TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/24 W122 2180390-1

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Veröffentlicht am 24.10.2018
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Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

AVG §13 Abs8
AVG §6 Abs1
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §50a Abs1
BDG 1979 §50a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W122 2180390-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte Achammer & Mennel OG, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Vorarlberg, vom 17.10.2017, Zl. P6/8597/3/2015-PA, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979, zu Recht erkannt und beschlossen:

A) Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben und der Antrag vom 16.10.2018 an die belangte Behörde weitergeleitet.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Antragsgemäß wurde die regelmäßige Wochen Dienstzeit des Beschwerdeführers seit 01.03.2009 bis 31.08.2017 auf 50 bis 70 % der Vollbeschäftigung herabgesetzt. Mit Schreiben vom 03.06.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 80% der Vollarbeitszeit.

Mit Bescheid vom 17.10.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit an der Dienststelle des Beschwerdeführers mehr als 48 Stunden betrage. Die vollbeschäftigten Beamtinnen und Beamten wären vor Mehr- und Überbelastungen zu schützen.

Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom 06.11.2017 beantragte der Beschwerdeführer, der Beschwerde stattzugeben und auszusprechen, dass seinem Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 auf 80% ab dem 01.09.2017 bis zum 31.08.2018 stattgegeben werde. In eventu möge das Bundesverwaltungsgericht den in Beschwerde gezogenen Bescheid beheben und zur Fortführung des Verfahrens an die belangte Behörde zurückverweisen.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 18.12.2017 zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Parteiengehör vom 10.10.2018 wurde der Beschwerdeführer auf die Unteilbarkeit des Antrages und den bereits verstrichenen Zeitraum hingewiesen.

Mit Stellungnahme vom 16.10.2018 beantragte der Beschwerdeführer, unter Aufrechterhaltung des Antrages vom 03.06.2017 sowie in Erledigung der Beschwerde vom 06.11.2017 auszusprechen, dass der Bescheid vom 17.10.2017 rechtswidrig wäre, der Beschwerdeführer in grundsätzlichen Rechten beschnitten worden wäre und seinem Antrag auf Herabsetzung der Wochendienstzeit auf 80 % entsprochen hätte werden müssen. Weiters beantragte der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass unter modifizierter Anwendung des Antrages vom 03.06.2017 auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochen Dienstzeit aus beliebigen Anlass auf 80 % für die Dauer eines Jahres entsprochen werde und zwar beginnend ab dem Ersten jenes Monats, der auf die rechtskräftige Entscheidung in gegenständlicher Angelegenheit folgt; in eventu beginnend mit dem ersten jenes Monats der vom Rechtsmittelgericht festgelegt wird; in eventu beginnend mit dem 01.11.2018, in eventu mit dem 01.12.2018, in eventu mit dem 01.01.2019, in eventu mit dem 01.02.2019, ...

Weiters beantragte der Beschwerdeführer, den Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Landespolizeidirektion zurückzuverweisen, wiederum unter Berücksichtigung der modifizierten Antragstellung hinsichtlich des geänderten beantragten Zeitraumes.

Begründend führte der Beschwerdeführer an, dass die belangte Behörde über den Antrag vom 03.06.2017 erst am 17.10.2017 unter Außerachtlassung grundsätzlicher Rechte des Beschwerdeführers entschieden hätte. Die Vorgangsweise der Dienstbehörde widerspreche sämtlichen rechtsstaatlichen Grundsätzen und führe zu dem unbilligen Ergebnis, dass sich die Dienstbehörde lediglich durch Zuwarten eines unliebsamen Antrages entledigen könne, ohne dass dem Beschwerdeführer eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit zur Verfügung stünde.

Das Vorgehen der Dienstbehörde rechtfertige den Verdacht des Rechtsmissbrauches, wäre grob sorgfaltswidrig und geeignet, Amtshaftungsansprüche, die im Lichte eines allfälligen Amtsmissbrauches zu prüfen wären, zu begründen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Polizeianhaltezentrum XXXX als Exekutivbeamter zur Dienstleistung zugewiesen.

Am 03.06.2017 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 80% der Vollarbeitszeit. Der Gegenstand des bekämpften Bescheides umfasste den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2018.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und wurden nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels anderslautender Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da diese vom anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht beantragt wurde und der maßgebliche Sachverhalt nicht bestritten wurde.

Zu A)

§ 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) BGBl. Nr. 333/1979 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003 lautet auszugsweise:

"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

(4) [ ]"

Gemäß § 6 AVG sind Anbringen ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen, wenn bei ihr Anbringen einlangen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).

Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Bescheid sprach über den Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2018 ab. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).

Mit Stellungnahme vom 16.10.2018 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahingehend, dass die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 für die Dauer eines Jahres ab Rechtskraft der Rechtsmittelentscheidung in eventu ab einer Reihe anderer genannter Beginnzeiten stattzugeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Rechtsprechung aus, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint ist, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wären (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).

Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Bescheid über die Herabsetzung der Wochendienstzeit vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2018.

Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrensleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).

Eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 12.09.2016, Ra 2014/04/0037 mit Hinweis auf VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).

Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2018 nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist und sich der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren modifizierte Antrag als wesentliche (das Wesen der Sache betreffende) Antragsänderung darstellt, bewirkt diese Änderung eine konkludente Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages und somit den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist.

Der Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.

Die Weiterleitung der übrigen Anträge an die zur Entscheidung zuständige Dienstbehörde war aufgrund von § 6 AVG geboten.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG 1979, doch kann fallbezogen auch nicht verkannt werden, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG 1979) zugrunde zu legen sind. Die Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.05.2017, Ra 2016/12/0076-5 zu einem ähnlichen Fall aufgeworfene Frage, ob eine inhaltliche Entscheidung in Frage kommt, war unter der hier getroffenen Prämisse der Gegenstandsänderung zu verneinen, die ebenfalls dargelegte Möglichkeit einer Antragsmodifikation konnte jedoch für den gänzlich vergangenen Zeitraum im Beschwerdeverfahren nicht mehr als gegenständlich betrachtet werden.

Schlagworte

Antragsänderung, Entscheidungsbefugnis, ersatzlose Behebung,
konkludente Zurückziehung, Konkretisierung, unzuständige Behörde,
Verfahrensgegenstand, Weiterleitung, Wochendienstzeit -
Herabsetzung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2180390.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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