TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/24 W171 2202595-3

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Veröffentlicht am 24.10.2018
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Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W171 2202595-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor Morawetz, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ägypten. Er stellte erstmalig am 27.12.2010 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) sowohl hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch von subsidiärem Schutz abgewiesen und mit einer Ausweisung verbunden. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof rechtskräftig mit Erkenntnis vom 26.02.2013 abgewiesen.

Mit Bescheid vom 13.06.2016 wurde gegen den Beschwerdeführer - der sich zwischenzeitlich auf einen Aufenthaltstitel als begünstigter Drittstaatsangehöriger stützen konnte - nach drei strafrechtlichen Verurteilungen ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde blieb erfolglos. Seiner Ausreiseverpflichtung ist der Beschwerdeführer bisher aber nicht nachgekommen.

2. Am 25.05.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgrund des aufrechten Aufenthaltsverbots festgenommen. Dabei kam es zu einem Versuch der Selbstverletzung, der jedoch auf Grund des Eingreifens der Beamten erfolglos blieb.

3. Mit Bescheid des BFA vom 30.05.2018 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich illegal in Österreich aufhalte und in keiner Form kooperativ sei. Insbesondere habe er massive Anstrengungen unternommen, die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zu verhindern. Er sei dreimal strafrechtlich verurteilt worden und verfüge aktuell über keinen ordentlichen Wohnsitz. Auch habe er wiederholt an seinen Asylverfahren nicht mitgewirkt und könne keine substanzielle Integration nachweisen. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne angesichts der genannten Umstände nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft aufgrund der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

4. Am 02.06.2018 trat der Beschwerdeführer in einen Durststreik, den er am 04.06.2018 wieder beendete. Am 05.06.2018 erfolgte die Identifizierung des Beschwerdeführers als ägyptischer Staatsangehöriger sowie die Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ).

Am 28.06.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Aktenvermerk vom 28.06.2018 hielt das Bundesamt die Aufrechterhaltung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG fest. Dieser Aktenvermerk wurde dem Beschwerdeführer noch am selben Tag zur Kenntnis gebracht.

Mit Bescheid vom 12.07.2018 hat das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Folgeverfahren für zulässig erklärt.

5. Die für 16.07.2018 geplante Abschiebung des Beschwerdeführers wurde aufgrund eines ambulanten Krankenhaustermins des Beschwerdeführers abgesagt.

6. Im Zuge der Behandlung einer Beschwerde gegen den in Punkt I.3. bezeichneten Bescheid stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX fest, dass die für die Aufrechterhaltung der Schubhaft erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Darüber hinaus wurde die Beschwerde abgewiesen.

7. Am 17.09.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Ausgeführt wurde, dass seitens der ägyptischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) zugesagt worden aber noch nicht erfolgt sei. Aufgrund von Feiertagen in Ägypten sei es zu einer Verzögerung gekommen, weshalb die für 27.08.2018 angesetzte Rückführung storniert worden sei. Eine entsprechende Bestätigung aus Kairo werde nunmehr für Ende September erwartet.

8. Mit Erkenntnis des BVwG vom 18.09.2018 stellte das Gericht fest, dass die maßgeblichen Voraussetzungen zur Fortführung der laufenden Schubhaft vorliegen würden.

9. Am 12.10.2018 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt erneut zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 22a Abs. 4 BFA-VG vor. Ausgeführt wurde, dass seitens der ägyptischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikats (HRZ) zugesagt worden aber noch nicht erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei am 11.10.2018 neuerlich der ägyptischen Vertretungsbehörde vorgeführt worden und dabei sehr unkooperativ gewesen. Der Beschwerdeführer habe offensichtlich bis dato seine wahre Identität nicht angegeben, weshalb die HRZ-Ausstellung auf einen neuen Datensatz erfolgen werde. Eine Rückführung des Beschwerdeführers sei für den 26.10.2018 geplant und bereits organisiert.

10. Mit gerichtlichem Beschluss vom 16.10.2018 wurde der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers die Möglichkeit einer Stellungnahme zur weiteren Verlängerung der laufenden Schubhaft eingeräumt. Mit verspätet eingebrachter Stellungnahme vom 18.10.2018 wurde ausgeführt, dass es nicht verständlich sei, wie das BFA ein Flugticket für den BF kaufen konnte, obwohl die Identität des BF noch ungeklärt sei. Darüber hinaus bestünde keine Fluchtgefahr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Betreffend den Beschwerdeführer liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung hinsichtlich Ägypten vor. Die Ausstellung eines HRZ für die Rückkehr nach Ägypten wurde seitens der Botschaft zugesagt, das schriftliche Ergebnis der Botschaftsvorführung vom 11.10.2018 unter Angabe der tatsächlichen Personendaten des Beschwerdeführers ist in den kommenden Tagen nach der gegenständlichen Entscheidung zu erwarten. Die begleitete Rückführung des Beschwerdeführers ist geplant und für den 26.10.2018 organisiert.

1.2. Ab Jänner 2015 erlangte der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung als begünstigter Drittstaatsangehöriger. Er wurde am 10.02.2015 wegen versuchter schwerer Nötigung, am 08.02.2016 wegen gewerbsmäßiger schwerer Schlepperei, Erpressung und gefährlicher Drohung sowie am 20.05.2016 wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung in Österreich strafrechtlich verurteilt. Seit 29.07.2017 besteht ein auf diese Verurteilungen gestütztes, auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Der diesbezüglichen Beschwerdeverhandlung ist der Beschwerdeführer unentschuldigt ferngeblieben.

Der Beschwerdeführer war spätestens seit 17.07.2017 an seiner damals noch aufrechten Meldeadresse nicht mehr anzutreffen und entzog sich den Behörden sowie seinem laufenden Verfahren (betreffend das Aufenthaltsverbot); ab 15.08.2017 hielt er sich für fast vier Monate gänzlich ohne Meldeadresse im Verborgenen auf.

Nach seiner Festnahme verhinderte er zweimal - am 26.05.2018 und 16.06.2018 - aktiv seine Abschiebung.

1.3. Am 28.06.2018 stellte er aus dem Stand der Schubhaft einen Asylfolgeantrag, wobei die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG fortgesetzt wurde. Die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes wurde zwischenzeitlich durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt.

1.4. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich seit 2014 mehrfach strafrechtlich (insbesondere wegen Delikten nach dem Suchtmittelgesetz) verurteilt, die unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafen belaufen sich allein bereits auf 31 Monate (darunter 11 Monate im April 2017), wobei der Beschwerdeführer stets als "junger Erwachsener" geführt wurde. Aus diesem Grunde wurde auch ein (rechtskräftiges) Einreiseverbot für die Dauer von 7 Jahren erlassen.

1.5. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht ungeachtet der faktisch noch ungeklärten konkreten Identität zum Zeitpunkt dieser Entscheidung in hinreichendem Maße. Mit der Rücküberstellung ist derzeit für Ende Oktober zu rechnen.

1.6. Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über minimale Barmittel und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er leidet jedenfalls seit Anfang Juni 2018 an Hämorrhoiden und wird diesbezüglich ambulant behandelt. Davon abgesehen ist er (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung) grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für (darüber hinaus gehende) substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur. Die bestehende Haftfähigkeit wurde in im Zuge des gerichtlichen Haftprüfungsverfahrens nicht in Zweifel gezogen und lagen ebenso keine Anhaltspunkte dafür vor, hier nicht weiter von Haftfähigkeit auszugehen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren und wurden vom Bundesverwaltungsgericht (abgesehen von den jüngsten Entwicklungen betreffend das Heimreisezertifikat) bereits dem Erkenntnis vom XXXX, XXXX (siehe oben I.6.) sowie dem Erkenntnis vom 18.09.2018 zugrunde gelegt. Es gibt keine Hinweise auf eine substanzielle Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers.

2.2. Die Feststellungen betreffend die (voraussichtliche) Ausstellung eines Heimreisezertifikats ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage, insbesondere aus den glaubwürdigen Angaben des BFA im Rahmen der Aktenvorlage. Das Bundesamt hat die Gründe der Verzögerung nachvollziehbar dargelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

"§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde."

§ 22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 30.05.2018 in Schubhaft angehalten wird.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. F EMRK

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung nach in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesverwaltungsgericht die Anordnung der Schubhaft als rechtskonform bestätigte und die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert. Hinzugekommen ist lediglich eine - voraussichtlich - eher geringfügige Verzögerung der Abschiebung aus Gründen, die das Bundesamt nicht zu verantworten hat. Dies berührt die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung (voraussichtlich insgesamt rund fünf Monate) nicht.

Mit der Verhängung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Auch daran hat sich seit der letzten verwaltungsgerichtlichen Schubhaftprüfung nichts geändert.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen und sich diese zudem weiterhin als verhältnismäßig erweist.

Zu Spruchpunkt II.:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Folgeantrag, Fortsetzung der Schubhaft,
gesundheitliche Beeinträchtigung, Identität, Mittellosigkeit,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung,
Überprüfung, Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit,
Verschleierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W171.2202595.3.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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