TE Bvwg Beschluss 2018/10/19 I421 2002009-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.2018
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Entscheidungsdatum

19.10.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I421 2002009-4/9E

BESCHLUSS

In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2018, Zl. 1000770402-180737393 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 28.01.2014, Zl. 1000770402/14046256, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idgF., sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 idgF erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2016 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

2. Am 27.04.2016 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen im Wesentlichen damit - wie schon seinen ersten Antrag -, dass er homosexuell sei. Mit Verfahrensanordnung vom 03.05.2016 wurde der Beschwerdeführer von der beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache und der beabsichtigten Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 informiert. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Einvernahme des Beschwerdeführers hob das BFA den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG mit mündlich verkündeten Bescheid vom 23.06.2016 auf. Mit Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht vom 01.07.2016 wurde die Aufschiebung des faktischen Abschiebeschutzes bestätigt. Rechtsmittel wurde dagegen nicht erhoben.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2017 Zl. 1000770402/160596935 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 27.04.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Es wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Schließlich wurde eine Frist für eine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt. Das BFA begründete die zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Antragswerber im gegenständlichen Verfahren keinen Sachverhalt vorgebracht habe, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens Zl. 1000770402/14046256 entstanden sei. Dagegen hat der Antragsteller fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dies mit Erkenntnis I416 2002009-3/4E vom 07.06.2017. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

4. Im Zuge der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer mündlich der Bescheid verkündet, mit dem der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben wurde. Begründend führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer in seiner heutigen Einvernahme (06.08.2018) vorbrachte, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch immer bestehen und für ihn in seinem Heimatland Nigeria die Gefahr bestehe getötet zu werden, weil er homosexuell sei. Dazu führt die belangte Behörde aus, dass insoweit die Fluchtgründe der vorausgehenden Rechtsgänge aufrechterhalten werden, zweifelsfrei entschiedene Sache vorliege, da der Beschwerdeführer im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecke. Da der Beschwerdeführer im neuerlichen Vorbringen einen Asylgrund behauptet, den er bereits in den vorigen, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren vorgebracht hat, und welche Gründe bereits in diesem abgeschlossenen Verfahren rechtskräftig als unglaubwürdig beurteilt worden seien, könne dieses Vorbringen nicht als glaubwürdig behandelt werden.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig von Amtswegen eingebrachte Beschwerde vom 06.08.2018 und erklärte der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er mit der Entscheidung nicht einverstanden ist und Beschwerde erhebt. Mit Mitteilung eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 10.08.2018, weist sich RA Edward W. Daigneault als Rechtvertreter aus

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Nigeria. Seine Identität steht mangels Vorliegens identitätsbestätigender Urkunden nicht abschließend fest. Der Beschwerdeführer ist christlichen Glaubens.

Der Beschwerdeführer ist gerichtlich unbescholten.

1.2 Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer hat keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer ist nicht berufstätig und bezieht keine Grundversorgung.

1.3 Alle seine Asylanträge stützte der Beschwerdeführer darauf, dass er homosexuell sei und aus diesem Grund in seiner Heimat Nigeria verfolgt werde.

1.4 In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er homosexuell sei, und aufgrund der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat wird festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK, oder der Protokolle Nr. 6, oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten, noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

1.5 Es existieren keine Umstände, welche eine Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

1.6 Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

1.7 Lage in Nigeria:

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete und keine Bürgerkriegsparteien (AA 21.11.2016). In drei Gebieten herrschen Unsicherheit und Spannungen: im Nordosten (islamistische Gruppe Boko Haram); im Middle Belt (v.a. im Bundesstaat Plateau); und im Nigerdelta (SBM 17.1.2017). Laut SBM Intel war Boko Haram im Jahr 2016 für 71 Vorfälle mit 1.240 Toten verantwortlich. Den Fulani-Hirten werden für das Jahr 2016 47 Vorfälle mit 1425 Toten zugeschrieben. Viehdiebstahl, welcher für viele Jahre an Bedeutung verloren hat, ist inzwischen für Hirten, die hauptsächlich von Fulani abstammen, ein Grund für Konflikte und Angriffe geworden. Bei zwölf Vorfällen von Viehdiebstahl sind 470 Menschen getötet worden. Die Ölkonflikte, die sich im Jahr 2016 im Nigerdelta zugetragen haben, haben sich auf die ölproduzierenden Bundesstaaten im Südwesten und Südosten verbreitet. Bei 32 Vorfällen wurden 97 Menschen getötet (SBM 17.1.2017).

Es besteht aufgrund wiederholter Angriffe und Sprengstoffanschläge militanter Gruppen (Boko Haram, Ansaru) derzeit ein sehr hohes Anschlagsrisiko insbesondere für Nord- und Nordostnigeria, einschließlich für die Hauptstadt Abuja. In mehreren Städten Nord- und Nordostnigerias finden immer wieder Gefechte zwischen Sicherheitskräften und militanten Gruppen statt. Angehörige der Sicherheitskräfte, Regierungsstellen, christliche Einrichtungen - aber auch Einrichtungen gemäßigter Moslems - sowie Märkte, Wohnviertel und internationale Organisationen sind Anschlagsziele der militanten Gruppen. Drohungen bestehen gegen moslemische Einrichtungen im Süden (BMEIA 24.7.2017).

Das deutsche Auswärtige Amt warnt vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Bauchi und Gombe. Darüber hinaus wird auch von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Landesteile Nordnigerias abgeraten. Wegen des besonders hohen Entführungsrisikos wird außerdem von Reisen in die Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Imo (insb. Hauptstadt Owerri), Abia, Anambra, Ebonyi, Edo, Enugu, Delta, Kogi, den südlichen Teil von Cross Rivers, Ogun und Akwa Ibom abgeraten (AA 24.7.2017). Auch das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Bundesstaaten Borno, Yobe, Adamawa, Plateau sowie den südlichen Landesteil von Bauchi und Kano. Mit Gewaltausbrüchen in allen zwölf nördlichen Bundestaaten ist jederzeit zu rechnen (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt zusätzlich noch vor Reisen in die Flussgegenden der Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers, Akwa Ibom und Cross River States sowie an die Grenze zu Niger im Bundesstaat Zamfara (UKFCO 24.7.2017).

Das österreichische Außenministerium hat für folgende Bundesstaaten eine partielle Reisewarnung ausgesprochen: Abia, Akwa Ibom, Anambra, Bayelsa, Delta, Ebonyi, Edo, Ekiti, Enugu, Imo, Kaduna, Kano, Oyo, Ondo, Rivers, einschließlich Port Harcourt und die vorgelagerten Küstengewässer (BMEIA 24.7.2017). Das britische Außenministerium warnt vor unnötigen Reisen nach: Bauchi, Zamfara, Kano, Kaduna, Jigawa, Katsina, Kogi, Abia sowie an die Grenze zu Niger in Sokoto und Kebbi und die Trockengebiete von Delta, Bayelesa und Rivers (UKFCO 24.7.2017). In Nigeria können in allen Regionen meist kaum vorhersehbar lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe dafür sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile) (AA 24.7.2017).

In Lagos kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Ethnien, politischen Gruppierungen aber auch zwischen Militär und Polizeikräften (BMEIA 24.7.2017) bzw. zu Problemen (u.a. Mobs, Plünderungen) durch die sogenannten "Area Boys". Der Einsatz von Schlägertruppen und privaten Milizen zur Erreichung politischer oder wirtschaftlicher Ziele ist weit verbreitet (AA 21.11.2016).

Gemäß den Zahlen des Council on Foreign Relations für die Zeitspanne Jänner 2016 bis Juni 2017 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (3.097), Benue (754), Rivers (360), Zamfara (308) und Adamawa (201). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer relativ niedrigen Zahl hervor: Jigawa (2), Gombe (3), Kebbi (7) und Sokoto (8) (CFR 2017). Laut OSAC besteht eine erhebliche terroristische Bedrohung vor allem in Nordnigeria. Boko Haram hat für die meisten terroristischen Aktivitäten die Verantwortung übernommen. In der gesamten Nigerdelta-Region greifen mehrere aufständische Gruppen gezielt die Infrastruktur und Mitarbeiter von internationalen Ölgesellschaften an. Viele Gebiete im südlichen Nigeria erleben aufgrund großer Armut, mangelnder Bildung, Jugendarbeitslosigkeit und bedeutender Inflation Unruhen verursacht durch Zivilisten (OSAC 4.7.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

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BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

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CFR - Council on Foreign Relations (2017): Nigeria Security Tracker, http://www.cfr.org/nigeria/nigeria-security-tracker/p29483, Zugriff 25.7.2017

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OSAC - Overseas Security Advisory Council (4.7.2017): Nigeria 2017 Crime and Safety Report - Abuja, https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=21604, Zugriff 25.7.2017

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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

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UKFCO - United Kingdom Foreign and Commonwealth Office (24.7.2017): Foreign Travel Advice - Nigeria, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria, Zugriff 24.7.2017

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Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 21.11.2016). Obwohl alle nigerianischen Bürger mit der Schwierigkeit konfrontiert sind, dass Förderung und Schutz ihrer Rechte gewährleistet werden sowie der Zugang zu grundlegenden Sozialdienstleistungen, haben Mitglieder der homosexuellen Gemeinschaft mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen (TIERS 1.2017). Dabei treten Erpressung und Gewalt schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). TIERS berichtet, dass die Opfer Menschenrechtsverletzungen nicht bei der Polizei melden aus Angst vor Repressalien, Mangel an Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden, und weil die Polizei häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle sind (TIERS 1.2017).

In Nigeria ist nach der Unterzeichnung durch den Präsidenten am 7.1.2014 bundesweit der über mehrere Jahre diskutierte "Same Sex Marriage Prohibition Act" (SSMPA) in Kraft getreten (HRW 29.1.2015; vgl. CNN 16.1.2014; TT 14.1.2014). Seither ist das Eingehen homosexueller Verbindungen oder das Mitwirken daran mit bis zu 14 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Die Organisation oder Unterstützung von Homosexuellen-Clubs, Vereinigungen oder Kundgebungen sowie öffentliches zur Schau stellen gleichgeschlechtlicher Liebesbeziehungen werden mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht (AA 5.7.2017 vgl. HRW 20.10.2016). Laut Telegraph seien schon "Gruppen" von zwei Homosexuellen verboten (TT 14.1.2014). Human Rights Watch erklärt, dass jegliches öffentliches homosexuelles Verhalten zwischen Paaren kriminalisiert worden sei ("who directly or indirectly make public show of same-sex amorous relationship"). Auch Personen, die Zeugen, Unterstützter oder Beihelfer einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder Ehe sind, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden (HRW 15.1.2014; vgl. HRW 20.10.2016). Die Rechtsänderung hat aber bisher nicht zu einer spürbar verschärften Strafverfolgung geführt: Bisher ist es nach Kenntnis der deutschen Botschaft noch nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen nach dem neuen Gesetz gekommen (AA 21.11.2016). Auch Human Rights Watch hat keine Beweise dafür gefunden, dass Personen im Rahmen des SSMPA strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden (HRW 20.10.2016). Laut einem Bericht von Human Rights Watch hat das Gesetz zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen in Nigeria geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt und per Selbstjustiz verfolgt (GIZ 7.2017b).

Seit der Unabhängigkeit Nigerias gab es nur wenige Fälle von Verurteilungen Homosexueller nach dem Strafgesetzbuch, die Zahl ist einstellig (HL1 16.11.2015). Mit der zunehmenden Öffentlichkeit im Zuge der Diskussion um den SSMPA hat sich zwar die Zahl der Verhaftungen gesteigert. Es kam aber zu keinen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. HRW 20.10.2016). Überhaupt gibt es keine systematische Verfolgung Homosexueller (DS4 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Es gibt keine Haftbefehle nur aufgrund von Homosexualität - weder nach dem Strafgesetzbuch, noch nach der Scharia oder dem SSMPA (LLM 16.11.2015).

Aus dem Zeitraum 12.2014-11.2015 wurden 48 Vorfälle berichtet, in welche die Polizei involviert war, 27 davon waren willkürliche Verhaftungen. Insgesamt wurden im genannten Zeitraum 172 Übergriffe bzw. (Menschen-)Rechtsverletzungen an Homosexuellen gemeldet. Allerdings wird davon ausgegangen, dass viele Fälle nicht erfasst wurden (TIERS 3.2016). Für das Jahr 2016 wurden von TIERS 152 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBT-Personen gemeldet. Die meisten Übergriffe fanden in den Bundesstaaten Rivers und Lagos statt. 35 davon waren willkürliche Verhaftungen, 27 rechtswidrige Inhaftierungen, 51 Fälle von Erpressung, 33 Fälle von Körperverletzung, 21 Fälle von Diffamierung, zwölf Morddrohungen, zwei Fälle von Folter (TIERS 1.2017).

Laut TIERS gab es im Jahr 2016 auch Positives zu vermelden, so z.B. hat das NHRC öffentlich Stellung gegen Gewalt gegen Homosexuelle genommen. Auch hat sich der ehemalige Präsident, der das Gesetz unterzeichnete, von der Geisteshaltung hinter der Entstehung des Gesetzes distanziert (TIERS 1.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Im Jänner 2016 hat der Generalinspektor der Polizei Polizisten davor gewarnt, illegal auf Mobiltelefone der Bürger ohne Gerichtsbeschluss zuzugreifen. Dennoch verletzte die Polizei Privatsphäre von Homosexuellen und verwendete ihre persönlichen Daten, um sie rechtswidrig zu verhaften, damit sie dann für Geld und andere Wertsachen im Gegenzug zu ihrer Freiheit erpresst werden können (TIERS 1.2017).

Im April 2017 hat die nigerianische Polizei erklärt, dass sie in der im Norden des Landes gelegenen Stadt Zaria 53 junge Männer verhaftet hat, weil sie an einer homosexuellen Hochzeit teilgenommen hatten. Die Festgenommenen wurden laut Polizei einem Richter vorgeführt (NBC 20.4.2017). Die Männer werden wegen Verschwörung, illegaler Versammlung und Zugehörigkeit einer illegalen Gesellschaft angeklagt. Diese Straftaten verstoßen gegen den Criminal Procedure Code (PT 7.6.2017). Alle hatten sich nicht schuldig bekannt und konnten bei Zahlung einer Kaution wieder freigelassen werden (NBC 20.4.2017). Am 29.7.2017 wurden über 40 Personen festgenommen, da sie verdächtigt wurden bei einer privaten Feier in einem Hotel in Lagos homosexuelle Handlungen durchgeführt zu haben. Der erste Gerichtstermin war noch ausstehend (Reuters 31.7.2017).

Hinsichtlich des SSMPA gab es keinen Anklagen oder Verurteilungen (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; VA1 16.11.2015; DS1 20.11.2015; DS4 20.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

UK Home Office gibt an, dass es seit der Einführung des SSMPA einige Berichte über die Verhaftung von LGBT-Personen gab. Es gab auch einige Berichte über Gewalt und Schläge gegenüber den Verhafteten. Allerdings gibt es nur wenige Berichte über Verfolgung oder Verurteilung von LGBT-Personen. Es gibt nur begrenzte Anzeichen dafür, dass die Regierung gezielt gegen LGBT-Organisationen vorgehen würde; allerdings scheint es indirekte Auswirkungen auf diese Gruppen zu geben. So gibt es etwa Berichte über eine Reduzierung der Angebote bezüglich HIV/AIDS-Behandlung (UKHO 3.2015).

Die vom Home Office zitierte Homosexuellen-NGO Erasing 76 Crimes schätzt, dass sich im August 2014 23 Personen aufgrund von Homosexualität in Haft befanden. 15 weitere würden auf freiem Fuß auf ihren Prozess warten. Die NGO gibt auch an, dass es unmöglich sei, eine vollständige Liste von Personen zu erstellen, die sich aufgrund von Verstößen gegen Anti-Homosexuellen-Gesetzen in Nigeria in Haft befinden würden. Nigerianische Medien berichten oft nur von Verhaftungen, manchmal auch von der Eröffnung von Prozessen, nie aber von Urteilen bezüglich LGBT-Personen. Die gleiche NGO schätzt im Oktober 2014, dass seit der Einführung des Same Sex Marriage (Prohibition) Act in ca. vier Bundesstaaten ca. 38 Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verhaftet worden sind. Alleine im Bundesstaat Bauchi seien es zwölf (UKHO 3.2015). Das Gesetz ist vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass man dem wachsenden Druck aus dem westlichen Ausland für die Gleichberechtigung Homosexueller die Stirn bieten möchte, da in Nigeria noch nie zwei Männer oder zwei Frauen versucht haben zu heiraten. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktion kam es zu vermehrten Vorfällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖBA 9.2016).

Laut bereits bestehenden Gesetzen wird "Geschlechtsverkehr, der gegen die Ordnung der Natur geht" mit einer Haft von 14 Jahren bestraft. In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, werden homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tode durch Steinigung bestraft. Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde. Auch unter der Scharia kam es also nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen-NGOs den Betroffenen auch bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für Homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; MSMA vgl. 17.11.2015).

Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015).

Homosexuellen Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt. Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und sogar Zufluchtsmöglichkeiten an (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (5.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 5.7.2017

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CNN (16.1.2014): Group: Nigeria arrests gay 'suspects' under new law banning homosexuality,

http://edition.cnn.com/2014/01/16/world/africa/nigeria-anti-gay-law-arrests/, Zugriff 2.8.2017

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DS1 - Diplomatic Source 1 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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DS2 - Diplomatic Source 2 (19.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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DS3 - Diplomatic Source 3 (18.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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DS4 - Diplomatic Source 4 (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017b): Nigeria - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 2.8.2017

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HL1 - Human Rights Lawyer 1 (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/334700/476453_de.html, Zugriff 2.8.2017

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HRW - Human Rights Watch (20.10.2016): "Tell Me Where I Can Be Safe",

https://www.hrw.org/report/2016/10/20/tell-me-where-i-can-be-safe/impact-nigerias-same-sex-marriage-prohibition-act, Zugriff 6.7.2017

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HRW - Human Rights Watch (29.1.2015): World Report 2015 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/295453/430485_de.html, Zugriff 2.8.2017

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HRW - Human Rights Watch (15.1.2014): Nigeria - Anti-LGBT Law Threatens Basic Rights,

http://www.ecoi.net/local_link/267303/394560_de.html, Zugriff 2.8.2017

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IO1 - International Health and Development Research Organisation (20.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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LLM - Representative of the Lawyers League for Minorities (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

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MSMA - MSM-related NGO, Abuja (17.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission

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MSMK - MSM-reltated NGO, Kaduna (19.11.2015): Gruppendiskussion im Rahmen einer Fact Finding Mission

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NBC - NBC News (20.4.2017): 53 Arrested in Nigeria for Celebrating Gay Wedding, Police Say,

http://www.nbcnews.com/feature/nbc-out/53-arrested-nigeria-celebrating-gay-wedding-police-n748931, Zugriff 6.7.2017

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ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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PT - Premium Times (7.6.2017): Nigeria: Court Adjourns Gay Marriage Trial of 53 Persons,

http://allafrica.com/stories/201706080056.html, Zugriff 6.7.2017

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Reuters (31.7.2017): Mass arrest of 40 gay men in Nigeria may harm HIV fight: activist,

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TIERs - The Initiative for Equal Rights (1.2017): 2016 Human Rights Violations Report,

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TIERs - The Initiative for Equal Rights (03.2016): 2015 Report on Human Rights Violations based on perceived sexual orientation and gender identity in Nigeria,

http://www.theinitiativeforequalrights.org/resources1/2015-Report-on-Human-Rights-Violations-Based-on-Real-or-Percieved-Sexual-Orientation-and-Gender-Identity-in-Nigeria-.pdf, Zugriff 2.8.2017

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TT - The Telegraph (14.1.2014): Nigeria begins arrests after anti-gay law passed,

http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/nigeria/10571788/Nigeria-begins-arrests-after-anti-gay-law-passed.html, Zugriff 2.8.2017

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UKHO - UK Home Office(3.2015): Country Information and Guidance Nigeria: Sexual orientation and gender identity, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1429090981_nga-cig-sogi-15-3-19-v-1-0.pdf, Zugriff 2.8.2017

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VA1 - Vertrauensanwalt 1 der Österreichischen Botschaft Abuja (16.11.2015): Interview im Rahmen einer Fact Finding Mission

1.8 Der Folgeantrag wird voraussichtlich abzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2 Die Feststellungen zur Person, seiner Herkunft, seiner Religionszugehörigkeit und zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde, sowie auf den diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid und in dem rechtskräftigen Bescheid vom 08.05.2017, wobei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2017 die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

2.3 Die Feststellungen zur Gesundheit des Beschwerdeführers und seiner Arbeitsfähigkeit beruhen ebenfalls auf dessen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde.

2.4 Dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht vorbestraft ist, ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.

2.5. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers und aus dem Akteninhalt. Insbesondere führte der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 06.08.2018 (Seite 9) aus, dass er mit keiner Person in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebt und weder in der EU, noch in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder bzw. sonstige Verwandte oder Angehörige hat. Dazu erklärte er, dass er hier niemanden habe.

2.6. Die maßgeblichen Feststellungen zu den nunmehr vorgebrachten Fluchtgründen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Aussagen bei der Erstbefragung nach Asylgesetz - Folgeantrag Asyl, Niederschrift vom 31.07.2018, Seite 4. Der Beschwerdeführer erklärt neuerlich, dass die Lage in Nigeria sehr gefährlich sei, außerdem studiere er in Österreich und habe schon die Sprache gelernt. Er möchte in Österreich bleiben. Weiters erklärte er, Angst um sein Leben zu haben. Bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 06.08.2018 (Seite 6), wo als Asyl- und Fluchtgrund neuerlich die Homosexualität des Beschwerdeführers genannt wird, verweist der Beschwerde darauf, dass ein ehemaliger Freund von ihm namens "XXXX" in Nigeria getötet worden sein.

Bezüglich der im Erst- und im Zweitantrag vorgebrachten Fluchtmotive wird auf die Ausführungen den rechtskräftigen negativen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.01.2016, Zl. I406 2002009-1/11E und vom 07.06.2017, Zl. I416 2002009-3/4E verwiesen.

2.7. Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie ausführt, dass der Beschwerdeführer in all seinen Asylanträgen als Asylgrund seine behauptete Homosexualität geltend macht. Die Ausführungen sind daher zutreffend, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens zu Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.06.2017, nicht geändert hat und sich auch kein neuer relevanter Sachverhalt ergeben hat. Unglaubwürdig sind die Angaben des Beschwerdeführers insbesondere zu dem der Behörde am 06.08.2018 im Rahmen der Einvernahme vorgespielten "Video", das er per E-Mail von seiner Tante aus Nigeria im Januar 2017 erhalten habe. Dieses Video soll die Ermordung eines Bekannten/Freundes des Beschwerdeführers zeigen. Bei der vorher genannten Einvernahme konnte der Beschwerdeführer die E-Mail der Tante nicht vorlegen bzw. anzeigen, sondern nur ein "runtergeladenes Video" zeigen (Seite 5 der Niederschrift vom 06.08.2018). Warum der Beschwerdeführer dieses Video, von dem er behauptet es im Januar 2018 erhalten zu haben, dem BFA nicht früher vorgelegt hat, sondern acht Monate zuwartete um einen neuerlichen Asylantrag zu stellen, ist nicht nachvollziehbar. Die Behauptungen des Beschwerdeführers, dies sei deshalb geschehen, weil er viel auf der Uni zu tun gehabt habe, sind völlig unglaubwürdig, zumal sich aus dem Akt nur Bestätigungen für den Besuch von Sprachkursen für Deutsch ergeben, dass die Ergänzungsprüfung Deutsch tatsächlich abgelegt wurde ergibt sich aus dem Akt nicht. Die belangte Behörde hat daher das Vorbringen des Beschwerdeführers im neuerlichen Asylverfahren zu Recht als nicht glaubhaft angesehen und sein neuerliches Vorbringen als Ergänzung zu den Fluchtgründen seines Erstverfahrens qualifiziert.

2.8 Die ergänzenden Feststellungen zur Lage in Nigeria stützt das Gericht auf die Länderinformation der Staatendokumentation Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 7.8.2017.

2.9 Die Feststellung, dass der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen seien wird, ergibt sich aus dem mit den Voranträgen identen Fluchtmotiven des Beschwerdeführers und keiner Änderung der Sach- und Rechtslage.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Weder das Asylgesetz 2005 noch das BFA-Verfahrensgesetz sehen eine Entscheidung durch Senate vor, sodass das Bundesverwaltungsgericht vorliegend durch Einzelrichter zu entscheiden hat.

Zu A)

§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der geltenden Fassung 2016, lauten:

Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Entscheidungen

§ 22. (Anm.: Abs. 1 bis Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(6) Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz sind, wenn sich der Asylwerber in Schubhaft befindet, je nach Stand des Verfahrens vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht vordringlich zu behandeln. Diese Fälle sind schnellstmöglich, längstens jedoch binnen je drei Monaten zu entscheiden. Wird der Asylwerber während des Verfahrens, aber vor Ablauf der jeweiligen Entscheidungsfrist, aus der Schubhaft entlassen, sind die Verfahren nach der Frist des § 73 Abs. 1 AVG zu Ende zu führen; § 27 bleibt unberührt.

(7) Das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht haben die zuständige Landespolizeidirektion über die Durchsetzbarkeit von Entscheidungen im Flughafenverfahren zu verständigen.

(8) Kommt die Richtlinie 2001/55/EG über vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastung, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten zur Anwendung oder wird eine Verordnung gemäß § 62 erlassen, ist der Fristenlauf von Verfahren Betroffener nach diesem Bundesgesetz für die Dauer des vorübergehenden Schutzes gehemmt.

(Anm.: Abs. 9 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der geltenden Fassung, lautet:

Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

3.2. Zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

Zunäch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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