TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W238 2170682-1

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2170682-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch den Verein Chronisch Krank, Kirchenplatz 3, 4470 Enns, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 04.07.2017, OB XXXX, betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 BBG und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag von

XXXX vom 28.02.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass Folge gegeben wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin ist seit 05.05.2014 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H.

2. Am 28.02.2017 stellte sie beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

3. Seitens der belangten Behörde wurde in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 27.06.2017 erstatteten - Gutachten vom 28.06.2017 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen als Diagnoseliste (ohne Einschätzung des Grades der Behinderung) erfasst. Zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom befassten Sachverständigen ausgeführt, dass durch das mäßig- bis mittelgradig ausgeprägte Atemwegsleiden zwar eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vorliege, welche jedoch eine erhebliche Erschwernis beim Erreichen, Besteigen und Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ausreichend begründe. Auch das Zusammenwirken mit dem Gelenks- und Wirbelsäulenleiden führe nicht zu einer maßgeblichen Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Das behinderungsbedingte Erfordernis des mitgeführten Langzeitsauerstofftherapiegerätes sei nicht objektivierbar. Es liege auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.07.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 28.06.2017, wonach die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht gegeben seien. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der ausgeführt wurde, aus den vorgelegten Befunden ergebe sich eindeutig, dass sie das verordnete Sauerstoffgerät aufgrund ihres Lungenleidens nicht nur in der Nacht, sondern auch untertags bei Anstrengung benötige. Angesichts der kurzen Dauer der Untersuchung sei es nicht möglich, diesbezüglich eine gültige Aussage zu treffen. Dies sei nur durch die bereits vorliegenden Fachbefunde und Lungenfunktionstests möglich. Aufgrund der altersbedingten körperlichen Verfassung der Beschwerdeführerin in Verbindung mit dem Lungenleiden und weiteren Diagnosen sei ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar. Nicht ausreichend seien vom befassten Sachverständigen eine zunehmende Muskelschwäche an den Beinen und Armen, Tremor, eine Kopfhalteschwäche, Gelenks- und Muskelschmerzen, ein paroxysmales Vorhofflimmern, eine progrediente generalisierte Schwäche, Muskelatrophien und Gewichtsabnahme gewürdigt worden. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin eine neuerliche Untersuchung durch einen Lungenfacharzt sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Vornahme der begehrten Zusatzeintragung.

6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 15.09.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurden Begutachtungen der Beschwerdeführerin durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie sowie durch einen Facharzt für Lungenheilkunde und Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst.

7.1. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie vom 15.01.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 160 cm, Gewicht 48 kg, RR 130/80

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.

Thorax: symmetrisch, elastisch.

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Rhizarthrose bds. mit geringgradiger Subluxationsstellung, keine Rötung, Druckschmerzen, Beweglichkeit nicht eingeschränkt.

Handgelenke, Fingergelenke: unauffällig, keine Achsenabweichung, keine Umfangsvermehrung, Gaenslen negativ. Mäßiger feinschlägiger Ruhe- und Intentionstremor der Hände.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse, geringgradig verschmächtigt. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine sichtbaren Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, deutlich Rundrücken, geringgradige Skoliose mit Thoraxbuckel rechts, Streckhaltung der LWS, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Mäßig Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich.

BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich.

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbstständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, ein Sauerstoffgerät wird heute nicht mitgebracht, das Gangbild ist leicht vorgeneigt bei verstärktem Rundrücken, insgesamt geringgradig verlangsamt, harmonisch, nicht unsicher. Gesamtmobilität beim Aufstehen und Hinlegen unauffällig. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME

1) Diagnoseliste

1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit mäßigen Funktionseinschränkungen ohne objektivierbares neurologisches Defizit

2. Seropositive rheumatoide Arthritis mit Morgensteifigkeit und mäßigen Muskelverschmächtigungen

3. Mäßiger Tremor der oberen Extremitäten beidseits

4. Rhizarthrose bds. mit geringgradiger Subluxationsstellung

2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Nein. Es liegen weder eine Funktionseinschränkung im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten noch eine maßgebliche muskuläre Schwäche vor. Auch ist kein neurologisches Defizit im Bereich der unteren Extremitäten objektivierbar. Insbesondere wird auf das zwar mäßig verlangsamte, insgesamt jedoch ausreichend sichere Gangbild verwiesen.

Die Steh- und Gehleistung ist nicht erheblich eingeschränkt, sodass eine kurze Wegstrecke von etwa 200-300 m zu Fuß ohne Unterbrechung, ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung, ohne große Schmerzen und ohne fremde Hilfe zurückgelegt werden kann. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet.

Das Überwinden von Niveauunterschieden ist möglich, da der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ausreichend und die Kraft nicht erheblich beeinträchtigt ist, ein neurologische Defizit liegt nicht vor. Die sichere Beförderung unter Verwendung von Aufstiegshilfen und Haltegriffen bei ausreichender Beweglichkeit der oberen Extremitäten in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist möglich.

Der mäßig ausgeprägte Tremor der Hände verunmöglicht nicht das sichere Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Rhizarthrose bds. mit geringgradiger Subluxationsstellung ist nicht sehr ausgeprägt. Multimodale, insbesondere orthopädische und physiotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten sind als therapeutische Optionen gegeben.

3) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?

Nein. Der mäßige Tremor der oberen Extremitäten beidseits erreicht kein Ausmaß, welches das sichere Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln verunmöglichen würde.

4) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen, soweit in das Fachgebiet Orthopädie/Unfallchirurgie fallend:

Befunde:

Labor vom 24.03.2016:

Rheumafaktor positiv, AK neg. bzw. grenzwertig - Der Befund bestätigt die seropositive Arthritis. Rheumatologische Behandlung erfolgt laut Anamnese regelmäßig, letzter Befund vom 01/2017. Derzeit erfolgen weder eine Basistherapie noch eine entzündungshemmende Therapie mit Cortison. Bei der klinischen Untersuchung sind weder Gelenksschwellungen feststellbar noch eine maßgebliche Funktionsbeeinträchtigung. Angegebene Muskelschmerzen führen zu keiner erheblichen Gangbildbeeinträchtigung. Der Befund führt zu keiner Änderung der Beurteilung.

Befund neurologische Ambulanz 26.04.2016:

Progrediente generalisierte Schwäche und Muskelatrophien - Befund nicht mehr aktuell.

Bericht Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin vom 04.07.2016:

Verdacht auf Kollagenose, seropos. Oligoarthritis, degen. WS - Befund wird berücksichtigt, ein Status ist dem Befund jedoch nicht angeschlossen, sodass ein Vergleich nicht möglich ist.

Befund 1. medizinische Abteilung Krankenanstalt Rudolfstiftung vom 5.9.2016:

Verdacht auf Kollagenose, Oligoarthritis, zunehmende Muskelschwäche. Tremor sehr störend, Versuch mit Pregabalin - Bekannte Diagnosen, sämtliche Einschränkungen werden berücksichtigt. Maßgeblich für die Beurteilung beantragter Zusatzeintragung sind bei der klinischen Untersuchung objektivierbare Funktionseinschränkungen, siehe Status. Befund führt zu keiner Änderung der Beurteilung.

Befund 1. medizinische Abteilung Krankenanstalt Rudolfstiftung vom 16.1.2017:

Gelenke frei, keine Schwellungen, Gelenks-und Muskelschmerzen. Verdacht auf Kollagenose. Oligoarthritis seropositiv, Basistherapie von Patient abgelehnt. Multisegmentale Bandscheibenvorwölbungen der unteren HWS, Spinalkanalstenose, aber keine sichere Myelopathie - Bekannte Diagnosen, sämtliche Einschränkungen werden berücksichtigt.

Maßgeblich für die Beurteilung beantragter Zusatzeintragung sind bei der klinischen Untersuchung objektivierbare Funktionseinschränkungen, siehe Status. Befund führt zu keiner Änderung der Beurteilung.

Nachgereichte Befunde: Keine.

5) Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde erhobenen

Einwendungen, soweit in das Fachgebiet fallend:

Eine ausgeprägte körperliche Schwäche konnte bei der Untersuchung nicht festgestellt werden. Eine maßgebliche Funktionseinschränkung im Bereich der Gelenke bzw. ein maßgebliches muskuläres Defizit konnten nicht festgestellt werden.

6)

a) Begründung, warum aus medizinischer Sicht eine Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegeben ist, wobei erläutert werden möge, wie sich die bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken:

Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, röntgenologisch dokumentiert, führen zwar zu rezidivierenden Beschwerden und mäßigen Funktionseinschränkungen. Ein neurologisches Defizit ist jedoch nicht objektivierbar, weder konnte ein radikuläres Defizit festgestellt werden noch eine ataktische Gangstörung bei Hinweis auf Vertebrostenose.

Die seropositive rheumatoide Arthritis mit Morgensteifigkeit und mäßigen Muskelverschmächtigungen führt zu keiner höhergradigen Beeinträchtigung der Gelenksfunktion bzw. der Funktionen der unteren Extremitäten.

Der mäßig ausgeprägte Tremor der oberen Extremitäten führt zu keiner relevanten Funktionsbeeinträchtigung. Die Rhizarthrose bds. mit geringgradiger Subluxationsstellung ist nicht sehr ausgeprägt.

b) Dabei ist jedenfalls auf die konkrete Fähigkeit der BF zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, und zwar unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der Zugangsmöglichkeit sowie der Ein- und Aussteigemöglichkeit, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, der Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche, der Schwierigkeiten bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt und der allenfalls mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verbundenen Schmerzen:

Eine Funktionseinschränkung, welche das Zurücklegen einer Entfernung von etwa 300 m verunmöglichen könnte, ist nicht feststellbar. Das Einsteigen und Aussteigen ist zumutbar, siehe festgestellte Gesamtmobilität beim Hinlegen und Aufstehen, ausreichender Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten und ausreichende Kraft in den oberen Extremitäten, um sich festzuhalten.

Es liegen eine ausreichende Standfestigkeit und Trittsicherheit vor, eine maßgebliche Unsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Eine ausgeprägte muskuläre Schwäche ist anhand der vorgenommenen Untersuchung nicht objektivierbar.

Bei der Begutachtung werden Schmerzen in den Beinen, im Rücken und Schwindel beim Aufstehen angegeben.

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.

Anhand des beobachteten Gangbilds - leicht vorgeneigt bei verstärktem Rundrücken, insgesamt geringgradig verlangsamt, harmonisch, nicht unsicher, Gesamtmobilität beim Aufstehen und Hinlegen unauffällig - des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten ohne Hinweis für relevante Muskelatrophie und des derzeitigen Therapieerfordernisses (Pregabalin gegen neuropathische Beschwerden und analgetische Bedarfsmedikation) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände oder Schwindel, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300m, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichten.

7) Stellungnahme zu einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 28.06.2017 abweichenden Beurteilung:

Hinzukommen von Leiden 4, sonst keine vom Vorgutachten abweichende Beurteilung.

8) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

7.2. In dem ebenfalls auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten - zusammenfassenden - Gutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde und Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.07.2018 wurde insbesondere Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"Objektiver Untersuchungsbefund

...

73-jährige Frau im altersentsprechenden normalen Allgemein- und reduzierten Ernährungszustand, Größe: 162 cm, Gewicht: 48 kg, Blutdruck: 110/60

Keine Gehhilfe, es wird keine Sauerstoffversorgung mitgeführt, Sauerstoffsättigung bei Raumluftatmung mit 94 % mäßig eingeschränkt, innerhalb der Untersuchungsräume altersentsprechende Gesamtmobilität, keine erkennbare relevante Atemnot bei leichten Belastungen, das Entkleiden des Oberkörpers erfolgt selbsttätig, rasch, flüssig und ohne erkennbare Atembeschwerden, freier Sitz und freier Stand möglich, Bücken zu den Schuhen im Sitzen ist ebenfalls möglich. Zeitlich- und örtlich orientiert, keine fassbaren kognitiven Defizite, ausgeglichene Stimmungslage.

Das Gespräch kann bei Zimmerlautstärke über einen Hörbereich von 3-5 Metern problemlos geführt werden, es besteht keine erkennbare hochgradige Gehörstörung. Ein wesentlicher Tremor kann gleichfalls vom endgefertigten Sachverständigen nicht objektiviert werden.

Herz: reine rhythmische Herztöne, Frequenz: 80 pro Minute.

Lunge: hypersonorer Klopfschall, ausgeprägtes Emphysem und vereinzelt exspiratorisches Pfeifen und Giemen beidseits.

Gliedmaßen: zur Funktionseinschränkung siehe Gutachten Dr. XXXX, keine Krampfadern, keine Beinödeme, soweit beurteilbar sind die großen Gelenke frei beweglich.

Lungenfunktionsprüfung: hochgradige obstruktive Ventilationsstörung, Veränderungen wie bei COPD III-IV, deutliche Überblähungszeichen, mäßiggradige Einschränkung der Sauerstoffsättigung von 94 % bei Raumluftatmung

Diagnosen:

1. Schwere fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD III-IV) mit ausgeprägtem sekundärem Lungenemphysem sowie Langzeitsauerstofftherapie

2. Abgeheilter Zustand nach Entfernung des rechten Lungenoberlappens wegen malignen Tumors 1995 und mäßiggradiger restriktiver Ventilationsstörung

3. Kardiomyopathie mit Vorhofflimmern

4. Bluthochdruck

5. Mäßiggradige Einschränkung des Gehörs beidseits

6. Zustand nach Entfernung der Gebärmutter und beider Ovarien

7. Abgeheilter Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose rechter Unterschenkel 2013

Stellungnahme zu den Fragestellungen des Gerichtes:

1) Die dauernden Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin sind als Diagnoseliste anzuführen.

Siehe Liste wie oben angeführt.

Auf die zusätzlichen Leidenszustände im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates darf auf das Gutachten Dr. XXXX verwiesen werden.

2) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Es liegt eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bedingt durch die fortgeschrittene chronische Atemwegserkrankung mit hochgradigem Emphysem vor, wobei das Zustandsbild durch die Herzerkrankung und insbesondere den herabgesetzten Ernährungszustand sowie durch die Muskelschwäche zusätzlich vermindert wird. Es besteht eine wechselseitige ungünstige Leidenspotenzierung durch eine Kombination aus Herz-, Lungenerkrankung und Erkrankung des Stütz- und Bewegungsapparates in Kombination mit Muskelverschmächtigung und allgemeiner Schwäche. Weiters besteht bei Belastung die Indikation zu einer Langzeitsauerstofftherapie.

3) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?

Derartige Einschränkungen konnten nicht objektiviert werden.

4) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?

Liegt nicht vor.

5) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?

Liegen nicht vor.

6) Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen, soweit in das Fachgebiet Lungenheilkunde/Allgemeinmedizin fallend:

Die Unterlagen wurden im Gutachten zitiert und bei der Beurteilung berücksichtigt.

7) Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwendungen:

Unter Zusammenschau sämtlicher Leidenszustände (Herz, Lunge, Bewegungsapparat, zusätzlich deutlich reduzierter Ernährungszustand und allgemeine körperliche Schwäche) ist es für den endgefertigten Sachverständigen mit langjähriger spezifischer Erfahrung nachvollziehbar, dass (unter Anwendung der vom Otto-Wagner-Spital verordneten Langzeitsauerstofftherapie) sowohl kürzere Wegstrecken im Ausmaß von 300-400 Metern wie auch das sichere und ungehinderte Besteigen und Verlassen öffentlicher Verkehrsmittel stark erschwert bzw. verunmöglicht werden.

Die Feststellungen im orthopädischen Gutachten Dr. XXXX betreffen lediglich den Stütz- und Bewegungsapparat. Der Lungenbefund zeigt jedoch, dass eine hochgradige Funktionsstörung der Atmungsorgane vorliegt, welche sich im gegenständlichen Fall bei Belastung (Sauerstoffdiffusionsstörung) noch verschlechtern. Eine mobile Sauerstoffversorgung kann entweder mit einem Schultergurt transportiert werden, hier wäre die Gewichtsbelastung aufgrund der Muskelschwäche beim Anmarschweg nicht zumutbar. Die Anwendung einer fahrbaren Sauerstoffversorgung würde wiederum Stiegen steigen oder das Besteigen eines Verkehrsmittels unmöglich machen, da hier unter Zeitdruck die Sauerstoffversorgung in das Verkehrsmittel gehoben werden muss.

Zusammenfassend ergibt sich für den endgefertigten Sachverständigen, dass der BF durch Zusammenwirken mehrerer schwerer chronischen Grunderkrankungen sowie allgemeine Schwäche, Muskelverschmächtigung und reduzierten Ernährungszustand kurze Anmarschwege im Ausmaß von 300-400 Metern, wie auch das sichere Be- und Entsteigen von öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr möglich ist. Diese Feststellung gilt auch unter der Berücksichtigung, dass grundsätzlich eine mobile Sauerstoffversorgung im Sinne eines zumutbaren Heilbehelfes zu einer Verbesserung der Situation beitragen könnte. Auf die Transportprobleme einer derartigen Behandlung wurde oben hingewiesen.

9) Stellungnahme zu einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 28.06.2017 abweichenden Beurteilung.

Gegenüber dem angefochtenen Gutachten kommt es zu einer geänderten Beurteilung, insbesondere, als im Gutachten l. Instanz das Vorliegen einer Sauerstoffdiffusionsstörung mit der Notwendigkeit einer Langzeitsauerstofftherapie insbesondere bei Belastungen und Wegen außer Haus aus fachärztlicher Sicht nicht ausreichend dem Schweregrad berücksichtigt wurde. Aus dem klinischen Untersuchungsbefund und der Messung der Sauerstoffsättigung sowie der Tatsache, dass die Langzeitsauerstofftherapie von einer pulmologischen Fachabteilung verordnet wurde, lässt den endgefertigten Sachverständigen nicht an dem Erfordernis einer Langzeitsauerstofftherapie bei körperlichen Anstrengungen zweifeln.

10) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich, da ein Dauerzustand vorliegt."

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.07.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist seit 05.05.2014 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H.

Am 28.02.2017 beantragte sie die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Schwere fortgeschrittene chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD III-IV) mit ausgeprägtem sekundärem Lungenemphysem und Langzeitsauerstofftherapie;

2) Abgeheilter Zustand nach Entfernung des rechten Lungenoberlappens wegen malignen Tumors 1995 und mäßiggradiger restriktiver Ventilationsstörung;

3) Kardiomyopathie mit Vorhofflimmern;

4) Bluthochdruck;

5) Abgeheilter Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose rechter Unterschenkel 2013;

6) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit mäßigen Funktionseinschränkungen ohne objektivierbares neurologisches Defizit;

7) Seropositive rheumatoide Arthritis mit Morgensteifigkeit und mäßigen Muskelverschmächtigungen;

8) Mäßiger Tremor der oberen Extremitäten beidseits;

9) Rhizarthrose beidseits mit geringgradiger Subluxationsstellung;

10) Mäßiggradige Einschränkung des Gehörs beidseits;

11) Zustand nach Entfernung der Gebärmutter und beider Ovarien.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie vom 15.01.2018 und eines Facharztes für Lungenheilkunde und Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.07.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Bei der Beschwerdeführerin liegen zwar weder erhebliche Funktionseinschränkungen der unteren und oberen Extremitäten noch maßgebliche neurologische Defizite vor, sodass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus rein unfallchirurgischer bzw. orthopädischer Sicht möglich wäre.

Jedoch besteht bei der Beschwerdeführerin aufgrund einer schweren fortgeschrittenen chronischen Atemwegserkrankung (COPD III-IV) mit ausgeprägtem Emphysem eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit. Das Zustandsbild der Beschwerdeführerin wird zusätzlich durch die Herzerkrankung und den herabgesetzten Ernährungszustand sowie die vorliegende Muskelschwäche verschlechtert. Es besteht eine wechselseitige ungünstige Leidenspotenzierung. Bei Belastung besteht die Indikation zu einer Langzeitsauerstofftherapie. Der Beschwerdeführerin sind das Zurücklegen kürzerer Wegstrecken im Ausmaß von 300 bis 400 Metern sowie das sichere Besteigen und Verlassen öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich.

Aufgrund des Zusammenwirkens von schweren chronischen Grunderkrankungen (Herz, Lunge, Bewegungsapparat), der allgemeinen Schwäche mit Muskelverschmächtigung und des reduzierten Ernährungszustands kann der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht zugemutet werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses und zur Einbringung des Antrags ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellungen zum Vorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf die seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie vom 15.01.2018 sowie eines Facharztes für Lungenheilkunde und Arztes für Allgemeinmedizin vom 10.07.2018. Darin wurde auf die Art und Schwere der Leiden der Beschwerdeführerin sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachten setzen sich ausführlich mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffenen medizinischen Beurteilungen basieren auf den im Rahmen von persönlichen Untersuchungen erhobenen Befunden und entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Während sich die Sachverständige aus dem Bereich Unfallchirurgie schlüssig - jedoch ausschließlich auf ihr Fachgebiet bezogen - mit dem Ausmaß und den Auswirkungen der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Erkrankung des Stütz- und Bewegungsapparates auseinandersetzte, unterzog der Sachverständige aus dem Bereich Pulmologie und Allgemeinmedizin die einzelnen Leiden einer gesamthaften Würdigung und stellte bei der Beschwerdeführerin nachvollziehbar eine schwere fortgeschrittene chronische Atemwegserkrankung mit ausgeprägtem Emphysem sowie auch ein wechselseitiges negatives Zusammenwirken der chronischen Grunderkrankungen (Herz, Lunge, Bewegungsapparat), der allgemeinen Schwäche mit Muskelverschmächtigung und des reduzierten Ernährungszustands fest, welches - wie im Gutachten vom 10.07.2018 ausführlich dargelegt - zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit und einer maßgeblichen Reduzierung der Gehleistung führt.

Die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten wurden der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen die Sachverständigengutachten erhoben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen bei Gesamtwürdigung des eingeholten Sachverständigenbeweises keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 15.01.2018 und vom 10.07.2018. Diese werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

3.3.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1. ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

..."

3.3.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit im gegenständlichen Fall relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

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schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

..."

3.4.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehr

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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