TE Bvwg Beschluss 2018/10/29 L511 2007564-1

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Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Norm

ASVG §410
AVG §38
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L511 2007564-1/7Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. JICHA als Einzelrichterin im Beschwerdeverfahren von XXXX, vertreten durch RA Mag. MAIER, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 05.03.2014, XXXX beschlossen:

A)

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 38 Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) bis zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes XXXX im Verfahren zur Zahl XXXX ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse

1.1. Mit Bescheid vom 05.03.2014, XXXX verpflichtete die XXXXGKK die beschwerdeführende Partei im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, auf Grund von im Zuge einer Sozialversicherungsprüfung iSd § 41a ASVG festgestellten Melde- und Beitragsdifferenzen, zur Entrichtung von nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträgen samt Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in der Höhe von EUR 293.696,18 an die XXXXGKK.

Die Verpflichtung sei unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 34, 35 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45, 49 Abs. 1 und 2, 54, 58 Abs. 1 und 2 ASVG und § 6 BMSVG ausgesprochen und nehme Bezug auf die Beitragsvorschreibungen vom 09.05.2011, 27.06.2011 und 11.07.2013 sowie auf den Versicherungspflichtbescheid vom 05.03.2014, XXXX welche jeweils einen integrierten Bestandteil des Bescheides darstellten.

1.2. Mit Schreiben vom 26.03.2014 wurde gegen oben bezeichneten Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse fristgereicht Beschwerde erhoben. Darin wurde ua die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung im Abgabeverfahren beantragt.

1.2.1. Die belangte Behörde legte am 05.05.2014 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt in nicht durchnummerierter Form vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).

2. Verfahren vor den Finanzbehörden

2.1. Gegenständlich ist seit 2014 denselben Sachverhalt betreffend, auch ein Verfahren hinsichtlich der Festsetzung der Lohnsteuer des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag anhängig.

2.1.1. Das Finanzamt XXXX hat mit Bescheid vom 13.12.2013, XXXX Haftungs- und Abgabenbescheide gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gegenüber der beschwerdeführenden Partei erlassen.

2.1.2. Die dagegen erhobene Beschwerde ist beim Bundesfinanzgericht XXXX XXXX anhängig (OZ 5).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

Das Beschwerdeverfahren der beschwerdeführenden Partei die Haftungs- und Abgabenbescheide gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) betreffend ist derzeit beim Bundesfinanzgericht XXXX, XXXX, anhängig, und noch nicht abgeschlossen (OZ 5).

2. Beweiswürdigung

Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die dem BVwG in Kopie vorliegenden Aktenteile des Verwaltungsverfahrens, aus denen sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang sowie die Feststellungen ergeben (OZ 1-5).

3. Rechtliche Beurteilung

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch eine Einzelrichterin ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 414 ASVG.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG). Soweit im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, ist auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG), wobei entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des VwGVG bereits kundgemacht wurden, in Kraft bleiben (§ 58 Abs. 2 VwGVG).

3.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Aussetzung des Beschwerdeverfahrens

3.2. Wie sich aus § 17 und § 34 Abs. 2 Z 2 VwGVG schlüssig ergibt, kann das Bundesverwaltungsgericht ein Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage gemäß § 38 AVG aussetzen.

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

3.3. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zur Feststellung der Verpflichtung zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen stellt die Versicherungspflicht der Betroffenen Personen gemäß § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar, da die gegenständliche Beitragsnachverrechnung unmittelbar auf der Versicherungspflicht der beiden Betroffenen basiert (vgl. VwGH 29.01.2014, Ro 2014/08/0004; 11.07.2012, 2010/08/0124; 27.07.2001, 98/08/0263 jeweils mHa 08.05.1990, 89/08/0040).

3.4. Gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz ASVG gilt jedenfalls - abgesehen von hier nicht zur Anwendung gelangenden Ausnahmen - auch als Dienstnehmer, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Für jene Zeiträume, für welche eine Lohnsteuerpflicht einer Person nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 (insbesondere) mit Haftungs- und Abgabenbescheiden gemäß § 82 EStG 1988 der Finanzbehörde festgestellt ist, steht auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG bindend fest (VwGH 13.11.2013, 2011/08/0165; 19.12.2012; 2010/08/0240 mwN).

3.5. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zur Feststellung der Verpflichtung zur Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen stellt somit die Lohnsteuerpflicht eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar (vgl. VwGH 24.11.2010, 2007/08/0333; 26.04.2006, 2003/08/0264), welche bereits als Hauptfrage den Gegenstand eines anhängigen Beschwerdeverfahrens beim Bundesfinanzgericht Außenstelle Salzburg, Zahl XXXX, somit dem dafür zuständigen Gericht, bildet.

3.6. Da die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des Verfahrens somit gegeben sind, wird das gegenständliche Verfahren spruchgemäß ausgesetzt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Wie sich aus der oben unter A) Punkt 3. wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, stellt die Lohnsteuerpflicht eine bindende Vorfrage in Verfahren über die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 erster Satz ASVG dar. vgl. dazu insbesondere VwGH 13.11.2013, 2011/08/0165; 19.12.2012; 2010/08/0240 mwN; 24.11.2010, 2007/08/0333; 26.04.2006, 2003/08/0264. Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf diese zitierte einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und weicht von dieser nicht ab.

Aus dem gegenständlichen Verfahren ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage. Vor diesem Hintergrund ist die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Aussetzung, Versicherungspflicht, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L511.2007564.1.01

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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