Entscheidungsdatum
29.10.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W119 2013453-1/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Mongolei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23. 9. 2014, Zl 647617510/1728452/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. 8. 2016 und am 27. 9. 2018 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 i. d. g. F., als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt III wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005 idgF iVm § 9 Absatz 3 BFA-VG idgF auf Dauer unzulässig ist.
Gemäß §§ 54 und 55 AsylG 2005 iVm § 10 Abs. 2 Z 5 IntG idgF wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin und ihr minderjähriger Sohn (Zl W119 2013455) stellten am 7. 10. 2013 Anträge auf internationalen Schutz. Es liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.
Die Beschwerdeführerin wurde am selben Tag im Rahmen einer Erstbefragung nach dem AsylG niederschriftlich einvernommen und gab dort an, dass sie aus Ulaanbaator stamme und verheiratet sei. Sie habe dort die Schule abgeschlossen und im Anschluss daran die Universität besucht. Zu ihrem Fluchtgrund führte sie aus, dass ihr Ehemann aus der Inneren Mongolei stamme. Mongolische rechtsradikale Gruppierungen, wie zum Beispiel Dayar Mongol, hätten ihren Ehemann bedroht, worauf dieser das Land habe verlassen müssen. Sie sei ihm in die VR China gefolgt, habe sich jedoch dort nur eine begrenzte Zeit aufhalten dürfen. In der Mongolei werde sie nun bedroht, weil sie mit einem "Chinesen" ein Kind habe. Deswegen sei es für sie nicht möglich, weiterhin in der Mongolei zu leben.
Das Landeskriminalamt Kärnten übermittelte mit Schreiben vom 20. 12. 2013 eine Zeugenvernehmung, aus der hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin Opfer einer Vergewaltigung in ihrer Unterkunft wurde.
Mit Schriftsatz vom 4. 7. 2014 wurde eine Bestätigung des Transkulturellen Zentrums OMEGA vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leide und einmal wöchentlich eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen müsse.
Am 3. 7. 2014 langte ein Schreiben des XXXX ein, aus dem hervorgeht, dass sich die Beschwerdeführerin und ihr Sohn in 14-tägigen Intervallen in psychotherapeutischer Behandlung befinden würden.
Die Beschwerdeführerin wurde am 2. 7. 2014 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen und gab dort an, dass ihr Sohn den Kindergarten besuche. Zudem führte sie an, dass sie in ihrem Quartier vergewaltigt worden sei, worauf sie bereits eine Anzeige erstattet habe.
Weiters gab sie an, dass sie vor ihrer Flucht gemeinsam mit ihrem Sohn in Ulaanbaatar gelebt habe, ihr Ehemann befinde sich in der VR China. Sie besitze in der Mongolei nur mehr entfernte Verwandte. Zu ihrem Beruf befragt, gab sie an, als Verkäuferin in einem Teegeschäft gearbeitet zu haben. Sie habe ihren Ehemann im Jahr 2006 kennengelernt, am 8. 2. 2009 habe sie ihn geheiratet. Von 2007 bis 2009 habe sie mit ihrem Ehemann in der VR China gelebt.
Zu ihrem Fluchtgrund führte sie aus, dass ihr Ehemann aus der Inneren Mongolei stamme. Er habe in der Mongolei gelebt und mit anderen chinesischen Staatsbürgern Geschäfte gemacht. Dabei sei es zu Konflikten mit der Dayar Mongol gekommen. Er sei zweimal von Anhängern dieser Gruppierung geschlagen worden. Diese Vorfälle hätten sich im Jahr 2010 ereignet. Die Polizeibehörden hätten diese Vorfälle notiert, aber nichts Weiteres unternommen. Ihr Ehemann habe sich nach dem zweiten Übergriff im Krankenhaus befunden. Daraufhin sei er im Jahr 2011 in die Innere Mongolei zurückgekehrt. Sie selbst sei auch von diesen Männern bedroht worden.
Weiters gab sie an, dass sie den mongolischen Ärzten nicht vertraue. Es sei auch der Umstand, dass sich ihr Sohn zweimal in Lebensgefahr befunden habe, für ihre Flucht ausschlaggebend gewesen.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 23. 9. 2014, Zl 647617510/1728452/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb Spruchpunkt III. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Begründend wurde zu Spruchpunkt I ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen sehr vage geschildert habe und es äußerst unglaubwürdig erscheine, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, eine Heiratsurkunde aus der Mongolei zu erhalten. Außerdem erscheine es ebenso unglaubwürdig, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin noch nicht nachgekommen sei, wenn sie doch angegeben habe, seit dem Jahr 2011 kein Familienleben zu führen. Auch zur Gruppe der Dayar Mongol habe sie nur sehr vage Angaben gemacht.
Das Bundesamt gehe somit davon aus, dass die Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin nicht der Wahrheit entspreche und sie lediglich mit ihrem Sohn deswegen nach Österreich gekommen sei, um hier ein besseres Leben führen zu können.
Im Spruchpunkt II wurde dargelegt, dass die Beschwerdeführerin während des gesamten Verfahrens keine lebensbedrohliche Erkrankung behauptet habe. Zudem seien in der Mongolei alle gängigen Erkrankungen - auch psychische Erkrankungen - behandelbar.
Das Bundesamt vertrete daher die Ansicht, dass sich gegenwärtig für die Beschwerdeführerin kein Abschiebungshindernis in die Mongolei ergebe, sodass keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würde, bestünden.
Zu Spruchpunkt III wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Sohn in Österreich lebe. Sie beherrsche die deutsche Sprache nicht, wobei auch ihre Bindungen zum Heimatland wesentlich stärker als zu Österreich ausgeprägt seien.
Der Beschwerdeführerin wurde die ARGE Rechtsberatung- Diakonie und Volkshilfe amtswegig als Rechtsberaterin zur Seite gestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 8. 10. 2014 Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin von Mitgliedern der Dayar Mongol tätlich angegriffen worden sei und sich deswegen auch im Krankenhaus behandeln habe lassen müssen. Die Polizei habe nichts gegen die Übergriffe dieser Gruppierung unternommen.
Es sei anzumerken, dass die vom Bundesamt herangezogenen Länderberichte als überholt anzusehen seien. Zudem habe die Beschwerdeführerin sehr wohl konkrete Angaben zu den Übergriffen der Dayar Mongol auf ihren Ehemann gemacht. Es sei ihr nicht anzurechnen, dass sie dort nicht anwesend gewesen sei.
Wenn das Bundesamt auch das Vorliegen einer Ehe mangels vorgelegter Unterlagen bezweifle, gehe es in seinem Bescheid dennoch immer wieder vom "Ehemann" der Beschwerdeführerin aus.
Weiters seien die Feststellungen des Bundesamtes zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin unvollständig. Sie habe bereits mehrere Deutschkurse besucht, ihr Sohn besuche den Kindergarten.
Mit Schriftsatz vom 5. 11. 2014 übermittelte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung über ihre psychotherapeutische Behandlung und über jene ihres Sohnes sowie Deutschkursbestätigungen.
Am 29. 8. 2016 und am 27. 9. 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das Bundesamt nahm an der Verhandlung als weitere Partei des Verfahrens entschuldigt nicht teil. Die Beschwerdeführerin legte eingangs Bestätigungen über ihre freiwilligen Tätigkeiten, eine Teilnahmebestätigung zur Ausbildung als Babysitterin, eine Bestätigung über die Teilnahme am Erste-Hilfe-Kindernotfallkurs sowie Deutschkursbestätigungen vor.
Weiters gab sie an, ihre Heiratsurkunde nicht vorlegen zu können, da ihr Ehemann mittlerweile eine Beziehung zu einer anderen Frau eingegangen sei. Sie habe seit einem Jahr keinen Kontakt zu ihm. Sie sei in Ulaanbaator geboren, habe im Jahr 1999 die Schule abgeschlossen und bis 2003 die Universität besucht. Dort habe sie XXXX und XXXX studiert. Danach habe sie in der Tourismusbranche gearbeitet. 2006 habe sie ihren Ehemann kennengelernt. Von 2007 bis 2009 habe sie mit ihm in der VR China gelebt. Am 8. 2. 2009 habe sie geheiratet. Dann habe sie mit ihm in Ulaanbaator gelebt. Ihr Ehemann habe als Dolmetscher gearbeitet. Er habe 2011 die Mongolei verlassen, weil er seit dem Jahr 2010 mit der Dayar Mongol Probleme gehabt habe. Beim ersten Vorfall sei er geschlagen worden, beim zweiten Mal habe er sich sogar im Krankenhaus befunden. Als er sich an die Polizeibehörden gewandt habe, sei ihm gesagt worden, er solle einen Antrag stellen, um diesen Vorfall zu melden. Ansonsten hätten die Polizeibehörden nichts unternommen. Die Anhänger der Dayar Mongol hätten jedoch gedroht, ihn umzubringen, wenn er dies melde. Auf die Frage, woher die Anhänger der Dayar Mongol gewusst hätten, dass ihr Ehemann einen solchen Antrag gestellt habe, gab sie an, dass die Anhänger der Dayar Mongol zur Polizei geladen worden seien. Auf Vorhalt, dass sie zuvor angegeben habe, dass die Polizei untätig geblieben sei, gab sie an, auf Bemühungen der Polizei gehofft zu haben. Es sei jedoch nichts passiert. Daraufhin habe sie ihrem Ehemann empfohlen, das Land zu verlassen.
Danach habe sie mit ihrem Kind alleine in der Mongolei gelebt und Gesundheitstees verkauft. Sie sei weiterhin von der Dayar Mongol bedroht worden. Diese hätten Geld von ihr gewollt, dies sei entweder telefonisch geschehen oder sie seien an ihrem Arbeitsplatz erschienen. Sie habe sich nicht an die Polizeibehörden gewandt.
Am 27. 9. 2018 fand eine fortgesetzte Verhandlung statt, an der das Bundesamt nicht teilgenommen hat. Die Beschwerdeführerin legte zunächst eine Bestätigung der Drogenberatung über Beratungsgespräche in der Fachabteilung Gesundheit und Pflegemanagement beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, eine Bestätigung von OMEGA (Transkulturelles Zentrum für psychische und physische Gesundheit und Integration) über psychotherapeutische Sitzungen, einen ambulanten Arztbrief, wonach sie an einer reaktiven Depression leide, eine Bestätigung, wonach ihr Sohn einen Krisenpflegeplatz erhalten habe, eine Wohnsitzbestätigung in einem Frauenwohnhaus, das A2-Sprachzertifikat für die deutsche Sprache sowie eine Schulbesuchsbestätigung des XXXX für Berufstätige, welches sie seit Februar 2017 besucht, vor.
Die Beschwerdeführerin führte weiters aus, dass ihr Sohn bis XXXX im Krisenzentrum XXXX bleibe. Ihr Sohn besuche die 3. Klasse Volksschule. Sie besuche ihren Sohn einmal in der Woche und lerne mit ihm.
Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wurden die Länderfeststellungen zur Situation in der Mongolei, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation "Dayar Mongol" sowie eine ACCORD-Anfragebeantwortung zur Situation gemischt-ethnischer Personen in der Mongolei übergeben und ihr eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.
Mit Schriftsatz vom 10. 10. 2018 wurde zu diesen Länderberichten Stellung bezogen und ausgeführt, dass ethnische Chinesen mit gesellschaftlichen Diskriminierungen konfrontiert seien. In den vorgelegten Länderberichten sei nicht berücksichtigt worden, dass die Beschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass einer Studie zufolge 31 % der mongolischen Frauen Opfer sexueller oder physischer Gewalt geworden seien. Es gebe auch keine ausreichende staatliche Unterstützung für alleinerziehende Frauen oder deren Kindern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist mongolische Staatsangehörige und stammt aus Ulaanbaator. Sie absolvierte in ihrer Heimatstadt ein XXXX. Danach war sie in der Tourismusbranche tätig. Im Jahr 2006 lernte sie ihren Ehemann kennen, der aus der Inneren Mongolei stammt. 2007 bezogen sie eine gemeinsame Wohnung und heirateten im Jahr 2009. Im XXXX kam der Sohn der Beschwerdeführerin zur Welt. Der Ehemann der Beschwerdeführerin war als Dolmetscher beschäftigt. Von 2007 bis 2009 lebte die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann in der VR China. Im Jahr 2010 wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin Opfer zweier Übergriffe der nationalistischen Gruppierung Dayar Mongol. Daraufhin verließ er im Jahr 2011 die Mongolei. Der Ehemann der Beschwerdeführerin lebt nunmehr in einer neuen Partnerschaft. Die Beschwerdeführerin ist nicht von ihrem Ehemann geschieden.
Sie lebte in weiterer Folge mit ihrem Sohn weiterhin in Ulaanbaator und verkaufte Gesundheitstees. Im September 2013 verließ sie gemeinsam mit ihrem Sohn die Mongolei und stellte am 7. 10. 2013 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin wurde im Dezember 2013 in ihrer Asylwerberunterkunft Opfer einer Vergewaltigung.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin Übergriffen der Dayar Mongolei ausgesetzt war.
In der Mongolei leben entfernte Verwandte der Beschwerdeführerin.
Bei der Beschwerdeführerin wurden eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine reaktive Depression diagnostiziert. Sie befindet sich in Behandlung.
Die Beschwerdeführerin besitzt das A2-Sprachzertifikat für die deutsche Sprache. Sie besucht seit Februar 2017 ein Gymnasium für Berufstätige, um sich weiterzubilden. Sie absolvierte bereits zahlreiche auf freiwilliger Basis ausgeübte Tätigkeiten im Fachbereich Sozialräumliche Familienarbeit und schloss eine Ausbildung zur Babysitterin nach reformpädagogischen Grundlagen ab. Sie war in zahlreichen Fällen bereits als solche im Einsatz. Der Sohn der Beschwerdeführerin befindet sich nach derzeitigem Stand bis XXXX wegen der krankheitsbedingten psychischen Problemen seiner Mutter im Krisenzentrum XXXX. Er besucht die dritte Klasse Volksschule. Die Beschwerdeführerin besucht ihren Sohn einmal wöchentlich, um mit ihm zu lernen und die Zeit gemeinsam zu verbringen. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Zur Situation in der Mongolei:
(Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13. 1. 2017)
Politische Lage
Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch USDOS 13.4.2016). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch AA 11.2016a).
Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 11.2016). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl für vier Jahre gewählt. Im April 2016 erging eine Verfassungsgerichtsentscheidung zugunsten des Mehrheitswahlrechts (AA 11.2016a). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016).
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 29.6.2016 statt. Bei dieser regulär verlaufenen Wahl löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 11.2016a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan, erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongoleionline 10.7.2016; vgl. auch KAS 1.7.2016). Die neue Regierung unter Premierminister Erdenebat besteht aus 16 Ministern, 2 davon Frauen (ÖB Peking 11.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 11.2016). Aktuelles Staatsoberhaupt ist der am 26.6.2013 wiedergewählte Staatspräsident Tsakhiagiin Elbegdorj (Demokratische Partei - DP). Der Staatspräsident ist zugleich Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates, dem auch der Ministerpräsident und der Parlamentspräsident angehören, und er ist der Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er kann Gesetze initiieren, setzt vom Parlament verabschiedete Gesetze in Kraft oder verhindert diese mit einem Veto, welches nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 11.2016a). Die nächste Präsidentschaftswahl ist für das Jahr 2017 angesetzt (ÖB Peking 11.2016).
In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 11 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 5.7.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Mongolei, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Mongolei/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.12.2016
-
KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (1.7.2016): Erdrutschsieg der Mongolischen Volkspartei, Parlamentswahlen in der Mongolei, http://www.kas.de/mongolei/de/publications/45759/, Zugriff 22.12.2016
-
Mongoleionline, Bormann (10.7.2016): Wahlergebnisse - Wahlen 2016, http://www.mongolei.de/news/Ergebnisse2016.htm, Zugriff 19.12.2016
-
ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
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OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.10.2016): Mongolia, Parliamentary Elections, 29 June 2016: Final Report, http://www.osce.org/odihr/elections/mongolia/237626, Zugriff 22.12.2016
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USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/332456/473881_de.html, Zugriff 22.12.2016
-
USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016
Sicherheitslage
Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ 2016).
Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, die Staatsgewalt herauszufordern. Abgesehen von den Unruhen im Zuge der Wahlen 2008, sowie lokalem Widerstand von Umweltaktivisten gegen Bergbautätigkeiten seit 2010, gab es keine bedeutenderen Gewaltanwendungen durch oppositionelle Kräfte. Es gibt jedoch ultra-nationalistische Kräfte, die gegen den Einfluss aus dem Ausland opponieren, und daher Fremde, insbesondere ethnische Chinesen attackieren (Bertelsmann 2016).
Die Binnenlage des dünn besiedelten Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 11.2016a).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (11.2016a): Mongolei, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Mongolei/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.12.2016
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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016
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BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2016): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 21.12.2016
Rechtsschutz/Justizwesen
Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht. Die Mongolei hat drei verschiedene Ebenen von Gerichten:
1. Soum, Intersoum und Bezirksgerichte: Gerichte erster Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von 10 Millionen Tugrik zuständig.
2. Aimag Gerichte: Die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über 10 Millionen Tugrik. Aimag Gerichte sind gleichzeitig Berufungsgerichte für die niederrangigen Gerichte.
3. Oberster Gerichtshof: Für alle anderen Verfahren zuständig und in der Hauptstadt angesiedelt (ÖB Peking 11.2016).
Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt (ÖB Peking 11.2016).
2013 trat unter anderem das Gesetz über den Opfer- und Zeugenschutz, das Gesetz über den Marshal-Service, das Gesetz über einen Rechtsbeistand für insolvente Beklagte und eine Änderung des Polizeigesetzes in Kraft (USDOS 25.6.2015). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch FH 2016). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes, was die Möglichkeiten der Justiz untergräbt, unabhängige Aufsicht über die anderen Regierungszweige auszuüben. (Bertelsmann 2016).
Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016
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FH - Freedom House (2016): Freedom in the world 2016, Mongolia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/mongolia, Zugriff 22.12.2016
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
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USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Mongolia;
http://www.ecoi.net/local_link/306322/443597_de.html, Zugriff 16.11.2015
Sicherheitsbehörden
Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 11.2016). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA), der bis September 2015 elf Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet wurden, die zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 13.4.2016).
Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Die Miliz ist für die Ausstellung und Registrierung des Personalausweises sowie für die Speicherung der Ausweisdaten zuständig. Alle Staatsangehörigen der Mongolei müssen ab dem 16. Lebensjahr ständig einen Personalausweis bei sich führen. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Weiters ist die Miliz berechtigt, betrunkene Personen bis zu 24 Stunden in Kurzzeitarrest zu nehmen und auch Geldstrafen zu verhängen. Sie hat ferner alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatsicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
-
ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
-
USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 3.1.2017
Folter und unmenschliche Behandlung
Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 11.2016). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen, insbesondere bei Verhören durch Ordnungskräfte zum Erzwingen von Geständnissen, noch immer an der Tagesordnung (AI 24.2.2016; vgl. auch USDOS 13.4.2016). Er wird auch von Drohungen gegen Familienmitglieder zu ermitteln, sollten Geständnisse nicht erfolgen, berichtet (USDOS 13.4.2016). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur VN-Antifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
-
AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/319803/466758_de.html, Zugriff 19.12.2016
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
-
USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016
Korruption
Korruption stellt ein großes Problem in der öffentlichen Verwaltung dar (BMZ 2016). Auch die Industrie, insbesondere der Bergbau ist davon betroffen (ÖB Peking 11.2016). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2015 auf Platz 72 von 168 analysierten Ländern (TI 2016). 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz (Anti-Corruption Law, ACL) erlassen, das aber nicht effektiv umgesetzt wird (USDOS 5.7.2016). In der Politik setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Korruption die Entwicklung der Mongolei stark behindert (BMZ 2016). Es wurde daher 2007 die unabhängige Behörde gegen Korruption (Independent Authority Against Corruption, IAAC) gegründet. Diese hat einige hochrangige Personen wegen Veruntreuung und Korruption angeklagt (BMZ 2016). Mitglieder des Parlaments sind aber während ihrer Amtszeit immun gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (USDOS 5.7.2016). 2012 hat sich der mongolische Kampf gegen Korruption intensiviert, als ein Gesetzt erlassen wurde, das von jedem Mitglied des Parlaments verlangt jährlich das Einkommen darzulegen. (Bertelsmann 2016). Korruptionsfälle werden noch nicht konsequent genug strafrechtlich verfolgt (BMZ 2016).
Es gibt Bedenken, dass Elemente der Justiz und der IAAC vom Präsidenten und anderen Amtsträgern der Demokratischen Partei für politische Zwecke gebraucht wurden. So wurden hauptsächlich Mitglieder der MVP angeklagt (Bertelsmann 2016). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben. Es besteht derzeit kein besonderer Schutz für Whistle-Blower, eine gesetzliche Schutzvorschrift lag Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
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Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016, Mongolia Country Report; http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Mongolia.pdf, Zugriff 21.12.2016
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BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2016): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/zusammenarbeit/index.html, Zugriff 21.12.2016
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
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TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015/, Zugriff 5.1.2017
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USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/332456/473881_de.html, Zugriff 22.12.2016
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Eine Vielzahl an heimischen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne behördliche Einschränkungen ihre Erkenntnisse veröffentlichen. Regierungsbeamte sind grundsätzlich kooperativ und für deren Anliegen zugänglich (USDOS 13.4.2016). Die staatliche Menschenrechtskommission "National Human Rights Commission of Mongolia" (NHRC) arbeitet weitgehend unabhängig und veröffentlicht kritische Berichte trotz schlechter finanzieller Ausstattung. Internationale NGOs können frei arbeiten. Menschenrechtsverteidiger sind in der Regel keinen Belästigungen ausgesetzt. Jedoch blieb der Fall eines 2015 ermordeten Umweltaktivisten, der Minenarbeiten kritisiert hatte, bisher ungeklärt und kam es zu Fällen von Übergriffen von Skinheads und religiösen Fanatikern gegen LGBT-Aktivisten (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 19.12.2016
Ombudsmann
Es existiert keine Ombudsstelle zur Behandlung von Beschwerden von Häftlingen, jedoch erlaubt das Gesetz Gefangenen, Beschwerden unzensiert an das Justizpersonal weiterzuleiten, um Untersuchungen der Haftbedingungen zu beantragen. Die Staatsanwaltschaft und die NHRC kontrollierten die Bedingungen in Gefängnissen und Haftanstalten (USDOS 13.4.2016). Es gibt häufige Berichte, in denen die Rechte von Untersuchungshäftlingen beschnitten werden. Unter anderem gibt es Verstöße gegen das Recht auf Schutz vor Folter und anderen Formen der Misshandlung, das Recht auf Zugang zu Gesundheitsversorgung und auf Besuch von Angehörigen und Rechtsanwälten. Es gibt Berichte davon, wie Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Verdächtige und auch deren Familienmitglieder mit Irreführung und Einschüchterungsversuchen vorgingen (AI 19.12.2016).
Quellen:
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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/319803/466758_de.html, Zugriff 19.12.2016
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 2.1.2017
Wehrdienst und Rekrutierungen
Alle Männer zwischen 18 und 25 Jahren sind zwölf Monate wehrpflichtig. Zu den nicht bewaffneten Einheiten kann man bis zum 27. Lebensjahr eingezogen werden. Eine uneingeschränkte Befreiung von der Wehrpflicht gibt es nicht, eine Erkrankung oder die Unterstützung schwer erkrankter Familienangehöriger können zu einem Aufschub der Wehrpflicht führen. Studenten haben ebenfalls das Recht, einen Aufschub des Einberufungsbefehls zu beantragen. Frauen sind von der Wehrpflicht ausgenommen (ÖB Peking 11.2016; vgl. auch CIA 12.12.2016). Nach der Wehrpflicht können sich Soldaten für zwei bis vier Jahre verpflichten (CIA 12.12.2016).
Quellen:
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CIA - Central Intelligence Agency (12.12.2016): The World Factbook
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Mongolia,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 4.1.2017
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
Wehrersatzdienst
Religiöse oder Gewissensgründe sind keine Ausschlussgründe von der Wehrpflicht. Es gibt aber die Möglichkeit, alternativ Dienst bei der Grenzüberwachung, der nationalen Katastrophenschutzbehörde oder bei humanitären Organisationen zu leisten oder sich durch die Zahlung für Ausbildungskosten und für den Erhalt eines Soldaten für ein Jahr von der Wehrpflicht freizukaufen (USDOS .10.8.2016) Derjenige, der vom Wehrdienst befreit werden möchte, muss nach dem Wehrdienstgesetz umgerechnet 490 Euro zahlen.
Quellen:
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
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USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/328386/469165_de.html, Zugriff 19.12.2016
Wehrdienstverweigerung / Desertion
Deserteure müssen in Friedenszeiten mit einer zweijährigen und Offiziere mit einer dreijährigen Freiheitsstrafe, rechnen (Art. 279 Abs.1 und 279 Abs. 2 StGB). In Kriegszeiten kann die Strafe auf fünf bis sieben Jahre ausgedehnt werden (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
Allgemeine Menschenrechtslage
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme sind Korruption und weit verbreitete häusliche Gewalt. Vage Gesetzeslage und ein Mangel an Transparenz in der Legislative, der Exekutive und in Judikativen Prozessen untergräbt die Effizienz der Regierung, das Vertrauen der Öffentlichkeit und fördert Korruption. Weitere beobachtete Menschrechtsprobleme umfassen Misshandlung von Häftlingen durch die Polizei, schlechte Bedingungen in Untersuchungsgefängnissen, willkürliche Festnahmen, Medienbeeinflussung durch die Regierung, religiöse Diskriminierung, Ausgangssperren, Menschenhandel, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und intersex (LGBTI) Personen (USDOS 13.4.2016).
Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um 2 Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 11.2016).
Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 11.2016).
Quellen:
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AI - Amnesty International (2016): Amnesty Report 2016 Mongolei, http://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/mongolei?destination=node%2F2982, Zugriff 11.1.2017
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ÖB Peking (11.2016): Asylländerbericht 2016 Mongolei
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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Mongolia, http://www.ecoi.net/local_link/322501/461978_de.html, Zugriff 2.1.2017
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung der Mongolei garantiert Meinungsfreiheit (Bertelsmann 2016). Auch der friedliche Meinungsaustausch im Internet ist gesetzlich erlaubt. Dennoch gibt es Internetzensur. Verantwortlich dafür ist die von der Regierung besetzte Kommunikationsaufsichtskommission (Regulatory Commission, CRC), ein Organ, welches Fernseh- und Rundfunklizenzen vergibt, sowie den Inhalt reguliert. (USDOS 13.4.2016). Es werden auch rechtliche Möglichkeiten angewandt um Journalisten zu zensieren. So wird das Gesetz für Staatsgeheimnisse, welches Staatsgeheimnisse nur vage beschreibt herangezogen um journalistische Publikationen einzuschränken (Bertelsmann 2016). Außerdem werden straf- und zivilrechtliche Bestimmungen über Verleumdung gegen Journalisten verwendet, die über Korruption, und über als beleidigend eingestufte Themen und Aktivitäten von Abgeordneten berichteten (AI 24.2.2016; vgl. auch FH 2016). Auch Blogger sind Verleumdungsklagen einflussreicher Persönlichkeiten ausgesetzt (ÖB Peking 11.2016). Aus Furcht vor strafrechtlichen Repressalien übten viele Jo