Entscheidungsdatum
30.10.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W262 2155441-2/3E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX alias XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird - soweit sie sich gegen Spruchpunkt V.
(Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) des Bescheides richtet - als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Usbeken, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass in seiner Heimatprovinz die Sicherheitslage sehr schlecht sei. Er sei von den Taliban und dem IS verfolgt und mit dem Tod bedroht worden. Darum habe er sich entschlossen, seine Heimat zu verlassen.
3. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als BFA oder belangte Behörde bezeichnet) am 14.10.2016 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er ein Taxi gehabt habe und es eines Tages zu einem Streit zwischen der Polizei und den Taliban gekommen sei. Er habe zwei verletzte Polizisten in ein Krankenhaus gebracht. Nach ca. fünf Tagen habe er einen Brief der Taliban erhalten, in dem er mit dem Tode bedroht worden sei.
4. Mit Bescheid vom 11.04.2017, Zl. XXXX wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
5. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2018, W259 2155441-1/24E als unbegründet abgewiesen.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 27.09.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG 2005 festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt I.). Die belangte Behörde erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt II.) und sprach in Spruchpunkt III. aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 das Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 30.12.2016 verloren hat. Gemäß § 68 Abs. 2 AVG wurde der Bescheid des BFA vom 11.04.2017, Zl. XXXX, "betreffend Rückkehrentscheidung von Amts wegen aufgehoben" (Spruchpunkt IV.) und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. sprach die Behörde aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.
Die Erlassung einer (neuerlichen) Rückkehrentscheidung sei gerechtfertigt, da Mazar-e Sharif und Herat mit dem Flugzeug über Kabul gut erreichbar seien und insofern eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe. Das Einreiseverbot begründete die belangte Behörde mit der Verurteilung des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 30.11.2017, rechtskräftig am 08.08.2018, wegen §§ 15, 87 Abs. 1 StGB zu vier Jahren Haft. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Auch der Verlust des Aufenthaltsrechtes gründe sich auf diese Verurteilung. Im Hinblick auf die Schwere der Straftat sei eine neuerliche, mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung zu treffen und die Rückkehrentscheidung im Bescheid der belangten Behörde vom 11.04.2017 gemäß § 68 Abs. 2 AVG zu beheben. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK komme nicht in Betracht. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Beschwerdeverfahren und der Versagung einer Frist zur freiwilligen Ausreise führte die belangte Behörde aus, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
7. Gleichzeitig mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides gab die Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bei.
8. Mit der dem Bundesverwaltungsgericht am 24.10.2018 (Datum des Einlangens) zur Entscheidung vorgelegten Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid im vollen Umfang.
9. Das errechnete Strafende des Beschwerdeführers ist - unter Anrechnung der Vorhaften - der 27.12.2020.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist im Entscheidungszeitpunkt volljährig und afghanischer Staatsangehöriger. Er lebte bis zu seiner Ausreise nach Österreich in seiner Herkunftsprovinz Baghlan.
Der Beschwerdeführer stellte am 12.07.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 11.04.2017, Zl. XXXX wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2018, W259 2155441-1/24E wurde die Beschwerde gegen oa. Bescheid vom 11.04.2017 als unbegründet abgewiesen.
1.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX zu Zl. XXXX am 30.11.2017, rechtskräftig am 08.08.2018 wegen §§ 87 Abs. 1, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
1.3. Der Beschwerdeführer befindet sich aktuell und planmäßig bis zum 27.12.2020 in (Straf)Haft. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, liegen im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt mangels der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung wegen Anhaltung in Strafhaft nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Einsicht genommen wurde in den hg. zu W259 2155441-1 protokollierten Akt.
Die getroffenen Feststellungen zu Namen, Staatsangehörigkeit, Herkunft und Volljährigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben bei der Erstbefragung und der Einvernahme im Asylverfahren.
Dass der Beschwerdeführer am 04.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hat, ist aktenkundig.
Die Feststellung zur rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem aktuell vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellung über die im Entscheidungszeitpunkt aufrechte (Straf)Haft des Beschwerdeführers vom 08.08.2018 bis planmäßig 07.09.2018 und dass damit die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG mangels der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung wegen seiner Anhaltung in Strafhaft nicht gegeben sind, ergeben sich aus den oa. Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX und der Mitteilung der JustizanstaltXXXX vom 11.09.2018. Zweifel an diesen eindeutigen Angaben sind beim Gericht nicht entstanden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Derartige Regelungen kommen für das vorliegende Verfahren nicht zur Anwendung, weshalb es der Einzelrichterzuständigkeit unterliegt.
Zu A)
3.1. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Bestimmung des § 18 BFA-VG lautet wie folgt:
"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."
3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) ergangen war:
In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof hierzu fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des BFA über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Schließlich hielt der Verwaltungsgerichtshof auch fest, dass eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen habe (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
3.3. Für die vorliegende Beschwerdesache bedeutet dies Folgendes:
Der Beschwerdeführer stellte u.a. den Antrag, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Aus den Ausführungen und dem Aufbau der Beschwerde geht jedoch hervor, dass es sich dabei nicht um einen gesonderten Antrag handelt, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre; vielmehr wendet sich der Beschwerdeführer explizit gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides des BFA und die darin verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr in Abspruch über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt darüber zu entscheiden, ob die geltend gemachte Rechtsverletzung iSd § 18 Abs. 5 BFA-VG anzunehmen ist.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ist - anders als jene nach § 18 Abs. 2 BFA-VG - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus (VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146). Ob schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose, wobei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen ist.
Die belangte Behörde hat mit Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Angesichts der rechtskräftigen Verurteilung wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung schließt sich auch das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung an.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Verbringung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Das Verwaltungsgericht hat von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen: Ob bei geänderter Sachlage im Laufe des anhängigen Beschwerdeverfahrens eine nochmalige Entscheidung über die aufschiebende Wirkung in Betracht kommt, muss hier nicht abschließend erörtert werden (§ 18 BFA-VG regelt diesen Fall nicht spezifisch, was - auch im Lichte von Art. 136 B-VG - dafür spricht, dass in diesem von § 18 BFA-VG inhaltlich ungeregelten Bereich § 22 VwGVG anwendbar bleibt).
Bei der im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Sach- und Rechtslage ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer planmäßig bis 27.12.2020 inhaftiert ist.
Gemäß § 59 Abs. 4 FPG 2005 ist der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Zum derzeitigen Zeitpunkt drohen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände (potentielle Verletzung von Rechten im Fall der Rückführung) nicht in absehbarer Zeit. Schon aus diesem Grund kommt eine Abänderung des Abspruchs über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung derzeit nicht in Betracht.
Diese Entscheidung war unverzüglich ohne weiteres Verfahren und daher unter Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung zu treffen (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0246, VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Außerdem ist die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung idR das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung, die, wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, als einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - EntfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W262.2155441.2.00Zuletzt aktualisiert am
10.01.2019