Entscheidungsdatum
24.10.2018Norm
AsylG 2005 §19 Abs1Spruch
W154 2112649-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX, StA. Syrien vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen die Festnahme des Beschwerdeführers vom 14.08.2015 um 19:25 und die Anhaltung im Rahmen der Festnahme vom 14.08.2015, 19:25 Uhr bis 15.8.2015, ca. 11:55 Uhr zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2, § 40 Abs. 2 und 4 BFA-VG stattgegeben und festgestellt, dass die Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme rechtswidrig waren.
II. Gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 737,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Eingabegebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, suchte zusammen mit seinem volljährigen Bruder am 14.8.2015 zum Zwecke der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz die Erstaufnahmestelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) auf und stellte vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in den dortigen Räumlichkeiten einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. in weiterer Folge wurde er um 19:25 Uhr durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG ohne Auftrag festgenommen. Anschließend wurde er gemeinsam mit seinem Bruder in die Polizeiinspektion überstellt und dort bis zum nächsten Tag festgehalten. Am 15.8.2015 wurden er und sein Bruder zum Zwecke der Erstbefragung vorgeführt und der Beschwerdeführer dieser bis 10:00 Uhr im Beisein seines Rechtsberaters als gesetzlichem Vertreter unterzogen. Im Zuge der Erstbefragung stellte der gesetzliche Vertreter um etwa 9:55 Uhr einen Antrag auf sofortige Enthaftung des Beschwerdeführers, der auch protokolliert wurde.
3. Um ca. 11:55 Uhr wurde der Beschwerdeführer aus der Anhaltung entlassen.
4. Am 19.8.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 BFA-VG i.V.m. Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ("Maßnahmenbeschwerde")
1. gegen die Festnahme gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG vom 14.8.2015 und
2. gegen die Anhaltung im Rahmen der Festnahme gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG vom 14.8.2015, 19:25 Uhr bis 15.8.2015, ca. 11:55 Uhr, ein.
Begründet wurde diese im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer durch die Festnahme im Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit verletzt worden sei. Im vorliegenden Fall stütze sich die Anhaltung auf § 40 Abs. 2 BFA-VG, wobei unklar wäre, welcher der fünf dort aufgelisteten Tatbestände einschlägig sein solle. Im gegenständlichen Fall kämen die § 40 Abs. 2 Z 2-4 BFA-VG als Rechtsgrundlage von vorneherein nicht in Betracht, weil gegenüber dem Beschwerdeführer noch keine aufenthaltsbeendigende Maßnahme bestehe und ein Verfahren zur Erlassung einer solchen noch nicht eingeleitet worden sei. Auch die Z 5 könne tatbestandlich nicht anwendbar sein, weil man im Zeitpunkt der Festnahme noch gar keine Befragung, erkennungsdienstliche Behandlung und Durchsuchung durchgeführt habe.
Seit Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 am 20.07.2015 sei die Vorführung vor das Bundesamt nicht mehr zwingend vorgesehen. Dies bedeute auch, dass im Zeitpunkt der Festnahme des Beschwerdeführers noch gar nicht festgestanden sei, ob das Bundesamt überhaupt die Vorführung anordnen würde. Auch darin zeige sich, dass das Handeln des einschreitenden Organes im Zeitpunkt der Festnahme auf keinen konkreten Festnahmegrund habe gerichtet sein können. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass die Festnahme wegen einer fehlenden Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet erfolgt sei, so wäre - mangels Kontaktaufnahme mit dem Bundesamt - ein subjektives Wissen um die Erfüllbarkeit des gesetzlich vorgesehenen Zwecks nicht denkbar. Jedenfalls könne dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, dass er mit dem § 40 Abs. 2 BFA-VG eine pauschale Grundlage für Festnahmen auf Vorrat habe schaffen wollen.
Zudem seien die im innerstaatlichen Recht festgelegten Tatbestände, die die Festnahme von Personen, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätten, erlauben würden, im Lichte der Art. 8 ff. Aufnahmerichtlinie unionsrechtskonform auszulegen.
Auch sei der Beschwerdeführer, gestützt auf § 40 Abs. 4 erster Fall BFA-VG nahezu 16 Stunden angehalten worden. Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation der Bestimmungen des §§ 42 Abs. 1 BFA-VG und § 19 Abs. 1 AsylG 2005 seien die Erstbefragung sowie die erkennungsdienstliche Behandlung unverzüglich nach der Festnahme durchzuführen. Ebenso habe die Übermittlung des Protokolles der Erstbefragung sowie des Berichtes gemäß § 42 Abs. 2 BFA-VG an das Bundesamt unverzüglich zu erfolgen. Der Beschwerdeführer sei jedoch erst am 15.8.2015 um 9:22 Uhr einer Erstbefragung unterzogen worden, welche bis 10:00 Uhr gedauert habe. Die Übermittlung der Aktenteile an das Bundesamt sei zu einem dem Beschwerdeführer unbekannten Zeitpunkt erfolgt, vermutlich nach Ende der Erstbefragung. Festgenommen worden sei der Beschwerdeführer am 14.8.2015 um 19:25 Uhr. Der VwGH habe in Anlehnung an die Rechtsprechung des VfGH mehrfach ausgesprochen, dass Behörden schon aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet seien, die Anhaltedauer so kurz als möglich zu halten und im Interesse einer kurzen Haftdauer die dafür notwendigen und ihr zumutbaren und organisatorischen und personellen Maßnahmen zu treffen. Die Dauer der Anhaltung sei daher unverhältnismäßig und die Anhaltung selbst rechtswidrig gewesen. Zudem dürften Art und Weise sowie die Methode der Ausführung einer freiheitsentziehenden Maßnahme den Betroffenen nicht über das unvermeidliche Maß hinaus belasten. Eine Festnahme stelle von vornherein eine Ausnahmesituation dar. Der Beschwerdeführer habe keine strafbare Handlung begangen, sondern lediglich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Anhaltung, ohne Kenntnis über den genauen Haftgrund und Dauer, sei geeignet gewesen, beim Beschwerdeführer Gefühle der Furcht und Angst zu erzeugen. Im Zusammenhang mit den näher aufgezeigten schwerwiegenden Mängeln des Anhalteortes und der Jugendlichkeit des Beschwerdeführers würden diese Umstände eine erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen.
Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge:
1. feststellen, dass die Festnahme gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG in rechtswidriger bzw. unionsrechtswidrige Weise erfolgt sei;
2. feststellen, dass die Anhaltung gemäß § 40 Abs. 4 BFA-VG vom 14.8.2015, 19:25 Uhr bis 15.8.2015, ca. 11:55 Uhr in rechtswidriger Weise erfolgt sei;
3. feststellen, dass der Beschwerdeführer durch die Umstände der Anhaltung in seinen durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechten verletzt worden sei;
4. eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Einvernahme des Beschwerdeführers und "Herrn xxx" als Zeugen durchführen;
5. den Beschwerdeführer von der Eingabengebühr gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG- Eingabengebührverordnung befreien;
6. den Beschwerdeführer die Aufwendungen gemäß § 35 VwGVG i.V.m. Art. 1 der VwG- Aufwandsersatzverordnung (Schriftsatz- und allenfalls Verhandlungsaufwand) ersetzen;
7. dem Beschwerdeführer etwaige Dolmetschkosten ersetzen und im Falle eines Obsiegens der Behörde den Beschwerdeführer vom Ersatz des Aufwandersatzes im Sinne der VwG- Aufwandsersatzverordnung befreien.
5. Am 21.9.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht der Akt des Bundesamtes zum Beschwerdeführer ein. Eine Stellungnahme wurde nicht erstattet.
6. Mit Aktenvermerk vom 8.9.2016 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt, weil dessen Aufenthaltsort weder bekannt noch sonst leicht feststellbar gewesen sei und eine Entscheidung ohne weitere Einvernahme nicht erfolgen könne, der Beschwerdeführer nach Antrag auf internationalen Schutz die Unterkunft der Betreuungseinrichtung ohne Angabe einer weiteren Anschrift verlassen habe und laut durchgeführter ZMR- Auskunft die Abmeldung von der bisherigen Meldeanschrift am 14.9.2015 erfolgt sei und bislang keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet bestehe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung minderjährige Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer suchte zusammen mit seinem volljährigen Bruder am Abend des 14.8.2015 die Erstaufnahmestelle des Bundesamtes auf und stellte vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in den dortigen Räumlichkeiten einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer wurde am 14.8.2015 um 19:25 Uhr durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Im Anhalteprotokoll I der zuständigen Polizeiinspektion ist zu den Delikten bzw. Festnahmegründen dazu folgendes vermerkt: "Festnahme ohne Auftrag gemäß § 40 Abs 2 BFA-VG". Der Kurzsachverhalt wurde folgendermaßen geschildert: "Illegal aufhältige Person".
Der genaue Grund der Festnahme und der Tatbestand, auf den die belangte Behörde die Festnahme stützte, können nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer wurde am 15.8.2015 im Beisein seines gesetzlichen Vertreters von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich erstbefragt. Diese Befragung endete um 10:00 Uhr. Um ca. 11:55 Uhr wurde der Beschwerdeführer aus der Anhaltung entlassen.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der Einsicht in die Anhalteprotokolle, die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung sowie das Grundversorgungs-Informationssystem.
Die Feststellung zur Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinem beim Bundesamt vorgelegten Reisepass, sowie dem Untersuchungsbericht der Landespolizeidirektion in Kurzform, laut dem keinerlei Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung vorliegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme
1. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a leg.cit. die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Behörde im Inland nach diesem Bundesgesetz ist gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben das Bundesamt gemäß § 6 BFA-VG bei der Erfüllung seiner Aufgaben, insbesondere durch Wahrnehmung der ihnen gemäß §§ 36 bis 47 leg.cit. eingeräumten Aufgaben und Befugnisse, zu unterstützen.
Das Bundesamt ist daher betreffend die Festnahme und Anhaltung an sich gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG die belangte Behörde und nicht, wie am Deckblatt der Beschwerde angegeben, die Landespolizeidirektion Niederösterreich (vgl. VwGH 18.01.2017, Ra 2016/18/0335).
2. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist (Z 1), gegen diesen eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde (Z 2), gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde (Z 3), gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde (Z 4) oder auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird (Z 5).
Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind gemäß § 5 Abs. 2 SPG Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei (Z 1), Angehörige der Gemeindewachkörper (Z 2), Angehörige des rechtskundigen Dienstes bei Sicherheitsbehörden, wenn diese Organe zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind (Z 3), und sonstige Angehörige der Landespolizeidirektionen und des Bundesministeriums für Inneres, wenn diese Organe die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) absolviert haben und zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind (Z 4).
2. Der Beschwerdeführer wurde ausweislich des Anhalteprotokolls von Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei am 14.08.2015, 19:25 Uhr, gemäß § 40 Abs. 2 BFA-VG festgenommen und bis 15.8.2015, ca. 11:55 Uhr angehalten.
Die bloße Nennung von § 40 Abs. 2 BFA-VG ohne Angabe eines konkreten Tatbestandes oder Beschreibung des Grundes für die Festnahme in einer der gerichtlichen Nachprüfung zugänglichen Weise reicht aber nicht aus, die Rechtmäßigkeit der Festnahme zu begründen (vgl. VwGH 16.05.2012, 2010/21/0304).
Dies trifft im vorliegenden Fall umso mehr zu, als bei der Festnahme keinerlei konkreter Hinweis auf das Vorliegen eines der in § 40 Abs. 2 BFA-VG angeführten Tatbestände gegeben war.
Die auf eine untaugliche Grundlage gestützte Festnahme wird nicht dadurch zu einer rechtmäßigen Maßnahme, dass eine andere (aber nicht herangezogene) Rechtsgrundlage (§ 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG) zur Verfügung gestanden wäre (VwGH 20.10.2011, 2009/21/0248; 19.05.2011, 2009/21/0214, 0224).
Die Festnahme und Anhaltung im Rahmen der Festnahme (vgl. VwGH 25.10.2012, 2010/21/0047; 19.09.2012, 2012/01/0017) sind daher für rechtswidrig zu erklären, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Zu Spruchpunkt II. (Kostenbegehren):
Der Beschwerdeführer begehrte den Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da er vollständig obsiegte, steht ihm nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz dieser Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.
Der Beschwerdeführer stellte zudem den Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr.
Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen - es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung bzw. einen solchen Zuspruch. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine finanzielle Belastung iHv 30 Euro auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.
Der Antrag auf Zuspruch der Eingabegebühr war daher zurückzuweisen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Dem in der Beschwerde gestellten Antrag, einen informierten Vertreter des Bundesministeriums für Inneres in einer mündlichen Verhandlung zum Beweis dafür einzuvernehmen, ob Asylantragsteller seit Inkrafttreten des FRÄG 2015 auf Grund eines Erlasses der Bundesministerin für Inneres unmittelbar nach Antragstellung offenbar systematisch bis zu 48 Stunden festgenommen werden, ist bereits aus dem Grund nicht zu entsprechen, dass es sich bei der Frage des generellen Vorgehens über den Fall des Beschwerdeführers hinaus um keinen hg. relevanten Sachverhalt handelt und ungeachtet des Umstandes, dass inländische generelle Rechtsvorschriften nicht Gegenstand des Ermittlungsverfahrens sind (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 37 Rz 3), eine Weisung keine gesetzliche Grundlage für die Festnahme des Beschwerdeführers darstellen hätte können.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Anhaltung, Aufwandersatz, Eingabengebühr, Ersatz, Festnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2112649.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.01.2019