TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W186 2162778-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W186 2162786-1/9E

W186 2017246-1/13E

W186 2162778-1/7E

W186 2162781-1/7E

W186 2162783-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Ariane OLSCHAK, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 31.05.2017, Zl. 1105138609 - 161247209, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Ariane OLSCHAK, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 30.12.2014, Zl. 1019431603 - 14648060, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Mag. Ariane OLSCHAK, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 31.05.2017, Zl. 1105139301-161247241, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Mag. Ariane OLSCHAK, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 31.05.2017, Zl. 1105139606-161247217, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Mag. Ariane OLSCHAK, gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 31.05.2017, Zl. 1105140607-161247225, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.06.2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Gang des Verfahrens:

1. Der Zweitbeschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er noch am selben Tag vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes hierzu erstbefragt wurde. Er wurde am 26.08.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30.12.2014, Zl. 1019431603 - 14648060, wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), und erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Unter einem wurde ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.12.2015 erteilt (Spruchpunkt III.)

Mit Verfahrensanordnung vom 30.12.2014 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt. Der Bescheid sowie die Verfahrensanordnung wurden den Beschwerdeführer am 31.12.2014 durch persönliche Übernahme zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 13.01.2015 erhob der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Vertreter, dem er am selben Tag Vollmacht erteilte, Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 30.12.2014.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.12.2015 wurde dem am 28.10.2015 eingebrachten Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers entsprochen, und die befristete Aufenthaltsberechtiggung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 30.12.2017 erteilt. Die Aufenthaltsberechtigung wurde sodann abermals bis zum 30.12.2019 verlängert.

2. Am 29.12.2015 stellte die Erstbeschwerdeführerin, die Ehegattin des Zweitbeschwerdeführers und Mutter des Dritt- bis Fünftbeschwerdeführers, für sich und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer bei der österreichischen Botschaft in ISLAMABAD einen Einreiseantrag nach § 35 AsylG 2005.

Mit Mitteilung des Bundesamtes gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 16.08.2016 wurde die österreichische Vertretungsbehörde informiert, dass im Falle der Beschwerdeführerin die Gewährung von subsidiären Schutz wahrscheinlich ist.

Die Beschwerdeführerin reiste am 11.09.2016 mit ihren drei Kindern (Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer) legal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.09.2016 für sich und den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie noch am selben Tag vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde.

Die Erstbeschwerdeführerin wurde am 16.01.2017 vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Hierbei führte sie aus, dass sie mit ihrem Ehemann und ihre Kinder derzeit gemeinsam in einer Wohnung in Wien lebe. Sie sei mit ihrem Ehemann traditionell verheiratete, ihre Ehe sei allerdings registriert und sie besitze eine Heiratsurkunde. Die Hochzeit habe am 26.04.2011 in der Provinz Faryab stattgefunden. In Ihrer Freizeit kümmere sie sich derzeit ihm ihre Kinder und erledige den Haushalt. Ihr Mann arbeite in einer Firma. In Österreich habe sie nur sozialen Bindungen zu ihrem Ehemann und ihren Kindern. Es gehe ihr gesundheitlich gut, allerdings habe sie Herzprobleme und eine Überweisung zum Internisten bekommen. Die Erstbeschwerdeführerin gab des Weiteren an, dass sie der Volksgruppe der Tadschicken angehöre, muslimische Sunnitin sei und in der Provinz Faryab neun Jahre lang die Schule besucht habe. Beruf habe sei keinen erlernt. Ihr Eltern und Geschwistern würden in Mazar-e Sharif leben. Vor ihrer Ausreise habe sie ein Jahr bei ihren Eltern gelebt. Sie sei nur nach Pakistan gereist, um zur Botschaft zu gehen. Nachdem der Zweitbeschwerdeführer geflüchtet sei, habe sich bei ihren Schwiegereltern gelebt. Diese hätten sie verlassen, weshalb sie zu ihren Eltern übersiedelt sei. Der Zweitbeschwerdeführer habe das Land verlassen, da er bei einer ausländischen Firma gearbeitet habe und von den Taliban bedroht worden sei. Die Taliban seien auch einmal bei ihnen zu Hause gewesen. Die Taliban habe nicht wollen, dass der Zweitbeschwerdeführer für die Ausländer arbeite. Es seien daher auch sechs seiner Arbeitskollegen ermordet worden. Sie und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer hätten dieselben Fluchtgründe wie der Zweitbeschwerdeführer.

3. Mit den bezüglich der Erstbeschwerdeführerin und der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer im Spruch angeführten Bescheiden, jeweils vom 31.05.2017, wies das Bundesamt die Asylanträge der Erstbeschwerdeführerin und der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 jeweils den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt I.). Unter einem erteilte es jeweils die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis 31.05.2018 (Spruchpunkt III.).

Unter einem wurde am 31.05.2017 der Erstbeschwerdeführerin sowie den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern die Verfahrensanordnung zur amstwegigen Bereitstellung des VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH als Rechtsberater ausgestellt. Die Bescheide sowie die Verfahrensanordnungen wurden der Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer am 02.06.2017 durch persönliche Übernahme zugestellt.

4. Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes vom 31.05.2017 erhob die Zweitbeschwerdeführerin durch ihren gewillkürten Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 22.06.2017 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde vorgebracht, dass die Erstbeschwerdeführerin als eine westlich orientierte Frau einzustufen sei, die in Afghanistan im Fall einer Rückkehr befürchten müsse, von Seiten der afghanischen Gesellschaft Gewalt ausgesetzt zu sein. Die belangte Behörde habe im Rahmen der Einvernahme am 26.02.2017 lediglich erfragt, aus welchen Gründen, die Erstbeschwerdeführerin aus Afghanistan geflüchtet sei. Sie habe jedoch nicht erhoben, ob abseits der ursprünglich relevanten Gründe irgendwelche Umstände vorliegen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen und aufgrund derer gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen wäre. Die belangte Behörde hätte bei entsprechenden Ermittlungen eindeutig erkennen müssen, dass die Beschwerdeführerin als eine westlich orientierte bzw. "verwestlichte" Frau einzustufen sei. Sie kleide sich gewohnheitsgemäß und öffentlich in Österreich üblicher, westlicher Kleidung, trete geschminkt auf und trage kein Kopftuch. Sie habe den klaren Wunsch ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und daraufhin selbständig einer Ausbildung nachzugehen und zu arbeiten. Sie hege den Wunsch in Zukunft als Krankenschwester zu arbeiten, auch eine Tätigkeit als Volksschullehrerin könne sie sich gut vorstellen. Sie trete schon jetzt selbständig auf und setze sich mit ihren Wünschen gegenüber ihrem Ehemann durch. Es sei ihr etwa ein wichtiges Anliegen, ihre Kinder in einen Privatkindergarten zu schicken. Der Erstbeschwerdeführerin sei es wichtig, selbständig und unabhängig von ihrem Mann aufzutreten und ihr Leben zu bestimmen. Die in Österreich gewonnenen Freiheiten seien von höchster Wichtigkeit für die Erstbeschwerdeführerin, ein Leben in Afghanistan, wo sie sich selbst nicht verwirklichen könne, nicht gefahrlos selbständig leben oder sich in das öffentliche Leben einbringen könne, und wo sie auch ohne sich der realen Gefahr von Gewaltakten ausgesetzt keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen könne, könne sie sich nicht mehr vorstellen und erachte ein solches Leben als für sich nicht zumutbar. Der Erstbeschwerdeführerin sei schon deshalb der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen, weil sie der sozialen Gruppe westlich orientierter bzw. "verwestlichter" Frauen angehöre. Beim Zuerkennen des Status einer Asylberechtigten bei "verwestlichten" Frauen handle es sich um ständige Rechtsprechung. Falls der Erstbeschwerdeführerin und den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern nicht schon aus diesem Grund der Status der Asylberechtigten zuerkannt werde, so soll er ihnen gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 aufgrund der Verfolgung des Zweitbeschwerdeführers wegen seiner Tätigkeit für die NGO ACTED zuerkannt werden.

5. Am 11.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführer, ihr gewillkürter Rechtsvertreter, ein länderkundiger Sachverständiger sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Dari teilnahmen. Das Bundesamt blieb der Verhandlung fern.

Die Verhandlung gestaltete sich wie folgt:

"Die RI befragt die Parteien, ob diese psychisch und physisch in der Lage sind, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.

BF1 + BF2: Wir können beide an der Verhandlung teilnehmen. Die BF2 ist zwar nicht gesund, hat aber Medikamente genommen.

Die RI befragt die BF, ob sie die Dolmetscherin gut verstehen; dies wird bejaht.

Eröffnung des Beweisverfahrens.

BF1 verlässt um 10:49 Uhr den Saal.

Beginn der Befragung der BF2

Die RI weist die BF auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin und ersucht sie, die Wahrheit anzugeben. Die BF wird aufgefordert, nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

Es erfolgt eine Belehrung über die Geltendmachung von Kosten als Beteiligter (§ 51a AVG).

RI: Was für eine Krankheit haben Sie und welche Medikamente müssen Sie nehmen?

BF2: Seit ich in Österreich bin, leide ich an sehr starken Kopfschmerzen. Ich war deswegen auch mehrmals beim Arzt. Mir wurde gesagt, dass diese Schmerzen im Zusammenhang mit den psychischen Druck der auf mir lastet, zusammenhängen. Ich habe eine Bestätigung vom Arzt, darauf steht auch das Medikament das ich einnehme.

Vorgelegt wird ein Arztbrief, der in Kopie zum Akt genommen wird.

RI: Woher aus Afghanistan stammen Sie?

BF2: Aus der Provinz Faryab, Maimana.

RI: Aus der Stadt?

BF2: Ja, aus XXXX .

RI: Haben Sie in Afghanistan eine Schule besucht?

BF2: Ja, ich bin in XXXX neun Jahre zur Schule gegangen.

RI: Sie sind XXXX geboren, dann wären Sie zur Schule gegangen von 1997 bis 2006. Kann das zutreffen?

BF2: Ich bin mit sieben Jahren in die Schule gekommen. 1998-2007.

RI: In welcher Schule waren Sie?

BF2: XXXX .

RI: Wie alt waren Sie, als Sie geheiratet haben?

BF2: Ich war 20 oder 21 Jahre alt.

RI: Wer von Ihrer Familie lebt noch in Afghanistan?

BF2: Mein Vater, meine Mutter, ein Bruder und eine Schwester.

RI: Wie haben Sie Ihren Mann kennengelernt? Hat dies die Familie arrangiert, oder haben Sie ihn selbst kennengelernt?

BF2: Es ging über die Familie.

RI: Welcher ethnischen Gruppe gehören Sie und Ihr Mann an?

BF2: Wir sind beide Tadschiken.

RI: Sie sind nach Ihrem Mann nach Österreich gekommen, stimmt das?

BF2: Ja.

RI: Wann ist Ihr Mann nach Österreich gekommen und wann sind Sie nach Österreich gekommen?

BF2: Mein Ehemann ist vor ca. vier Jahren nach Österreich gekommen. Ich bin etwa 2,5 Jahre nach seiner Einreise nach Österreich gekommen.

RI: Wo sind Sie geblieben, nachdem Ihr Mann weggegangen ist und wer hat entschieden, dass Sie ebenfalls nach Österreich kommen?

BF2: Nachdem mein Mann Afghanistan verlassen hat, lebte ich bei der Familie meines Ehemannes in Afghanistan. Die Familie ist aber in den Iran gereist und hat mich in Afghanistan zurückgelassen. Ich habe dann eine Zeitlang beim Bauern der Familie gelebt. Ich habe mich mit meinem Ehemann beraten. Wir haben gemeinsam beschlossen, dass ich nach Österreich komme.

RI: Warum sind Sie nicht von Anfang an mit Ihrem Mann nach Österreich gekommen?

BF2: Ich war damals mit meinen beiden Söhnen schwanger. Außerdem wusste mein Ehemann nicht genau, in welches Land er gehen würde.

RI: Können Sie mir etwas über die Zeit erzählen, als Sie alleine beim Bauern der Familie Ihres Mannes lebten?

BF2: Als mein Ehemann in Afghanistan war, war ich mit meinem Leben sehr zufrieden. Er hat eine gute Arbeit gehabt. Es war alles in Ordnung. Auch bei meinem Schwiegervater hatte ich ein ordentliches Leben. Später, als ich beim Bauern der Familie gewohnt habe, gab es Schwierigkeiten, z.B. sind meine beiden Söhne zuhause geboren worden, der Bauer und seine Ehefrau waren bei mir.

RI: Warum waren Sie nicht bei Ihren eigenen Eltern?

BF2: Meine Familie lebte in Maimana. Ich wollte nicht, dass unsere Schwierigkeiten auch auf meine Familie übertragen werden. Ich habe befürchtet, dass die Taliban meine Familie erkennen würden und sie deswegen Probleme bekommen würde.

RI: Wie sollten die Taliban erkennen, dass die Frau eines Geflüchteten an einer bestimmten Stelle wohnt. Zumal Frauen im inneren des Hauses bleiben?

BF2: Wenn die Taliban jemanden erkennen, ist es für sie nicht schwer, die Familie dieser Person ausfindig zu machen. Die Taliban hätten uns auch über meinen Sohn finden können.

RI: Sie meinen den älteren Sohn?

BF2: Ja.

RI: Dieser war damals noch sehr jung.

BF2: Diese Entscheidung, dass ich bei dem Bauern der Familie leben soll, hat mein Schwiegervater getroffen. Er wollte, dass ich dorthin gehe.

SV: Ein Vater lässt seine Tochter nicht bei einem Fremden, auch der Schwiegervater nicht.

BF2: Dieser Bauer war nicht fremd. Er hat mit uns im selben Haus gewohnt. Er war eine Vertrauensperson meines Schwiegervaters. Die Familie meines Schwiegervaters ist aufgrund der Probleme auseinander gegangen. Er wollte nicht, dass meiner Familie dasselbe passiert.

RI: Wie lange haben Sie von Afghanistan nach Österreich gebraucht?

BF2: Ich bin offiziell im Rahmen der Familienzusammenführung nach Österreich gekommen. Es ging dann schnell, mit dem Flugzeug.

RI: Theoretisch, was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie nach Afghanistan zurückgehen müssten?

BF2: Ich möchte nicht mehr nach Afghanistan zurückgehen. Im Falle einer Rückkehr, würde ich dort diese Freiheiten, die ich hier habe, nicht haben. Ich könnte über mein Leben nicht selbst bestimmen.

RI: Haben Sie jemals in Kabul gelebt?

BF2: Nein.

SV: Ich möchte betonen, dass die BF2 in Dari mit "Kabulerfärbung" spricht.

BF2: Ich kann auch diesen typischen Faryab-Dialekt sprechen. Ich war aber das letzte Jahr vor meiner Ausreise in Mazar-e Sharif.

RI: Wie kommt es dann zu "Hochdari" wie es in Kabul gesprochen wird?

BF2: Während des einen Jahres in Mazar-e Sharif habe ich, so wie es in Afghanistan üblich ist, Kontakt zu den Nachbarn gehabt, daher kann ich "Hochdari" gut sprechen.

RI: Welchen Beruf hatte bzw. hat Ihr Vater?

BF2: Mein Vater arbeitet als Fahrer.

RI: Für jemand bestimmten, oder wie ein Taxifahrer?

BF2: Mein Vater fährt ein fremdes Auto. Er transportiert sowohl Personen als auch Waren und bekommt dafür Geld.

RI: Hat Ihr Vater eine höhere Bildung? Ist Ihr Vater ein gebildeter Mann?

BF2: Nein.

RI: Welchen Beruf hat Ihr Bruder?

BF2: Mein Bruder ist noch jung. Er hat in Maimana die Schule besucht. Mittlerweile geht er in Mazar-e Sharif zur Schule.

RI: Das eine Jahr, dass Sie in Mazar-e Sharif verbracht haben, waren Sie gemeinsam mit Ihrer Familie?

BF2: Ja.

RI: Kann es sein, dass Sie nachdem Ihr Mann weggegangen ist, Sie zu Ihrer Familie nach Mazar-e Sharif gegangen sind?

BF2: Nein. Ich war 1,5 Jahre beim Bauern, danach, als die Entscheidung getroffen wurde, dass ich weggehen soll und auch der Bauer gesagt hat, dass er nicht mehr in der Lage ist mich mit drei Kindern zu unterstützen, bin ich zu meinen Eltern gezogen.

RI: Sind Sie mit Ihrem Mann entfernt verwandt?

BF2: Nein, er ist ganz "fremd".

RI: Sie haben gesagt, wenn Sie nach Afghanistan zurückgehen müssten, könnten Sie die Freiheiten, die Sie hier haben, nicht mehr in Anspruch nehmen. Können Sie das näher erklären?

BF2: Ich trage heute kein Kopftuch. In Afghanistan dürfte ich so niemals das Haus verlassen. Ich kann hier jederzeit hinausgehen. In Afghanistan ist auch das nicht möglich. Hier habe ich die Möglichkeit, die Sprache zu lernen und eine Ausbildung zu machen. In Afghanistan ist das für eine Frau nicht möglich, über die Schule hinaus eine Ausbildung zu machen bzw. zu arbeiten. Ich könnte dieses selbstbestimmte Leben dort nicht führen.

RI: Wie geht es Ihnen mit dieser Vorstellung?

BF2: (schüttelt den Kopf) Ich möchte das nicht mehr.

RI: Besuchen Sie Sprachkurse, oder haben Sie Sprachkurse in Österreich besucht?

BF2: Ja, ich habe die Stufe 0 und A1 abgeschlossen.

RI: Gehen Sie jetzt in einen A2-Kurs?

BF2: Ich habe die Aufnahmeprüfung für einen A2-Kurs abgelegt und warte auf eine Rückmeldung.

RI: Wie leben Sie in Österreich? Wie schaut ein normaler Tag bei Ihnen aus?

BF2: Ich verbringe hier eine schöne Zeit. Wenn ich in der Früh aufstehe, bereite ich das Frühstück vor. Nach dem Frühstück bringe ich meine Kinder in den Kindergarten. Danach habe ich Zeit für mich. Ich gehe z.B. einkaufen. Früher habe ich ab Mittag bis 15 Uhr Deutschkurs gehabt und um 16 Uhr habe ich meine Kinder abgeholt.

RI: Wo wohnen Sie, in einer Wohnung oder in einer Gemeinschaftsunterkunft?

BF2: Wir haben eine Wohnung gemietet in der XXXX im 10. Bezirk.

RI: Wovon leben Sie, Ihr Mann und Ihre Kinder in Österreich?

BF2: Zuvor hat mein Ehemann gearbeitet. Derzeit ist er aber Arbeitslos. Er bekommt Geld vom AMS. Meine Kinder und ich bekommen Sozialhilfe. Ich bin aber auf Arbeitssuche und möchte sehr gerne Arbeiten.

RI: Was hat Ihr Mann zuvor gearbeitet und welche Arbeit würden Sie gerne annehmen?

BF2: Mein Ehemann hat in einem Betrieb gearbeitet. Er hat mit Milch und Joghurt zu tun gehabt. Ich selbst möchte gerne als Kosmetikern arbeiten. Ich habe auch eine arabische Freundin gefunden, die mir angeboten hat, auf Probe bei ihr zu arbeiten. Wenn alles gut klappt, würde sie mich einstellen.

RI: Haben Sie dort schon begonnen?

BF2: Ich habe noch nicht damit begonnen. Sie wartet auf das Ergebnis meiner A1-Prüfung.

RI: Haben Sie viel Kontakt mit anderen Afghaninnen?

BF2: Wenn ich meine Kinder in den Park bringe, treffe ich afghanische Frauen, ich unterhalte mich dort mit ihnen. Ich bin aber auch mit meiner österreichischen Nachbarin befreundet. Wir besuchen uns gegenseitig.

RI: Wie alt ist die Nachbarin?

BF2: Ca. 40-45 Jahre alt. Sie ist eine Schuldirektorin.

RI: Besuchen Sie religiöse Veranstaltungen, praktizieren Sie Ihren Glauben?

BF2: Ich habe bisher an keinen religiösen Veranstaltungen teilgenommen und bin nicht in die Moschee gegangen. Ich bin Sunnitin.

RI: Geht Ihr Mann in Österreich in die Moschee und warum gehen Sie nicht in die Moschee?

BF2: Mein Ehemann geht manchmal hin. Ich bin bisher nicht gegangen. In der Nähe gibt es auch keine Moschee.

RI: Wenn Sie in die Moschee gehen würden, müssten Sie ein "Kopftuch" tragen?

BF2: Ja.

RI: Ihre Kinder sind jetzt wie alt?

BF2: Der Große ist 6 Jahre und die Zwillinge sind 5 Jahre alt. Sie gehen alle drei noch in den Kindergarten. Die zwei jüngeren gehen in einen privat Kindergarten und der ältere in einen staatlichen.

RI: In welche Schule wird der ältere ab Herbst gehen?

BF2: Die Schule ist am Reumannplatz. Wir haben ihn dort angemeldet. Es ist eine staatliche Schule.

RI: Haben Sie Fragen an die BF2?

RV: Welche Religion haben die Kinder?

BF2: Meine Kinder sind derzeit sehr jung. Sie verstehen noch nichts von Religion. Wenn sie groß sind, werden sie das selbst bestimmen.

RV: Keine weiteren Fragen.

RI ersucht den SV zur Erstattung eines Gutachtens zu folgenden

Fragen:

1. Wie gestaltet sich die Situation afghanischer Frauen in der Provinz Faryab, in der Stadt Maimana und in der Stadt Kabul

2. Welche Möglichkeiten hat eine Frau wie die BF2, die einen gebildeten Hintergrund aufweist, sich im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan an die dort herrschende Situation (wieder) anzupassen?

SV an BF2: von wo stammen Sie ursprünglich?

BF2: Aus XXXX , aus XXXX

SV: In dem Formular dass Sie in Pakistan ausgefüllt haben, haben Sie Almar angegeben.

BF2: Meine Schwiegereltern haben in Almar gelebt. Nachdem ich geheiratet habe, bin ich dorthin gezogen. Meine Eltern sind aber aus

XXXX .

SV: Ihr Mann ist nach der Hochzeit von der Stadt in das Dorf gezogen?

BF2: Ja, das ist richtig, meine Schwiegereltern haben dort gelebt.

SV: Wo haben Sie in Mazar-e Sharif gewohnt?

BF2: Im achten Bezirk, in Karte Bokhti.

SV: Die Situation der Frauen außerhalb Kabuls und der Stadt Herat ist weiterhin von starker Diskriminierung, sogar Unterdrückung innerhalb der Familie gekennzeichnet. Faryab gehört zu jenen Provinzen, in deren Hauptstadt Maimana, die Mädchen zwar in die Schule gehen können und die Frauen können teilweise in den Ämtern eine Arbeit finden, wenn es Arbeit gibt. Aber ihr Schicksal hängt von der Entscheidung der Männer ab, sie können nicht selbst entscheiden, ob sie arbeiten oder in die Schule gehen. Seit mehr als vier Jahren sind die Taliban in dieser Provinz aktiv. Durch die Aktivität der Taliban in einer Provinz wird der Handlungsspielraum der Frau durch die ganze Gesellschaft, aber auch durch ihre Familie stark und noch weiter eingeschränkt. Vor dem Hintergrund, dass die Taliban keine Vorwürfe erheben können sollen, dahingehend, dass die Frauen in die Schule gehen oder arbeiten und vor dem Hintergrund, dass die schlechte Sicherheitslage auch in den städtischen Teilen die Situation für die Frauen - wenn sie wie die BF2 modern, gebildet, selbständig und städtisch sozialisiert sind - unsicherer gemacht hat und die Belästigungen für solche Frauen und ihre Familie zunehmen, kommt es soweit, dass diese Frauen ihre Arbeit bzw. die Schulbesuche aufgeben und das Haus nicht mehr verlassen. Nachdem die BF2 eine moderne und relativ gebildete Frau ist - sie spricht Hochdari und in einer Manier, die darauf deutet, dass sie von einer gebildeten Familie abstammt, in der sie persönliche Entfaltungsmöglichkeiten hatte - wird sie auch in Kabul Anpassungsschwierigkeiten haben. In Kabul werden die Frauen, die wie die BF2 modern eingestellt sind, von der traditionellen Geistlichkeit und den Traditionalisten als aufmüpfig betrachtet und weiterhin auf den Straßen vom Pöbel belästigt. Auch ihre Familien können von Nachbarn und der Sippschaft angehalten und bedrängt werden, die Frau in ihrer Freiheit einzuschränken. In Kabul gehen inzwischen tausende Frauen arbeiten und besuchen auch Schulen und Universitäten, aber sie müssen immer auf ihrem Weg zur Arbeit, Schule oder Universität zunehmend mit Belästigungen rechnen. Deshalb geht die Zahl der Frauen, die Bildungsinstitutionen besuchen oder arbeiten, in Kabul zurück. Wenn die BF2 in Kabul leben müsste, dann müsste sie von ihrer Selbstständigkeit, die sie in Europa erlangt hat, Abstand nehmen, sonst bekäme sie von Seiten der Familie ihres Mannes Probleme; damit letzte wiederum keine Probleme von Seiten der Gesellschaft oder der Nachbarn bekommt. Die Probleme beziehen sich vor allem auf die "Ehrenfrage". Wenn Familien sich zu sehr in ihrer Ehre verletzt sehen, oder diese in Gefahr sehen, schränken sie lieber ihre Tochter oder Frau ein und lassen sie nicht das Haus verlassen, als dass sie weiterhin die "unehrenhafte" Lebensform ihrer weiblichen Familienmitglieder in Kauf nehmen. Meine Feststellung, dass die BF2 eine moderne und selbständige Frau aus einer gebildeten Familie ist, ist darauf zurückzuführen, dass sie spontan angegeben hat, dass ihre Kinder noch klein sind und ihre Religion dann entscheiden können wenn sie groß sind. Das ist eine absolute Ausnahme unter den afghanischen Frauen, so zu reagieren.

In Kabul müsste die BF2 ohne männliche Begleitung zuhause bleiben, könnte etwa nicht medizinische bzw. ärztliche Unterstützung für sich und ihre Kinder in Anspruch nehmen, oder sonst Besorgungen machen. Ohne männliche Unterstützung könnte sie ihren Alltag bzw. ihre alltäglichen Verrichtungen nicht mehr bewältigen, ohne in große Schwierigkeiten zu geraten.

RI: Wollen Sie etwas dazu sagen?

RV: Nein.

BF2: Nein.

RI: Haben Sie alles vorbringen können?

BF2: Ja."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan und Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer und die Ehegattin des Zweitbeschwerdeführers.

Der Zweitbeschwerdeführer stammt aus der Provinz Faryab, Almar, Chaghtak. Er arbeitete bei einer französischen Firma in Afghanistan als Ingenieur und verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung.

Der Zweitbeschwerdeführer stellte am 22.05.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Mit Bescheid vom 30.12.2014 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Die Erstbeschwerdeführerin stammt aus der Provinz XXXX . Sie besuchte in XXXX von 1998 bis 2007 die Schule. Sie heiratete den Zweitbeschwerdeführer am 26.04.2011. Die Erstbeschwerdeführerin lebte vor ihrer Ausreise bei ihren Eltern in Mazar-e Sharif. Sie hat mit dem Zweitbeschwerdeführer drie gemeinsame Kinder (die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer).

Die Erstbeschwerdeführerin stellte für sich und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer bei der österreichischen Vertretungsbehörde in ISLAMABAD am 13.01.2016 einen Einreiseantrag nach § 35 AsylG 2005 und reiste am 11.09.2016 legal in das Bundesgebiet ein.

Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurde ebenfalls in Faryab, Afghanistan geboren.

Die Erstbeschwerdeführerin ist eine junge selbstständige Frau, die in ihrer Wertehaltung und ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Sie lebt in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition, möchte ihr Leben selbstbestimmt führen und lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab. Sie kann sich nicht vorstellen, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben, da sie in Österreich kein Kopftuch mehr trägt und alleine unterwegs ist. Die Erstbeschwerdeführerin möchte in Österreich eine Ausbildung machen, die Sprache lernen und einer Arbeit nachgehen, um berufliche Selbstständigkeit zu erlangen. Diese Einstellung steht im Widerspruch zu den nach den Länderfeststellungen im Herkunftsstaat bestehenden traditionalistisch-religiös geprägten gesellschaftlichen Auffassungen hinsichtlich Bewegungsfreiheit und Zugang zur Erwerbstätigkeit für Frauen.

Die Erstbeschwerdeführerin spricht Deutsch, hat den A1-Deutschkurs absolviert und die Aufnahmeprüfung für einen A2 Kurs absolviert. Sie nahm am 29.08.2017 am Werte- und Ortientierungskurs des ÖIF teil und absolvierte von November 2017 bis Jänner 2018 einen Deutschkurs der DIALOGICA Europa-Akademie WIEN. In Ihrer Freizeit kümmert sie sich um die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer und bringt sie in den Kindergarten. Die Beschwerdeführer leben gemeinsam in einer Wohnung in 1100 WIEN. Die Erstbeschwerdeführerin verfügt auch über österreichische Kontakte, wie beispielsweise ihre Nachbarin, die Schuldirektorin ist. Die Erstbeschwerdeführerin möchte gerne als Kosmetikerin arbeiten, und hat bereits eine Zusage zum Probearbeiten erhalten. Sie nahm im Bundesgebiet an keinen religiösen Veranstaltungen teil und besuchte auch nicht die Moschee. Die Viert- und Fünftbeschwerdeführer besuchen einen Privatkindergarten. Der Drittbeschwerdeführer wird ab Herbst eine staatliche Schule besuchen. Die Erstbeschwerdeführerin möchte, dass die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer sich für oder gegen eine Religion erst entscheiden, wenn sie groß sind.

Der Zweitbeschwerdeführer arbeitete im Bundesgebiet in einem Betrieb und bezieht derzeit Sozialhilfe.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

(Darstellung Staatendokumentation beruhend auf den INSO-Zahlen aus den Jahren 2015, 2016, 2017).

Im Vergleich folgt ein monatlicher Überblick der sicherheitsrelevanten Vorfälle für die Jahre 2016, 2017 und 2018 in Afghanistan (INSO o.D.)

(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO o.D.)

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf UNGASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

Es folgt ein Jahresvergleich der sicherheitsrelevanten Vorfälle, die von der UN und der NGO INSO in den Jahren 2015, 2016 und 2017 registriert wurden:

(Darstellung der Staatendokumentation beruhend auf INSO (o.D.), UN GASC 15.3.2016, UNGASC 9.3.2017, UNGASC 27.2.2018)

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht.Östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

(Darstellung der Staatendokumentation)

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

? Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

? Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018)

? Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

? Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

? Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

? Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u.a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

? Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Die erste Detonation erfolgte in der Nähe des Sitzes des afghanischen Geheimdienstes (NDS) und wurde von einem Selbstmordattentäter auf einem Motorrad verübt; dabei wurden zwischen drei und fünf Menschen getötet und zwischen sechs und elf weitere verletzt (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b); Quellen zufolge handelte es sich dabei um Zivilisten (Focus 30.4.2018). Die zweite Detonation ging von einem weiteren Selbstmordattentäter aus, der sich, als Reporter getarnt, unter die am Anschlagsort versammelten Journalisten, Sanitäter und Polizisten gemischt hatte (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b, Pajhwok 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Dabei kamen u.a. zehn Journalisten ums Leben, die bei afghanischen sowie internationalen Medien tätig waren (TI 1.5.2018; vgl. AJ 30.4.2018, APN 30.4.2018a,). Bei den beiden Anschlägen sind Quellen zufolge zwischen 25 und 29 Personen ums Leben gekommen und 49 verletzt worden (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a, DZ 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Der IS bekannte sich zu beiden Angriffen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Quellen zufolge sind Geheimdienstmitarbeiter das Ziel des Angriffes gewesen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a).

? Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie: Am 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der IS bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

? Bombenangriff mit einem Fahrzeug in Kabul: Am 27.1.2018 tötete ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (TG 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018) - dem sogenannten Regierungs- und Diplomatenviertel (Reuters 27.1.2018).

? Angriff auf eine internationale Organisation (Save the Children - SCI) in Jalalabad: Am 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und zwölf weitere verletzt; der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018, TG 24.1.2018).

? Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul: Am 20.1.2018 griffen fünf bewaffnete Männer das Luxushotel Intercontinental in Kabul an. Der Angriff wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018; vgl. DW 21.1.2018). Dabei wurden mindestens 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

? Selbstmordattentat mit einem mit Sprengstoff beladenen Tanklaster:

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben, mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt (FAZ 6.6.2017; vgl. AJ 31.5.2017, BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (FN 7.6.2017).

Angriffe gegen Gläubige und Kultstätten

Registriert wurde eine steigende Anzahl der Angriffe gegen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige; 499 zivile Opfer (202 Tote und 297 Verletzte) waren im Rahmen von 38 Angriffen im Jahr 2017 zu verzeichnen. Die Anzahl dieser Art Vorfälle hat sich im Gegensatz zum Jahr 2016 (377 zivile Opfer, 86 Tote und 291 Verletzte bei 12 Vorfällen) verdreifacht, während die Anzahl ziviler Opfer um 32% gestiegen ist (UNAMA 2.2018). Auch verzeichnete die UN in den Jahren 2016 und 2017 Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Religiösen Führern ist es nämlich möglich, durch ihre Predigten öffentliche Standpunkte zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017). Ein Großteil der zivilen Opfer waren schiitische Muslime. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017; vgl. UNAMA 2.2018). Es wurden aber auch Angriffe auf sunnitische Moscheen und religiöse Führer ausgeführt (TG 20.10.2017; vgl. UNAMA 7.11.2017)

Diese serienartigen und gewalttätigen Angriffe gegen religiöse Ziele, haben die afghanische Regierung veranlasst, neue Maßnahmen zu ergreifen, um Gebetsstätten zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempel vor Angriffen zu schützen (UNGASC 20.12.2017).

Zur Veranschaulichung werden im Folgenden auszugsweise einige Beispiele von Anschlägen gegen Gläubige und Glaubensstätten wiedergegeben (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit)

? Angriff auf Treffen der Religionsgelehrten in Kabul: Am 4.6.2018 fand während einer loya jirga zwischen mehr als 2.000 afghanischen Religionsgelehrten, die durch eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aufriefen, ein Selbstmordanschlag statt. Bei dem Angriff kamen 14 Personen ums Leben und weitere wurden verletzt (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 5.6.2018). Quellen zufolge bekannte sich der IS zum Angriff (Reuters 5.6.2018; vgl. RFE/RL 5.6.2018).

? Angriff auf Kricket-Stadion in Jalalabad: Am 18.5.2018, einem Tag nach Anfang des Fastenmonats Ramadan, kamen bei einem Angriff während eines Kricket-Matchs in der Provinzhauptstadt Nangarhars Jalalabad mindestens acht Personen ums Leben und mindestens 43 wurden verletzt (TRT 19.5.2018; vgl. Tolonews 19.5.2018, TG 20.5.2018). Quellen zufolge waren das direkte Ziel dieses Angriffes zivile Zuschauer des Matchs (TG 20.5.2018; RFE/RL 19.5.2018), dennoch befanden sich auch Amtspersonen unter den Opfern (TNI 19.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich keine regierungsfeindliche Gruppierung zum Angriff (RFE/RL 19.5.2018); die Taliban dementierten ihre Beteiligung an dem Anschlag (Tolonews 19.5.2018; vgl. TG 20.5.2018) .

? Selbstmordanschlag während Nowruz-Feierlichkeiten: Am 21.3.2018 (Nowruz-Fest; persisches Neujahr) kam es zu einem Selbstmordangriff in der Nähe des schiitischen Kart-e Sakhi-Schreins, der von vielen afghanischen Gemeinschaften - insbesondere auch der schiitischen Minderheit - verehrt wird. Sie ist ein zentraler Ort, an dem das Neujahrsgebet in Kabul abgehalten wird. Viele junge Menschen, die tanzten, sangen und feierten, befanden sich unter den 31 getöteten; 65 weitere wurden verletzt (BBC 21.3.2018). Die Feierlichkeiten zu Nowruz dauern in Afghanistan mehrere Tage und erreichen ihren Höhepunkt am 21. März (NZZ 21.3.2018). Der IS bekannte sich auf seiner Propaganda Website Amaq zu dem Vorfall (RFE/RL 21.3.2018).

? Angriffe auf Moscheen: Am 20.10.2017 fanden sowohl in Kabul, als auch in der Provinz Ghor Angriffe auf Moscheen statt: während des Freitagsgebets detonierte ein Selbstmordattentäter seine Sprengstoffweste in der schiitischen Moschee, Imam Zaman, in Kabul. Dabei tötete er mindestens 30 Menschen und verletzte 45 weitere. Am selben Tag, ebenso während des Freitagsgebetes, griff ein Selbstmordattentäter eine sunnitische Moschee in Ghor an und tötete 33 Menschen (Telegraph 20.10.2017; vgl. TG 20.10.2017).

? Tötungen in Kandahar: Im Oktober 2017 bekannten sich die afghanischen Taliban zu der Tötung zweier religiöser Persönlichkeiten in der Provinz Kandahar. Die Tötungen legitimierten die Taliban, indem sie die Getöteten als Spione der Regierung bezeichneten (UNAMA 7.11.2017).

? Angriff auf schiitische Moschee: Am 2.8.2017 stürmten ein Selbstmordattentäter und ein bewaffneter Schütze während des Abendgebetes die schiitische Moschee Jawadia in Herat City; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet (BBC 3.8.2017; vgl. Pajhwok 2.8.2017). Insgesamt war von 100 zivilen Opfer die Rede (Pajhwok 2.8.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 3.8.2017).

? Entführung in Nangarhar: Die Taliban entführten und folterten einen religiösen Gelehrten in der Provinz Nangarhar, dessen Söhne Mitglieder der ANDSF waren - sie entließen ihn erst, als Lösegeld für ihn bezahlt wurde (UNAMA 7.11.2017).

? In der Provinz Badakhshan wurde ein religiöser Führer von den Taliban entführt, da er gegen die Taliban predigte. Er wurde gefoltert und starb (UNAMA 7.11.2017).

Angriffe auf Behörden zur Wahlregistrierung:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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