TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/13 97/09/0171

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Veröffentlicht am 13.09.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der H F in K, vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 25. April 1997, Zl. K 19/05/96.026/4, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. April 1997 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 2. September 1994 bis 11.15 Uhr auf einem an der Landesstraße Elterndorf - Kukmirn gelegenen Chinakohlacker acht Ausländer (jeweils slowenische Staatsangehörige) als Arbeitgeberin ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) beschäftigt. Wegen dieser als (acht) Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG qualifizierten Taten wurden über die Beschwerdeführerin nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG acht Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 56 Stunden) und ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von insgesamt S 32.000,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete zu dem in der Beschwerde geltend gemachten Einwand der Verfolgungsverjährung folgendes Vorbringen:

"In den Verfahrensunterlagen I. Instanz findet sich die erste Seite des Beschuldigten - Ladungsbescheides vom 14.08.1995 (durch gelben Aufkleber gekennzeichnet) lediglich in Kopie, wobei der vorgeworfene Tatzeitraum (02.09.1994) offenbar mit Schreibmaschine korrigiert wurde. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers legte über Ersuchen des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland diesem am 29.07.1997 das Original des genannten

Beschuldigten - Ladungsbescheides im Wege der Telekopie (ebenfalls durch gelben Aufkleber markiert) vor, in welchem sich als vorgeworfener Tatzeitraum der 02.09.1995 ergibt"

Für den Fall der Abweisung der Beschwerde beantragte die belangte Behörde den Ersatz des Vorlageaufwandes zuzuerkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe nicht beachtet, dass im Beschuldigten - Ladungsbescheid (vom 14. August 1995) die Tatzeit mit "2.9.1995" und der Tatort mit "landwirtschaftlicher Betrieb in 7543 Kukmirn Nr. 65" angegeben worden sei und im Hinblick auf diese unrichtige Bezeichnung von Tatort und Tatzeit demnach Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

Schon mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.

Die belangte Behörde hat sich damit, ob die Behörde erster Instanz innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 AuslBG gegen die Beschwerdeführerin eine taugliche Verfolgungshandlung gerichtet hat, nicht ausreichend auseinander gesetzt. Feststellungen in diesem Sinn wurden im angefochtenen Bescheid nicht getroffen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

Verfolgungshandlung ist zufolge § 32 Abs. 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. in dieser Hinsicht etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1992, Zl. 91/09/0199, und vom 18. Oktober 1996, Zl. 95/09/0073) muss in Ansehung des (vorliegend der Beschwerdeführerin zur Last gelegten) Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG unverwechselbar feststehen, wann, wo und welche(n) Ausländer der Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist dem zunächst als Strafsache gegen Hermann Flieder unter Zl. 300-356-1995 geführten erstinstanzlichen Akt der Bezirkshauptmannschaft Güssing erstmals aus einem an das Arbeitsmarktservice Stegersbach gerichtet gewesenen Schreiben vom 8. August 1995 zu entnehmen, dass gegen die Beschwerdeführerin (offenbar unter Zl. 300-2077-1995) ein Verfahren wegen "des Verdachts der Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz" eingeleitet worden sei. Als Verfolgungshandlung gegen die Beschwerdeführerin als Beschuldigte kommt dieses Schreiben schon mangels Tatumschreibung freilich nicht in Betracht. (Anmerkung: Bis zu diesem Zeitpunkt gesetzte Verfolgungshandlungen richteten sich ausschließlich gegen den Sohn der Beschwerdeführerin als Beschuldigten).

Der Inhalt des an die Beschwerdeführerin gerichtet gewesenen Beschuldigten - Ladungsbescheides vom 14. August 1995 ist jedoch hinsichtlich der vorgeworfenen Tatzeit strittig und insoweit nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten nicht nachvollziehbar. Die Seite 1 diese Ladungsbescheides ist im Akt der Bezirkshauptmannschaft Güssing lediglich in Ablichtung, die Seite 2 hingegen ist mit der für den Bezirkshauptmann gefertigten eigenhändigen Unterschrift von "Fabics" im Original vorhanden. Das als Tatzeit angegebene Datum "2.9.1994" weicht - auch in der Ablichtung erkennbar - vom übrigen Schriftbild ab und wurde zu einem nach der Aktenlage nicht nachvollziehbaren Zeitpunkt vermutlich mit einem anderem Schreibgerät (möglicherweise Schreibmaschine) in die Ablichtung eingesetzt. Welche Tatzeit in der an die Beschwerdeführerin zugestellten Ausfertigung des Ladungsbescheides angegeben war (2.9.1994 oder 1995), muss gleichfalls unbeantwortet bleiben, da vom Vertreter der Beschwerdeführerin nicht das Original, sondern eine (per Fax übermittelte) Ablichtung vorgelegt wurde. Innerhalb der einjährigen Frist des § 28 Abs. 2 AuslBG kommt - neben dem genannten Ladungsbescheid - keine weitere gegen die Beschwerdeführerin gerichtet gewesene Verfolgungshandlung der Behörde in Betracht. Aufklärungsbedürftig ist in diesem Zusammenhang auch, aus welchem Grund die Behörde erster Instanz am 10. Mai. 1996 einen Ladungsbescheid mit berichtigter Tatzeit "2.9.1994 11.15 Uhr" und berichtigtem Tatort "Kukmirn 164" ausgefertigt hat. Ob sich der als Tatort in Betracht kommende Sitz der Beschwerdeführerin bzw. ihres landwirtschaftlichen Betriebes in Kukmirn Nr. 65 oder Nr. 164 befindet, wurde ebenfalls bislang nicht ausreichend untersucht.

Im vorliegenden Fall kann somit nicht abschließend beurteilt werden, ob die Behörde fristgerecht eine taugliche Verfolgungshandlung gegen die Beschwerdeführerin gesetzt hat und derart die Frist des § 28 Abs. 2 AuslBG gewahrt wurde, weil die belangte Behörde es unterlassen hat, in dieser Hinsicht zielführende Ermittlungen anzustellen und den insoweit maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Der festgestellte Sachverhalt bedarf somit in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997090171.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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