TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/13 97/09/0374

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Veröffentlicht am 13.09.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
59/10 Handelsabkommen;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 idF 1990/450;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
B-VG Art49 Abs1;
Handelsvertrag Ungarn 1932 Art1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des PS in I, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. Oktober 1997, Zl. 1997/4/14-2, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. Oktober 1997 wurde der Beschwerdeführer in drei Fällen der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe es "als Arbeitgeber und Inhaber der Unternehmung mit Sitz in Innsbruck, Haller Straße 143 zu vertreten, dass durch seine Unternehmung am 17. Oktober 1995 auf der Baustelle Kastner & Öhler im Einkaufszentrum Greifcenter in Innsbruck, Andechsstraße" drei namentlich genannte ungarische Staatsangehörige beschäftigt worden seien, ohne dass für diese Ausländer die erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen erteilt bzw. Befreiungsscheine oder Arbeitserlaubnisse ausgestellt worden seien. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer in teilweiser Stattgebung seiner Berufung gegen die Strafhöhe die von der Strafbehörde erster Instanz festgesetzten Geldstrafen von je S 20.000,-- auf je S 15.000,-- (die Ersatzfreiheitsstrafen auf drei Tage) bzw. der erstinstanzliche Kostenbeitrag auf S 4.500,-- herabgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges, des Inhaltes der Berufung und der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Oktober 1997 sowie der anzuwendenden Rechtslage aus, mit Auftragsschreiben vom 29. September 1995 sei von Seiten der Firma Kastner & Öhler, Warenhaus-AG, der Beschwerdeführer mit Trockenbauarbeiten für das Greifcenter in Innsbruck zu einem Gesamtpreis von ca. S 252.000,-- beauftragt worden, wobei u. a. vereinbart worden sei, dass die Arbeit am 3. Oktober 1995 zu beginnen und am 18. Oktober 1995 fertig zu stellen sei. Bei schuldhafter Überschreitung dieses Termins sei pro Kalendertag ein Pönale von S 2.000,-- vereinbart worden. Am 17. Oktober 1995 gegen

17.30 Uhr sei durch das Arbeitsinspektorat durch die Herren S unf Z auf dieser Baustelle eine Kontrolle durchgeführt worden. Dabei hätten die Beamten wahrgenommen, dass der unter Position 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannte ungarische Staatsangehörige mit Gipsarbeiten beschäftigt gewesen sei, und dass für diesen Arbeiter weder Beschäftigungsbewilligung noch Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Als Entlohnung sei mit diesem Arbeitnehmer ein Betrag von S 70,-- bis S 80,-- in der Stunde vereinbart worden. Im Zuge der Kontrolle seien zwei weitere ungarische Staatsangehörige, nämlich die unter Positionen 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Ausländer, erschienen, die über Befragung angegeben hätten, dass sie seit Montag, dem 16. Oktober 1996, auf der Baustelle arbeiteten und einen Betrag von S 70,-- bis S 80,-- pro Stunde vereinbart hätten. Diese beiden Ausländer seien mit einem Fahrzeug des Beschwerdeführers in Arbeitskleidung zur Arbeit erschienen. Diese seien dann in der Folge von den Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck verhaftet worden. Anlässlich seiner Einvernahme noch am selben Tag unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers habe der erstgenannte Ausländer angegeben, dass er den ersten Tag auf dieser Baustelle gearbeitet habe. Mit dem Beschwerdeführer sei für die Dauer der Anlernzeit ein Stundenlohn von S 80,-- vereinbart worden. Auch der unter Position 2 genannte Ausländer habe bei seiner unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers erfolgten Einvernahme angegeben, dass er S 80,-- bis S 90,-- in der Stunde hätte verdienen können und bereits am 15. Oktober mit seinem eigenen PKW nach Innsbruck gekommen sei. Er habe zugegeben, den ganzen Tag gearbeitet zu haben; auch dieser Ausländer sei am Abend der Kontrolle von der Polizei festgenommen worden. Der unter Position 3 genannte Ausländer sei ebenfalls mit Hilfe eines Dolmetschers einvernommen worden und habe angegeben, bereits am Montag der Woche auf die Baustelle gegangen zu sein und dort gespachtelt und gegipst zu haben. Nach beweiswürdigender Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Berufungsverhandlung und der Verantwortung des Beschwerdeführers sowie Ablehnung weiterer Beweiserhebungen wegen hinreichender Klärung des Sachverhaltes führte die belangte Behörde in rechtlicher Subsumtion aus, der von der Erstbehörde erhobene Schuldvorwurf erweise sich als gerechtfertigt. Von der beantragten Einvernahme der ungarischen Staatsangehörigen, die ihren Wohnsitz in Ungarn hätten und im Bundesgebiet mit einem Aufenthaltsverbot belegt worden seien, sei Abstand genommen worden, zumal diese Ausländer von der Polizei einvernommen worden seien und der Sachverhalt hinreichend geklärt sei. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten drei Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     Als Ausländer im Sinne des AuslBG gilt gemäß § 2 Abs. 1

leg.cit., wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

     Als Beschäftigung gilt gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG in der für den

Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,

c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

Gemäß § 1 Abs. 3 AuslBG werden zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Beschäftigung von Ausländern durch die Bestimmungen des AuslBG nicht berührt.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, so weit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ... im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung mit einer Geldstrafe von S 10.000,-- bis S 120.000,--.

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Wesentlichen geltend, zu Unrecht habe die belangte Behörde die Einvernahme der von ihm beantragten Zeugen nicht durchgeführt. Darin liege eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung. Die am 17. Oktober 1995 mit den Ausländern aufgenommenen Niederschriften durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck sei ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers erfolgt und aus diesem Grunde unverwertbar. Auch der Schluss aus der bloßen späteren Anwesenheit der unter Positionen 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Ausländer auf deren unberechtigte Beschäftigung sei unzulässig, es handle sich dabei lediglich um Mutmaßungen, die keine hinreichende Deckung in den Beweisergebnissen fänden. Damit bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides verweist der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf den nach wie vor in Kraft befindlichen Handelsvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Ungarn BGBl. Nr. 335/1932, wonach ungarische Staatsangehörige den Inländern grundsätzlich gleich zu behandeln sind, woraus sich ergebe, dass ungarische Staatsangehörige keiner Beschäftigungsbewilligung oder sonstiger arbeitsmarktbehördlicher Papiere bedürften.

Der Beschwerdeführer hatte in seiner Berufung außer seiner eigenen Vernehmung die Einvernahme eines "informierten Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck", der vier ungarischen Staatsangehörigen, die auf der Baustelle im Zeitpunkt der Betretung anwesend gewesen waren, sowie des Kontrollorgans des Arbeitsinspektorates beantragt. Nicht vernommen hievon wurden der "informierte Vertreter" der Bundespolizeidirektion Innsbruck, sowie drei nicht mehr in Österreich aufhältige ungarische Staatsangehörige.

Zunächst ist der in der Beschwerde aufgestellten unbewiesenen Unterstellung, die niederschriftlichen Einvernahmen der unter Position 1 und 2 genannten ungarischen Staatsangehörigen sei "unter dem wesentlichen Einfluss der einvernehmenden Person" zu Stande gekommen, entgegenzutreten, zumal sich aus dem Akteninhalt diesbezügliche Anhaltspunkte nicht ergeben. Des Weiteren geht aus den niederschriftlichen Protokollen über die Einvernahme der ungarischen Staatsangehörigen in unzweideutiger Weise hervor, dass die am Ende der Niederschriften befindliche dritte Unterfertigung mit dem Namen "Nagy Gyula" die Unterschrift eines Dolmetschers ist, dessen Anwesenheit bei der Befragung damit ausreichend dokumentiert erscheint. Die Nichteinvernahme eines "informierten Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck" kann ebenfalls keine Beschneidung der Beweismöglichkeiten des Beschwerdeführers beinhalten, zumal es ihm freigestanden wäre, durch Angabe der üblichen Identitätsmerkmale jene Person, deren Einvernahme er beantragt, zu individualisieren. Hielt die belangte Behörde nach Einvernahme des bei der gegenständlichen Amtshandlung anwesenden Vertreters der Arbeitsinspektorates die Einvernahme eines nur vage bezeichneten weiteren Zeugen zum selben Beweisthema wegen hinreichender Klärung des Sachverhaltes nicht mehr für erforderlich, so kann darin kein Rechtswidrigkeit erblickt werden.

Zur Unterlassung der Einvernahme der ungarischen Staatsangehörigen ist anzumerken, dass sich diese nicht mehr im Bundesgebiet befinden, vielmehr nach dem Inhalt der mit ihnen aufgenommenen Niederschriften am Tage ihrer Betretung in Schubhaft genommen und abgeschoben wurden, wobei zumindest über zwei dieser Ausländer ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde. Demgemäß durfte die belangte Behörde gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG die mit den Ausländern aufgenommenen Niederschriften sowohl in der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesen als auch dem angefochtenen Bescheid zu Grunde legen. Im Übrigen wird auch in der Beschwerde nicht dargetan, auf welcher Rechtsgrundlage die belangte Behörde im Rahmen des § 19 AVG ein Erscheinen dieser in Ungarn aufhältigen Zeugen hätte durchsetzen können. Die auf Unterlassung der Vernehmung der Ausländer als Zeugen gestützte Verfahrensrüge ist nicht begründet (im Übrigen wird in dieser Hinsicht auf die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1998, Zl. 98/09/0165, und vom 12. Jänner 1999, Zl. 98/09/0351, verwiesen).

Ausgehend von dem somit nicht ergänzungsbedürftig gebliebenen Ermittlungsverfahren vermag aber der Verwaltungsgerichtshof die Beweiswürdigung der belangten Behörde auch vor dem Hintergrund der Beschwerdeausführungen nicht als unschlüssig zu erkennen. Dass der Beschwerdeführer diese Beweiswürdigung für unrichtig hält, zeigt jedenfalls noch keine relevanten, vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Mängel der Beweiswürdigung auf (vgl. in dieser Hinsicht etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 95/09/0332, mit weiteren Judikaturnachweisen).

Aber auch die Rechtsrüge geht fehl. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren ließ der Beschwerdeführer auf Sachverhaltsebene unbestritten, dass der unter Position 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannte ungarische Staatsangehörige von ihm ohne die hierzu erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Papiere beschäftigt worden sei. Strittig war daher lediglich eine allfällige Beschäftigung der unter Positionen 1 und 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten ungarischen Staatsbürger. Hinsichtlich dieser Personen hatte der Beschwerdeführer die Vermutung einer lediglich probeweisen Betätigung in seinem Unternehmen (gemeint: ohne sein Wissen) angesprochen. Für die Annahme einer solchen ihm zurechenbaren probeweisen Beschäftigung bleibt aber nach dem festgestellten Sachverhalt kein Raum, zumal eine solche bewilligungsfreie Beschäftigung nur einem Zeitraum von einigen Stunden unterliegt und es sich dabei lediglich um eine unentgeltliche Vorführung von notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses handeln darf. Erbringen Ausländer im Rahmen eines Betriebes Leistungen, die zum Betriebsgegenstand dieses Unternehmens gehören, gegen Entlohnung und - wie im Beschwerdefall - immerhin über zumindest einen ganzen Arbeitstag, kann von einer bloß probeweisen Beschäftigung nicht mehr gesprochen werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0036). Ein diesbezüglicher Einwand muss daher fehlschlagen.

Der Beschwerdeführer bezieht sich des Weiteren in seiner Rechtsrüge auf einen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Ungarn abgeschlossenen Handelsvertrag, mit dem ein am 8. Februar 1922 vereinbartes Handelsübereinkommen zwischen den Vertragsparteien wieder in Kraft gesetzt wurde (BGBl. Nr. 10/1923 bzw. BGBl. Nr. 355/1932, idF BGBl. Nr. 179 und Nr. 180/1936 und BGBl. Nr. 304/1937).

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid auf dieses Argument des Beschwerdeführers, welches in der Beschwerde wiederholt wird, mit keinem Wort eingegangen. Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen sind aus den nachfolgenden Erwägungen dessenungeachtet nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Dazu stellt sich in erster Linie die Frage, ob das vom Beschwerdeführer mit dem Hinweis, ungarische Staatsbürger als Arbeitnehmer in Österreich hätten Anspruch auf Gleichbehandlung mit solchen aus EWR-Mitgliedstaaten (§ 1 Abs. 2 lit. m AuslBG), ins Treffen geführte Abkommen überhaupt noch in Geltung steht (vgl. zur Frage der desuetudo das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1985, Slg. 10372). Diese Frage kann jedoch im Beschwerdefall unbeantwortet bleiben, weil selbst bei Annahme einer aufrechten Geltung des genannten Abkommens bereits aus dessen Inhalt hervorgeht, dass damit keinesfalls die Rechte unselbständig Erwerbstätiger aus den beiden Vertragsstaaten in einer für das AuslBG relevanten Weise geregelt worden sind.

Es geht dies bereits daraus hervor, dass die Republik Österreich und das Königreich Ungarn mit dem genannten Abkommen ausschließlich ein Handelsübereinkommen geschlossen und nicht etwa sozial- und arbeitsrechtliche Fragen geregelt haben. Ausschließlich Fragen des Handels und des Gewerbes wurden in den Art. II ff des Abkommens einer näheren Regelung unterzogen. Die einzige Bestimmung des Abkommens, welche eine Deutung im Sinne der Beschwerdeausführungen zuließe, ist sein Art. I Z. 1, der folgenden Wortlaut hat:

"Artikel I. 1. Die Angehörigen, die Schiffe und die Waren, Natur- oder Gewerbeerzeugnisse eines der vertragschließenden Teile werden in den Gebieten des anderen alle Rechte, Privilegien, Freiheiten und Vorteile genießen, welche irgendeinem anderen Lande zukommen."

Diese allgemein gehaltene Formulierung könnte zu der Annahme verleiten, die vorgesehene Gleichstellung der Angehörigen der vertragschließenden Teile würde sich auf alle Lebensbereiche sowie gleichermaßen auf selbständig wie unselbständig Erwerbstätige beziehen. Eine derart weitreichende Annahme verbietet sich jedoch schon aus dem Umstand, dass ihr eben nur ein Handelsübereinkommen zugrunde liegt, sowie daraus, dass im weiteren Text des Abkommens auf arbeits- und sozialrechtliche Details überhaupt nicht eingegangen wird. Art. I Z. 1 hat demnach ausschließlich programmatischen Charakter und wird in den folgenden Bestimmungen des Abkommens gemäß der erklärten Absicht der vertragschließenden Teile auch ausschließlich hinsichtlich handels- und gewerberechtlicher Fragen näher ausgeführt. Eine Ausnahme von den Regeln des AuslBG ist aus diesem Handelsübereinkommen daher nicht abzuleiten.

Aus diesen Gründen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090374.X00

Im RIS seit

13.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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