TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 W235 2182188-1

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2182188-1/8E

W235 2182189-1/7E

W235 2182187-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. mj. XXXX geb. XXXX und 3. mj. XXXX , geb. XXXX , 2. und 3. gesetzlich vertreten durch: XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2017, Zl. 1169892304-171115355 (ad 1.), Zl. 1169892108-171115369 (ad 2.) und Zl. 1169892206-171115377 (ad 3.) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Der Erstbeschwerdeführer reiste gemeinsam mit dem Zweit- und mit dem Drittbeschwerdeführer unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.09.2017 jeweils für sich und als gesetzlicher Vertreter für die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer Anträge auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Erstbeschwerdeführer am XXXX .07.2013 in Polen und am XXXX .07.2013 sowie am XXXX .06.2017 in Deutschland jeweils Asylanträge stellte (vgl. AS 16 im Akt des Erstbeschwerdeführers).

1.2. Am 30.09.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, an keinen Krankheiten zu leiden und abgesehen von seinen mitgereisten minderjährigen Söhnen über keine Familienangehörigen im österreichischen Bundesgebiet zu verfügen. Er sei im Jahr 2013 legal aus der Russischen Föderation ausgereist und über Weißrussland und Polen nach Deutschland gelangt, wo er sich von 2013 bis zum XXXX .09.2017 aufgehalten habe. Der Erstbeschwerdeführer habe in Deutschland als Helfer in einem Ingenieurbüro gearbeitet, habe jedoch mit dem Zweit- und dem Drittbeschwerdeführer aus Deutschland ausreisen müssen, da ihnen die Abschiebung gedroht habe. Er habe in Polen einmal im Jahr 2013 und in Deutschland zweimal in den Jahren 2013 und 2017 um Asyl angesucht. Beide Asylverfahren in Deutschland seien negativ entschieden worden und sei den Beschwerdeführern die Abschiebung in die Russische Föderation angedroht worden. Der Erstbeschwerdeführer wolle nicht nach Deutschland zurück, da die deutschen Behörden die Beschwerdeführer in die Russische Föderation abschieben würden. Daher wolle er in Österreich bleiben.

Dem Erstbeschwerdeführer wurde weiters am 30.09.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Deutschland die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Erstbeschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 25 im Akt des Erstbeschwerdeführers).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 04.10.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestützte Wiederaufnahmegesuch an Deutschland.

Mit Schreiben vom 10.10.2017 stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme aller drei Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 16.10.2017 wurde dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Deutschland angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Erstbeschwerdeführer am 17.10.2017 übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 65 im Akt des Erstbeschwerdeführers).

1.4. Am 27.10.2017 fand eine Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit einer Rechtsberaterin im Zulassungsverfahren sowie unter Beziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Russisch statt, im Zuge derer der Erstbeschwerdeführer zunächst ausführte, dass seine Angaben auch für die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer gelten würden. Er habe die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer, die seit ihrer Geburt bei ihm leben würden, auf die Flucht nach Österreich mitgenommen. Der Erstbeschwerdeführer fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren. Er sei gesund. In Österreich habe der Erstbeschwerdeführer einen (namentlich genannten) Cousin, der in Graz lebe und der ihn vor einer Woche besucht habe. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu diesem Cousin bestehe nicht. Abgesehen vom Zweit- und vom Drittbeschwerdeführer lebe der Erstbeschwerdeführer mit niemandem in einer Familien- bzw. familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, ihn nach Deutschland zu überstellen, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er hier um Asyl angesucht habe und man ihm gesagt habe, dass er nach Deutschland reisen müsse. Er könne jedoch nicht zurück, da ihn die deutschen Behörden abschieben wollen würden. Auf die Möglichkeit, sich die Länderfeststellungen des Bundesamtes zu Deutschland übersetzen zu lassen, verzichte er. Auf Vorhalt, dass sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union untereinander als sichere Staaten für Asylwerber ansehen würden, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass das stimme. Er sei in Deutschland nicht in Gefahr und man könne in Deutschland leben. Man wolle ihn dort aber abschieben und daher sei er ausgereist. In Deutschland habe der Erstbeschwerdeführer einen negativen Bescheid erhalten.

Nach Rückübersetzung brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er an psychischen Problemen leide. Zudem habe er eine Frau, die er nach muslimischem Ritus geheiratet habe. Mit dieser Frau lebe er jedoch nicht zusammen.

1.5. Aufgrund des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers, er leide unter psychischen Problemen, beauftragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine sachverständige Ärztin und Psychotherapeutin mit einer gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren.

Der gutachterlichen Stellungnahme vom 14.11.2017 ist zu entnehmen, dass beim Erstbeschwerdeführer eine milde Anpassungsstörung vorliege. Diese Belastung sei noch ohne Krankheitswert. Sonstige psychische Krankheitssymptome würden nicht vorliegen. Es bestehe keine Suizidalität und keine sonstige vitale Gefährdung. Therapeutische und/oder medizinische Maßnahmen seien nicht erforderlich. Bei einer Überstellung sei eine vorübergehende Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht sicher auszuschließen (vgl. AS 125 im Akt des Erstbeschwerdeführers).

Diese gutachterliche Stellungnahme wurde dem Erstbeschwerdeführer vom Bundesamt zur Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme ist in der Folge nicht eingelangt.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung dieser Anträge zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wurde gegen die Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Deutschland zulässig ist.

Begründend wurden betreffend den Erstbeschwerdeführer ausgeführt, dass die gutachterliche Stellungnahme eine milde Anpassungsstörung festgestellt habe, wobei die Differenzialdiagnose noch ohne Krankheitswert sei. Es seien keine therapeutischen oder medizinischen Maßnahmen anzuraten. Betreffend alle drei Beschwerdeführer wurde festgestellt, dass diese weder an einer schweren körperlichen noch an einer psychischen Erkrankung leiden würden, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde. Festgestellt werde, dass der Erstbeschwerdeführer am XXXX .07.2013 in Polen und am XXXX .07.2013 sowie am XXXX .06.2017 in Deutschland jeweils einen Asylantrag gestellt habe. Sohin werde festgestellt, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Durchführung der Asylverfahren aller drei Beschwerdeführer zuständig sei. Der Erstbeschwerdeführer habe angegeben, in Österreich einen Cousin zu haben, zu dem kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte aller drei Beschwerdeführer sowie besondere Integrationsverfestigungen hätten nicht festgestellt werden können. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Deutschland systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen seien oder diese dort zu erwarten hätten bzw. dass ihnen in Deutschland behördlicher Schutz vorenthalten werden würde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den angefochtenen Bescheiden Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt zunächst betreffend den Erstbeschwerdeführer aus, dass die gutachterliche Stellungnahme eine milde Anpassungsstörung festgestellt habe, wobei die Differenzialdiagnose der Belastung noch ohne Krankheitswert sei. Therapeutische oder medizinische Maßnahmen seien nicht anzuraten. Hinzu komme, dass in Deutschland Behandlungsmöglichkeiten bestünden und zugänglich seien. Betreffend die Zweit- und Drittbeschwerdeführer habe der Erstbeschwerdeführer keine Beschwerden oder Krankheiten angeführt. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren sowie zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus den unbedenklichen Akteninhalten ergeben. Die Feststellungen betreffend die Asylantragstellungen des Erstbeschwerdeführers würden auf den jeweiligen Eurodac-Treffern beruhen. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer [in Österreich] hätten sich aufgrund der Angaben des Erstbeschwerdeführers im Verfahren ergeben und würden sich widerspruchsfrei darstellen. Die Feststellungen Deutschland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Betreffend die Angaben des Erstbeschwerdeführers sei anzumerken, dass sich Deutschland mit Zustimmungserklärung vom 10.10.2017 ausdrücklich für die Übernahme der Beschwerdeführer und zur Weiterführung ihrer Verfahren bereit erklärt habe. Dass den Beschwerdeführern in Deutschland eine negative Entscheidung und möglicherweise eine Abschiebung bevorstehe, könne den Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich nicht rechtfertigen. Aus den Angaben der Beschwerdeführer seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass sie konkret Gefahr liefen, in Deutschland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den jeweiligen Spruchpunkten I. der angefochtenen Bescheide, dass sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO erfüllt sei. Die Beschwerdeführer seien gemeinsam in das Bundesgebiet eingereist und gemeinsam von den aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen. In den Fällen aller drei Beschwerdeführer liege eine Zustimmung Deutschlands vor. Da zum Cousin des Erstbeschwerdeführers kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, könne das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht festgestellt werden. Unter Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen hätten sich in den gegenständlichen Verfahren keine Hinweise ergeben, dass durch eine Ausweisung in unzulässiger Weise in das Recht auf Privatleben im Sinne von Art. 8 EMRK eingegriffen werde. Insbesondere vermöge die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen. Deutschland sei bereit, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen, ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Deutschland aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen den Beschwerdeführern gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Deutschland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei in den Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Zu den jeweiligen Spruchpunkten II. der angefochtenen Bescheide wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden seien. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diese Bescheide erhob der Erstbeschwerdeführer für sich und als gesetzlicher Vertreter für die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde und stellte Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde festgestellt habe, dass der Erstbeschwerdeführer an einer Anpassungsstörung leide. Entgegen der Ansicht der Behörde sei jedoch auch der Drittbeschwerdeführer nicht gesund, sondern sei für ihn eine Operation vorgesehen. Unter Verweis bzw. Zitierung des Urteils des EGMR in der Sache Paposhvili gegen Belgien wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde die in diesem Urteil geforderte Prüfung unterlassen und daher die Bescheide mit Mangelhaftigkeit belastet habe. Vor dem Hintergrund der Feststellungen, dass die medizinische Versorgung [offenbar gemeint:

in Deutschland] bei Asylwerbern nur teilweise kostenlos sei, scheine dies auch keinesfalls gewährleistet. Ferner wäre auch eine Prüfung notwendig gewesen, ob die Beschwerdeführer in Russland behandelt werden würden und ob eine Behandlung in Russland für sie leistbar wäre. Darüber hinaus würden im angefochtenen Bescheid Feststellungen zu der Frau, die der Erstbeschwerdeführer geheiratet habe, fehlen. Es treffe zwar zu, dass der Erstbeschwerdeführer und seine Frau nur nach muslimischem Recht verheiratet seien und daher vor dem Staat nicht als verheiratet gelten würden sowie, dass mangels Zusammenlebens kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet worden sei. Trotzdem falle diese Beziehung in das geschützte Privatleben nach Art. 8 EMRK.

Der Beschwerde beigelegt war ein Schreiben eines Landesklinikums vom

XXXX .12.2017 betreffend "OP-Voruntersuchung", dem zu entnehmen ist,

dass für den Drittbeschwerdeführer ein Operationstermin für den XXXX

.01.2018 geplant und adenoide Vegetationen (= vergrößerte

Rachenmandeln) sowie Tubenventilationsstörung (= Belüftungsstörung

des Mittelohrs) beiderseits diagnostiziert wurden.

4.1. Am 22.02.2018 wurden alle drei Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt.

4.2. In der Folge meldete sich der Erstbeschwerdeführer am 17.07.2018 telefonisch beim Bundesverwaltungsgericht und gab an, dass er wieder in Österreich sei. Er ersuche um eine Bestätigung, dass sein Verfahren noch offen sei. Diesbezüglich wurde der Erstbeschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht an seine Rechtsberatung verwiesen.

4.3. Letztlich wurden alle drei Beschwerdeführer am 19.09.2018 neuerlich auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Die drei Beschwerdeführer reisten gemeinsam im Jahr 2013 illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellten zunächst am XXXX .07.2013 in Polen Asylanträge. In der Folge reisten die Beschwerdeführer weiter nach Deutschland, wo sie am XXXX .07.2013 und am XXXX .06.2017 ebenfalls Asylanträge stellten. Beide in Deutschland gestellten Asylanträge der Beschwerdeführer wurden in weiterer Folge abgelehnt. Nach einem ca. vierjährigen Aufenthalt in Deutschland reisten die drei Beschwerdeführer gemeinsam unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 29.09.2017 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 04.10.2017 ein Wiederaufnahmegesuch an Deutschland, welches von der deutschen Dublinbehörde am 10.10.2017 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO gegeben wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Deutschlands wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Deutschland sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Deutschland Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Beim Erstbeschwerdeführer liegt eine milde Anpassungsstörung ohne Krankheitswert vor. Therapeutische und/oder medizinische Maßnahmen sind bzw. waren nicht erforderlich. Der Drittbeschwerdeführer leidet an vergrößerten Rachenmandeln und an einer Belüftungsstörung beider Mittelohren. Diesbezüglich wurde für den XXXX .01.2018 ein Operationstermin festgesetzt. Ob der Drittbeschwerdeführer diesen Termin tatsächlich wahrgenommen hat, kann nicht festgestellt werden. Da der Zweitbeschwerdeführer gesund ist, kann in einer Gesamtheit festgestellt werden, dass alle drei Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Überstellung nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich nach muslimischem Ritus "geheiratet" hat. In Österreich lebt ein Cousin des Erstbeschwerdeführers. Mit diesem Cousin leben bzw. lebten die Beschwerdeführer weder im gemeinsamen Haushalt noch bestehen wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur. Darüber hinaus bestehen keine weiteren privaten, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet.

Am 22.02.2018 wurden alle drei Beschwerdeführer gemeinsam auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt. In der Folge reisten sie wieder unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und wurden am 19.09.2018 neuerlich auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt.

1.2. Zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland:

Zum deutschen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Deutschland wurden in den angefochtenen Bescheiden umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Dublin-Rückkehrer:

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 16.11.2015). [...]

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätte (AIDA 16.11.2015).

b). Non-Refoulement:

Im Oktober 2015 wurden Albanien, Montenegro und Kosovo der Liste sicherer Herkunftsstaaten hinzugefügt, was auch Kritik hervorrief, besonders im Hinblick auf Personen aus der Gruppe der Roma. Deutschland gewährt Personen, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren mitunter auch subsidiären oder humanitären Schutz. Freiwilligen Rückkehrern wird Hilfe gewährt (USDOS 13.4.2016).

Kann weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden, dann prüft das BAMF im Asylverfahren auch, ob subsidiärer Schutz gewährt wird oder ein Abschiebungsverbot vorliegt. Außerhalb eines Asylverfahrens werden mögliche Abschiebungsverbote durch die zuständige Ausländerbehörde, die eine fachliche Stellungnahme des BAMF einholt, geprüft (BMdI o.D.).

c). Versorgung:

Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen erhalten AW Verpflegung, Unterkunft, Krankenversorgung und Verbrauchsartikel. Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt. Wenn das nicht möglich ist, werden Wertgutscheine oder ähnliches bis hin zu Geldleistungen gewährt. [...]

Anstelle der Geldleistungen können auch Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat wird gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Es gibt Leistungen für Bildung etc. (AsylbLG 23.12.2016, §3).

In Deutschland gibt es grundsätzlich 3 verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Landessache. In den Jahren 2014 und 2015 waren aufgrund der zahlreichen Migranten auch Notunterkünfte gebräuchlich (AIDA 16.11.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Zum Teil sind Notunterkünfte immer noch in Verwendung (Pro Asyl 10.1.2017).

Asylwerber müssen bis zu 6 Monate in den Erstaufnahmezentren bleiben. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, werden AW normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, das sind generell Unterbringungszentren im selben Bundesland. AW müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 16.11.2015; vgl. auch BAMF 10.2016).

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D,a). Neben der Bearbeitung von neuen Anträgen, werden in den Ankunftszentren seit Sommer 2016 auch ältere Verfahren bearbeitet und Anhörungen durchgeführt. Somit werden die BAMF-Außenstellen in der jeweiligen Region entlastet. Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 1.8.2016b).

d). Medizinische Versorgung:

NGOs kritisieren dass die medizinische Versorgung von Asylwerbern nur bei akuten Erkrankungen oder Schmerzen kostenlos ist. Einige Gemeinden und private Gruppen initiierten zusätzliche Gesundheitsprojekte. Einige Bundesländer stellen Krankenversicherungskarten zur Verfügung (USDOS 13.4.2016).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für AW in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Krankenscheine bekommen AW beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Nach 15 Leistungsmonaten im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes haben AW Zugang zu Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch. Das beinhaltet auch Zugang zu Gesundheitsversorgung nach denselben Bedingungen wie für deutsche Staatsbürger (AIDA 16.11.2015).

Deutschland garantiert allen AW ein Mindestmaß an Gesundheitsversorgung. Das gilt auch für zurückgewiesene AW bis zum Tag ihres Transfers. Die Bundesländer können autonom die elektronische Gesundheitskarte für Asylwerber einführen. Die gesetzlichen Krankenkassen können demnach von den Ländern verpflichtet werden, gegen Kostenerstattung die Krankenbehandlungen bei Asylwerbern zu übernehmen. Der Leistungsumfang und die Finanzierung der medizinischen Versorgung erfolgt unverändert im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes (BMdI 29.9.2015; vgl. BMG 3.11.2015).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016).

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Deutschland den Feststellungen des Bundesamtes in den angefochtenen Bescheiden zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihren familiären Verhältnissen untereinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit sowie zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, zur illegalen Einreise der Beschwerdeführer in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, zum Aufenthalt bzw. zur Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Deutschland, zur unrechtmäßigen Weiterreise nach Österreich sowie zur Stellung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.

Dass die Beschwerdeführer am XXXX .07.2013 in Polen und am XXXX .07.2013 sowie am XXXX .06.2017 in Deutschland Asylanträge stellten, ergibt sich zweifelsfrei aus den diesbezüglichen Eurodac-Treffern und wurde darüber hinaus auch vom Erstbeschwerdeführer selbst vorgebracht. Ferner wurde die Asylantragstellung in Deutschland auch durch die deutsche Dublinbehörde in ihrer Zustimmungserklärung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer vom 10.10.2017 bestätigt. Ferner ergibt sich die Feststellung, dass beide Asylanträge der Beschwerdeführer in Deutschland abgelehnt worden waren, aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und aus der Zustimmungserklärung Deutschlands vom 10.10.2017, die sich auf lit. d des Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO stützt. Darauf, dass die Zuständigkeit Deutschlands beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise.

Die Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer durch Deutschland am 10.10.2017 ergeben sich aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden.

Eine die Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Dass beim Erstbeschwerdeführer eine milde Anpassungsstörung ohne Krankheitswert vorliegt, die keine medizinischen oder therapeutischen Maßnahmen erfordert, ergibt sich aus der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 14.11.2017, der der Erstbeschwerdeführer nicht entgegengetreten ist. Die vom Bundesamt eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme hat der Beschwerdeführer nicht genützt; ebenso wenig findet sich in den schriftlichen Beschwerdeausführungen eine Äußerung zum Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Erstbeschwerdeführer dieser zustimmt. Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Drittbeschwerdeführer gründet auf dem mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben eines Landesklinikums vom XXXX .12.2017. Die Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden kann, ob der Drittbeschwerdeführer den für den XXXX .01.2018 festgesetzten Operationstermin auch tatsächlich wahrgenommen hat, ergibt sich daraus, dass keine weiteren medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden. Da betreffend den Zweitbeschwerdeführer weder Erkrankungen noch eine Behandlungsbedürftigkeit vorgebracht wurde, war die Feststellung zu treffen, dass dieser gesund ist. Sohin ergibt sich insgesamt betrachtet die Feststellung, dass bei keinem der drei Beschwerdeführer eine derart schwere bzw. lebensbedrohende Erkrankung vorliegt, die einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Deutschland entgegenstehen könnte bzw. entgegengestanden ist.

Dass nicht festgestellt werden kann, dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich nach muslimischem Ritus "geheiratet" hat, gründet darauf, dass diesbezüglich kein konkretes Vorbringen erstattet worden war. Erst bei Rückübersetzung seiner Einvernahme vom 27.10.2017 gab der Erstbeschwerdeführer nachträglich an, dass er eine Frau habe, die er nach muslimischem Recht "geheiratet" habe und mit der er nicht gemeinsam wohne (vgl. AS 82 im Akt des Erstbeschwerdeführers). Ein weiteres diesbezügliches Vorbringen (z.B. Name, Alter, Wohnort, Staatsangehörigkeit dieser Frau, Datum der muslimischen "Eheschließung", Umstände des Kennenlernens etc.) wurde weder in der Einvernahme noch im Rahmen der schriftlichen Beschwerdeausführungen erstattet. Da darüber hinaus auch keine weiteren Beweise - wie beispielsweise eine Bestätigung der islamischen "Eheschließung" - vorgelegt wurden, war insgesamt betrachtet diese Negativfeststellung zu treffen gewesen. Die Angaben zum in Österreich lebenden Cousin des Erstbeschwerdeführers waren hingegen glaubhaft, da der Erstbeschwerdeführer zu seinem Cousin ein konkretes Vorbringen betreffend den Namen, den Wohnort sowie die Häufigkeit der Besuche machen konnte. Auch die Feststellung zum Nichtvorliegen eines gemeinsamen Haushalts sowie zum Nichtvorliegen wechselseitiger Abhängigkeiten zwischen den Beschwerdeführern und dem Cousin ergibt sich aus den bezüglich dieser Angaben glaubhaften Aussagen des Erstbeschwerdeführers. Darüber hinausgehende sonstige private, familiäre oder berufliche Bindungen der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet wurden nicht vorgebracht.

Die Feststellung zur ersten Überstellung der drei Beschwerdeführer nach Deutschland am 22.02.2018 gründet sich auf den diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom selben Tag. Dass die Beschwerdeführer in der Folge erneut unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sind, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Erstbeschwerdeführer im Zuge seines Telefonats mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. hierzu AV vom 17.07.2018 im Akt des Erstbeschwerdeführers). Letztlich ergibt sich die Feststellung zur zweiten Überstellung aller drei Beschwerdeführer nach Deutschland am 19.09.2018 aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich.

2.2. Die Feststellungen zum deutschen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Deutschland ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Deutschland ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden, die auf alle entscheidungswesentliche Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, haben die Beschwerdeführer nicht dargelegt. Die in der Einvernahme vor dem Bundesamt eingeräumte Möglichkeit, sich die Länderfeststellungen zu Deutschland übersetzen zu lassen, lehnte der Erstbeschwerdeführer ab. Auch im Beschwerdeverfahren wurde weder den Länderfeststellungen entgegengetreten noch wurde ein Vorbringen zum deutschen Asylsystem erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit Deutschlands zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet. Die Verpflichtung Deutschlands zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer basiert, nachdem diese dort Anträge auf internationalen Schutz gestellt haben, die abgelehnt wurden und sie daraufhin in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt haben, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO.

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, "Dublin III-Verordnung Das Europäische Asylzuständigkeitssystem", K 6 zu Art. 18 Dublin III-VO, Seite 170). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12). Im vorliegenden Fall stimmte die deutsche Dublinbehörde der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu und hat die Beschwerdeführer auch tatsächlich (in den gegenständlichen Fällen sogar zweimal) übernommen. Hinzu kommt, dass die grundsätzliche Zuständigkeit Deutschlands zur Führung der Asylverfahren der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren - weder vor dem Bundesamt noch vor dem Bundesverwaltungsgericht - bestritten wurde. Ein Vorbringen, das die Zuständigkeit Deutschlands in Zweifel ziehen würde, wurde sohin nicht erstattet.

Wenn der Erstbeschwerdeführer vermeint, in Deutschland bereits zweimal negative Entscheidungen (sofern diese bereits rechtskräftig geworden ist) erhalten zu haben, ändert dies nichts am Ergebnis in Bezug auf die Zuständigkeitsbegründung Deutschlands gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, da die diesbezügliche Beurteilung den zuständigen Behörden Deutschlands obliegt. Sollten hierbei Fehler unterlaufen seien, wären diese im deutschen Rechtsweg zu klären (vgl. in diesem Sinne auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.03.2016, C-695/16, betreffend einen Verweis auf den ungarischen Rechtsweg in Bezug auf eine beabsichtigte Zurückweisung nach Serbien).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht in den gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung nach Deutschland gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jene

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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