Entscheidungsdatum
22.10.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W224 2174576-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. XXXX, vertreten durch Diakonie Flüchtlingshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017, Zl.: 1124059507-161037077:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, eine Staatsangehöriger XXXX, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.07.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag erfolgte die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Hierbei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er stamme aus XXXX, sei ledig, gehöre der Volksgruppe der Araber an und bekenne sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams. Er habe in Syrien sechs Jahre die Grundschule und danach drei Jahre die allgemein höherbildende Schule besucht. Am 05.11.2015 habe er Syrien von XXXX aus illegal verlassen. Nach einem Aufenthalt in der Türkei von 07.11.2015 bis 23.07.2016 sei er nach Österreich weitergereist. Nach den Fluchtgründen befragt führte der Beschwerdeführer aus, der Krieg sei sein Fluchtgrund. Es gebe keine Sicherheit. Der IS und die Regierung würden ihn zwingen mitzukämpfen. Er wolle aber nicht mitkämpfen.
2. Am 31.07.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Hierbei bestätigte er die in der Erstbefragung angegebenen Personalien. Nach seinen Fluchtgründen befragt führte er aus: "Zuerst herrscht Krieg. Zweitens habe ich den Militärdienst noch nicht absolviert, ich will dies nicht machen, denn es bedeutet, dass ich meine eigene Familie umbringen muss. Der letzte Grund ist der IS." Auf Nachfrage des BFA gab der Beschwerdeführer an, die Regierung habe versucht, ihn zu holen, es aber nicht geschafft. Die Regierung habe Leute zu ihm nach Hause geschickt und diese hätten nach dem Beschwerdeführer gefragt. Einmal seien sie auch bei ihm gewesen und hatte nach ihm gefragt, als er nicht zu Hause gewesen sei.
3. Mit Bescheid vom 14.09.2017, Zl.: 1124059507-161037077, wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchteil I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchteil II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchteil III.).
In der Begründung führte das BFA aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in Syrien einer individuellen asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche in Zukunft zu befürchten habe. Der Beschwerdeführer habe in glaubhafter Weise angeführt, dass er Syrien aufgrund der allgemein bekannten Bürgerkriegssituation verlassen habe. Eine Rekrutierung durch die syrische Armee sei nicht glaubhaft, weil er sich dem Militärdienst offenbar bis zu seiner Ausreise entziehen habe können und nur zwei Mal von Behörden gesucht worden sei. Nach eigenen Angaben höre der Beschwerdeführer schlecht und müsse aus diesem Grund im Falle eines Einzugs zum Militärdienst wohl nur kleinere Tätigkeiten (Versorgung; Schreibtätigkeit) verrichten. Auch auf Grund des Rückzugs des IS drohe dem Beschwerdeführer von dieser Seite keine Gefahr.
4. Gegen Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:
Der Beschwerdeführer habe seine Heimat verlassen, weil er eine Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee befürchtet habe. Im Falle einer Rückkehr befürchte er diese Rekrutierung durch die Regierung immer noch. Der Beschwerdeführer habe seinen Wehrdienst bis dato nicht geleistet und die syrische Armee habe dringenden Personalbedarf. Aus diesem Grund führe sie Tür-zu-Tür-Kampagnen durch, um junge Männer zu rekrutieren. Das BFA lege seiner Behauptung, der Beschwerdeführer sei auf Grund seines schlechten Hörens nicht für den Militärdienst geeignet, keine Länderfeststellungen zugrunde und untermauere diese Aussage in keiner Weise. Aus den Länderfeststellungen gehe nämlich hervor, dass mittlerweile auch "geschützte Gruppen" eingezogen werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 dritter Satz VwGVG).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123; 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, 127 und 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, 65 und 73 f.).
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Der angefochtene Bescheid ist aus folgenden Gründen mangelhaft:
Gemäß § 3 AsylG 2005 ist einem Asylwerber auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesem im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (in Folge: GFK) droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, 2000/01/0131; vom 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, 93/01/0284; vom 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Asylentscheidung erlassen wird;
auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, 98/01/0318;
vom 19.10.2000, 98/20/0233).
Die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung setzt nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH vom 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum AsylG 1991, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention).
Hinsichtlich der Verweigerung des Wehrdienstes vertritt der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt eines mit dem Militärdienst verbundenen Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies ist auch ausdrücklich im Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EG festgehalten. Daher stellt eine (im Falle der Rückkehr drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen einer Verweigerung des Militärdienstes, wenn dieser (zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit) Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der Richtlinie 2011/95/EG fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.
Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 hat das BFA in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Das BFA hat es unterlassen, die notwendigen, auf die Person des Beschwerdeführers bezogenen Erhebungen zum Wehrdienst in seinem Heimatland Syrien durchzuführen. Das BFA traf keine Feststellungen zu den Fragen, ob für den Beschwerdeführer bereits ein Einberufungsbefehl vorliegt, der Beschwerdeführer den Wehrdienst bereits absolviert hat und - falls nicht - warum er den Wehrdienst noch nicht absolviert hat. Auch fehlen Feststellungen zur Frage, ob dem Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr eine Einberufung drohen könnte, zumal aus den Länderfeststellungen hervorgeht, dass das Regime dringenden Bedarf an Kämpfern hat und auch auf "geschützte Gruppen" zurückgreift. Dies, obwohl der im Zeitpunkt der Ausreise 20-jährige - und nunmehr 23-jährige - Beschwerdeführer klar erkennbar im wehrpflichtfähigen Alter ist und notorisch ist, dass alle männlichen Staatsbürger mit Ausnahme von Juden und staatenlosen Kurden ab dem Alter von 18 Jahren dem verpflichtenden Wehrdienst unterliegen.
Auch nach den von der UNHCR definierten Risikoprofilen benötigen Wehrdienstentzieher und Deserteure der Streitkräfte wahrscheinlich internationalen Schutz im Sinne der GFK (vgl. die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, November 2017, 5. Aktualisierte Fassung sowie UNHCR-International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic, November 2017, Update V; zur Indizwirkung von UNHCR-Positionen vgl. etwa VwGH 16.01.2008, 2006/19/0182 mwN).
Das BFA geht in seiner Beweiswürdigung davon aus, der Beschwerdeführer werde auf Grund verminderten Hörvermögens zwar seinen Militärdienst ableisten müssen, jedoch komme für ihn lediglich eine Funktion als Kanzlist oder in der Versorgung der Truppen in Frage. Auch auf Grund des Rückzugs des IS drohe dem Beschwerdeführer von dieser Seite keine Gefahr.
Trotz der Aussagen des Beschwerdeführers, wonach das Regime bei ihm zu Hause gewesen sei und versucht habe, ihn zu rekrutieren, hat das BFA den Beschwerdeführer dazu keinerlei ergänzenden Fragen gestellt und nicht darauf hingewirkt, dass alle für die Entscheidung notwendigen Angaben betreffend eine mögliche Einberufung bzw. Verweigerung des Wehrdienstes ergänzt werden.
Das BFA hat es weiters unterlassen, spezifische Feststellungen zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers zu treffen, konkret zu Sanktionen, die Personen im Falle ihrer Rückkehr aufgrund ihrer rechtswidrigen Ausreise aus syrischer Sicht aus Syrien drohen. Im Fall des Beschwerdeführers bestehen keine Hinweise darauf, dass dieser freiwillig nach Syrien zurückgehen könnte (zur möglichen Asylrelevanz einer illegalen Ausreise bzw. einer Asylantragstellung im Ausland etwa VwGH 29.01.2004, 2001/20/0346).
Das BFA ist somit den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründen nicht durch geeignete Fragestellungen auf den Grund gegangen. Damit wurde der Sachverhalt mangelhaft ermittelt und zugleich die erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen bzw. wurden zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt.
Sollten die Fluchtgründe des Beschwerdeführers glaubhaft sein, läge unter Umständen eine - dem Wortlaut der GFK entsprechende - Verfolgung wegen der "politischen Gesinnung" vor.
Der Sachverhalt ist somit in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Eine Zurückverweisung der Sache an das BFA zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt im vorliegenden Fall deshalb in Betracht, weil das BFA die erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat bzw. weil es den maßgebenden Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Nicht zuletzt die kurze Dauer der schriftlichen Einvernahme vor dem BFA von etwa 40 Minuten samt Belehrung, Übersetzung und Rückübersetzung weist auf die mangelhaften Ermittlungen hin. Im weiteren Verfahren wird das BFA ein umfassendes Ermittlungsverfahren zu führen haben, bei dem alle für die Entscheidung relevanten Angaben gemacht und Beweismittel erbracht werden. Dabei wird das BFA auch das in der gegenständlichen Beschwerde erstattete Vorbringen zu berücksichtigen haben.
In der Gesamtschau ist der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Zurückverweisung an das BFA zur Erlassung eines neuen Bescheides im Vergleich zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht unter dem Aspekt der Raschheit und der Kostenersparnis der Vorzug zu geben. Das erstinstanzliche Verfahren erweist sich aus den dargelegten Gründen insgesamt als so mangelhaft, dass von dem in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen war. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.03.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das BFA zur Erlassung eines neuen Bescheides ergeht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123; 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Fluchtgründe,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W224.2174576.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.01.2019