TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/30 W162 2196487-1

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Veröffentlicht am 30.10.2018
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Entscheidungsdatum

30.10.2018

Norm

AlVG §24
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §15

Spruch

W162 2196487-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Benjamin NADLINGER und Mag. Gerald NOVAK

als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Gänserndorf vom 07.05.2018, GZ: XXXX, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 04.10.2017 wurde im Fall des Beschwerdeführers gemäß § 38 iVm § 24 Abs 1 AIVG der Notstandshilfebezug für die Zeit vom 01.06.2015 bis 30.06.2015 widerrufen und gemäß § 38 iVm § 25 Abs 1 AIVG € 948,-- rückgefordert, da aufgrund von zwei geringfügigen Dienstverhältnissen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden war.

2. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.01.2018 wurde der dagegen erhobenen Beschwerde vom 13.10.2017 keine Folge gegeben. Die Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung lautete wie folgt: "Sie können binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird."

Die Beschwerdevorentscheidung wurde laut Zustellnachweis am 12.01.2018 hinterlegt und vom Beschwerdeführer nicht behoben. Am 30.01.2018 langte die Beschwerdevorentscheidung wieder bei der belangten Behörde ein.

Am 16.03.2018 erhielt der Beschwerdeführer eine Mahnung über sein eAMS Konto und teilte in der Folge am 19.03.2018 der belangten Behörde mit, dass er die Beschwerdevorentscheidung vom 10.01.2018 nicht erhalten habe.

Am 20.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Bescheidkopie samt dazugehörigem Zustellnachweis übermittelt. Am 20.03.2018 bestätigte der Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto den Erhalt der Beschwerdevorentscheidung.

3. Datiert mit Schreiben vom 27.03.2018 brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag und einen Wiedereinsetzungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Der Antrag langte beim Bundesverwaltungsgericht am 03.04.2018 ein und wurde vom Bundesverwaltungsgericht zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das AMS Gänserndorf am 05.04.2018 mittels RSb-Schreiben übermittelt und langte am 06.04.2018 beim AMS Gänserndorf ein.

Aufgrund des Wiedereinsetzungsantrages des Beschwerdeführers wurde die Post um Stellungnahme dazu ersucht, wie die Verständigung über die Hinterlegung des RSb-Schreibens vom 10.01.2018 erfolgt war. Am 04.05.2018 teilte die Post mit, dass der zuständige Postzusteller für längere Zeit nicht im Dienst sei und nicht befragt werden könne.

4. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 07.05.2018 (hinterlegt per RSb-Schreiben am 11.05.2018) wurde der Vorlageantrag nunmehr als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Es wurde davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer die Beschwerdevorentscheidung nachweislich am 20.03.2018 zugegangen ist. Ausgeführt wurde, dass die Vorlagefrist zwei Wochen beträgt, diese daher am Dienstag, dem 20.03.2018 zu laufen begann und am Dienstag, dem 03.04.2018, endete. Festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer den Vorlageantrag und den Wiedereinsetzungsantrag trotz korrekter Rechtsmittelbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung beim Bundesverwaltungsgericht statt beim AMS Gänserndorf eingebracht hatte. Nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers in § 6 AVG erfolge die Weiterleitung "auf Gefahr des Einschreiters". Das bedeute, dass derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen, also selbst dann zu tragen habe, wenn ein Anbringen nicht ohne unnötigen Aufschub weitergeleitet werde. Insbesondere werde dadurch der Fristenlauf weder gehemmt noch unterbrochen. Ein bei der unzuständigen Stelle eingebrachtes, fristgebundenes Anbringen sei daher nur dann nicht verspätet, wenn das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde einlange. Da der Vorlageantrag nach Ablauf der Frist erst am 06.04.2018 bei der Regionalen Geschäftsstelle eingelangte sei (Eingangsstempel des Arbeitsmarktservice Gänserndorf datiert mit 06.04.2018), sei der Vorlageantrag als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

5. Gegen diesen Bescheid vom 07.05.2018 richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 23.05.2018.

6. Die Beschwerde wurde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 25.05.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden folgende Feststellungen getroffen und der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt:

Dem Beschwerdeführer wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 10.01.2018 rechtmäßig am 20.03.2018 zugestellt. Am 20.03.2018 bestätigte der Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto den Erhalt der Beschwerdevorentscheidung. Die zweiwöchige Beschwerdefrist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete somit am 03.04.2018.

Datiert mit Schreiben vom 27.03.2018 brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag und einen Wiedereinsetzungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Der Antrag langte beim Bundesverwaltungsgericht am 03.04.2018 ein und wurde vom Bundesverwaltungsgericht zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an das AMS Gänserndorf am 05.04.2018 mittels RSb-Schreiben übermittelt. Der Antrag langte am 06.04.2018 beim AMS Gänserndorf ein.

Der Vorlageantrag wurde somit verspätet eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt und dem vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

Die erfolgte ordnungsgemäße Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am 20.03.2018 ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, zumal er selbst in seiner Nachricht an das AMS am 20.03.2018 per eAMS-Konto den Erhalt der Beschwerdevorentscheidung bestätigt hat. Da aufgrund eines eventuellen Fehlers bei der Postzustellung per Hinterlegung des RSb-Schreibens die korrekte Zustellung der Beschwerdevorentscheidung zu einem früheren Zeitpunkt nicht überprüfbar war, ist jedenfalls eine erfolgte Zustellung spätestens am 20.03.2018 anzunehmen, wie dies auch der Beschwerdeführer selbst im Zuge seiner Nachricht am 20.03.2018 eingeräumt hatte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG sind verspätete und unzulässige Vorlageanträge von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist".

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A):

1. Entscheidung in der Sache:

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG lauten:

Gemäß § 21 AVG iVm § 17 VwGVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Gemäß § 22 AVG iVm § 17 VwGVG ist, wenn wichtige Gründe dafür vorliegen, eine schriftliche Ausfertigung mit Zustellnachweis zuzustellen. Bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder wenn es gesetzlich vorgesehen ist, ist die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen, mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH vom 18.10.1996, Zl. 96/09/0153 mwN).

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Zustellgesetzes lauten:

§ 7 ZustG bestimmt: "Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist."

Gemäß § 17 Abs. 1 ZustG ist, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf der Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Nach der Rechtsprechung des VwGH wird die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung nicht durch Abwesenheit von der Abgabenstelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt. "Rechtzeitig" im Sinne dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre (VwGH vom 26.05.2015, Zl. Ro 2015/01/0004).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist es nicht erforderlich, dass dem Empfänger in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss. Die Zustellung durch Hinterlegung ist vielmehr auch dann wirksam, wenn der Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt. Dies hat der VwGH für den Fall bejaht, dass dem Empfänger für die Erhebung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung noch ein Zeitraum von zehn Tagen verbleibt (VwGH vom 18.03.2004, Zl. 2001/03/0284 mit Verweis auf VwGH vom 24.02.2000, Zl. 2000/02/0027).

Vom VwGH wurde ebenfalls keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. VwGH vom 15.07.1998, Zl. 97/13/0104 mwN) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. VwGH vom 27.09.1999, Zl. 99/17/0303) angenommen.

Im gegenständlichen Fall ist Folgendes auszuführen:

Dem Beschwerdeführer wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 10.01.2018 rechtmäßig am 20.03.2018 zugestellt. Am 20.03.2018 bestätigte der Beschwerdeführer über sein eAMS-Konto den Erhalt der Beschwerdevorentscheidung. Somit gilt die Zustellung im gegenständlichen Fall als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen ist.

Die zweiwöchige Beschwerdefrist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete somit am 03.04.2018.

Der Beschwerdeführer hat den Vorlageantrag und den Wiedereinsetzungsantrag trotz korrekter Rechtsmittelbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung beim Bundesverwaltungsgericht statt beim AMS Gänserndorf eingebracht. Nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzgebers in § 6 AVG erfolgt die Weiterleitung "auf Gefahr des Einschreiters", insbesondere wird dadurch der Fristenlauf weder gehemmt noch unterbrochen. Ein bei der unzuständigen Stelle eingebrachtes, fristgebundenes Anbringen gilt daher nur dann nicht als verspätet, wenn

das Schriftstück noch innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde einlangt. Da der Vorlageantrag nach Ablauf der Frist erst am 06.04.2018 bei der Regionalen Geschäftsstelle eingelangte ist (Eingangsstempel des Arbeitsmarktservice Gänserndorf datiert mit 06.04.2018), war der Vorlageantrag sohin als verspätet eingebracht zurückzuweisen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren festgestellt wurde und den Sachverhaltsfeststellungen, in der Beschwerde nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Vorlageantrag, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2196487.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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