TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/31 I401 2006801-11

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Veröffentlicht am 31.10.2018
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Entscheidungsdatum

31.10.2018

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I401 2006801-11/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch die Bahl Fend Bitschi Fend Steuerberatung GmbH & Co KG, Hadeldorfstraße 30, 6830 Rankweil, gegen die Bescheide der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, (jeweils) vom 07.02.2014, betreffend Feststellung der Pflichtversicherung der in der Anlage 1 angeführten Personen in den angeführten Zeiträumen nach dem ASVG und AlVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit 16 Bescheiden jeweils vom 07.02.2014, Geschäftszahlen aufsteigend: B/FEL-01-02/2014 bis B/FEL-01-17/2014, stellte die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (in der Folge als belangte Behörde oder als VGKK bezeichnet) fest, dass die in der Anlage 1 angeführten Personen (in der Folge auch als mitbeteiligte Parteien bezeichnet) aufgrund ihrer beim Dienstgeber XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet), ausgeübten Tätigkeit in den in der Anlage 1 angeführten Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 des ASVG in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (voll-) versichert und gemäß § 1 Abs. 1 lit. a des AlVG arbeitslosenversichert waren.

2. Gegen diese Bescheide erhob der steuerlich vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig eine Beschwerde.

3. Mit auf § 82 EStG 1988 gestützten (Haftungs-) Bescheiden (jeweils) vom 05.07.2013 nahm das Finanzamt Feldkirch den Beschwerdeführer als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Anspruch und setzte gleichzeitig einen Säumniszuschlag sowie einen Dienstgeberbeitrag und einen Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in bestimmter Höhe für das Jahr 2010 und 2012 fest.

In der Begründung wurde auf den Bericht vom 05.07.2013 verwiesen. Bei jedem der mitbeteiligten Parteien erfolgte für die angegebenen Zeiträume (auch) eine Nachforderung an Lohnsteuer und fand sich die "Sachverhaltsdarstellung", dass die Tätigkeit der Forstarbeiter für die Firma B (bzw. den Beschwerdeführer) als Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG in Verbindung mit § 47 EStG bewertet und nachverrechnet worden seien. Da laut Einvernahmeprotokoll eine Integration in den Organismus der Firma vorliege, kein Unternehmerwagnis, weiters keine Weisungsfreiheit bestehe und auch keine eigenen Betriebsmittel verwendet worden seien, sei von einem Dienstverhältnis auszugehen.

Diese Bescheide erwuchsen in Rechtkraft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der geschilderte Verfahrensgang ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem Akteninhalt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Auf das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.08.2018, in dem auf die Bindungswirkung der durch die Finanzbehörden rechtskräftig festgestellten Lohnsteuerpflicht gemäß § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 in Bezug auf die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen wurde, erfolgte - auch nach einem Ersuchen auf Fristerstreckung zur Abgabe einer Stellungnahme - vom Beschwerdeführer weder eine schriftliche noch eine mündliche Reaktion.

Zu Spruchpunkt A):

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG (in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassungen BGBl. I Nr. 83/2009, BGBl. I Nr. 62/2010 und BGBl. I Nr. 17/2012) sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

(in der ab 01.06.2012 geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 17/2012)

3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

2.2.1. § 47 Abs. 1 und 2 EStG (in der Fassung BGBl. I Nr. 8/2005) lautete auszugsweise:

"§ 47. (1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt. (...)

(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen."

2.2.2. Der mit "Nichtselbständige Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 4)" überschriebene § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 (in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2009) lautete (auszugsweise):

"§ 25. (1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:

1. a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht dies vor.

b) (...)"

3.1. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass die wesentliche Bedeutung der Verweisung auf die Lohnsteuerpflicht nach dem EStG 1988 in § 4 Abs. 2 ASVG darin liegt, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG bindend feststeht (arg.: "jedenfalls" in § 4 Abs. 2 zweiter Satz ASVG). Eine solche bindende Wirkung kommt aber nur Bescheiden zu, die über die Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage absprechen, in erster Linie also Haftungs- und Zahlungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988 (vgl. die Erk. des VwGH vom 24.11.2010, Zl. 200/08/0333; vom 19.01.2012, Zl. 2010/08/0240; u.a.).

3.2. Die Finanzbehörde beurteilte das zwischen dem Beschwerdeführer und den mitbeteiligten Parteien abgeschlossene Vertragsverhältnis als Dienstverhältnis gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988. Mit den in Rechtskraft erwachsenen Haftungsbescheiden vom 05.07.2013 für die Jahre 2010 und 2012 sprach sie über die Lohnsteuerpflicht der mitbeteiligten Parteien hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Zeiträume gemäß § 82 EStG 1988 ab.

Damit kommt diesen Entscheidungen Bindungswirkung für die gegenständliche sozialversicherungsrechtliche Prüfung im Hinblick auf § 4 Abs. 2 ASVG zu.

Da auf Grund der im konkreten Fall festgestellten Lohnsteuerpflicht die Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit 2 ASVG bindend feststeht, braucht auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.

3. Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht stellen und der Sachverhalt feststeht sowie die (Rechts-) Frage, wonach mit der Feststellung der Lohnsteuerpflicht nach § 47 EStG 1988 durch die rechtskräftigen (Haftungs-) Bescheide der Finanzbehörde gemäß § 82 EStG "jedenfalls" die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG verbunden ist, bindend feststeht.

Durch eine mündliche Erörterung ist eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten und ist eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) gelegen, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es zur Frage der mit der rechtskräftigen Feststellung der Lohnsteuerpflicht bindend festgestellten Versicherungspflicht an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bindungswirkung, Dienstverhältnis, Lohnsteuerpflicht,
Pflichtversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I401.2006801.11.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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