TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 W154 2115167-1

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

BFA-VG §7 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28
FPG §76 Abs1
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W 154 2115167-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kracher als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Kamerun, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2015, Zahl:

1019144605/151453600/BMI-BFA, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 29.09.2015 bis 05.10.2015 zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 1 FPG iVm. Art. 28 Dublin III-Verordnung stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben. Unter einem wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 29.09.2015 bis 05.10.2015 für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm. VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Eingabegebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom 20.04.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in Folge: BF) auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass Spanien für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Zudem wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet.

2. Mit dem oben im Spruch angeführten Mandatsbescheid des Bundesamtes wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

3. Gegen den oben im Spruch bezeichneten Bescheid wurde seitens des Beschwerdeführers durch seine bevollmächtigten Vertreter mit Schriftsatz vom 02.10.2015 binnen offener Frist Beschwerde erhoben und die Anordnung der Schubhaft und die andauernde Anhaltung in Schubhaft bekämpft.

Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; dem Beschwerdeführer einen Verfahrenshelfer für das Beschwerdeverfahren beizugeben; ein medizinisches Gutachten zur Klärung der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers einzuholen; eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen; den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgte; im Rahmen einer Habeas Corpus Prüfung auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen; dem Beschwerdeführer Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) der Eingabegebühr i.H.v. € 30 sowie, etwaige Dolmetschkosten zu zuerkennen; auszusprechen, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage das Bundesverwaltungsgericht zur gegenständlichen Entscheidung befugt ist; in eventu die ordentliche Revision zuzulassen.

4. Am 06.10.2015 wurden vom Bundesamt die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

5. Am 05.10.2015 wurde der Beschwerdeführer nach Spanien abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der Einsichtnahme in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes und gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet auszugsweise:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

[...]"

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Zu A)

2.2. Zu Spruchpunkt I. (Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft):

2.2.1. Die Dublin III-VO trat am 19.07.2013 in Kraft, ist gemäß Art. 49 leg. cit. auf alle Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 01.01.2014 gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Im - gegenüber der Dublin II-VO neuen - Art. 28 Dublin III-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung im Dublin-Verfahren geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Bestimmungen der Dublin III-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen zur Anwendung gelangen, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 Dublin III-VO verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223).

2.2.2. § 76 FPG lautete zu Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides auszugsweise:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Anordnung zur Außerlandesbringung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Das Bundesamt kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Rückkehrentscheidung erlassen wurde;

2. gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß § 27 AsylG 2005 eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Das Bundesamt hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen ihn eine zurückweisende Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 und eine durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung oder eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den gemäß § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

[...]"

2.2.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf den Beschluss des deutschen Bundesgerichtshofes vom 26.06.2014, V ZB 31/14, in seinem Erkenntnis vom 19.02.2015, Zl. Ro 2014/21/0075, festgehalten hat, verlangt Art. 2 lit. n Dublin III-VO unmissverständlich gesetzlich festgelegte Kriterien zur Konkretisierung der im Unionsrecht für die Verhängung von Schubhaft (u.a.) normierten Voraussetzung des Vorliegens von "Fluchtgefahr". Ein Rückgriff auf Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof vor allem zum Tatbestand der Ziffer 4 des § 76 Abs. 2 FPG für die Annahme von "Fluchtgefahr" (Gefahr des "Untertauchens") als maßgeblich angesehen hat, reiche nicht, um den Vorgaben der Dublin III-VO zu entsprechen. Solche Umstände hätten vielmehr gesetzlich determiniert werden müssen. Solange dies nicht der Fall sei, komme daher Schubhaft gegen Fremde, die sich in einem Verfahren nach der Dublin III-VO befinden, zwecks Sicherstellung des Überstellungsverfahrens nach Art. 28 der Verordnung nicht in Betracht.

2.2.4. Mit der am 29.05.2015 in Kraft getretenen Novellierung der Durchführungsverordnung zum Fremdengesetz (FPG-DVO) versuchte das Bundesministerium für Inneres diesen Zustand (bis zum Inkrafttreten einer FPG-Novelle im Juli 2015) zu sanieren. Mit Erkenntnis vom 13.06.2016, V152/2015 ua, bestätigte der Verfassungsgerichtshof die Gesetzeskonformität dieser Verordnung.

In Erledigung einer Revision vom 11.06.2015 führte der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11.05.2017, Ra 2015/21/0108 - unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 15.03.2017, C-528/15 - aus, dass die Festlegung von Kriterien zur Annahme einer Fluchtgefahr durch ein Gesetz im formellen Sinn hätte erfolgen müssen. Aufgrund dessen sei unter Berücksichtigung der in Punkt

2.2.3. angeführten Entscheidung vom 19.02.2015 auch die FPG-DVO nicht geeignet (gewesen), Schubhaften im Anwendungsbereich der Dublin III-VO zu ermöglichen.

2.2.5. Da das FPG zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über keinen formal-gesetzlich determinierten "Kriterienkatalog" zur Annahme einer Fluchtgefahr verfügte, erweist sich der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund als rechtswidrig. Dementsprechend ist auch die auf diesen Bescheid gestützte Anhaltung in Schubhaft als rechtswidrig anzusehen. Auf weitere Punkte der Beschwerde muss daher nicht näher eingegangen werden.

2.3. Zu Spruchpunkt II. (Abspruch über die Kosten):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Der Behörde gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz. Der Beschwerdeführer ist auf Grund der Rechtswidrigkeit der Schubhaftanordnung und der darauf gestützten Anhaltung in Schubhaft in allen Punkten obsiegende Partei, weshalb er Anspruch auf Kostenersatz (soweit beantragt und im Umfang der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr 517/2013) hat. Die VwG-Aufwandersatzverordnung sieht in deren § 1 Z 1 lediglich einen Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand vor, so dass sich bereits aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt, dass der Schriftsatzaufwand mit einem Pauschalbetrag ersetzt wird und ein doppelter Schriftsatzaufwand wie vom Beschwerdeführervertreter - zudem ohne nähere Begründung, weshalb dieser in doppelter Höhe zu ersetzen sei - beantragt, nicht als Aufwandersatz zuerkannt werden kann.

Kommissionsgebühren, Dolmetschergebühren und Barauslagen sind im gegenständlichen Verfahren nicht angefallen.

2.4. Zu Spruchpunkt III. (Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr):

Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen - es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine "finanzielle Belastung iHv 30 Euro" auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.

Der Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr war daher zurückzuweisen.

2.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist, konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B) (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Kostenersatz, Rechtsanschauung des VwGH,
Rechtsgrundlage, Rechtswidrigkeit, Schubhaftbeschwerde, Unionsrecht,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2115167.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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