TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/23 W227 2207232-1

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Veröffentlicht am 23.10.2018
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Entscheidungsdatum

23.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
SchUG §17 Abs5
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W227 2207232-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Be-schwerde von XXXX , vertreten durch die Erziehungsberechtigten XXXX und XXXX , gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 7. September 2018, Zl. 100. 040/0160-kanz1/2018, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Die am XXXX geborene Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2017/2018 die 3. Schulstufe in der Klasse XXXX der Volksschule XXXX Wien.

2. Auf Antrag der Klassenlehrerin entschied die Schulkonferenz am 6. April 2018, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 17 Abs. 5 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) ab 6. April 2018 in die 2. Schulstufe wechselt, weil sie dem Lehrplan der 3. Schulstufe nicht folgen könne.

3. Dagegen erhob der anwaltliche Vertreter der Beschwerdeführerin frist- und formgerecht Widerspruch. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass durch den Wechsel der Schulstufe der Lernsituation der Beschwerdeführerin nicht eher entsprochen werde.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach der Stadtschulrat für Wien gemäß § 17 Abs. 5 SchUG aus, dass der Widerspruch als unbegründet abgewiesen werde und die Beschwerdeführerin im Schuljahr 2018/2019 die 3. Schulstufe zu besuchen habe. Begründend führte er zusammengefasst aus, dass der Wechsel in die nächstniedrigere Schulstufe für die Beschwerdeführerin als entlastende Maßnahme anzuwenden gewesen sei, weil ihrer Lernsituation so besser habe entsprochen werden können und eine Unter- oder Überforderung in körperlicher oder geistiger Hinsicht nicht zu befürchten gewesen sei.

5. Dagegen erhob der Vertreter der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der er zusammengefasst Folgendes vorbringt: Die Beschwerdeführerin sei in der Lage, dem Lehrplan der 4. Schulstufe zu folgen. Dazu werde ein Kurzbericht des Psychologen Mag. XXXX vom Verein XXXX vom 18. Juli 2018 vorgelegt, wonach der Gesamt-IQ der Beschwerdeführerin 93 betrage; die Beschwerdeführerin verfüge somit über eine durchschnittlich ausgeprägte Gesamtintelligenz.

6. Am 9. Oktober 2018 langte das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die am XXXX geborene Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2017/2018 die 3. Schulstufe in der Klasse XXXX der Volksschule XXXX Wien.

Sie war während des Unterrichtsjahres überfordert, dem Lehrplan der

3. Schulstufe zu folgen.

Am 6. April 2018 wechselte sie in die 2. Schulstufe.

Der Wechsel in die nächstniedrigere Schulstufe entsprach eher der Lernsituation der Beschwerdeführerin. Eine Unterforderung war nicht zu beobachten.

Sie schloss im Schuljahr 2017/2018 erfolgreich die 2. Schulstufe ab und befindet sich im Schuljahr 2018/2019 in der 3. Schulstufe.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen basieren auf dem Akteninhalt. Dass die Beschwerdeführerin im Schuljahr 2017/2018 überfordert war, dem Lehrplan der 3. Schulstufe zu folgen und der Wechsel in die nächstniedrigere Schulstufe eher der Lernsituation der Beschwerdeführerin entsprach, ergibt sich aus Folgendem:

In den Stellungnahmen der Klassenlehrerinnen und des Schulleiters werden nachvollziehbar die Unsicherheit der Beschwerdeführerin, ihr langsames Arbeitstempo und ihr noch sehr geringes Sprachverständnis dargelegt; es wird auch aufgezeigt, warum ein Wechsel eine entlastende Maßnahme für die Beschwerdeführerin darstellte.

Auch das schulpsychologische Gutachten vom 9. Februar 2018 kommt schlüssig zum Ergebnis, dass bei der Beschwerdeführerin in der Intelligenzdiagnostik (WfSC-IV) eine unterdurchschnittliche Gesamtbegabung bei inhomogenem Profilverlauf feststellbar sei (die Bereiche Sprachverständnis und das schlussfolgernde Denken seien als Schwächen anzusehen) und die Beschwerdeführerin mittels Wechsel der Schulstufe die bestehenden Unsicherheiten aufholen und sich emotional weiterentwickeln könne.

Zusätzlich zeigt das sonderpädagogische Gutachten vom 15. April 2018 nachvollziehbar auf, dass Differenzierungsmaßnahmen und eine Förderung im Rahmen des Regelschullehrplanes im Klassenverband der XXXX alleine nicht ausreichen könnten, um die bestehenden Lernrückstände wettzumachen, weshalb der Wechsel der Schulstufe die richtige Fördermaßnahme gewesen sei.

Selbst der vom Vertreter der Beschwerdeführerin vorgelegte Kurzbericht eines Psychologen vom 18. Juli 2018 kam für die Beschwerdeführerin beim Index "Arbeitsgedächtnis" (umfasst Aufmerksamkeit, Konzentration und Arbeitsgedächtnis) zu einem IQ-Wert von (bloß) 84 (Bedeutung für den IQ-Wert 80 bis 89: "etwas unterdurchschnittlich"). Der Bereich "Sprachverständnis" (erfasst die sprachliche Begriffsbildung, das sprachliche Schlussfolgern und das erworbene Wissen) musste aufgrund der mangelnden Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin auf Türkisch erfasst werden; die Beschwerdeführerin erzielte dabei einen IQ-Wert von 90 (Bedeutung für den IQ-Wert 90 bis 109: "Durchschnitt"). Damit werden die seitens der Schule eingeholten Gutachten und Stellungnahmen - entgegen dem Beschwerdevorbringen - sogar bekräftigt. Dadurch erübrigt sich der Antrag des Vertreters der Beschwerdeführerin "auf Einholung einer Stellungnahme von der aktuellen Schule, der Schuldirektorin sowie der Klassenlehrerin zur aktuellen Situation" der Beschwerdeführerin, um "die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen".

Schließlich zeigen die Schulnachricht vom 2. Februar 2018, in der die Leistungen der Beschwerdeführerin in der 3. Schulstufe in den Pflichtgegenständen Mathematik mit "Genügend" und in "Deutsch, Lesen, Schreiben" sowie "Sachunterricht" jeweils mit "Befriedigend" beurteilt wurden, und das Jahreszeugnis vom 29. Juni 2018, in dem die Leistungen der Beschwerdeführerin in der 2. Schulstufe in den Pflichtgegenständen "Mathematik", "Deutsch, Lesen, Schreiben" und "Sachunterricht" jeweils mit "Gut" beurteilt wurden, dass der Wechsel in die 2. Schulstufe eher der Lernsituation der Beschwerdeführerin entsprach und sie in dieser Schulstufe auch nicht unterfordert war.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 17 Abs. 5 SchUG sind die Schüler innerhalb der Vorschulstufe und der ersten drei Schulstufen der Volksschule und der Sonderschule berechtigt, während des Unterrichtsjahres in die nächsthöhere oder nächstniedrigere Schulstufe zu wechseln, wenn dadurch ihrer Lernsituation eher entsprochen wird und eine Unter- oder Überforderung in körperlicher oder geistiger Hinsicht nicht zu befürchten ist. Ein Wechsel von Schulstufen während des Unterrichtsjahres ist nur in dem Ausmaß zulässig, als für den erstmaligen Abschluss der 3. Klasse nicht weniger als zwei und nicht mehr als vier Schuljahre benötigt werden. Über den Wechsel von Schulstufen während des Unterrichtsjahres hat die Schulkonferenz auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder des Klassenlehrers zu entscheiden. Diese Entscheidung ist den Erziehungsberechtigten unverzüglich unter Angabe der Gründe und einer Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit bekanntzugeben.

Ausschlaggebend für einen Wechsel der Schulstufe während des Schuljahres ist gemäß § 17 Abs. 5 SchUG einerseits, ob dadurch "der Lernsituation des Schülers eher entsprochen wird" und andererseits, dass "eine Unter- oder Überforderung in körperlicher oder geistiger Hinsicht nicht zu befürchten" ist. Über das Vorliegen dieser Umstände hat die Schulkonferenz zu entscheiden, nachdem sie durch den Antrag der Erziehungsberechtigten oder des Klassenlehrers auf die besondere Situation des Schülers aufmerksam gemacht wurde (vgl. dazu RV 1278 BglNR, XX. GP, Erl. Zu § 17 Abs. 5).

3.1.2. Beide im § 17 Abs. 5 SchUG genannten Voraussetzungen sind im verfahrensgegenständlichen Fall gegeben:

Wie oben ausführlich dargelegt, war die Beschwerdeführerin im Schuljahr 2017/2018 überfordert, dem Lehrplan der 3. Schulstufe zu folgen und entsprach der Wechsel in die nächstniedrigere Schulstufe eher der Lernsituation der Beschwerdeführerin.

Der Stadtschulrat für Wien ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass der Wechsel in die nächstniedrigere Schulstufe für die Beschwerdeführerin als entlastende Maßnahme anzuwenden war, und sie im Schuljahr 2018/2019 die 3. Schulstufe zu besuchen hat.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3.1.3. Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. etwa VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; 01.09.2016, 2013/17/0502; VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Abgesehen davon ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

Die hier anzuwendenden Regelungen des § 17 Abs. 5 SchUG erweisen sich als klar und eindeutig (zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vgl. etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053; 27.08.2014, Ra 2014/05/0007).

3.3. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

minderjähriger Schüler, Schuljahr, Schulstufe, Schulstufenwechsel,
Überforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W227.2207232.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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