Entscheidungsdatum
31.10.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W153 2193255-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.04.2018, ZI. 1075758201-150763805, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.07.2018 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht
zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsbürger Guineas, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 30.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zuvor wurde der BF festgenommen, da er sich mit einem gefälschten belgischen Personalausweis ausgewiesen hat.
Bei der Beschuldigtenvernehmung bei der Polizei am 29.06.2015 hinsichtlich des Verdachts der Urkundenfälschung gab der BF an, dass er in Guinea eine Lebensgefährtin und 2 Kinder habe. Er sei in seinem Heimatstaat ein Jahr und 4 Tage in einem Gefängnis gewesen, wo er misshandelt und geschlagen worden sei. Im Februar 2015 habe er Guinea verlassen.
Bei der niederschriftlichen Erstbefragung zum Asylantrag am 30.06.2015 gab der BF im Wesentlichen an, dass er in Guinea die Oppositionsbewegung der Seloudele (phon.), die in seiner Region beheimatet sei und die 2010 die Wahlen gegen den gegenwärtigen Präsidenten verloren habe, unterstütze. Anfang 2014 habe er in Conakry mit der Partei der Seloudele eine Demonstration organisiert. Plötzlich sei die Polizei gekommen und habe ihn und viele andere festgenommen. Manchen sei die Flucht gelungen, andere seien getötet worden. Der BF sei dann ein Jahr im Gefängnis gewesen und sei dort schwer misshandelt worden. Vor sechs Monaten sei ihm dann mit drei anderen Männern die Flucht gelungen. Da er sich im Hafen gut auskenne, sei es ihm gelungen, sich auf einem Schiff zu verstecken und nach Europa zu reisen. Bei einer Rückkehr fürchte er eine neuerliche Inhaftierung und Folter bzw. dass er getötet werde.
Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30.01.2017 wurde das gegen den BF eingeleitete Verfahren wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach einem zunächst diversionellen Vorgehen endgültig eingestellt.
Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 26.02.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Kärnten, einvernommen und gab im Wesentlichen Folgendes zu Protokoll (gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
"...
F: Stimmt Ihr Geburtsort "XXXX"? oder Wo sind Sie geboren (Provinz/Stadt)?
A: Ja, ich wurde in der Hauptstadt XXXX, geboren.
F: Besitzen Sie einen Reisepass oder haben Sie Dokumente, aus denen Ihre Identität hervorgeht oder können Sie solche besorgen oder sich schicken lassen?
A: Ich habe einen Führerschein, den ich vorlegen kann.
Frage: Woher haben Sie den Führerschein?
A: Den habe ich von Guinea, ich habe die Führerscheinprüfung, den Fahrkurs und alles gemacht, in Guinea.
F: Wissen Sie noch, wie die Fahrschule geheißen hat?
A: Garage Gouvernement, ich wurde als LKW Fahrer ausgebildet. Ich war als Mechaniker tätig, musste daher auch einen Führerschein für PKW und LKW haben.
...
F: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Wurden diese korrekt protokolliert und Ihnen rückübersetzt?
A: Ja, den Dolmetsch habe ich gut verstanden, die Wahrheit habe ich gesagt und es wurde mir auch vorgelesen und rückübersetzt, bevor ich unterzeichnet haben.
...
F: Haben Sie weitere Beweismittel vorzulegen, bzw. geltend zu machen?
A: Ich lege vor:
Schreiben von XXXX und XXXX vom 23.02.2018 und XXXX vom 24.02.2018.
Dem AW wird gesagt, dass er die Unterlagen nach Einlangen dem BFA vorzulegen hat.
F: Welcher Religion, Volksgruppe und Staatsangehörigkeit gehören Sie an?
A: Ich bin Staatsbürger von Guinea, Mandike und Moslem.
F: Haben Sie persönliche Beziehungen in Österreich?
A: Nein, in Österreich habe ich keine Familienangehörigen, aber einige Freunde.
F: Beschreiben Sie Ihren Fluchtweg, vom Verlassen Ihrer Heimat bis zur Ankunft in Österreich:
A: Ich bin mit einem Boot von Conakry aus ausgereist, ich bin nach Spanien gekommen, dann hat mich ein Mann nach Belgien mitgenommen, in Belgien habe ich bei einer Frau gewohnt, dort war ich auch krank, und irgendwann hat mich diese Frau von Belgien nach Österreich gebracht, wo ich einen Asylantrag stellte.
F: Haben Sie bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht?
A. Nein, nur in Österreich
F: Wo lebten Sie bis zu Ihrer Flucht aus "Guinea"?
A: Ich lebte in Guinea, in Conakry, im Haus meiner Eltern bzw. meiner Familie.
F: Wer lebt jetzt in diesem Haus?
A: In dem Haus lebt jetzt niemand mehr, da meine Eltern verstorben sind. Meine beiden jüngeren Brüder leben bei einer Tante in Guinea, in Conakry, der Hauptstadt.
Frage: Sind Sie verheiratet?
A: Nein, bin ich nicht.
F: Haben Sie Kinder?
A: Nein, habe ich nicht.
F: Wie waren Ihre Lebensumstände und Ihr persönliches Umfeld vor Ihrer Ausreise aus "Guinea"? Schildern Sie diese (Ausbildung, Arbeit, Verwandte, finanzielle Situation etc.).
A: In Guinea war ich als Mechaniker und Kraftfahrer tätig, bei der XXXX, ein französisches Unternehmen.
F: Wann war Ihr letzter Arbeitstag?
A: Das war im Jahr 2012, im Mai.
F: Was haben Sie danach gemacht, wovon haben Sie bis zur Ausreise gelebt?
A: Ich war dann als privater Fahrer angestellt.
F: Für welche Person sind Sie gefahren?
A: Für einen gewissen XXXXwar ich als privater Fahrer tätig.
F: Wie lange ?
A: Von 2012 bis 2013, ungefähr ein Jahr lang.
F: Was war danach?
A: Danach habe ich die Probleme mit der Regierung bekommen und habe nicht mehr gearbeitet.
F: Wo lebt Ihre Familie?
A: Meine Eltern sind verstorben, meine beiden Brüder leben noch
F: Haben Sie im Heimatland noch weitere Verwandte?
A: Es lebt noch eine Tante, bei der meine Brüder wohnen.
F: Haben Sie zu jemanden in Ihrer Heimat Kontakt?
A: Ja, habe ich, regelmäßig.
F: Wie geht es Ihren Brüdern und der Tante?
A: Es ist sehr schwierig für Sie, die Grundbedürfnisse, Ernährung, Ausbildung und Arbeit sind sehr schlecht, daher ist ihre wirtschaftliche Lage schlecht.
F: Aus welchem Grund suchten Sie in Österreich um Asyl an? Schildern Sie möglichst ausführlich und konkret Ihre Flucht- und Asylgründe! (Freie Erzählung)
A: Der für den ich gearbeitet habe als Fahrer, war in einer politischen Oppositionsorganisation. Für den habe ich gearbeitet. Es gab Wahlen, doch die Opposition hat die Wahlen nicht anerkannt, im Jahr 2013. Am 25.11.2013 wurde ein Streik organisiert, durch die Opposition. Der Streik war landesweit. Das war aus Protest gegen das Wahlergebnis. In Bambetu in Guinea. Dort gab es Ausschreitungen und Zusammenstöße mit der Polizei. Es gab auch einen Toten, ein Demonstrant wurde von der Polizei erschossen. Es gab 17 Verletzte. Viele von uns, die an der Demonstration teilgenommen haben, wurden festgenommen und zur Polizei gebracht. Es waren sehr viele Personen, die dort festgenommen wurden und zur Polizei gebracht wurden. Wir wurden gefoltert und misshandelt. Ich kann eine Wunde vorweisen.
Anmerkung: der AW zeigt eine Narbe am oberen linken Auge sowie am Rücken Narben bzw. Hautverfärbungen. Auch am linken Bein zeigt er eine Narbe vor auf Höhe des Knies im hinteren Gelenksbereich. Ebenfalls am Unterschenkel ist eine Narbe zu erkennen.
Auf Grund meiner Verletzungen wurde ich für 25 Tage ins Krankenhaus gebracht, dann nach den 25 Tagen wurde ich wieder zurück ins Gefängnis überstellt. Ich war dann insgesamt 1 Jahr und 3 Monate im Gefängnis, und wurde dort auch weiterhin behandelt. Ich war durchgehend in Haft, nur die 25 Tage im Krankenhaus, sonst immer im Gefängnis. Ich hatte kein Urteil bekommen, es gab keinen Prozess oder so.
Nach diesem Jahr und den 3 Monaten wurde ich in ein anderes Gefängnis überstellt, von dort bin ich dann geflüchtet. Ich wurde überstellt, da es ein Gerichtsverfahren gibt, während der Haft in diesem neuen Gefängnis bin ich jedoch geflüchtet, gemeinsam mit anderen. Ich bin dann in den Hafen und es gelang mir, mich auf einem Schiff zu verstecken und auszureisen. Das Gefängnis war nur ca. einen Kilometer vom Hafen entfernt.
Von der Flucht aus dem Gefängnis bis zur Ausreise hat es nicht lange gedauert. Ich bin gegen 19:00 Uhr aus dem Gefängnis geflüchtet, und noch in derselben Nacht bin ich mit einem Schiff ausgereist, die Hafenarbeiter sahen meine Wunden und haben mir geholfen. Mir wurden Arbeiterkleider gegeben und ich konnte auf ein Schiff, dass noch in derselben Nacht ablegte. Das war meine Geschichte, weshalb ich Guinea verlassen musste.
F: Wie kam die Verletzung am Unterschenkel zustande?
A: Ich wurde mit einer Eisenstange geschlagen, daher stammt die Narbe Anmerkung: Die Narbe wird fotografiert und das Foto wird zum Akt genommen.
Wie wurde die Wunde versorgt, durch wen?
A: Ich wurde ins Krankenhaus gebracht, dort wurde ich versorgt. Die Polizei hat mich mit einer Eisenstange geschlagen. Alle die durch Folter verletzt wurden, sind ins Krankenhaus gebracht worden.
F: Wie war das im Krankenhaus, wurden Sie bewacht?
A: Ja, ich wurde bewacht und mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden. Das Bein war sehr angeschwollen, auch im Bereich des linken Auges hatte ich eine Starke Schwellung.
F: Wie lange waren Sie im Krankenhaus?
A: Ich war 25 Tage im Krankenhaus
F: Diese 25 Tage sind Sie durchgehend bewacht worden?
A: Ja, bin ich
F: Von wem wurden Sie bewacht, wer hat Sie bewacht?
A: Es waren Polizisten, die mich bewachten, es waren immer 2 Polizeibeamte, die mich vor der Türe meines Zimmers im Krankenhaus bewacht haben.
F: Die Verletzung am Bein, was war das?
A: Es war eine offene Wunde, alle 3 Wunden waren offen, auch die am Auge.
F: Wie wurden Sie behandelt, was haben die Ärzte gemacht?
A: Ich bin genäht worden, am Auge und am Unterschenkel. Mein Knie hat ein Implantat, es war verschoben, da bekam ich ein Implantat eingesetzt.
F: Wie viele Personen wurden da am 25.11.2013 bei der Demonstration festgenommen?
A: Es waren weniger als 1000 Personen, die festgenommen wurden, aber sehr viele.
Wie ist es ihnen gelungen, aus dem Gefängnis zu fliehen?
A: Es war so, während der Bus vor dem Tor des Gefängnisses, um mehrere Häftlinge zu befördern, in das neue Gefängnis, dort habe ich einen Moment ausgenützt, und bin geflüchtet. Das war während die Polizisten Gruppen von Gefangenen zum Transportbus brachten, dort konnte ich entkommen.
F: Dann sind Sie nicht im neuen Gefängnis angekommen, sondern noch vor dem Transport geflohen?
A: Ja, das stimmt. Ich war in einer Gruppe von Häftlingen, die auf den Einstieg in den Bus warteten, doch ich konnte noch vor dem Einsteigen flüchten, nicht nur ich, sondern einige sind geflüchtet, wir liefen in verschiedenen Richtungen davon. Einige wurden noch erwischt, aber nicht alle.
F: Waren Sie jemals in der Landwirtschaft oder so tätig?
A: In Österreich ja, aber nicht in Guinea.
F: Sicher nicht in Guinea?
A: Ja ganz sicher nicht.
F: Wie so haben Sie bei der Erstbefragung am 30.06.2015 gesagt, dass Sie keine Ausbildung hatten und keinen Beruf, nunmehr sagen Sie, dass Sie Mechaniker sind und Fahrer waren?
A: Ich habe das sehr wohl gesagt, es kann sein, dass der Dolmetscher das damals nicht übersetzt hat, das ist ja mein Beruf, schon deswegen habe ich das angegeben.
F: Das bedeutet aber auch, dass Sie ohne Führerschein Ihren Beruf nicht hätten ausüben können?
A: In Afrika ist es nicht so wie bei uns. Aber ich habe alles beim Arbeiten selbst erlernt.
Sie sind auch am 29.06.2015 in Wien von der Polizei befragt worden, nach dem Sie mit gefälschten Dokumenten erwischt worden, ist das so richtig?
A: Ja, das stimmt
Haben Sie da die Wahrheit gesagt, wissen Sie das noch?
A: Ja, natürlich
F: Ist es ihnen vorgelesen worden, bevor Sie unterfertigt haben (Rückübersetzt?)
A: eine Vollständige Rückübersetzung erfolgte nicht
Dort haben Sie angegeben (am 29.06.2015) dass Sie in Lebensgemeinschaft leben würden und 2 Kinder, Zwillinge aus 2014 haben, was sagen Sie dazu?
A: Nein, das stimmt nicht, das sind meine kleinen Brüder, ich habe keine Kinder.
Die Frau, welche Sie in Belgien versteckt hatte, hat Sabina geheißen, stimmt das?
A: Ja, das stimmt.
Die Angaben, dass Sie ein Jahr und 4 Tage im Gefängnis waren, dass Sie mit einem Schiff gefahren sind, und sich im Hafen versteckten, stimmten in etwa mit Ihren heutigen Angaben, weshalb sollten dann die Angaben über die Kinder, die Lebensgemeinschaft und die Arbeitstätigkeit nicht stimmen?
A: Das kann ich nicht erklären.
In der Befragung bei der Polizei haben Sie auch ausdrücklich angegeben, dass Sie in der Landwirtschaft gearbeitet haben, wie können Sie sich das erklären?
A: Mein Vater war in der Landwirtschaft tätig, ich war LKW-Fahrer.
F: Von wem haben Sie den heute vorgelegten Führerschein vom 15.02.2009 erhalten?
A: Er wurde mir von TP gegeben, es ist eine Behörde in Conakry, Guinea. Es ist das Verkehrsministerium, diese Behörde hat den Führerschein ausgestellt.
F: Wann haben Sie den Führerschein entgegengenommen und von welcher Person und an welchem Ort?
A: Das war 2009 im Feber, vom Direktor derXXXX, der Behörde, die den Führerschein ausgestellt hat.
F: Da waren Sie persönlich dort und haben den Führerschein, den Sie heute vorgelegt haben, persönlich von einem Beamten, der für die Ausstellung von Führerscheinen zuständig ist, entgegengenommen?
A: Ja, ich war dort und habe den Führerschein persönlich entgegengenommen, das Dokument ist echt und sicher nicht gefälscht.
F: Sind Sie sicher, dass das Dokument echt ist und von einer zuständigen Behörde ausgestellt?
A: Ja, sowohl echt als auch von der zuständigen Behörde ausgestellt, ich habe damit in Guinea gearbeitet.
F: Wie haben Sie dann den Führerschein nach Österreich bekommen, um ihn heute vorzulegen, wenn Sie ihn bei der Polizei nicht vorlegten und auch im bisherigen Verfahren verschwiegen haben?
A: Ich habe den Führerschein im Kraftwagen meines Arbeitgebers gelassen, dieser hat in weiterer Folge den Führerschein mittels DHL nach Österreich gesandt.
F: Wer war der Arbeitgeber bzw. der, welcher Ihnen den Führerschien übermittelt hat?
A: XXXX, wie oben angegeben.
F: Das bedeutet aber, dass dieser Arbeitgeber, der XXXX, noch auf freiem Fuße ist, sonst hätte er den Führerschein nicht übermitteln können?
A: Ja, ist er aber er ist Oppositionspolitiker, aber die Polizei kann Oppositionelle nicht festnehmen.
F: Wieso wurden Sie dann festgenommen, und nicht Ihr Arbeitgeber?
A: Weil ich an Demonstrationen teilgenommen habe.
Anmerkung: Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass es eine Straftat darstellt, wenn Sie ein gefälschtes Dokument als Beweismittel vorlegen, ist ihnen das bewusst?
A: Ja, ich weiß es, aber der Führerschein ist meiner, ist echt und wurde auch von den Behörden in Guinea ausgestellt.
F: Sind sie alleine geflüchtet?
A: Ja, ich bin alleine ausgereist mit dem Schiff.
F: Haben sie alle Fluchtgründe genannt?
A: Ja, weitere gibt es nicht, ich konnte alle Vorfälle und Gründe für meine Ausreise schildern. F: Wurden Sie jemals konkret bedroht oder verfolgt?
A: Ja, wegen der Teilnahme an einer Demonstration wurde ich verhaftet, misshandelt und für über ein Jahr eingesperrt.
F: Hatten Sie jemals Schwierigkeiten oder Probleme mit den Behörden Ihres Heimatlandes "Guinea"?
A: Ja, ich wurde festgenommen.
F: Gehören Sie einer politischen Partei an?
A: Nein, ich bin nicht politisch interessiert.
F: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?
A: Nein
F: Waren Sie in Haft oder wurden Sie festgenommen? Wenn ja, wie oft insgesamt?
A: Nein, niemals.
F: Ist Ihre Versorgung hier gesichert?
A: Danke, es passt.
...
A: Ich habe in Guinea damit gearbeitet, ich möchte aber dazu nichts mehr zu sagen.
Mit mir werden die Feststellungen der Staatendokumentation zur Situation in meinem Heimatland erörtert. Möchten Sie hierzu schriftlich Stellung nehmen, oder etwas ergänzen bzw. hinzufügen?
A: Da steht viel drinnen, doch in Guinea ist alles anders. Ich möchte aber nicht schriftlich Stellung nehmen aber ich möchte nicht mehr zurückkehren.
F: Wenn Sie heute am Flughafen in Conakry aussteigen müssten, wohin würden Sie gehen?
A: Ich würde nach Hause wieder gehen.
F: Was würde Sie erwarten, wenn Sie nach "Guinea" zurückkehren würden?
A: Die gleichen Probleme, vermutlich würde ich verhaftet werden. Keine Arbeit, schlechte Versorgung, dort ist es nicht schön und es besteht die Gefahr, dass ich wieder verhaftet werde.
F: Sind Sie erwerbstätig oder besuchen Sie einen Deutschkurs? Sind Sie in anderer Form integriert, z.B. Vereinsmitgliedschaften, etc.?
A: Ich versuche Deutsch zu lernen.
F: Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?
A: Ich würde gerne hier bleiben, eine Arbeit finden und hier leben."
Im Zuge der Einvernahme legte der BF zwei Unterstützungsschreiben vor.
Eine kriminaltechnische Dokumentenprüfung vom 26.03.2018 hat ergeben, dass es sich beim vom BF vorgelegten Führerschein aus Guinea um eine Totalfälschung handelt.
Das BFA hat mit Bescheid vom 01.04.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).
Zusammengefasst führte das BFA aus, dass der BF keine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht habe. Er habe auch bereits zwei Mal gefälschte Dokumente verwendet und zwar bei einem Aufgriff im Juni einen gefälschten belgischen Personalausweis und bei seiner Einvernahme vor dem BFA einen gefälschten Führerschein aus seiner Heimat. Rückkehrhindernisse seien keine zu erkennen, die Ausweisung des BF sei daher zulässig. Die Schutzwürdigkeit seines Privat- und Familienlebens sei als gering einzustufen. Seine Familie bzw. Verwandten würden noch in der Heimat leben. Der BF sei nicht selbsterhaltungsfähig.
Mit Verfahrensanordnung vom 03.04.2018 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
In der Beschwerde wiederholte der BF im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Er sei aus politischen Gründen festgenommen worden, weil er eine Demonstration organsiert habe; er sei in Haft gewesen und im Gefängnis misshandelt worden.
Am 26.07.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
Es folgen die entscheidungsrelevanten Teile der mündlichen Verhandlung:
"...
Zur Identität und Herkunft:
...
BF schreibt den Namen auf ein Blatt Papier. Dieses wird als Beilage 3 zum Akt genommen.
Anmerkung: BF ist Analphabet und tut sich beim Schreiben sehr schwer.
R hält fest, dass der BF XXXX heißt, am XXXX geboren wurde und in XXXX geboren wurde.
Vorhalt: Sie haben in der Beschuldigtenvernehmung bezüglich der Urkundenfälschung am 29.06.2015 angegeben in einem Dorf in der Provinz XXXX geboren zu sein. Was sagen Sie dazu?
BF: Nein, mein Vater stammt aus der Provinz XXXX, ich selbst bin aber in XXXX geboren.
R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BF: Mandinka.
R: Eine kriminaltechnische Dokumentenprüfung hat ergeben, dass es sich beim vom BF vorgelegten Führerschein aus Guinea um eine Totalfälschung handelt. Was sagen Sie dazu?
BF: Wenn man in Guinea in der Lage ist zu fahren, oder ein Auto zu lenken, dann geht man zu der Behörde XXXX. Ich bin Chauffeur und Mechaniker. Um den Beruf ausüben zu können, ging ich zu dieser Behörde, diese befindet sich im Bezirk XXXX in Conakry. Dort hat man meine Geburtsurkunde verlangt und meinen Personalausweis. Man sagte mir, dass ich eine Stempelmarke im Wert von 80 000 Frances Guinée mitbringen soll.
R: Wiederholt die Frage.
BF: Der Führerschein, den ich hier den Asylbehörden vorgelegt habe, ist jener, den ich dort bekommen habe, ich wusste nicht, dass dies eine Fälschung ist.
R: Wann haben Sie den Führerschein abgeholt?
BF: Ich kann mich nicht genau erinnern, ob es Februar oder März 2009 war.
...
R: Haben Sie gesundheitliche Probleme?
BF: Ja. Ich sehe mit meinem linken Auge nicht gut. Ich habe Probleme mit meinem Rücken und mit meinem linken Bein.
R: Haben Sie diesbezüglich Befunde vorzulegen?
BF: Ja, sie wurden in Traiskirchen vorgelegt.
R: Diesbezügliche Befunde liegen nicht vor, Sie haben bis jetzt auch angegeben, gesund zu sein.
Vorhalt In der Einvernahme vom 26.02.2018 haben Sie auf die Frage:
"Sind Sie gesund?" angegeben: "Ich bin gesund, nehme keine Medikamente". Auf die weitere Frage: "Befinden Sie sich derzeit in ärztlicher Behandlung, nehmen Medikamente oder befinden sich in Therapie?" Ihre Antwort: "Mir fehlt nichts, ich nehme keine Medikamente." Was sagen Sie dazu?
BF: Meine Antwort war konkret für diesen Tag: Am 26.02.2018 war ich nicht krank und nehme keine Medikamente.
R: Welche Medikamente nehmen Sie jetzt konkret und seit wann und an welcher Krankheit leiden Sie heute?
BF: Am Dienstag habe ich ein Aspirin genommen, immer, wenn ich Kopfschmerzen habe und mein Körper mich schmerzt, nehme ich ein Aspirin.
R: Wann waren Sie das letzte Mal beim Arzt?
BF: Das letzte Mal, Anfang Juli war ich im Spital.
R: Warum?
BF: Ich habe mit meinem linken Auge schlecht gesehen. Die Polizei hat mich ins Spital in Villach gebracht.
R: In welches Spital sind Sie gefahren?
BF: Zuerst hat man mich ins Spital nach Villach gebracht, von dort wieder nach Klagenfurt ins Spital.
R stellt fest, dass nur eine Ambulanzkarte vorgelegt wurde, wobei ein Termin heute wäre, nämlich um 7:30 Uhr.
BF: Ja, ich hätte heute einen Operationstermin. Mein Anwalt hat mir geraten, im Spital anzurufen, ob man den Termin, vor- oder nachverlegen kann. Ich habe nun den Termin am 17. August.
R: Erzählen Sie mir etwas von Ihrer Familie?
BF: Mein Vater ist LKW-Chauffeur, meine Mutter verkauft Gemüse und Obst, welches sie von Händlern kauft und weiterverkauft.
R: Wo wohnen die Eltern?
BF: Sie wohnen in Conakry in XXXX.
R: Haben Sie Geschwister?
BF: Ja, einen Bruder, der acht Jahre alt ist und einen der zwölf Jahre ist.
R: Haben Sie sonst nach Familie?
BF: Meine Mutter ist am XXXX verstorben. Und mein Vater ist im Jahr 2011 verstorben.
BF beginnt zu weinen.
Die Verhandlung wird um 12:10, für 5 Minuten unterbrochen.
Die Verhandlung wird um 12:15 fortgesetzt.
R: Wo sind Ihre Brüder?
BF: Meine beiden Brüder befinden sich zurzeit in Conakry.
R: Bei Verwandten?
BF: Ja. Sie leben bei meiner Tante.
R: Wie oft haben Sie Kontakt zur Familie bzw. zu Personen in Guinea?
BF: Ja, meine Tante besitzt ein Festnetztelefon und da rufe ich manchmal an.
R: Wann zuletzt?
BF: Im Juli habe ich zwei Mal angerufen.
R: Haben Sie sonst Kontakt zu Personen in Guinea?
BF: Ja, ich habe Kontakt zu einem Freund von mir in Conakry. Alle zwei, drei Monate habe ich mit einem Freund von mir Kontakt über Whats-App.
R: Wie geht es Ihren Verwandten wirtschaftlich?
BF: Meine Verwandten haben kein Geld. Sie leben in einer Mietwohnung, zwei Zimmer und ein Wohnzimmer. Wobei mein kleiner Bruder im Wohnzimmer schläft.
R: Was arbeiten Ihre Verwandten?
BF: Meine Tante verkauft Kleidung.
R: Unterstützen Sie Ihre Familie finanziell?
BF: Ja, wenn ich etwas verdiene, dann schicke ich ihnen das Geld.
R: Was war das zuletzt und wie haben Sie es geschickt?
BF: Das letzte Mal habe ich 200 Euro geschickt. Ich glaube, das war in diesem Monat, meine Tante hat mich angerufen, dass mein kleiner Bruder einen Leistenbruch hat und operiert werden muss.
R: Wie haben Sie das Geld geschickt?
BF: Über Moneygram.
R: Haben Sie eine Schule besucht?
BF: Nein, ich war nie in der Schule.
R: Und Ihre Brüder?
BF: Meine Brüder sind in Conakry, in der Früh gehen sie in die Schule, zu Mittag kommen sie nach Hause, und um 13 Uhr gehen beide wieder in die Schule.
R: Was haben Sie in Guinea gearbeitet?
BF: Ich habe Fahrzeuge repariert und Fahrzeuge gelenkt.
Vorhalt: Beschuldigtenvernehmung bezüglich der Urkundenfälschung am 29.06.2015 AS 23: "Ich habe in der Landwirtschaft gearbeitet" Was sagen Sie dazu?
BF: Nein.
Vorhalt: Beschuldigtenvernehmung bezüglich der Urkundenfälschung am 29.06.2015: "Meine Lebensgefährtin lebt mit unseren gemeinsamen Zwillingen (Jahrgang 2014) in Conakry..." Was sagen Sie dazu?
BF: Man hat mich gefragt, ob ich Freundinnen habe, und ich habe dies bejaht. Und ich habe nie Kinder gemacht.
R: Warum wissen Sie so genau, was Sie gefragt wurden?
BF: Man fragte mich, ob ich Kinder habe und ich habe gesagt "Nein".
R stellt fest, dass Sie damals gesagt haben, Sie hätten eine Lebensgefährtin und mit ihr Zwillinge, die 2014 geboren wurden.
BF: Nein.
Zum Fluchtgrund:
R: Haben Sie zu Ihrem Fluchtgrund noch etwas zu sagen?
BF: Alles was ich weiß bezüglich meiner Fluchtgründe habe ich gesagt, dazu kann ich nichts Anderes sagen.
R: Wie oft kamen Sie mit der Polizei in Konflikt in Guinea?
BF: Wie oft? Einmal.
R: Wann?
BF: Das war am 25.November 2013.
R: Wie oft wurden Sie von einer Behörde oder einem Gericht wegen politischer Tätigkeiten bestraft bzw. verurteilt?
BF: Einmal.
R: Sie haben aber angegeben, dass Sie politisch uninteressiert wären.
BF: Das stimmt nicht. Ich bin sehr wohl interessiert an Politik.
R: Inwiefern sind Sie engagiert?
BF: Ich bin in der Partei IFDZ engagiert, ich kann Ihnen aber nicht sagen wofür das steht.
R: Was hat es mit der Partei auf sich?
BF: Ja. Ich war Chauffeur. Von XXXX
R: Wer istXXXX? Was hat er für eine Funktion? Ist er Politiker?
BF: Er ist der Partner von Celou.
R: Wer ist Celou?
BF: Celou ist der Führer der Oppositionspartei.
R: Ist das eine große Oppositionspartei?
BF: Ja.
R: Ist das eine legale Oppositionspartei?
BF: Ja.
R: Wie viele Abgeordnete stellt diese Partei im jetzigen Parlament?
BF: Sieben.
R: Das ist eine kleine Oppositionspartei. Wie heißt der Oppositionsführer der größten Oppositionspartei?
BF: Celou Dalein Diallo.
R: Waren Sie für diesen Fahrer?
BF: Nein. Ich war Chauffeur von XXXX.
R: Von wem waren Sie der Chauffeur?
BF: Ich war der Chauffeur von Monsieur XXXX.
R: Glauben Sie wirklich, dass die Oppositionspartei, die mehrheitlich aus Fulla besteht, einen Analphabeten, der noch dazu dem Stamm des regierenden Präsidenten angehört, zu ihrem Chauffeur macht.
BF: Die Antwort ist sehr einfach, jeder kann sich entscheiden wie er will. Man kann nicht sagen, dass nur wenn jemand den Mandinka angehört, wird er nicht sein Chauffeur, das wäre ungesetzlich.
R: Warum wurden Sie verhaftet?
BF: Warum wurde ich verhaftet? Wir kamen vom Feststellen der Wahlergebnisse.
R. Dann hat Sie die Polizei auf der Straße verhaftet?
BF: Die Opposition war mit den Wahlergebnissen vom September 2013 nicht zufrieden und hat Wahlbetrug unterstellt. Der Gewinner war Alpha Conde. Die Opposition hat einen Streik organisiert am 25.11. 2013.
R: Da waren Sie dabei? Warum wurden Sie verhaftet?
BF: Nachdem wir den Streik verließen, wurden wir von der Polizei aufgehalten. Das war in Bambeto (phon.). Es gab einen Toten, der durch einen Gewehrschuss getötet wurde, und 17 Verletzte. Unsere Gruppe, die sich in dem Auto befand, wurde gefangen. Dabei wurden wir geschlagen und misshandelt. Ich erhielt einen Schlag an meine linke Schläfe, an meinen linken Fuß. Man hat meine Hände am Rücken mit Handschellen gefesselt. Und man hat mich auf eine Polizeistation gebracht. Am nächsten Tag war mein Kopf im Bereich der Schläfen geschwollen. Ich konnte wegen der Verletzungen am Bein nicht gehen. Deshalb hat mich die Polizei, gemeinsam mit dem Roten Kreuz, ins Spital gebracht. Ich habe dann einen Monat im Spital verbracht. Am 01. Jänner 2014 wurde ich ins Gefängnis gebracht. Im Gefängnis kam dann immer wieder ein Arzt, der meine Verletzungen am Fuß behandelt hat. Ich bin dann ein Jahr und drei Monate im Gefängnis gewesen. Danach sollte ich in ein anderes Gefängnis, das das härteste im Land ist, überstellt werden. Von dort bin ich geflüchtet.
R: Von wo? Wann sind Sie genau geflüchtet?
BF: Das war am 18. März 2015. Ich flüchtete aus dem ersten Gefängnis, genannt XXXX.
R: Was hat man im Spital gemacht?
BF: Ich wurde bei meiner Verletzung am linken Auge genäht. Mein linker Fuß wurde behandelt und mein Rücken wurde ebenfalls behandelt, dieser war auch verletzt.
R: Dafür ist man einen Monat in einem Spital in einem Einzelzimmer und wird von zwei Polizisten bewacht?
BF: Ja, ich war einen Monat in dem Spital und die Polizei hat den Eingang des Spitals überwacht.
R: Für diese Verletzungen, waren Sie ziemlich lange im Spital. Was hat man im Spital gemacht?
BF: Alle zwei Tage wurde mir der Verband bei der Schläfe abgenommen und die Nähte gezogen.
R: War das Ihre schwerste Verletzung?
BF: Ja, das war meine schwerste Verletzung.
R: Was war beim Bein? Welche Verletzungen hatten Sie am Bein?
BF: Die Verletzung?
R: War es gebrochen?
BF: Ich verstehe nicht, Madame.
D erläutert die Frage.
BF: Mein Fuß war nicht gebrochen, es wurden auch beim Fuß immer wieder die Verbände gewechselt.
R: Wo waren Sie inhaftiert? Wie heißt das Gefängnis, in dem Sie inhaftiert waren? In welchem Stadtteil war das Gefängnis?
BF: Stadtteil XXXX.
R: Wann sind Sie geflohen? Zu welcher Tageszeit?
BF: Das war um 19 Uhr.
R: Warum wissen Sie das so genau?
BF: Es war bereits Abend und die Menschen sind zum Beten gegangen.
R: War es bereist dunkel?
BF: Ja.
Zur Integration:
R stellt die Fragen auf Deutsch, ohne Übersetzung.
R: Sie sind seit Mitte 2015 in Österreich. Welche Integrationsmaßnahmen haben Sie gesetzt? Wie nehmen Sie am sozialen Leben in Österreich teil (Mitgliedschaft bei Vereinen, Organisationen, ehrenamtliches Engagement, etc.)?
BF: Ich war zuerst in einem kleinen Ort und habe dort bei einer Familie mit Pferden gelebt. Und dort auch ausgeholfen. Seit zwei Monaten bin ich nunmehr in Villach. Ungefähr zwei Jahre war ich in Maria-Sahl, dann war ich einige Monate in Moosburg. Seit ungefähr zwei Monaten bin ich in Villach.
R: Besuchen Sie einen Deutschkurs?
BF: Derzeit besuche ich einen Caritasdeutschkurs.
R: Haben Sie schon eine Deutsch-Prüfung abgelegt?
BF: Deutschprüfung habe ich aber noch nicht abgelegt.
R: Was machen Sie jetzt noch?
BF: Ich verkaufe die Zeitung "Megaphone". Mein üblicher Tagesablauf ist, dass ich am Vormittag bis 11 Uhr Zeitung verkaufe, dann fahre ich nach Klagenfurt zum Deutschkurs und nach der Rückkehr verkaufe ich wieder die Zeitung.
R: Wo wohnen Sie?
BF: In einer Pension mit anderen Asylwerbern.
R: Wovon leben Sie?
BF: Ich lebe von der Grund Versorgung und meinen Einkünften aus dem Zeitungsverkauf. Davon zahle ich auch meinen Zugfahrkarten um zum Deutschkurs zu gelangen.
R: Haben Sie Freunde, die in Österreich aufgewachsen sind bzw. schon lange hier leben?
BF: Ja. Beispielsweise helfe ich Österreichern im Garten.
R: Haben Sie österreichische Freunde, mit denen Sie z.B. Sport betreiben?
BF: Ich habe Freunde aber keine Freundin, ich habe keine feste Beziehung.
R bittet wieder um Übersetzung.
R: Sind Sie in Österreich mit dem Gesetz in Konflikt gekommen bzw. hatten Sie Probleme mit der Polizei?
BF: Ich habe in Österreich weder mit den Behörden, konkret mit der Polizei, noch mit der Bevölkerung Probleme gehabt.
R: Was ist mit dem Verfahren, wegen Urkundenfälschung?
BF: Ich war deshalb, wegen des Verfahrens bei Gericht.
BFV: Dies ist ein Diversionsangebot.
BFV legt ein Schreiben eines Gerichts vor, dies wird als Beilage 4 zum Akt genommen.
...
R: Warum glauben Sie, dass Sie in Guinea nicht leben können?
BF: Ich bin in Guinea in Gefahr, weil ich in Guinea eingesperrt war und bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt werde ich verfolgt. Meine Mutter ist deshalb gestorben, weil sie immer wieder bedroht worden ist, von der Polizei. Der Polizeibeamte heißtXXXX.
R: Haben Sie Beweise, dass Sie aktuell verfolgt werden?
BF: Ich habe keine Beweise, ich bin ja aus dem Gefängnis hier her geflüchtet.
Haben Sie bereits eine Rückkehrberatung in Anspruch genommen? (Verweis auf Infoblatt; wurde BF am 03.04.2018 übermittelt)
BF: Nein.
R weist auf die Möglichkeit einer Unterstützung bei einer freiwilligen Rückkehr hin.
R: Ich habe keine weiteren Fragen. Wollen Sie noch etwas vorbringen?
BFV: Wie kam es zur Verletzung am Knie? Können Sie das beschreiben?
BF: Ich bin von einem aufgepflanzten Bajonett in den Fuß gestochen worden. Am Bein bin ich mit einer Eisenstange verletzt worden und auf meinen Kopf wurde ich mit dem Gewehr geschlagen.
BFV: Was war mit dem Rücken?
BF: Man hat mich auch auf den Rücken geschlagen.
BFV: Können Sie kurz die Haftsituation nach der Entlassung aus dem Spital beschreiben? War das eine Einzelzelle?
BF: Es war eine Einzelzelle.
BFV: Beschreiben Sie den Tagesablauf in Haft.
BF: Ich habe den ganzen Tag in der Zelle verbringen müssen, man hat mir nur jeweils zu Essen gebracht.
BFV: Wie sind Sie genau geflüchtet? Beschreiben Sie wie es funktioniert hat, dass Sie flüchten konnten.
BF: Ich bin geflüchtet, während der Überstellung von einem Gefängnis in das andere. Konkret war ich schon auf der Straße. An dem Tag wurde ich mit zehn Mitgefangenen aus der Zelle geführt, wir haben alle versucht zu flüchten, manche von ihnen sind erwischt worden.
R: Wie sind Sie Ihre Handschellen losgeworden?
BF: An dem Tag waren wir nicht gefesselt.
BFV: Nachdem Sie Kontakt mit Ihren Familienmitgliedern haben, haben Sie darüber gesprochen, wie Ihre Familie bedroht wurde, und wie oft?
BF: Einmal ist die Polizei gekommen und hat meine Mutter bedroht und danach hat sie einen Schock gehabt und ist gestorben.
..."
Im Zuge der mündlichen Verhandlung legte der BF zwei Empfehlungsschreiben, eine Bescheinigung vom 24.05.2018 über die Kursteilnahme des BF an einem Deutschkurs, eine Bestätigung der Caritas vom 09.07.2018 über die Teilnahme des BF am Straßenzeitungsprojekt "Megaphon" im Zeitraum von Juni 2018 bis August 2018 und die Ambulanzkarte einer Orthoptistin sowie einer Augenambulanz vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen des BF:
Der BF ist Staatsbürger Guineas, Angehöriger der Volksgruppe der Mandinka und muslimischen Glaubens. Er lebte nach eigenen Angaben bis 2015 in seinem Heimatstaat, hat keine Schulbildung und keine berufliche Ausbildung. Mit dem Schiff gelangte er illegal nach Europa und stellte am 30.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die Identität des BF steht nicht fest. Angaben zu seiner Person dienen lediglich einer Identifizierung für das Verfahren. Der BF wies sich mit einem gefälschten belgischen Personalausweis aus (das diesbezüglich eingeleitete Verfahren wurde eingestellt) und legte nachträglich einen gefälschten Führerschein aus Guinea vor.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
In Guinea befinden sich zumindest noch zwei minderjährige Brüder, die bei einer Tante leben. Der BF hat Kontakt zu seiner Familie in Guinea.
Es wird festgestellt, dass der BF in Guinea weder einer asylrelevanten individuellen Verfolgung ausgesetzt war noch eine solche im Falle einer Rückkehr zu befürchten hat. Der BF konnte weder glaubhaft darlegen, dass er Fahrer eines hohen Funktionärs der legalen Oppositionspartei (UFDG, laut BF phonetisch IFDZ) war und er in seinem Heimatstaat bei einer Demonstration von der Polizei festgenommen und misshandelt wurde. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass er inhaftiert war und sich durch Flucht aus dem Gefängnis vor weiterer Verfolgung retten konnte und daher nach Europa flüchtete.
Somit wird festgestellt, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Guinea keine Verfolgung aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus seiner politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
Zur Rückkehrsituation des BF in sein Herkunftsland:
Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat droht dem BF kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge EMRK), oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Es ist ihm zumutbar, weiter in Guinea zu leben.
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr läuft, im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu sein. Insbesondere ist laut den Länderfeststellungen im Herkunftsstaat die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln grundsätzlich gewährleistet und herrscht keine Hungersnot. Der BF selbst ist volljährig und arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Eine schwere Erkrankung liegt beim BF nicht vor. Außerdem verfügt der BF über ein familiäres und soziales Netzwerk, von dem er Unterstützung erwarten kann.
Zum Privat- und Familienleben des BF:
Der BF reiste im Juni 2015 illegal nach Österreich und hält sich seither nur aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber im Bundesgebiet auf.
In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen oder Verwandten des BF.
Nicht festgestellt wird das Vorliegen einer ausgeprägten und verfestigten entscheidungserheblichen individuellen Integration des BF in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Zur Situation in Guinea werden auszugsweise folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 08.03.2017 zitiert:
"...
Politische Lage
Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12.2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).
Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12.2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidu