TE Bvwg Beschluss 2018/11/6 W118 2179078-1

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Veröffentlicht am 06.11.2018
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Entscheidungsdatum

06.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
MOG 2007 §8a Abs6
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W118 2179078-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4207155010, betreffend Direktzahlungen 2015:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mittels Formular "Bewirtschafterwechsel" wurde der AMA der Wechsel des Bewirtschafters des Betriebes mit der BNr. XXXX vom Beschwerdeführer (nachfolgend: BF) auf XXXX mit Wirksamkeitsbeginn 01.01.2015 angezeigt.

2. Mit demselben Datum wurde der AMA vom BF die Neugründung des Betriebes mit der BNr. XXXX angezeigt.

3. Mit Bescheid der AMA vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2949051010, wurden dem BF für das Antragsjahr 2015 50,08 Zahlungsansprüche mit einem Wert von EUR 496,74 zugwiesen und Prämien in Höhe von EUR 38.607,00 gewährt.

4. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 31.08.2016 wurden dem BF für das Antragsjahr 2015 50,0848 Zahlungsansprüche mit einem Wert von EUR 321,15 zugwiesen und Prämien in Höhe von EUR 26.027,50 gewährt; ein Betrag in Höhe von EUR 12.579,50 wurde rückgefordert. In der Begründung wurde im Zusammenhang mit der Erstzuweisung der Zahlungsansprüche für 2015 insbesondere darauf hingewiesen, dass sich durch eine relevante Verringerung der ermittelten beihilfefähigen Fläche ohne Weitergabe von Prämienrechten im Vergleich des Mehrfachantrages-Flächen 2014 zum Mehrfachantrag-Flächen 2015 ein unerwarteter Gewinn im Sinne von § 8a Abs. 6 MOG 2007 ergebe.

5. Gegen den Bescheid vom 31.08.2016 wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben und begründend im Wesentlichen ausgeführt, mit Datum vom 01.01.2015 sei eine Betriebsteilung durchgeführt und auch die Flächen auf den bisherigen Hauptbetrieb, BNr. XXXX, und den Betrieb mit den BNr. XXXX aufgeteilt worden. Dabei sei allerdings keine ZA-Übertragung durchgeführt worden, wobei es sich um einen offensichtlichen Fehler handle.

6. Mit Datum vom 07.12.2017 legte die AMA die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Im Rahmen der Beschwerdevorlage führt sie aus, im Zuge des Bewirtschafterwechsels bei BNr. XXXX seien keine Referenzbeträge übertragen worden. Da bis dato kein Antrag auf Übertragung von Prämienrechten in der AMA eingereicht worden sei, seien dem Betrieb mit der BNr. XXXX im Antragsjahr 2015 Zahlungsansprüche mit einem Wert von EUR 40,20 zugeteilt worden und beim BF habe die Berechnung einen unerwarteten Gewinn ergeben. Aufgrund von Softwareproblemen sei die Flächengegenüberstellung aber erst mit dem Abänderungsbescheid vom 31.08.2016 richtig durchgeführt worden und sei es daher mit diesem Bescheid zu einer Rückforderung gekommen.

7. Mit hg. Schreiben vom 11.12.2017 wurde die AMA zur Stellungnahme aufgefordert, ob aus Sicht der Behörde vom Vorliegen einer Betriebsteilung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 VO (EU) 639/2014 ausgegangen werden kann bzw. welche Schritte vom BF in diesem Zusammenhang zu setzen gewesen wären und ob diese Schritte nachgeholt werden könnten.

Mit Schreiben vom 21.12.2017 führte die AMA hiezu aus, die Behörde habe den Fall bis dato nicht als Betriebsteilung angesehen, da beim Bewirtschafterwechsel der BNr. XXXX bei der Frage betreffend Ergänzung zum Bewirtschafterwechsel "nein" angegeben worden sei, der Bewirtschafterwechsel der BNr. XXXX als "Neuanlage" eingereicht worden sei und auch kein Formblatt auf Vorabübertragung von Referenzbeträgen eingereicht worden sei. Es sei daher davon ausgegangen worden, dass der BF seinen Referenzbetrag von BNr. XXXX auf die aktuelle BNr. XXXX übertragen wolle. Sollte das Bundesverwaltungsgericht zur Ansicht gelangen, dass eine Betriebsteilung vorliege, gäbe es die Möglichkeit einer Nachreichung der Vorabübertragung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. 33/2013 idF BGBl. Nr. 122/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Zu A)

§ 28 Abs. 2 und 3 VwGVG lauten wie folgt:

"(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass er per 01.01.2015 eine Betriebsteilung vornehmen wollte und irrtümlich keine "ZA-Übertragung" durchgeführt habe. Aus dem Schreiben der Agrarmarkt Austria vom 21.12.2017 geht hervor, dass auch aus Sicht der Behörde nicht auszuschließen ist, dass der vorliegende Sachverhalt bei Nachreichung der fehlenden Unterlagen zu einer anderen Beurteilung führen würde.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, die Geltendmachung einer Betriebsaufteilung keinen besonderen Fristen unterliegt:

Gemäß Art. 14 Abs. 3 VO (EU) 639/2014 hat eine Aufteilung keine Auswirkungen auf die Anzahl und den Wert der dem Betrieb/den Betrieben zuzuweisenden Zahlungsansprüche. Laut Erwägungsgrund 14 der VO (EU) 639/2014 soll das bedeuten, dass im Falle einer Aufteilung eines Betriebs für die Festsetzung der Anzahl und des Werts der zustehenden Zahlungsansprüche die Bedingungen gelten, die auch auf den ursprünglichen Betriebsinhaber angewendet worden wären. Aus Gründen des berechtigten Vertrauens der Betriebsinhaber sollten sich Änderungen des Rechtsstatus eines Betriebsinhabers nicht auf die Anzahl oder den Wert der Zahlungsansprüche auswirken, die der Betriebsinhaber erhalten kann, sofern dieser Betriebsinhaber weiterhin die Kontrolle über den Betrieb in Bezug auf Betriebsführung, Gewinne und finanzielle Risiken ausübt.

Eine wie im vorliegenden Fall Anfang 2015 erfolgte Betriebsteilung hat daher keine Auswirkungen auf die Anzahl und den Wert der dem Betrieb/den Betrieben zuzuweisenden Zahlungsansprüche. Die neuen Betriebe können daher jene Zahlungsansprüche geltend machen, die der aufgeteilte Betrieb ursprünglich innehatte, und zwar im Ausmaß der Fläche, deren Bewirtschaftung sie jeweils anmelden (Art. 24 Abs. 2 VO 1307/2013).

Es bedarf auch keines gesonderten Antrages auf Übertragung von Prämienrechten (Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Wege der Vorabübertragung von Referenzbeträgen, Recht auf Teilnahme an der Basisprämienregelung), weil die Zahlungsansprüche und das Recht auf Teilnahme an der Basisprämienregelung auf die neuen Betriebe ex lege übergegangen sind. Die Abgabe eines Formulars - wie beispielsweise das AMA-Formular "Übertragung von Prämienrechten für 2015" - stellt sich damit im Falle einer Betriebsteilung als bloße Ordnungsvorschrift und nicht als antragsbegründend dar (vgl. BVwG 20.02.2017, W104 2142448-1/4E).

Vor dem Hintergrund des Amtswegigkeitsprinzips und des Grundsatzes der Erforschung der materiellen Wahrheit hätte die belangte Behörde den wahren Sachverhalt hinsichtlich der Betriebsteilung ermitteln müssen. Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde war daher mangelhaft.

In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus den zu ermittelnden Sachverhaltselementen erfließenden Berechnungen liegt eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch der Kostenersparnis. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Berücksichtigung des von der belangten Behörde zu ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens wird die belangte Behörde zu ermitteln haben, wie der Antrag auf Gewährung von Direktzahlungen 2015 sowie allfällige weitere im Zuge dieses Antrages gestellten Anträge unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Betriebsteilung zu beurteilen sind. Die belangte Behörde wird in diesem Zusammenhang den Beschwerdeführer zur Vorlage der entsprechenden Anträge bzw. Unterlagen aufzufordern haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,
Bescheidabänderung, Betriebsabspaltung, Betriebsneugründung,
Bewirtschaftung, Direktzahlung, Ermittlungspflicht, Frist, Irrtum,
Kassation, mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Nachreichung von Unterlagen,
Prämiengewährung, Rückforderung, Übertragung, unerwarteter Gewinn,
Zahlungsansprüche, Zurückverweisung, Zuteilung, Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W118.2179078.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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