TE Bvwg Beschluss 2018/10/29 W238 2179346-2

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Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2179346-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Einzelrichterin im Verfahren zur Überprüfung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zahl XXXX, der am 06.07.2018 im Verfahren über den (Folge-)Antrag von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, auf internationalen Schutz vom 31.05.2018 mündlich verkündet wurde, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

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Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der im Spruch genannte Fremde (im Folgenden: Asylwerber), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 12.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Mit Bescheid des BFA vom 06.11.2017 wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Asylwerber gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018, W233 2179346-1/6E, als unbegründet abgewiesen.

4. Am 31.05.2018 brachte der Asylwerber erneut einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

5. Am 06.07.2018 wurde er dazu vom BFA einvernommen. Im Anschluss daran wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der nach § 12 AsylG 2005 bestehende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben; dieser Bescheid wurde in der Niederschrift beurkundet.

Sodann wurde der Asylwerber gefragt, ob er mit dieser Entscheidung einverstanden sei und ob er Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben wolle. Der Asylwerber gab an, er sei mit der Entscheidung nicht einverstanden und erhebe Beschwerde.

6. In der Folge legte das BFA den Verwaltungsakt mit einem als "Beschwerdevorlage" bezeichneten Schreiben vom 10.07.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo er am 11.07.2018 einlangte.

7. Der Verwaltungsgerichtshof stellte mit Beschluss vom 03.05.2018 beim Verfassungsgerichtshof den auf Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG gestützten Antrag, § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 68/2013, in eventu § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG 2005 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 68/2013, in eventu § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 12a Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I 70/2015, § 22 Abs. 10 AsylG 2005 idF BGBl. I 68/2013 und § 22 Abs. 1 BFA-VG, in eventu § 12a AsylG 2005 idF BGBl. I 145/2017, § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

8. Aus Anlass des vorliegenden Verfahrens stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.07.2018, W238 2179346-2/3Z, einen gleichlautenden Antrag beim Verfassungsgerichtshof. Aufgrund der Bestimmung des § 62 Abs. 3 VfGG wartete das Bundesverwaltungsgericht mit der Erledigung der vorliegenden Rechtssache bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu. Das BFA und der Asylweber wurden vom Bundesverwaltungsgericht über die Antragstellung verständigt.

Weitere Anträge des Bundesverwaltungsgerichtes wurden beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass ähnlicher Verfahren anhängig gemacht.

9. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua., beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 25.10.2018, wurden die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes abgewiesen, soweit sie sich gegen § 22 Abs. 10 dritter, vierter und fünfter Satz AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 68/2013, sowie gegen § 22 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, richteten. Im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen.

10. Der Asylwerber verfügt seit 03.09.2018 über keinen aufrechten Hauptwohnsitz in Österreich und bezieht seit 23.07.2018 keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er wurde laut Auszug aus dem GVS mit 23.07.2018 wegen unbekannten Aufenthalts vom Quartiergeber abgemeldet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Asylwerbers

Der Asylwerber ist ein volljähriger männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Usbeken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Dari.

Der Asylwerber wurde in Quetta, Pakistan, geboren und lebte dort bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr. Danach lebte er über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren mit seiner Familie in der Provinz Sar-e Pol, Afghanistan.

Seine Eltern und seine Schwester leben seit ihrer Rückkehr aus Pakistan in der Provinz Balkh, an einem Ort außerhalb der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif. Weitere Verwandte leben in der Stadt Mazar-e Sharif. Der Asylwerber steht mit seiner Familie in regelmäßigem Kontakt.

In Pakistan besuchte der Asylwerber zwei Jahre lang die Schule. Er und sein Vater erwirtschafteten sowohl in Pakistan als auch später in Afghanistan durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten den Familienunterhalt.

1.2. Zum Verfahrensgang

Das vom Asylwerber am 12.05.2015 initiierte Asylverfahren wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018 rechtskräftig negativ abgeschlossen:

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel erteilt. Gegen den Asylwerber wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Schließlich wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Im Erstverfahren brachte der Asylwerber als Fluchtgrund auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass Taliban beabsichtigt hätten, ihn zwangsweise zu rekrutieren.

Der Asylwerber stellte am 31.05.2018 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Folgeverfahren führte er - zusätzlich zu seinem bisherigen Fluchtvorbringen - aus, dass seine Familie bedroht werde, weil sein Vater ein usbekischer Milizanführer gewesen sei, der im Krieg gegen die Paschtunen gekämpft habe, weshalb seine Familie nunmehr versteckt in Mazar-e Sharif lebe. Sein Vater habe ihm erst nach negativer Beendigung des Asylverfahrens von der Bedrohung durch die Söhne der von ihm getöteten Paschtunen erzählt.

Im Folgeverfahren bezieht sich der Asylwerber somit zum einen auf Gründe, die er bereits im Erstverfahren vorgebracht hat (Bedrohung durch Taliban wegen versuchter Zwangsrekrutierung) und zum anderen auf Gründe, die bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018 bestanden (Bedrohung durch Feinde des Vaters wegen dessen Teilnahme als usbekischer Milizanführer an Kriegshandlungen).

1.3. Zur Rückkehrmöglichkeit des Asylwerbers

Der Asylwerber ist gesund und im erwerbsfähigen Alter.

Eine entscheidungswesentliche Änderung ist seit rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens weder im Hinblick auf die Lage in Afghanistan noch im Hinblick auf die Person des Asylwerbers eingetreten.

Eine Rückkehr des Asylwerbers nach Afghanistan, insbesondere in die urbanen Gebiete, ist (weiterhin) möglich und zumutbar.

1.4. Zum Leben des Asylwerbers in Österreich

Der Asylwerber ist strafgerichtlich unbescholten. Er absolvierte von 01.04.2017 bis 30.09.2017 ein Praktikum bei der "XXXX", nahm im Schuljahr 2016/17 an einem Projekt der 5. Klasse des Stiftgymnasiums XXXX teil, besuchte zwei Kurse zum Thema "Bildung für junge Flüchtlinge", ist Teil einer Hobbyfußballgruppe und nahm auch an Hobbyturnieren teil. Der Asylwerber verfügt über ein ÖSD-Zertifikat A2.

Der Asylwerber verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen oder Verwandten.

Besondere Integrationsleistungen wurden vom Asylwerber seit Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht erbracht.

Der Aufenthalt des Asylwerbers ist seit Ende Juli 2018 unbekannt.

1.5. Der Folgeantrag vom 31.05.2018 wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Asylwerbers, zum bisherigen Verfahrensgang einschließlich des wiedergegebenen Vorbringens im Erstverfahren und im Folgeverfahren sowie zur aktuellen Situation in Afghanistan ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellung über den unbekannten Aufenthalt des Asylwerbers stützt sich auf Erhebungen des Bundesverwaltungsgerichtes anhand von aktuellen Auszügen aus dem ZMR und dem GVS.

Die Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat sowie die konkrete Rückkehrsituation des Asylwerbers wurden im rechtskräftig entschiedenen Erstverfahren eingehend geprüft. Eine für den Asylwerber relevante Änderung der Situation in seiner Heimat liegt vor dem Hintergrund der Berichtslage nicht vor. Ebenso wenig sind maßgebliche Änderungen in der Person des Asylwerbers (z.B. Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit) eingetreten.

Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens wurde im Folgeverfahren nicht konkret behauptet. Sämtliche Kriterien wurden bereits im Verfahren, welches mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018 abgeschlossen wurde, gewürdigt. Weitere (darüber hinaus) beachtenswerte Integrationsmerkmale ergeben sich aus der Aktenlage nicht.

Der vom Asylwerber im Folgeverfahren erneut vorgebrachte Sachverhalt betreffend eine Bedrohung durch Taliban wegen versuchter Zwangsrekrutierung erwies sich bereits im Erstverfahren als nicht glaubhaft.

Zu der vom Asylwerber erstmals vorgebrachten Bedrohung durch Feinde seines Vaters wegen dessen Teilnahme als usbekischer Milizanführer an Kriegshandlungen ist festzuhalten, dass der behauptete Sachverhalt bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018 vorlag und ein neues, rechtlich selbständiges Verfahren nicht zu rechtfertigen vermag (s. dazu noch die rechtlichen Ausführungen).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung demnach der nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 12a AsylG 2005, des § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und des § 22 BFA-VG lauten wie folgt:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a.

...

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

..."

"Entscheidungen

§ 22.

...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.4. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 gegeben:

Der Asylwerber stellte am 31.05.2018 einen Folgeantrag.

Gegen ihn besteht nach rechtskräftiger Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018 eine aufrechte Rückkehrentscheidung.

Aus dem Vorbringen des Asylwerbers zum Folgeantrag ergibt sich kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Wie sich aus den Feststellungen und aus der Beweiswürdigung ergibt, brachte der Asylwerber einerseits einen bereits dem Erstverfahren zugrunde gelegten Sachverhalt und andererseits einen vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bestandenen Sachverhalt vor.

Bei der vom Asylwerber bereits im Erstverfahren geltend gemachten - vom Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung für nicht glaubhaft befundenen - Bedrohung durch Taliban wegen versuchter Zwangsrekrutierung handelt es sich nicht um einen geänderten Sachverhalt.

Nach dem bereits rechtkräftig entschiedenen Verfahren neu hervorgekommene Tatsachen ("nova reperta"), wie das nunmehrige Vorbringen des Asylwerbers, wonach seine Familie bedroht werde, weil sein Vater ein usbekischer Milizanführer gewesen sei, der im Krieg gegen die Paschtunen gekämpft habe (was er erst nach Abschluss des Asylverfahrens erfahren habe), vermögen ein neues, rechtlich selbständiges Verfahren nicht zu rechtfertigen, sondern können lediglich in den engen Grenzen einer Wiederaufnahme in das bereits abgeschlossene Verfahren einfließen (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391). Der Asylwerber stellte keinen Wiederaufnahmeantrag. Auf die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens steht im Übrigen niemandem ein Rechtsanspruch zu (vgl. VwGH 27.02.2007, 2006/07/0012).

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher insgesamt kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Bereits im vorangegangenen Verfahren wurde verneint, dass der Asylwerber bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Die Lage in Afghanistan hat sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (10.04.2018) nicht maßgeblich geändert.

Auch mit Blick auf die Person des Asylwerbers ist nichts hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden, was gegen die Abschiebung des Asylwerbers in seinen Heimatstaat im Sinne der zitierten Bestimmungen spricht. Es sind keine erheblichen in der Person des Asylwerbers liegenden neuen Sachverhaltselemente zutage getreten (z.B. eine schwere Erkrankung), die eine neuerliche Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließen. Seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2018 wurden des Weiteren keine besonderen Integrationsleistungen des Asylwerbers nachgewiesen, sodass (weiterhin) kein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich festgestellt wurde. Auch seitens des Asylwerbers wurde kein konkretes Vorbringen hiezu getätigt.

Da die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, erweist sich der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 06.07.2018 als rechtmäßig.

3.5. Im vorliegenden Fall wurde die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes durch die gesetzliche Fiktion einer Beschwerdeerhebung gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 begründet. Zudem wurde vom BFA unmittelbar nach Verkündung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes in der Niederschrift eine (nicht weiter begründete) "Beschwerde" des Asylwerbers protokolliert.

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in seinem Anfechtungsantrag an den Verfassungsgerichtshof (Pkt. I.7.) diesbezüglich die Auffassung, aus der gesetzlichen Anordnung (§ 22 Abs. 10 AsylG 2005) sei ableitbar, dass eine Beschwerdeerhebung durch den vom Bescheid Betroffenen unzulässig sei. Angesichts der Ausführungen im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua., wonach es dem betroffenen Fremden nicht verwehrt sei, eine Stellungnahme abzugeben bzw. durch eine Beschwerdeergänzung auf Umstände des Falles hinzuweisen, die ihm entscheidungsrelevant erscheinen, geht das Bundesverwaltungsgerichtshof allerdings davon aus, dass eine (zusätzliche) "Beschwerde" durch den Betroffenen zur Begründung der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur umfassenden Überprüfung des mündlich verkündeten Bescheides zwar nicht erforderlich ist, aber auch nicht zwingend ihre Zurückweisung zur Folge haben muss.

Vielmehr kann eine solche "Beschwerde" allenfalls als ergänzendes Vorbringen angesehen werden, zumal das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid ohnehin gemäß § 22 Abs. 10 letzter Satz AsylG 2005 auf seine Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen und (sämtliche) Rechtswidrigkeiten aufzugreifen hat.

Einer formalen Erledigung der vom Asylwerber zu Protokoll gegebenen "Beschwerde" (im Sinne einer Zurückweisung) bedarf es angesichts der obigen Ausführungen nicht.

3.6. Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich im Lichte des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua., als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Im Übrigen ergeht die vorliegende Entscheidung in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 12a Abs. 2 AsylG 2005.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2179346.2.01

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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