TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/24 G308 2105123-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2018
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Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G308 2105123-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerden der XXXX Ges.m.b.H., vertreten durch PRUTSCH & PARTNER Rechtsanwälte in 8010 Graz, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 14.04.2014, GZ: XXXX, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.06.2015, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 14.04.2014, Zahl: XXXX, wurde gemäß § 410 Abs. 1 Z 2 iVm § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG festgestellt, dass XXXX(im Folgenden: Dr. L.) aufgrund seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) im Zeitraum 01.01.2008 bis 31.10.2011 der Voll- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Entsprechende Versicherungsmeldungen würden von Amts wegen vorgenommen werden (Spruchpunkt I.). Gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG in der jeweils geltenden Fassung wurde weiters ausgesprochen, dass die BF wegen der bei ihr stattgefundenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet ist, die in der Beitragsabrechnung vom 29.07.2013 und im zugehörigen Prüfbericht vom 30.07.2013 zur Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge, Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt EUR 60.659,89 nachzuentrichten. Die genannte Beitragsabrechnung vom 29.07.2013 sowie der zugehörige Prüfbericht vom 30.07.2013 würden integrierende Bestandteile dieses Bescheides bilden (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Dr. L. die Tätigkeit für die BF als Vertretungsarzt des Geschäftsführers des Dialysezentrums der BF in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, der Lohnsteuerpflicht gemäß § 47 EStG unterliegend und gegen Entgelt ausgeübt habe, und somit als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Vollversicherungspflicht unterliege. Es seien daher Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 45.721,19 sowie Verzugszinsen in Höhe vom EUR 14.938,70 nachverrechnet worden.

Dieser Bescheid wurde der damaligen bevollmächtigten steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin am 17.04.2014 sowie Dr. L. am 18.04.2014 nachweislich zugestellt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF durch ihre damalige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 13.05.2014, bei der belangten Behörde am 15.05.2014 einlangend, fristgerecht Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufheben und feststellen, dass Dr. L. im Zeitraum 01.01.2008 bis 31.10.2011 aufgrund seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin nicht der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegt; in eventu in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass Dr. L. als Facharzt für Nephrologie zur selbstständigen Berufsausübung berechtigt und Mitglied der Ärztekammer sei. Neben seiner Tätigkeit als Spitalsarzt betreibe er auch eine eigene Ordination als Facharzt für Nephrologie. Er sei für die BF ausschließlich als Vertretungsarzt bei fallweisen Verhinderungen des Geschäftsführers (Primars) tätig gewesen. Vertretungsärzte würden typischerweise unter die Kategorie Wohnsitzärzte subsummiert werden, welche nach dem GSVG bzw. FSVG beitragspflichtig seien. Es hätten keine Elemente persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, dabei insbesondere keine Weisungsbindung und keine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort, vorgelegen. Auch sei keine Lohnsteuerpflicht gegeben. Es liege daher weder eine Vollversicherungs- noch Arbeitslosenversicherungspflicht vor.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt und langten am 02.04.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Im zugleich übermittelten Vorlagebericht vom 27.03.2015 wiederholte die belangte Behörde im Wesentlichen ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und beantragte die Beschwerde abzuweisen.

4. Am 30.06.2015 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher die BF vertreten durch den Geschäftsführer sowie die damalige bevollmächtigte Rechtsvertretung der BF, Dr. L. als Zeuge sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.

5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.11.2015, Zahl G308 2105123-1/11Z, wurde das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Lohnsteuerverfahren der BF für die Jahre 2007 bis 2012 samt allfälliger Rechtsbehelfe an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ausgesetzt.

6. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) vom 18.04.2017 wurde der Beschwerde der BF gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide der belangten Behörde Finanzamt XXXX vom 29.07.2013 betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2008 bis 2010, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlägen für die Jahre 2008 bis 2012 gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftungsbescheide und die Bescheide betreffend Säumniszuschläge für die nicht zeitgerecht entrichtete Lohnsteuer für die Jahre 2008 bis 2010 aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen von der BF erhobene außerordentliche Revision an den VwGH wurde mit Beschluss vom 27.06.2018, Zahl Ra 2017/15/0057, zurückgewiesen.

7. Am 28.08.2018 langte die Vertretungsvollmacht der nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung der BF beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die zur Firmenbuchnummer FN XXXX registrierte BF betreibt in XXXX eine Krankenanstalt in Form eines Dialysezentrums mit sechzehn Betten. Der ärztliche Leiter, Dr. XXXX ist auch alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der BF und war weiters bis 30.07.2014, somit auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.01.2008 bis 31.10.2011, deren Alleingesellschafter (vgl Firmenbuchauszug zur FN XXXX vom 19.10.2018).

1.2. Dr. L. war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.01.2008 bis 31.10.2011 zu 50 % am Landeskrankenhaus XXXX als Nephrologe tätig, betrieb zugleich seine eigene Facharztordination und war gegebenenfalls als vertretender Facharzt im Dialysezentrum der BF tätig (vgl Angaben des Zeugen Dr. L., Verhandlungsprotokoll BVwG vom 30.06.2015, S 5).

1.3. Bei der BF fand für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2012 eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) statt, in deren Rahmen eine Nachversicherung des Dr. L. wegen seiner Tätigkeit für die BF durchgeführt und im Prüfbericht vom 30.07.2013 ein Nachverrechnungsbetrag an Sozialversicherungsbeiträgen von EUR 45.721,19 sowie Verzugszinsen von EUR 14.938,00, somit insgesamt EUR 60.659,89, festgestellt wurden (vgl aktenkundiger Prüfbericht vom 30.07.2013).

1.4. Auch seitens des Finanzamtes XXXX ergingen in der Folge über die BF zu deren Steuernummer XXXX jeweils am 29.07.2013 bezogen auf die Tätigkeit des Dr. L. im Zeitraum 01.01.2008 bis 31.12.2011 die nachfolgenden Bescheide (vgl aktenkundige Bescheide des Finanzamtes vom 29.07.2013):

a. Haftungsbescheid für das Jahr 2008 über die Inanspruchnahme der BF als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 über EUR 11.775,84 an nachzuzahlender Lohnsteuer sowie Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von EUR 235,52;

b. Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 1.791,24 sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für das Jahr 2008 in Höhe von EUR 163,20;

c. Haftungsbescheid für das Jahr 2009 über die Inanspruchnahme der BF als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 über EUR 6.762,84 an nachzuzahlender Lohnsteuer sowie Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von EUR 135,26;

d. Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 8.631,68 und eines Säumniszuschlages zum DB in Höhe von EUR 172,63 sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für das Jahr 2009 in Höhe von EUR 767,26;

e. Haftungsbescheid für das Jahr 2010 über die Inanspruchnahme der BF als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 über EUR 7.148,76 an nachzuzahlender Lohnsteuer sowie Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlages in Höhe von EUR 142,98;

f. Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 8.671,87 und eines Säumniszuschlages zum DB in Höhe von EUR 173,44 sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 770,83;

g. Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 7.741,30 und eines Säumniszuschlages zum DB in Höhe von EUR 154,83 sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 688,12;

h. Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 7.290,00 und eines Säumniszuschlages zum DB in Höhe von EUR 145,80 sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 631,80;

1.5. Gegen diese Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes vom 29.07.2013 erhob die BF Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG).

Mit Erkenntnis des BFG vom 18.04.2017, Zahl: RV/2100707/2013, wurde der Beschwerde der BF gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2008 bis 2010, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlägen für die Jahre 2008 bis 2012 gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftungsbescheide und die Bescheide betreffend Säumniszuschläge für die nicht zeitgerecht entrichtete Lohnsteuer für die Jahre 2008 bis 2010 aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das BFG stellte in seinem Erkenntnis die Lohnsteuerpflicht des Dr. L. fest und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

"[...]

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

[...]

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Krankenanstalt und bietet laut den Angaben auf ihrer Homepage Nierenersatztherapien, therapeutische Apheresen und ärztliche Visiten (kontinuierliches Gesundheitsmanagement einschließlich Begleiterkrankungen) an. In der Krankenanstalt der Beschwerdeführerin standen sechzehn Behandlungsplätze für die Durchführung von Dialysen zur Verfügung, pro Tag gab es vier Schichten. Die Patientinnen und Patienten wurden der Beschwerdeführerin zugewiesen und hatten vorgegebene Behandlungszeiten. Unbestritten war, dass der Arzt in den verfahrensgegenständlichen Jahren für die Beschwerdeführerin tätig war. Er übernahm während der Urlaubszeit und bei anderen Abwesenheiten des ärztlichen Leiters dessen Vertretungen. Die kurzfristigen Vertretungen wurden telefonisch vereinbart, die Urlaubsvertretungen waren längerfristig geplant. Bei seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin war der Arzt für die gesamte Dialysestation aus nephrologischer Sicht für die Patientinnen und Patienten der Beschwerdeführerin verantwortlich und war dabei im Regelfall persönlich in der Krankenanstalt der Beschwerdeführerin anwesend. Bei Abwesenheit während eines übernommenen Dienstes musste der Arzt jederzeit erreichbar und einsatzbereit sein. Die Durchführung der Visiten lag im Verantwortungsbereich des Arztes. Durchgeführte Visiten waren in den Patientenkarteien der Beschwerdeführerin zu dokumentieren. Das Entgelt für die geleisteten Dienste erhielt der Arzt von der Beschwerdeführerin, Basis für das Entgelt war die Anzahl der geleisteten Dienste (Schichten). Die von der Beschwerdeführerin vereinnahmten Entgelte wurden vom Arzt in seinen Einkommensteuererklärungen berücksichtigt.

Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB VwGH 20.7.2011, 2009/17/0132).

Unter Berücksichtigung der Ermittlungen der belangten Behörde, der im Verwaltungsverfahren hervorgekommenen Unterlagen, der Aussagen des vom Prüfungsorgan als Auskunftsperson vernommenen Arztes, der Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes, der von der Beschwerdeführerin beigebrachten Unterlagen betreffend das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie unter Berücksichtigung der Angaben und Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erachtete das Bundesfinanzgericht den vorstehenden Sachverhalt als erwiesen. Dass der Arzt den ärztlichen Leiter der Beschwerdeführerin als Nephrologe vertreten hat, ging nicht nur aus den Aussagen des Arztes hervor, sondern auch die Beschwerdeführerin selbst hat in der Berufungsschrift ausgeführt sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht angegeben, der Arzt habe während der Urlaube des ärztlichen Leiters und bei sonstigen Abwesenheiten dessen Vertretung übernommen. Aus den Aussagen vor den Verwaltungsgerichten ließ sich auch eindeutig der Schluss ziehen, dass sich der Arzt während der von ihm übernommenen Schichten im Regelfall in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin aufgehalten hat. Die grundsätzliche Anwesenheit des Arztes während der von ihm übernommenen Schichten in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin ließ sich aus den Angaben, er habe dort Patientinnen und Patienten im Rahmen seiner Ordination behandelt oder andere Tätigkeiten (Arbeit an eigenen Publikationen, Verwaltungstätigkeit für eigene Ordination) durchgeführt, ableiten. Die Möglichkeit, wenn es die Umstände zuließen, die Krankenanstalt zu verlassen, steht nicht im Widerspruch zum Regelfall. Dass der Arzt bei etwaigen Abwesenheiten während der übernommenen Schichten jederzeit greifbar sein musste, ergibt sich klar und eindeutig aus den Aussagen der Beschwerdeführerin und des Arztes in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht. Der grundsätzliche Arbeitsort während der Schichten ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach Dialysen nur in eigens dafür eingerichteten Anstalten durchgeführt werden und zum anderen auch aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Abläufe in der Krankenanstalt der Beschwerdeführerin sowie die Modalitäten betreffend Zuweisung der Patientinnen und Patienten und betreffend Abrechnung standen aufgrund der Angaben in der mündlichen Verhandlung unbestritten fest. Ebenso stand aufgrund der vom Arzt in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen fest, dass dieser die von der Beschwerdeführerin vereinnahmten Entgelte der Einkommensbesteuerung zu Grunde gelegt hat.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer). Der Arbeitgeber haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

[...]

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Seinem Wesen nach stellt das Dienstverhältnis daher ein Dauerschuldverhältnis dar, bei dem der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet ist, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen (VwGH 24.9.2003, 2000/13/0182).

Die Definition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III C § 47 Tz 4.3.). Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienstverhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuerrecht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozialversicherungsrecht, Ausländerbeschäftigungsrecht oder Ärzterecht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich (VfGH 8.6.1985, B 488/80).

Auch wenn, wie die Beschwerdeführerin behauptet, die Unterordnung eines Arztes, der bei einer Krankenanstalt (Spital) beschäftigt ist, in einen anderen (weiteren) Betrieb unvereinbar ist, ergibt sich daraus nicht, dass zum weiteren Betrieb ein Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 nicht vorliegt. Bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses zum weiteren Betrieb stellt sich die (nicht in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde oder des Bundesfinanzgerichtes fallende) Frage der Zulässigkeit einer solchen weiteren Tätigkeit.

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es auch nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht (VwGH 23.3.1983, 82/13/0063).

Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (VwGH 18.12.2013, 2009/13/0230). Nicht alle Bestimmungsmerkmale müssen gemeinsam vorliegen bzw. können sie in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen (VwGH 31.3.2005, 2000/15/0127).

Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis ist daher stets das Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist (VwGH 1.12.1992, 88/14/0115).

Betreffend die Weisungsgebundenheit ist grundsätzlich zwischen den persönlichen Weisungen einerseits und den sachlichen Weisungen andererseits zu unterscheiden. Eine sachliche Weisungsgebundenheit, die sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Arbeitsleistung bezieht, begründet für sich allein kein Dienstverhältnis.

Das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht hingegen ruft einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervor (VwGH 19.9.2007, 2007/13/0071). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Der Arbeitnehmer verspricht nicht die Ausführung einzelner Arbeiten, sondern stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung.

Betreffend die Vorbringen, es sei in der Verantwortung des Arztes gelegen, ob und wie er die Visiten durchgeführt habe, und er habe keine diesbezüglichen Weisungen von der Beschwerdeführerin erhalten, ist festzuhalten, dass die Stärke des Weisungsrechtes von der Art der Tätigkeit abhängig ist. Bei höher qualifizierten Tätigkeiten tritt die Weisungsgebundenheit in den Hintergrund, ohne dass dies das Vorliegen eines Dienstverhältnisses beeinträchtigen würde. Gleiches gilt für Tätigkeiten, die ihrer Natur nach weisungsfrei ausgeübt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht bei einem Arzt nicht einmal eine ausdrückliche Weisungsungebundenheit in Bezug auf die Art der ärztlichen Tätigkeit der Annahme eines Dienstverhältnisses entgegen (VwGH 19.1.1984, 83/15/0114). Bei der Tätigkeit eines Arztes handelt es sich um eine jener Berufstätigkeiten, denen ein hohes Maß an tatsächlicher Selbständigkeit innewohnt (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn; Kommentar zu EStG, § 47 Rz 34).

Eine organisatorische Eingliederung wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt (VwGH 25.3.2015, 2014/13/0027). Hierfür spricht insbesondere, wenn der Arbeitnehmer an einen bestimmten Arbeitsort gebunden ist, zur Einhaltung bestimmter Arbeitsstunden verpflichtet ist oder der Arbeitgeber die Planung und Vorbereitung sowie die Kontrolle der Tätigkeit vornimmt oder vornehmen lässt.

Der Arzt musste während der von ihm übernommenen Schichten, egal ob er in der Krankenanstalt der Beschwerdeführerin anwesend war oder nicht, bei Problem- oder Notfällen jederzeit greifbar sein. Er stellte somit während der Schichten seine Arbeitskraft zur Verfügung und musste bei Bedarf die jeweils notwendigen Behandlungsschritte setzen. Die hierfür erforderlichen Maßnahmen konnte er nicht verweigern, denn für den ärztlichen Leiter der Krankenanstalt war "entscheidend, dass jeder Patient lebendig wieder hinausgeht bei Wohlbefinden." Selbst wenn es sich bei einer Visite um ein Werk handeln sollte, so schuldete der Arzt aufgrund der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, wonach es in der Verantwortung des Arztes gelegen sei, ob und wie er die Visiten durchgeführt habe, nicht die Durchführung der Visiten, sondern stellte dieser für die Zeit der von ihm übernommenen Schichten seine Arbeitskraft zur Verfügung.

Der Arzt war bei seinen Vertretungen für die gesamte Dialysestation und somit für die Patientinnen und Patienten der Beschwerdeführerin betreffend die nephrologische Behandlung verantwortlich. Die Verantwortung für die Patientinnen und Patienten, die der Beschwerdeführerin zugewiesen worden sind und die ihre Behandlungstermine mit der Beschwerdeführerin vereinbart hatten, lässt nicht auf die Erteilung einzelner Aufträge schließen, sondern stellt vielmehr eine persönliche Weisung dar, die von der Beschwerdeführerin angenommenen und somit von ihr vorgegebenen Patientinnen und Patienten zu betreuen und die sich ergebende Arbeit zu erledigen. Dem Arzt stand es auch nicht frei, den Patientenkreis frei zu wählen. Durch die Übernahme eines Dienstes wurde dem Arzt der Patientenkreis von der Beschwerdeführerin vorgegeben, denn diese hat die Patiententermine vergeben, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob der Arzt Dienst verrichtete. Darin zeigt sich, dass der Arzt der Beschwerdeführerin seine Arbeitskraft geschuldet hat und nicht eine Reihe von Aufträgen übernommen hat.

Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass der Arzt, auch wenn (wie angegeben worden ist) keine schriftlichen Verträge existiert haben, die Tätigkeit über Jahre hinweg ausgeübt hat. Erklärt sich jemand bereit, über einen längeren Zeitraum (der Arzt war in den Jahren 2008 bis 2011 und somit zumindest vier Jahre lang für die Beschwerdeführerin tätig) die gerade anfallenden Behandlungen vorzunehmen, so überwiegen in entscheidender Weise die Merkmale eines Dienstverhältnisses. Der Arzt schuldete nicht bloß einen bestimmten Arbeitserfolg, sondern für eine bestimmte Zeit seine Arbeitskraft. Er unterlag daher mit der Verpflichtung, jene Behandlungen, die während der von ihm übernommenen Schichten notwendig waren, durchzuführen, auch den persönlichen Weisungen der Beschwerdeführerin (VwGH 21.2.1984, 83/14/0102).

Der Arzt war bei Übernahme von Vertretungen betreffend Arbeitszeit an die Vorgaben der Beschwerdeführerin gebunden. Die Beschwerdeführerin hatte die Termine an die zu behandelnden Patienten vergeben und somit dem Arzt nicht nur die Anzahl der Patientinnen und Patienten, sondern auch die Dauer der Arbeitszeit vorgegeben. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung steht bei Patientinnen und Patienten, die eine Nierenersatztherapie erhalten, im Voraus die Dauer der Behandlung fest. Eine Schicht dauerte nach den Angaben der Beschwerdeführerin vier Stunden.

Daran vermochte auch der Umstand, kurzfristige Vertretungen lediglich telefonisch vereinbart zu haben, nichts zu ändern. Die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiteinteilung spricht bei einer Tätigkeit wie bei der des Arztes weder gegen das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit dieser noch gegen deren Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin (vgl. VwGH 2.2.2010, 2009/15/0191).

Neben den vorstehend angeführten und für eine persönliche Gebundenheit sprechenden Gründen spricht auch die Art der Entlohnung für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Laut den Angaben des Arztes waren die Anzahl der übernommenen Schichten Basis für die Bezahlung durch die Beschwerdeführerin. Die Vereinbarung eines von der Anzahl der verrichteten Schichten und somit zeitabhängigen Lohns stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Übrigen ein Indiz dafür dar, dass der im Betrieb der Beschwerdeführerin tätige Arzt nicht einen bestimmten Arbeitserfolg geschuldet, sondern der Beschwerdeführerin seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat (vgl. VwGH 18.12.2013, 2009/13/0230). Monatliche Einnahmenschwankungen auf Grund einer unterschiedlich hohen Anzahl von geleisteten Schichten sprechen nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses (VwGH 22.3.2010, 2009/15/0200).

Der Arzt war während der von ihm übernommenen Schichten im Regelfall in der Krankenanstalt der Beschwerdeführerin anwesend. Auch wenn die Vornahmen von Visiten in der Verantwortung des Arztes lagen, so konnten diese nur in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin durchgeführt werden. Ebenso erfolgten im Regelfall bei Problemen oder bei Notfällen die notwendigen Maßnahmen in den Räumlichkeiten der Krankenanstalt. Die für die Behandlungen notwendigen Gerätschaften hat die Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt. Bei Vornahme von Visiten erfolgten diese erst nach Beginn der Dialyse, in nephrologischen Problem- oder Notfällen hatte der Arzt zur Verfügung zu stehen. Er hatte sich somit an die in der Krankenanstalt vorgegebenen Arbeitsabläufe zu halten. Das Bereitstellen der für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Infrastruktur, zu der der Arzt Zugriff hatte, und der benötigten Materialien sprechen für das Bestehen einer organisatorischen Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin. Daran vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Arzt während der von ihm übernommenen Schichten die Krankenanstalt nach eigenen Gutdünken verlassen konnte.

Gegenstand der von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienstleistung war, soweit es den Arzt betrifft, die Vornahme von Nierenersatztherapien (Dialysen). Dazu gehören gegebenenfalls die Visiten und im Bedarfsfall die erforderlichen Maßnahmen. Bei der vom Arzt vorgenommenen Tätigkeit handelte es sich um einen unverzichtbaren Bestandteil des von der Beschwerdeführerin betriebenen Unternehmens und der von ihr angebotenen Dienstleistungen. Auch das ist ein typisches Merkmal für eine Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin.

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst zu gestalten (VwGH 28.5.2009, 2007/15/0163), etwa durch die Annahme oder Ablehnung von Aufträgen. Der Arzt hatte grundsätzlich die während seiner Schicht von der Beschwerdeführerin eingeteilten Patientinnen oder Patienten zu betreuen oder musste für diese zur Verfügung stehen. Das Entgelt richtete sich nach der Anzahl der übernommenen Schichten. Das Entgelt war nicht davon abhängig, wie viele Patientinnen oder Patienten in einer Schicht zu behandeln waren. Der Arzt konnte seine Einnahmen auch durch Behandlungen von vielen Patientinnen oder Patienten in einer Schicht nicht beeinflussen. Ebenso spricht die Zurverfügungstellung der für die Vornahme seiner Tätigkeiten erforderlichen Infrastruktur gegen ein Unternehmerrisiko. Daran vermochte der Umstand nichts zu ändern, dass der Arzt für die auf die vereinnahmten Entgelte anfallenden Abgaben und Beiträge selbst entrichtet hat.

Die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung sprechen eindeutig für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Der Arzt war durch die Übernahme von Schichten an die Dauer und somit an bestimmte Arbeitszeiten und durch den Umstand, dass die Visiten und gegebenenfalls in Problem- oder Notfällen die Tätigkeiten im Regelfall in der Krankenanstalt der Beschwerdeführerin stattgefunden haben, auch an den Tätigkeitsort gebunden. Ebenso wenig konnte er den Arbeitsumfang selbst bestimmen, denn bei Problem- oder Notfällen hatte er die für das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten erforderlichen Arbeiten durchzuführen. Darüber hinaus spricht auch das Fehlen eines Unternehmerrisikos für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988.

Es bedurfte daher keiner Erwägungen, ob ein generelles Vertretungsrecht bestanden hat. Darüber hinaus ist es nach den Aussagen der Beschwerdeführerin und des Arztes bei Übernahmen von Schichten durch den Arzt nie zu Vertretungen gekommen. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, dann hätte eine solche Vertretung des Arztes das Entgelt von der Beschwerdeführerin erhalten.

Die von der Beschwerdeführerin genannte Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, RV/0793-G/09, ist vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden.

Eine Haftung des Arbeitgebers nach § 82 EStG 1988 besteht dann nicht mehr, wenn dem Mitarbeiter die Einkommensteuer, die auf die entsprechenden Einkünfte entfällt, vorgeschrieben wurde und dieser die Steuer entrichtet hat (VwGH 27.8.2008, 2006/15/0057). Bei den Festsetzungen der Einkommensteuer fanden beim Arzt die von der Beschwerdeführerin vereinnahmten Entgelte Berücksichtigung. Für das Bundesfinanzgericht bestand kein Grund, für die vom Arzt vereinnahmten Entgelte die Beschwerdeführerin als Arbeitgeber (weiterhin) in Anspruch zu nehmen. Den Haftungsbescheiden lagen ausschließlich Feststellungen betreffend die Tätigkeit des Arztes zu Grunde. Die Haftungsbescheide und die damit zusammenhängenden Bescheide betreffend Säumniszuschlag waren daher aufzuheben.

[...]"

1.6. Die von der BF gegen das Erkenntnis des BFG vom 18.04.2017 erhobene außerordentliche Revision an den VwGH wurde mit Beschluss des VwGH vom 27.06.2018, Ra 2017/15/0057, zurückgewiesen.

Der VwGH führte in seinen Entscheidungsgründen im Wesentlichen aus:

"[...]

14 Seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Vorliegen eines - im Revisionsfall allein strittigen - Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 anhand zweier Kriterien, nämlich der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zu beurteilen ist. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. etwa VwGH 28.6.2017, Ra 2016/15/0074, mwN).

15 Was das gesetzliche Merkmal der Weisungsgebundenheit anlangt, so spricht der Umstand, dass ein Arzt auf Grund seines Wissens und Könnens die Art der Behandlung bestimmt und in dieser Hinsicht keinen Weisungen unterliegt, noch nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Es handelt sich hier um eine jener Berufstätigkeiten, denen ein hohes Maß an tatsächlicher Selbständigkeit innewohnt (vgl. VwGH 16.9.1982, 81/15/0118; 19.1.1984, 83/15/0114, sowie Doralt, EStG18 § 47 Rz 34). Dementsprechend tritt das Merkmal der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber bei der steuerrechtlichen Beurteilung der ausgeübten Tätigkeit in den Hintergrund (vgl. VwGH 18.12.2017, Ra 2016/15/0079, mwN). Dem Einwand, Dr. L sei bei der Ausübung seiner Tätigkeit an keine Weisungen gebunden gewesen und habe selbst bestimmt, wann und in welcher Form er Visiten durchführe, kommt daher keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

16 Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. wiederum VwGH 18.12.2017, Ra 2016/15/0079, mwN).

17 Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass Dr. L für die Revisionswerberin in deren Krankenanstalt über einen Zeitraum von zumindest vier Jahren in einer großen Anzahl von Fällen als Vertretungsarzt tätig gewesen sei. Während der von ihm übernommenen Dienste (Schichten) habe Dr. L - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht bloß Visiten zu erbringen gehabt. Dr. L habe seine Arbeitskraft geschuldet, weil er aus nephrologischer Sicht für die gesamte Dialysestation verantwortlich und zur Setzung der jeweils notwendigen Behandlungsschritte verpflichtet gewesen sei. In Notfällen habe er einschreiten und dafür entweder anwesend oder jedenfalls erreichbar sein müssen. Bei all dem habe er sich - wie das Bundesfinanzgericht ebenfalls ausführt - an die in der Krankenanstalt der Revisionswerberin vorgegebenen Arbeitsabläufe zu halten gehabt. Auch hinsichtlich des zu behandelnden Patientenkreises sei Dr. L an die Vorgaben der Revisionswerberin gebunden gewesen. Die Patientinnen und Patienten seien in den Räumlichkeiten der Revisionswerberin behandelt worden, die auch die für die Behandlung notwendigen Gerätschaften zur Verfügung gestellt habe.

18 Eine für die Dauer der übernommenen Dienste (Schichten) bestehende Eingliederung des Dr. L in den betrieblichen Organismus der Krankenanstalt der Revisionswerberin lag daher gleichfalls vor. Dass Dr. L keine Verwaltungstätigkeit ausgeübt und nicht durchgehend in der Krankenanstalt tätig war, steht dem nicht entgegen.

19 Dem Zulässigkeitsvorbringen, Dr. L habe lediglich kurzfristig und ohne hierzu verpflichtet zu sein, einzelne Vertretungen als Facharzt übernommen, ist zu entgegnen, dass es auf die Dauer der einzelnen Vertretungstätigkeit jedenfalls dann nicht ankommt, wenn fortlaufende Beauftragungen erfolgen.

20 Mit dem Vorbringen, die Tätigkeit von Dr. L habe sich auf Visiten und Untersuchungen beschränkt, was als Werk anzusehen sei, und er sei als Ansprechpartner bei Notfällen zur Verfügung gestanden, entfernt sich die Revisionswerberin vom eingangs dargelegten - unbekämpft gebliebenen - Sachverhalt, den das Bundesfinanzgericht dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegt hat. Demnach war Dr. L während der von ihm übernommenen Dienste aus nephrologischer Sicht für die gesamte Dialysestation verantwortlich und zur Setzung der jeweils notwendigen Behandlungsschritte verpflichtet.

21 Dass Dr. L im Streitzeitraum nicht nur Vertretungsarzt im Dialysezentrum der Revisionswerberin, sondern auch Spitalsarzt und niedergelassener Arzt war, steht der Annahme eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ebenfalls nicht entgegen.

22 Da sich das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG aus dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht ableiten lässt, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.

[...]"

Die Lohnsteuerpflicht des Dr. L. gemäß § 47 EStG 1988 für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde somit rechtskräftig festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 18.04.2017 und dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2018 und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm darüber hinaus bezüglich der BF Einsicht in das Firmenbuch. Die Feststellungen ergeben sich aus den jeweils in Klammer zitierten und aktenkundigen Beweismittel bzw. den Angaben des Zeugen Dr. L. in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Weder die Beitragsabrechnung noch der zugehörige Prüfbericht wurden seitens der BF bezogen auf Berechnung und Höhe der nachverrechneten Beiträge oder Verzugszinsen bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Zur Versicherungspflicht des Dr. L.:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG in den im entscheidungsrelevanten Zeitraum geltenden Fassungen sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 leg. cit. von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 leg. cit. nur eine Teilversicherung besteht.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG in den im entscheidungsrelevanten Zeitraum geltenden Fassungen ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um 1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder 2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 4 Abs. 2 letzter Satz ASVG ausgesprochen, dass die wesentliche Bedeutung dieser Verweisung auf Vorschriften des Einkommensteuergesetzes darin liegt, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, damit jedenfalls auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 erster Satz ASVG bindend feststeht; gleichgültig ob ein solcher bindender Hauptfragenbescheid (im Sinne eines Feststellungsbescheides) vorliegt oder ob die Behörde auf dem Wege einer Vorfragenlösung zur Bejahung der Lohnsteuerpflicht gelangt, ist (arg.: "jedenfalls" in § 4 Abs. 2 letzter Satz ASVG) schon deshalb auch die Versicherungspflicht zu bejahen (vgl. u.a. VwGH vom 24.11.2010, 2007/08/0333, mit Verweis auf VwGH vom 26.04.2006, Zl. 2003/08/0264, und vom 21.12.2005, Zl. 2004/08/0066).

Dr. L. bezog im entscheidungsrelevanten Zeitraum von 01.01.2008 bis 31.10.2012 keine Einkünfte gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a bis d EStG 1988 oder gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 während eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft.

Die Lohnsteuerpflicht des Dr. L. steht auf Grund des in den Feststellungen im Wesentlichen wiedergegebenen und durch Zurückweisung der außerordentlichen Revision durch den VwGH in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes fest.

Somit unterlag Dr. L. im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 2 letzter Satz ASVG der Vollversicherung nach dem ASVG.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert).

Nachdem Dr. L. seine Tätigkeit für die BF tatsächlich als Dienstnehmer ausgeübt hat, unterliegt er mit dieser daher auch der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG.

3.1.2. Zur Beitragsnachverrechnung:

Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst, welcher nach Z 1 leg. cit. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG ist.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten erhält.

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurden im Rahmen der bei der BF durchgeführten GPLA aufgrund der Nachversicherung des Dr. L. als vollversicherungspflichtigen Dienstnehmer EUR 45.721,19 an Sozialversicherungsbeiträgen sowie Verzugszinsen von EUR 14.938,00, somit insgesamt EUR 60.659,89, nachverrechnet. Seitens der BF wurden zu keiner Zeit die Beitragsabrechnung oder der zugehörige Prüfbericht bezogen auf Berechnung und Höhe der nachverrechneten Beiträge oder Verzugszinsen bestritten.

Da Dr. L. wegen der rechtskräftig festgestellten Lohnsteuerpflicht gemäß § 47 EStG jedenfalls auch Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG ist, erfolgte auch die Beitragsnachverrechnung samt Verzugszinsen dem Grunde nach zu Recht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung, Lohnsteuerpflicht, Pflichtversicherung,
Rechtskraft, VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G308.2105123.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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