nach Art. 71 kann eine Ehe dann, wenn das Mädchen nicht das in Art. 70 vorgesehene Alter vollendet hat, durch den wahren gewalthabenden Vater oder durch das zuständige Gericht geschlossen werden.

Aus den von der Beschwerdeführerin mit dem Antrag vorgelegten Unterlagen zur Eheschließung ergibt sich, dass diese im Zeitpunkt der Registrierung der Ehe 19 Jahre alt war und zum Zeitpunkt der traditionellen Eheschließung das Mindestalter von 16 Jahren aufgewiesen hat. Allerdings hat es die Behörde unterlassen nachvollziehbar zu begründen, weswegen sie vor dem Hintergrund des afghanischen Eherechtes von einem Verstoß gegen den ordre-public Grundsatz ausgeht. Im Fall einer weiteren negativen Wahrscheinlichkeitsprognose wird auch dieser Aspekt zu berücksichtigen sein, sollte die Behörde weiterhin aufgrund des Alters der Beschwerdeführerin bei der traditionellen Eheschließung von einem Verstoß gegen den ordre-public Grundsatz ausgehen.

2.3.4. Das Bundesverwaltungsgericht weist auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zum Familienleben der Beschwerdeführerin mit der Bezugsperson und ihrer gemeinsamen minderjährigen Tochter nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.

2.4. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

DNA-Daten, Ehe, Einreisetitel, Familienangehöriger,
Minderjährigkeit, Prognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W235.2174066.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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