TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/29 W257 2155434-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W257 2155434-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, vertreten durch Dr. Christian SCHMAUS, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 10.04.2017, Zl. XXXX, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 05.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 12.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am gleichen Tag gab der Beschwerdeführer an, er sei Staatsbürger der Islamische Republik Afghanistan, sei am XXXX in Pakistan geboren, wäre bis zu seinem 13. Lebensjahr in Pakistan aufgewachsen und hätte zuletzt mit seiner Familie in Kabul gelebt. Er hätte 6 Jahre in Peshawar die Grundschule besucht. Er sei sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Er sei ledig und kinderlos.

1.3. Er sei aus Afghanistan geflohen, weil er für seinen Onkel Drogen verkaufen hätte müssen. Seine Mutter hätte ihn weggeschickt. Wenn er zurückkehren würde, würde sein Onkel ihn wieder zwingen, Drogen zu verkaufen. Bei einer Weigerung würde er ihn töten.

1.4. Mit Schreiben vom 21.04.2015 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er irrtümlich ein falsches Geburtsdatum angegeben hätte. Er wäre nicht am XXXX, sondern am XXXX geboren.

1.5. Am 26.11.2015 übernahm RA Dr. Christan SCHAMUS die rechtsfreundliche Vertretung.

1.6. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge teilweise auch "Behörde" genannt) am 08.06.2016 führte der Beschwerdeführer aus,

Zu seinen sozialen Verhältnissen:

Es sei Pakistan geboren worden und hätte dort mit seiner Familie ca. bis zum Alter von 15 Jahren gelebt. Die Familie selbst stamme aus Kabul und welchem Vater Schwierigkeiten bekommen hätte während sie nach Pakistan ausgereist. Pakistan hätte er ca. zehn Jahre die Schule besucht. Mit ca. 15 oder 16 Jahren sei er mit der Familie nach Afghanistan zurückgekehrt und hätte dort weitere zwei Jahre die Schule besucht. Danach hätte für zirka siebeneinhalb Monaten bei der "New Kabul Bank" gearbeitet.

Seine Kernfamilie bestehe aus seinem Vater, welche Tischler sei jedoch derzeit nichts arbeite. Weiters seine Mutter, zwei jüngere Brüder, und drei jüngere Schwestern. Er sei ledig und hätte keine Kinder.

Nach der Rückkehr von Pakistan hätte sich die Familie in Jalalabad niedergelassen. Nach seiner Flucht nach Europa wäre die Familie umgesiedelt und würde jetzt im Distrikt XXXX leben. Der Familie ginge es wirtschaftlich gut, weil sein Vater zwei Geschäfte in Kabul verpachten würde und die Familie könne von diesen Erträgnissen leben. Die Familie würde allerdings in Angst leben.

Entgegen dem Vorbringen bei der Polizei brachte er hinsichtlich der Fluchtgründe folgendes vor:

Sein Vater wäre vor der Flucht nach Pakistan Finanzchef bei der Partei "Harekate Enghelab-E Eslami" gewesen. Nach Pakistan hätte sich die Familie für zwei Monate in Kabul aufgehalten. Dort hätte es Kämpfe zwischen den Hazaras und den Tadschiken geben. Ein Mann wäre für seinen Vater gehalten und umgebracht worden. Danach sei die Familie nach Jalalabad verzogen.

In Jalalabad hätte er begonnen in der Bank zu arbeiten. Sein Vater wäre von Leuten, vermutlich den Taliban, gefragt worden was sein Sohn arbeiten würde und wäre sein Vater schließlich aufgefordert worden, dass sein Sohn die Arbeit niederzulegen habe, weil diese Bank mit den Ausländern zusammenarbeiten würde. Man hätte ihn auch mehrere Male Drohbriefe gesandt. Er wäre auch telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden. Daraufhin hätte er seinen Vorgesetzten davon berichtet, worauf hin er in eine andere Niederlassung, nämlich in die Stadt XXXX in die Provinz Kunar gesandt worden wäre. Am 25.03.2014 hätte es einen Selbstmordanschlag in Kunar gegeben, woraufhin auch die Bank angegriffen worden sei. Sein Vorgesetzter wäre danach nach Pakistan geflüchtet. Die Angestellten hätten allerdings trotzdem weitergearbeitet. Er hätte bis zum 13.08.2014 in der Bank gearbeitet. Einen Tag zuvor hätte er einen Drohbrief erhalten. Daraufhin hätte er beschlossen das Land zu verlassen. Zwischen dem 22.02.2014 und dem 12.08.2014 wäre sein Vater telefonisch bedroht worden.

Die Einvernahme wurde wegen Recherchezwecken der Behörde an dieser Stelle unterbrochen und am 20.02.2017 fortgesetzt.

Dabei gab er an, dass seine Familie nunmehr in Jalalabad leben würde. Er hätte erst gestern zu Ihnen Kontakt gehabt. Seine Familie hätte wegen ihm Probleme. Auf die Frage, welche konkreten Probleme die Familie hätte, brachte er vor, dass es sein könne, dass die Familie von den Taliban umgebracht werde, weil er bei der Bank gearbeitet hätte. Zudem wiederholte er die ehemalige politische Tätigkeit seines Vaters. Weil er in der Bank gearbeitet hätte, müsse die Familie auch ständig den Wohnsitz ändern. Die Taliban hätten von ihm nicht nur verlangt, mit der Arbeit bei der Bank aufzuhören, sondern sie hätten von ihm auch verlangt mit ihnen zusammenzuarbeiten. Bei der Einvernahme 20.02.2017 wiederholte im Grunde die bereits gemachten Angaben.

1.7. Folgende Beweismittel wurden vorgelegt: Eine Kopie eines Briefes in nicht deutscher Sprache mit dem Briefkopf "New Kabul Bank" (OZ1, AS 133), eine Kopie eines nicht-deutschen Briefes, offenbar der besagte Drohbrief, nicht lesbar (OZ1, AS 134), eine Kopie, offenbar eines afghanischen Schulzeugnisses (AS 137), eine Bestätigung dazu Beschwerdeführer einen Deutschkurs besucht, eine Kopie ebenso aus dem schulischen Bereich in Afghanistan, eine Kopie eines Briefes, ausgestellt von der "New Kabul Bank" (OZ1, AS 143) in englischer Sprache, eine Kopie einer Bestätigung der Bank vom 30.04.2014 in englischer Sprache (OZ1, AS 145).

1.8. In einer Stellungnahme des Rechtsvertreters am 17.03.2017 wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer durch die Position der Bank eine äußerst exponierte Stellung gehabt hätte. Der Überfall in Kunar, wo der Beschwerdeführer zuletzt gehabt hätte, wurden durch entsprechende Internet Recherchen belegt. Der fluchtauslösende Moment sei jedoch der 12.08.2014 gewesen, indem der Beschwerdeführer einen Drohbrief von den Tailban erhalten hätte.

1.9. Die Bedrohung ergebe sich allerdings nicht nur aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit, sondern auch aufgrund der Zugehörigkeit der Familie zur einer politischen Partei. Weil der Vater ein Mujaheddin gewesen sei, würde die gesamte Familie dieser politischen Partei zugeordnet werden. Dem Vater des Beschwerdeführers seinen Fehler unterlaufen, indem er einen Freund davon erzählt hätte, dass sein Sohn bei der Bank arbeiten würde. Diese Tatsache wäre später gegen die Familie bzw. gegen den Beschwerdeführer verwendet worden, indem diese bedroht worden wären.

1.10. Zudem ergebe sich aufgrund der westlichen Orientierung des Beschwerdeführers ein weiteres Gefährdungspotenzial.

1.11. Die Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers mit dem im Spruch erwähnten Bescheid hinsichtlich des internationalen Schutzes ab, sowie wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenso nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Der Beschwerdeführer bekam eine zweiwöchige Frist für seine Ausreise zugestanden.

Zur Nichtzuerkennung des Asylantrages vermeinte die Behörde, dass der Beschwerdeführer keinen glaubhaften Fluchtgrund vorbringen hätte können. Sie glaubte nicht, dass der Beschwerdeführer in einer Bank gearbeitet hatte (Seite 54 des Bescheides) und ging davon aus, dass er keiner Bedrohung ausgesetzt war. Die Behörde vermeinte zusätzlich, dass keine Gründe hervortraten oder glaubhaft gemacht werden konnten, welche gegen eine Wiederansiedelung in Jalalabad, hervortraten und so keine reale Gefahr einer Verletzung seiner verbrieften Menschenrechte zu erwarten wäre.

1.12. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers, wobei er im Wesentlichen die Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht und unrichtige Beweiswürdigung geltend machte.

1.13. Der Verwaltungsakt langte am 04.05.2017 am Bundesverwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftseinteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen (OZ 1).

1.14. Das Bundesverwaltungsgericht setzte für den 05.10.2018 eine mündliche Verhandlung fest, wovon die Parteien nachweislich verständigt wurden.

1.15. Folgende Länderberichte des Herkunftsstaates wurden der Einladung angeschlossen und den Parteien im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit geboten, dazu binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen (OZ 2).

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Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, (Beilage 1)

-

UNHCR-Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, (Beilage 2)

1.16. Am 26.09.2018 wurde dem Verwaltungsgericht ein Schriftsatz des Beschwerdeführers, vertreten durch seinen Rechtsanwalt vorgelegt, dem dieser auf folgende Aspekte hinwies: Der Beschwerdeführer würde durch seine Tätigkeit in der Bank seitens Taliban eine bestimmte politische Gesinnung unterstellt werden, wodurch dieser verfolgt werden würde. Die aktuelle UNHCR Richtlinie vom August 2018 würde bestätigen das Mitarbeit in einer regierungsnahen Organisation eine asylrelevante Verfolgung auslösen können. Zudem hätte sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers deutlich verschlechtert. Ebenso hätte sich die Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul massiv verschlechtert. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde im Beschwerdeführer daher nicht zur Verfügung (OZ 4). Im Weiteren wird darin angeführt, dass sich die Sicherheits- und Versorgungslage in ganz Afghanistan verschlechtert hätte. Ebenso wird auf eine Dürre hingewiesen. Zum Nachweis seiner Integration wurde Folgendes beigelegt: Bestätigung über eine zukünftig mögliche Einstellung bei einer Gebäudereinigungsfirma, eine Lohn- und Gehaltsabrechnung dieser Firma vom Juni bis August 2018, ein ÖSD-Zertifikat A1 und A2, Deutschkursbestätigungen. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers würde aufgrund seiner erfolgten Integration in sein Recht auf Privatleben nach Art. 8 EMRK eingreifen und müsste daher eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erklärt werden und ihm eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden.

1.17. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederholte der Beschwerdeführer seine seit der Einvernahme vor der Behörde dargelegte Fluchtgeschichte und führte zum Fluchtgrund befragt aus, dass er letztlich einen Brief von den Taliban erhalten habe und nächsten Tag von Afghanistan geflüchtet sei. Er könne nicht mehr nach Afghanistan zurückkehren, weil man ihn töten würde.

1.18. Er legte folgende Unterlagen vor: ein Empfehlungsschreiben seiner Deutschlehrerin vom 0.101.2018 und eine Kopie eines Lichtbildes welches die Teilnahme an einer Abfallsammelaktion der Gemeinde zeigt.

1.19. In der mündlichen Verhandlung wurde dem Rechtsvertreter zu den eingebrachten Berichten eine Stellungnahmefrist eingeräumt. Am 25.10.2018 langte eine diesbezügliche Stellungnahme ein. Darin wird ua ausgeführt, dass laut einer ACCORD Anfrage, Drohbriefe nach wie vor versandt werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest!

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer wurde in Pakistan geboren und befand sich dort bis zum Alter von ca 15 Jahren. Danach ist die Familie nach Kabul verzogen und von dort nach Jalalabad in der Provinz Nangarhar. Er ist ledig und hat keine Kinder.

2.1.2. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 12.04.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.1.3. Der Beschwerdeführer besuchte ca. 12 Jahre lang die Schule, teilweise in Pakistan und zwei Jahre in Kabul. Er verfügt über eine kurze Berufserfahrung im Ausmaß von ca 7 Monaten als Bankangestellter im "Front Office Bereich". Er war nicht beim Militär in Afghanistan.

2.1.4. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers besteht aus einem Vater, einer Mutter, einem Bruder und aus drei jüngeren Schwestern. Er hat zu seiner Familie regelmäßig Kontakt. Der Beschwerdeführer hat einen jüngeren, 17-jährigen Bruder, welcher auch geflüchtet ist. Er lebt vermutlich derzeit in der Türkei. In Deutschland leben noch weitere Verwandte von ihm. Er wollte auch ursprünglich nach Deutschland flüchten. In Afghanistan leben auch noch drei Schwestern seiner Mutter.

2.1.5. Der Vater des Beschwerdeführers ist Tischler und 59 Jahre alt. Die Familie besitzt in Kabul zwei Geschäfte, von deren Pachteinnahmen sich die Familie ernähren kann.

2.1.6. Die wirtschaftliche Lage der Familie ist gut.

2.1.7. Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanzielle Unterstützung durch seine Familie in Afghanistan und seinen Verwandten aus Deutschland erfahren.

2.1.8. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.1.9. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari und Paschtu. Er spricht außerdem Englisch und Deutsch.

2.1.10. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Vater des Beschwerdeführers Finanzchef einer Partei gewesen war.

2.1.11. Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass die Familie wegen der Gefährdung dauernd den Wohnort wechseln muss.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Erster Fluchtrund: Die Gefährdung wegen seiner Tätigkeit in der Bank und/oder der Gefährdung wegen der Zugehörigkeit der Familie zu einer politischen Partei:

2.2.2. Der Beschwerdeführer brachte vor der Behörde und vor dem Gericht vor, dass er in einer Bank gearbeitet hat. Zugleich wäre sein Vater ein Mudschahed gewesen, und wegen dieser Tätigkeit wäre die ganze Familie von den Tailban als Feinde angesehen gewesen. Weil er in der Bank gearbeitet hat, hätte er einen Drohbrief bekommen und sei nächsten Tag von Afghanistan geflohen.

2.2.3. Zweiter Fluchtgrund: Die Gefährdung, weil er sich bereits längere Zeit in Österreich aufhält und eine Rückführung ihn als "westlichen Mann" ausweisen und gefährden würde:

2.2.4. In einer Stellungnahem des Rechtsvertreters vom 17.03.2017, nach Einbringung der Beschwerde, brachte dieser vor, dass der Beschwerdeführer wegen des langen Aufenthaltes in Europa eine westliche Orientierung angenommen hat und im Falle eine Rückführung deswegen einer Verfolgung ausgesetzt sei.

2.2.5. Zusammenfassung:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer systematischen Verfolgung wegen einer dieser Gründe oder in Zusammenwirken dieser Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, dh. wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt war oder ihm in Falle einer Rückkehr derartiges droht.

2.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

2.3.1. Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz Nangarhar in Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

2.3.2. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in zwei Städte, nämlich Herat oder Mazar-e Sharif, liefe der Beschwerdeführer nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung am 12.04.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er bezieht seit seiner Antragstellung Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und keine sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs besucht und das Niveau A2 (derzeit höchste sprachliche Ausbildung) nach dem europäischen Referenzrahmen abgeschlossen. Derzeit besucht er den Deutschkurs auf dem Niveau B2.

In seiner Freizeit betreibt er Sport. Er lebt in Graz, zuvor in der Obersteiermark. Er musste wegen Rückenschmerzen die letzten beiden Monate die Physiotherapie besuchen, ist aber gesund. Er hat für zwei Monate in einem Reinigungsunternehmen gearbeitet und hat eine schriftliche Einstellungszusage dieser Reinigungsfirma sollte er eine Arbeitserlaubnis bekommen. Er ist sichtlich um seine Integration in Österreich bemüht.

2.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

In der Folge bedeutet "LIB" folgende Quelle: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018

2.5.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage:

"Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018). (LIB auf Seite 24)."

2.5.2. Zur aktuellen Sicherheitslage in Kabul (LIB ab Seite 46ff)

"Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. ....

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen (TG 15.3.2018). Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

(Grafik)

Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren, werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban an (AAN 5.2.2018). Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilist/innen und Gefechte) (ACLED 23.2.2018)."

2.5.3. Zur Lage in seiner Heimatprovinz Nangarhar (LIB Seite 150 ff)

Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar und an den Gebirgszug Spinghar im Süden (Pajhwok o.D.g). Die Provinzhauptstadt Jalalabad ist 120 Kilometer von Kabul entfernt (Xinhua 10.2.2017). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.573.973 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Provinz Nangarhar besteht, neben der Hauptstadt Jalalabad aus folgenden Distrikten: Ghani Khil/Shinwar, Sherzad, Rodat, Kama, Surkhrod, Khogyani, Hisarak/Hesarak, Pachiragam/Pachir Wa Agam, DehBala/Deh Balah/Haska Mina, Acheen/Achin, Nazyan, Mohmand Dara/Muhmand Dara, Batikot, Kot, Goshta, Behsood/Behsud, Kuz Kunar/Kuzkunar, Dara-e Noor/Dara-e-Nur, Lalpora/Lalpur, Dur Baba/Durbaba und Chaparhar (UN OCHA 4.2014; vgl. EASO 12.2017).

Nangarhar zählte 2017 zu den Provinzen mit der höchsten Opium-Produktion (UNODC 11.2017).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

In den letzten Jahren hat sich die Sicherheitslage in der Provinz Nangarhar verschlechtert (Khaama Press 2.1.2018; vgl Reuters 14.5.2018); Nangahar war seit dem Sturz des Taliban-Regimes eine der relativ ruhigen Provinzen im Osten Afghanistans, jedoch versuchen bewaffnete Aufständische in den letzten Jahren ihre Aktivitäten in der Provinz auszuweiten (Khaama Press 11.3.2018; vgl. Khaama Press 4.3.2018, GT 22.1.2018). Begründet wird das damit, dass seit dem Fall des Talibanregimes von weniger Vorfällen berichtet worden war (Khaama Press 28.1.2018). In den letzten Jahren versuchen Aufständische der Taliban und des IS in abgelegenen Distrikten Fuß zu fassen (Khaama Press 11.3.2018; vgl. Khaama Press 4.3.2018, Khaama Press 3.2.2018, Khaama Press 5.10.2017, GT 22.1.2018, SD 22.2.2018). Befreiungsoperationen, in denen auch Luftangriffe gegen den IS getätigt werden, werden in den unruhigen Distrikten der Provinz durchgeführt (Pajhwok 16.3.2018; vgl. Khaama Press 14.1.2018a). Angriffe auch auf lokale Beamte und Sicherheitskräfte in der Provinz werden regelmäßig von Aufständischen der Taliban und dem IS durchgeführt (RFERL 12.3.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 795 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

Nangarhar war die Provinz mit den meisten im Jahr 2017 registrierten Anschlägen (Pajhwok 14.1.2018).

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Nangarhar 862 zivile Opfer (344 getötete Zivilisten und 518 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 1% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Nangarhar

In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen ausgeführt (VoA 11.1.2018), um gewisse Distrikte von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 4.3.2018; vgl. Khaama Press 3.2.2018, Khaama Press 14.1.2018, Khaama 7.1.2018, Khaama Press 13.5.2017). Ebenso werden Luftangriffe durchgeführt (ABNA 16.3.2018; vgl. Khaama Press 11.3.2018, GT 22.1.2018, Khaama Press 1.3.2018, Khaama Press 14.1.2018a, Khaama Press 2.1.2018); in manchen Fällen wurden Aufständische getötet (Tolonews 26.5.2018; vgl. Khaama Press 11.3.2018, SD 22.2.2018, Khaama Press 1.3.2018, Khaama Press 2.3.2018, Khaama Press 7.1.2018, Khaama Press 13.5.2017); darunter auch IS-Kämpfer (Tolonews 31.5.2018; vgl. ABNA 16.3.2018, GT 22.1.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Nangarhar

Anhänger der Taliban, als auch des IS haben eine Präsenz in gewissen Distrikten der Provinz (Pajhwok 16.3.2018; vgl. Khaama Press 4.3.2018); zu diesen werden mehrere südliche Distrikte gezählt (VoA 11.1.2018). Nachdem die Grausamkeit des IS ihren Höhepunkt erreicht hat, sind die Taliban in Nangarhar beliebter geworden und haben an Einfluss gewonnen. Auch ist es dem IS nicht mehr so einfach möglich, Menschen zu rekrutieren (AN 6.3.2018).

Obwohl militärische Operationen durchgeführt werden, um Aktivitäten der Aufständischen zu unterbinden, sind die Taliban in einigen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 12.1.2018). In Nangarhar kämpfen die Taliban gegen den IS, um die Kontrolle über natürliche Minen und Territorium zu gewinnen; insbesondere in der Tora Bora Region, die dazu dient, Waren von und nach Pakistan zu schmuggeln (AN 6.3.2018). Bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und IS fanden statt, dabei ging es um Kontrolle von Territorium (UNGASC 27.2.2018). In einem Falle haben aufständische Taliban ihren ehemaligen Kommandanten getötet, da ihm Verbindungen zum IS nachgesagt wurden (Khaama Press 20.1.2018).

Seit dem Jahr 2014 tauchen immer mehr Berichte zu einem Anstieg von Aktivitäten des IS in manchen abgelegenen Teilen der Provinz - dazu zählt auch der Distrikt Achin (Pajhwok 16.3.2018; vgl. Khaama Press 14.1.2018, Khaama Press 20.1.2018). Der IS zeigte weiterhin große Widerstandsfähigkeit, wenngleich die afghanischen und internationalen Kräfte gemeinsame Operationen durchführten. Die Gruppierung führte mehrere Angriffe gegen die zivile Bevölkerung und militärische Ziele aus - insbesondere in Kabul und Nangarhar (UNGASC 27.2.2018).

Eine Anzahl Aufständischer der Taliban und des IS haben sich in der Provinz Nangarhar dem Friedensprozess angeschlossen (Khaama Press 5.10.2017; vgl. Khaama Press10.1.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Nangharhar IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen Zivilisten, Auseinandersetzungen mit den Streitkräften und Gewalt) gemeldet (ACLED 23.2.2018).

2.5.4. Zur Möglichkeit sich in Mazar-e Sharif anzusiedeln ohne einer Existenzbedrohung und aus der Sicht (Seite 29 des LIB):

"Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017)."

Auf Seite 36 des LIB:

High-profile Angriffe:

Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: al-Jazeera 29.4.2017, Reuters 23.4.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.4.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.4.2017).

Dies ist der zweite Angriff auf eine Militäreinrichtung innerhalb weniger Monate, nach dem Angriff auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März, zu dem sich die Terrormiliz Islamischer Staat bekannt hatte. Damals kamen mindestens 49 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt (FAZ 21.4.2017; vgl. auch: BBC 8.5.2017, NYT 7.5.2017, Dawn 7.5.2017, SIGAR 30.4.2017, FAZ 8.3.2017)."

Auf Seite 65 des LIB:

"Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015)."

2.5.5. Zur Möglichkeit sich in Herat anzusiedeln ohne einer Existenzbedrohung und aus der sicherheitsrelevanten Sicht (Seite 101 des LIB)

Herat

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

(Grafik)

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

2.5.6. Zur Dürre in Herat und Mazar-e Sahrif; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Lage in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre, 13.09.2018

1. Wie wirkt sich diese Dürre auf die Versorgungslage der Bevölkerung im Hinblick auf die Wasserversorgung sowie auf die Versorgung mit Lebensmitteln in den Städten Mazar-e Sha-rif (Hauptstadt der Provinz Balkh) und Herat (Hauptstadt der Provinz Herat) aus?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass es im Umland von Mazar-e-Sharif, Provinz Balkh, zu Wasserknappheit und einer unzureichenden Wasserversorgung kommt. Über die Situation in Mazar-e-Sharif selbst wird nicht berichtet. Zur Wasserversorgung in der Provinz Herat konnte ein Bericht gefunden werden, demzufolge Zahlungen an die Wasserversorgungsanstalt in der Höhe von 208 Mio. Afghanis ausstehen. Aufgrund der ausstehenden Zahlungen musste die Wasseranstalt Infrastrukturprojekte verschieben. Über die konkrete Versorgungslage in Herat-Stadt wurde nicht berichtet.

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte in Afghanistan dieses Jahr deutlich geringer ausfallen als in den vergangenen Jahren. Gemäß einer Quelle lagen die Getreidepreise auf den Märkten in Herat-Stadt und Mazar-e-Sharif aufgrund guter Ernten im Iran und Pakistan im Mai 2018 dennoch nicht über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

Wie den nachfolgend zitierten Quellen weiters zu entnehmen ist, verfügen momentan 45 Prozent der afghanischen Bevölkerung über keinen gesicherten Zugang zu Lebensmitteln.

Einzelquellen:

Gemäß einem Bericht der afghanischen Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News klagen Einwohnerinnen und Regierungsvertreter aus den Bezirken Balkh, Nahar Shahi, Marmal, Khelm und Khas Balkh im Umkreis von Mazar-e-Sharif, Provinz Balkh, über Wasserknappheit und unzureichende Wasserversorgung. Landwirte aus dem Bezirk Marmal haben aufgrund der Dürre keine Nutzpflanzen angebaut.

Gemäß einem Bericht des Famine Early Warning Systems Network (FEWS-NET) wird Afghanistan dieses Jahr rund zwei bis 2,5 Mio. Tonnen an Getreide importieren müssen, um seinen Bedarf zu decken. Das sind rund zehn Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Da die Getreideernte im Iran und Pakistan voraussichtlich gut sein wird, sollte dieses Defizit durch konventionelle marktwirt-schaftliche Kanäle ausgeglichen werden können. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 vergli-chen zum Vormonat in den meisten großen Märkten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt, als auch Mazar-e-Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2017. ....

2. Gibt es bedingt durch diese Dürre in den Provinzen Balkh und Herat eine Land-flucht in die Provinzhauptstädte? ...

Zusammenfassung:

Gemäß den nachfolgend zitierten Quellen kann davon ausgegangen werden, dass von Mai bis Mitte August rund 12.000 Familien, unter anderem aufgrund der Dürre, aus den Provinzen Badghis und Ghor nach Herat-Stadt geflohen sind. Zur Lage in Mazar-e-Sharif wurde nichts berichtet.

Einzelquellen:

Gemäß dem Protokoll einer Sitzung des Humanitarian Regional Teams (HRT) von OCHA am 14.8.2018 leben rund 12.000 Familien in behelfsmäßigen Zelten im Westen von Herat-Stadt und sind damit den Elementen ausgesetzt. Sie sind aufgrund der Dürre, den Konflikten und anderen Gründen aus ihren Heimatorten geflohen...

3. Falls ja,

a. Wie wirkt sich die durch die Dürre bedingte Landflucht in den Städten Mazar-e Sharif und Herat auf die Möglichkeit der Wohnraumbeschaffung für Neuansiedler in diesen Städten aus?

Zusammenfassung:

Gemäß den nachfolgend zitierten Quellen handelt es sich bei den Personen, welche vor der Dürre nach Herat-Stadt geflohen sind, um Personen, die ihren gesamten Besitz verloren haben. Sie leben in behelfsmäßigen Zelten in den armen Gegenden am westlichen Stadtrand von Herat. Über den Wohnungsmarkt, oder auch Versuche dieser Personen, erschwinglichen Wohnraum in Herat-Stadt zu finden, konnten keine Berichte gefunden werden.

Einzelquellen:

Gemäß einem Bericht des Afghanistan Analysts Network (AAN) haben

1.760 Familien Zelte erhalten, andere leben in behelfsmäßigen Unterständen. Die Betroffenen berichten, dass sie von Brot und Wasser leben, da ihnen die Mittel für Reis oder Fleisch fehlen. AAN berichtet weiters, dass Familien, welche in den Behelfsunterkünften leben, nicht in ihre Herkunftsorte zurückkehren wollen. Sie haben ihre informellen Siedlungen in den ärmsten Gebieten von Herat-Stadt errichtet....

b. Wie wirkt sich die durch die Dürre bedingte Landflucht in den Städten Mazar-e Sharif und Herat auf die Situation am Arbeitsmarkt für Neuansiedler in diesen Städten aus?....

Zusammenfassung:

Der nachfolgend zitierten Quelle kann entnommen werden, dass die Löhne für Gelegenheitsarbeit in Herat-Stadt im Mai 2018 rund 17 Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt lagen. Damit steht die Lohnentwicklung in Herat-Stadt im Kontrast zu Entwicklungen in anderen urbanen Zentren Afghanistans. In Mazar-e-Sharif lagen die Löhne für Gelegenheitsarbeit im Mai 2018 4,5 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt.

Einzelquellen:

Gemäß einem Bericht von FEWS-NET sind die Löhne für Gelegenheitsarbeit in Herat-Stadt im Mai 2018 gegenüber dem Vorjahr und im Fünfjahresdurchschnitt um rund 17 Prozent gesunken. In Mazar-e-Sharif lagen sie dagegen 4,5 Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt....

4. Gibt es staatliche oder internationale Hilfsmaßnahmen für die in den Dürregebieten lebenden Personen?....

Zusammenfassung:

Gemäß mehreren Berichten gibt es insbesondere von internationaler Seite Hilfe für die von der Dürre betroffenen Personen. Das Humanitarian Country Team (HCT) der UN hat den Humanitarian Response Plan (HRP) für 2018 aufgrund der anhaltenden Dürre aktualisiert. Dementsprechend benötigt Afghanistan in diesem Jahr rund 547 Mio. Dollar an Hilfsgeldern, wobei Ende Juli rund ein Drittel dieses Plans finanziert war. Bislang hat OCHA an die von der Dürre betroffene Bevölkerung unter anderem Trinkwasser und Nahrungsmittel verteilt. Weiters erhielten Betroffene auch Geld, über welches sie selbst verfügen können. In jenen Zentren, in denen sich von der Dürre Geflohene ansiedelten (Herat-Stadt, Qala-e-Naw und Chaghcharan) wurden unter anderem auch Zelte verteilt.

Das World Food Programme (WFP) gab Ende Juli an, über 400.000 Personen in den von der Dürre betroffenen Provinzen Badghis, Faryab, Ghor, Herat und Jowzjan mit Nahrungsmittelsoforthilfe unterstützen zu wollen. Australien sagte eine Zahlung von 3,6 Mio. Dollar an das WFP zu. Auf Betreiben der WHO sind in Herat mobile Gesundheitsteams im Einsatz.

Die afghanische Regierung verteilte in Chaghcharan, Provinz Ghor, Getreide an 155.000 Familien.

Einzelquellen:

Gemäß Reliefweb hat das Humanitarian Country Team (HCT) der UN für Afghanistan den Humanitarian Response Plan (HRP) für 2018 aufgrund der anhaltenden Dürre aktualisiert. Entsprechend dem neuen HRP benötigt Afghanistan 117 Mio. Dollar mehr als ursprünglich geplant und somit insgesamt 547 Mio. Dollar. Momentan ist dieser Plan zu 29 Prozent finanziert. (...)

Gemäß AAN kündigte das World Food Programme (WFP) am 24.07.2018 an, 441.000 Personen in den von der Dürre betroffenen Provinzen Badghis, Faryab, Ghor, Herat und Jowzjan mit Nahrungsmitteln versorgen zu wollen. Ein Vertreter der Afghanistan National Disaster Management Authority (ANDMA) in Kabul gab an, dass aufgrund der anhaltenden Dürre der nationale Notstand ausgerufen werden müsste. Bislang ist dies allerdings nicht geschehen. AAN kritisiert, dass die Regierung nicht auf die Frühwarnungen des Famine Early Warning System (FEW) reagiert hat und die ANDMA, welche hierfür zuständig wäre, bislang untätig blieb. Die Central Statistics Organization führt derzeit unter anderem mit dem WFP eine Evaluierung der bisherigen Maßnahmen für die von der Dürre betroffenen Regionen durch.

USAID berichtet, dass USAID bzw. Food for Peace (FFP) 975.000 Dollar bereitgestellt hat, um rund 3.000 Haushalte mit unsicherer Ernährungslage im Juli und August in Zentralafghanistan zu unterstützen. Des weiteren spendete USAID/FFP Spezialnahrung für rund 54.300 Kinder, die im Zeitraum von Oktober 2017 bis April 2018 von akuter Mangelernährung betroffen waren. Im April stellte das World Food Programme, ein Partner von USAID/FFP, Lebensmittel für rund 1,2 Mio. Personen bereit, davon für 460 Haushalte, welche aufgrund der Dürre in Herat vertrieben wurden.

(...)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichtet:

Etwa zwei Millionen Menschen sind von Folgen der andauernden Dürre im Norden und Westen betroffen. ....

Die WHO berichtet, dass in Zusammenarbeit mit dem afghanischen Gesundheitsministerium und Implementierern des Basic Package of Health Services for Afghanistan (BPHS) mobile Gesundheitsteams in Herat im Einsatz sind. Wichtige medizinische Güter wurden zudem in regionalen Lagerhäusern deponiert, um sie bei Bedarf verteilen zu können. (...)

Gemäß TOLOnews kündigt das afghanische Finanzministerium an, 250 Mio. Afghanis zur Hilfe der von der Dürre betroffenen Bevölkerung bereitzustellen und aufgrund dessen mit der internationalen Gemeinschaft zu sprechen. Vertreter der Afghanistan National Disaster Management Authority (ANDMA) geben an, dass zur Beseitigung aller Dürreschäden mindestens 500 Mio. Dollar notwen-dig wären, die Behörde allerdings nur über etwas mehr als 6 Mio. Dollar verfüge.

(...)

TOLOnews berichtet weiters, dass Australien die Zahlung von 3,6 Mio. Dollar an das WFP zur Bereitstellung von Lebensmittelhilfen für Personen zugesagt hat, welche von der Dürre betroffen sind.

(...)

2.5.7. Zur Versorgungslage der Rückkehrer (Seite 324 ff des LIB):

"Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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