TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/8 I403 2202509-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2202509-1/5E

I403 2202510-1/5E

I403 2202512-1/5E

I403 2202511-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX, alle irakische Staatsbürger und vertreten durch den "MigrantInnenverein St. Marx", gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2018, Zl. 1100701402/152086320, Zl. 1100701500/152086375, Zl. 1100701609/152086362 und Zl. 1103399301/160128961 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Verfahren von XXXX), alle Staatsangehörige des Irak, sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.

Der Erstbeschwerdeführer reiste gemeinsam mit der zu diesem Zeitpunkt schwangeren Zweitbeschwerdeführerin sowie dem Drittbeschwerdeführer in das Bundesgebiet ein und stellte für alle drei Personen am 01.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Für den Viertbeschwerdeführer wurde am 26.01.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

In der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.01.2016 gab der Erstbeschwerdeführer an, im Irak als Taxifahrer gearbeitet zu haben. Hierbei habe er einen Unfall verursacht, bei welchem ein 10-jähriges Kind getötet worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich der Polizei gestellt und sei nach einer Woche in Haft gegen Bezahlung einer Kaution wieder freigelassen worden. Die Angehörigen des verstorbenen Kindes würden den Erstbeschwerdeführer jedoch töten wollen. Aus Angst, von der Familie umgebracht zu werden, habe der Erstbeschwerdeführer die Flucht aus dem Irak ergriffen.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde ebenfalls am 01.01.2016 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Diese machte hierbei keinerlei eigene Fluchtgründe geltend, sondern verwies lediglich auf das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers.

Am 06.04.2018 wurde der Erstbeschwerdeführer niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) einvernommen. Hierbei gab er explizit an, in der Erstbefragung die Unwahrheit hinsichtlich seines Fluchtgrundes angegeben zu haben. Nunmehr führte er aus, ein Sicherheitsmitarbeiter sowie eine Vertrauensperson und Schreibkraft des ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani gewesen zu sein. Er sei auch mit Computertätigkeiten betraut gewesen. Nachdem Talabani erkrankt sei, hätten diverse Gruppen seine Position einnehmen wollen. Der Erstbeschwerdeführer sei im Besitz bestimmter politischer Informationen gewesen, welche besagte Gruppen hätten haben wollen. Der Erstbeschwerdeführer habe Angst gehabt, getötet zu werden, und sei deshalb geflüchtet.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde ebenfalls am 06.04.2018 niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Hierbei gab diese auch an, dass das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers im Rahmen seiner Erstbefragung nicht der Wahrheit entspreche und sein eigentlicher Fluchtgrund in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Mitarbeiter des ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Talabani stehe. Die Zweitbeschwerdeführerin machte wiederum keinerlei eigene Fluchtgründe geltend.

Auch für den Dritt- sowie Viertbeschwerdeführer wurden keinerlei eigene Fluchtgründe vorgebracht.

In einer am 24.04.2018 übermittelten schriftlichen Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers an das BFA verwies dieser auf eine Gefährdung des Iraks durch terroristische Gruppen und den IS sowie neuerlich auf sein Fluchtvorbringen hinsichtlich seiner Tätigkeit für den ehemaligen Staatspräsidenten Talabani.

In der Folge wurden die Anträge der Beschwerdeführer mit den angefochtenen Bescheiden des BFA vom 28.06.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt V. der angefochtenen Bescheide). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI. der angefochtenen Bescheide). Das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers wurde als nicht glaubhaft befunden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak in eine existenzbedrohende Notsituation geraten würden. Hinsichtlich des Familienlebens wurde ausgeführt, dass in Bezug auf die Kernfamilie (Erstbeschwerdeführer, Zweitbeschwerdeführerin, Drittbeschwerdeführer sowie Viertbeschwerdeführer) eine aufenthaltsbeendende Maßnahme keinen Eingriff in das Familienleben darstellen würde, da alle Familienmitglieder das gemeinsame Schicksal teilen würden. Besondere private Interessen in Österreich seien in Bezug auf die Beschwerdeführer nicht hervorgekommen.

Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 20.07.2018 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch den "MigrantInnenverein St. Marx" vorgelegt. Es wurden unrichtige Feststellungen, eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilungen geltend gemacht. Inhaltlich wurde ausgeführt, das BFA habe dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zu Unrecht die Glaubhaftigkeit versagt. Überdies seien die herangezogenen Länderberichte in den angefochtenen Bescheiden teils veraltet und das BFA habe es verabsäumt, sich mit der konkreten Situation der Beschwerdeführer und der aktuellen Situation im Irak auseinanderzusetzen. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge "dem Beschwerdeführer" die Flüchtlingseigenschaft zusprechen; allenfalls subsidiären Schutz gewähren; allenfalls "den angefochtenen Bescheid" aufheben und zur Ergänzung des Verfahrens "an die erste Instanz" zurückverweisen; einen landeskundigen Sachverständigen beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst; eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen; allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklären; allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; allenfalls feststellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak. Es handelt sich bei den Beschwerdeführern um einen volljährigen Mann (Erstbeschwerdeführer), seine volljährige Ehefrau (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihre zwei gemeinsamen, minderjährigen Söhne (Drittbeschwerdeführer sowie der in Österreich geborene Viertbeschwerdeführer). Die Beschwerdeführer gehören der Volksgruppe der Kurden an und bekennen sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben.

Die Identität der Beschwerdeführer steht fest.

Der Erst- und Drittbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin lebten bis zu ihrer Ausreise in der Stadt XXXX in Kurdistan. Der Erstbeschwerdeführer hat ein Studium der Rechtswissenschaften begonnen, jedoch nicht abgeschlossen. Er war für das irakische Militär tätig und arbeitete als Taxifahrer. Die Zweitbeschwerdeführerin hat das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen und in ihrer Heimat bereits als Juristin gearbeitet. Alle Beschwerdeführer sind gesund. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin befinden sich in einem erwerbsfähigen Alter.

Die Beschwerdeführer haben keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Ihre übrige Familie lebt im Irak. So leben etwa die Mutter, zwei Brüder und neun Schwestern des Erstbeschwerdeführers in der Provinz XXXX und in Erbil. Die Eltern und Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin leben in XXXX, im Nordirak. Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin gehört zu den Peschmerga.

Alle Beschwerdeführer leben in einem gemeinsamen Haushalt und bestreiten ihren Lebensunterhalt über die Grundversorgung. Der Erstbeschwerdeführer spricht Deutsch auf A2-Niveau, die Zweitbeschwerdeführerin auf B1-Niveau. Der Drittbeschwerdeführer besucht in Österreich den Kindergarten. Die Beschwerdeführer haben in Österreich zahlreiche Bekanntschaften geschlossen. Der Erstbeschwerdeführer hat sich überdies im Rahmen verschiedener Tätigkeiten ehrenamtlich engagiert.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer hatte vorgebracht, für den früheren irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani tätig gewesen zu sein; er werde verfolgt, weil er über wichtige Informationen verfügen würde. Es steht fest, dass der Erstbeschwerdeführer den ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Talabani zumindest einmal getroffen hat, doch ist nicht glaubhaft, dass er in einer relevanten Funktion für ihn tätig war und deswegen Verfolgung zu befürchten hat.

Für die übrigen Beschwerdeführer wurden keine Fluchtgründe vorgebracht.

Es ist den Beschwerdeführern zumutbar, in ihre Heimat zurückzukehren. Sie sind (abgesehen von einer Hautallergie bei den Kindern, welche diese laut Erstbeschwerdeführer aber nicht einschränkt) gesund, der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin überdies erwerbsfähig sowie gut ausgebildet. Eine Rückkehr ist aber insbesondere daher mit keinem realen Risiko einer Menschenrechtsverletzung verbunden, da die kurdischen Beschwerdeführer wieder in die Autonome Region Kurdistan zurückkehren können und dort über Familienanschluss verfügen. Sie stammen auch nicht aus den "umstrittenen" Gebieten, sondern aus dem Kern des Kurdischen Autonomiegebiets.

1.3. Zur Situation im Irak bzw. in der Region Kurdistan-Irak:

Die folgenden Feststellungen werden auf Basis des bereits in den Bescheiden zitierten Länderinformationsblattes der Staatendokumentation getroffen.

Die Region Kurdistan-Irak:

Die Region Kurdistan-Irak (KRI), die hauptsächlich aus den Provinzen Duhok, Erbil und Sulaimaniya besteht, ist seit der Verabschiedung einer neuen irakischen Verfassung infolge der US-geführten Invasion von 2003 rechtlich gesehen ein Bundesstaat. Faktisch ist sie schon lange eigenständig. Unter dem Schutz der Alliierten des Golfkriegs von 1991 hatten die Kurden im Mai 1992 Parlamentswahlen abgehalten und eine Regionalregierung gebildet. Die Region verfügt über eigene Verteidigungskräfte, die Peschmerga, betreibt eine eigenständige Wirtschafts- und Außenpolitik und regelt Fragen der Grenzkontrolle selbst - hierzu gehört auch die von zentralirakischen Behörden unabhängige Vergabe von Visa. Innerhalb der autonomen Kurdenregion gibt es immer wieder Konflikte zwischen den drei großen irakisch-kurdischen Parteien KDP, Goran und PUK. Grund dafür ist unter anderem die Wirtschaftskrise und die weit verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft, die im Kurdengebiet vorherrschen. Die Waffenlieferungen des Westens und anderer Verbündeter an die Kurden haben zudem den Effekt, dass die kurdische Politik insgesamt zwar an Bedeutung gewinnt, sich jedoch dadurch die Spannungen zwischen den kurdischen Fraktionen weiter erhöhen.

Am 29.10.2017 erklärte Mas'ud Barzani seinen Rücktritt als Präsident der kurdischen Region. Barzani bleibt Vorsitzender der KDP (Kurdistan Democratic Party) und somit weiterhin ein wichtiger politischer Akteur.

Nach der Offensive der irakischen Armee und der PMF (Popular Mobilization Forces) in die von den Kurden kontrollierten Gebiete besteht derzeit ein Waffenstillstand, es herrscht jedoch weiterhin Unsicherheit, nicht nur bezüglich der weiteren Vorgehensweise der irakischen Regierung, sondern auch die wirtschaftliche Situation Kurdistans betreffend. Unterdessen gibt es neue Beweise dafür, dass im Zuge der Offensive in den vorwiegend kurdischen Gebieten Plünderungen, Brandstiftungen, Häuserzerstörungen und willkürliche Angriffe offenbar insbesondere von Seiten der PMF (auch von Seiten turkmenischer PMF-Milizen) stattfanden. Tausende haben dabei ihre Häuser, ihre Geschäfte und ihre sonstigen Besitztümer verloren. Laut den Vereinten Nationen (VN) kam es im Zuge der Offensive der irakischen Regierung zur Vertreibung von zehntausenden Menschen aus den sogenannten "umstrittenen Gebieten". 180.000 Menschen sind (mit Stand 18.11.2017) nach wie vor vertrieben, 172.000 sind zurückgekehrt. Die meisten dieser Vertriebenen sind Kurden, aber auch Mitglieder anderer Minderheiten, einschließlich sunnitischer Araber und Turkmenen.

Gemäß Art. 121 der irakischen Verfassung üben kurdische Sicherheitskräfte (insbesondere die militärisch organisierten Peschmerga und die Sicherheitspolizei Asayisch) die Sicherheitsverantwortung in den Provinzen Erbil, Sulaymaniya, Dohuk und Halabdscha aus; diese Kräfte kontrollieren darüber hinaus de facto Teile der Provinzen Diyala, Kirkuk und Ninewah. Sie unterstehen formal der kurdischen Regionalregierung und sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert. Die kurdischen Sicherheitskräfte bilden keine homogene Einheit, sondern unterstehen faktisch den beiden großen Parteien KDP und PUK in ihren jeweiligen Einflussgebieten.

Sicherheitslage im Kurdischen Autonomiegebiet (KRI) und den von Kurden kontrollierten Gebieten

Während der IS in Richtung Syrien zurückgedrängt werden konnte, bleibt die Sicherheitslage in der KRI volatil ("fluid"). Die Gefahr von asymmetrischen Angriffen auf sogenannte "weiche Ziele" bleibt hoch, auch wenn es in der irakischen Kurdenregion bedeutend weniger Berichte von Morden oder konfessioneller Gewalt gibt als im restlichen Land. Minderheitengruppen berichteten von Bedrohungen und Angriffen gegen ihre Gemeinden außerhalb des Kurdischen Autonomiegebietes, innerhalb jener Regionen, die (effektiv) unter der Kontrolle der kurdischen Regionalregierung stehen. Außerdem kommt es nach der Befreiung von Ortschaften aus den Händen des IS im Nachgang teilweise zu Machtkämpfen um die Vorherrschaft im jeweiligen Gebiet.

Es werden immer wieder mutmaßliche IS-Kämpfer oder IS-Sympathisanten in der Kurdenregion verhaftet oder getötet. Viele IS-Kämpfer sind von Mossul aus in die Provinz Sulaymaniya eingedrungen. Irakexperte Joel Wing ("Musings on Iraq") dokumentierte für den Zeitraum Juli 2016 bis Juni 2017 innerhalb des kurdischen Gebietes 36 sicherheitsrelevante Vorfälle mit insgesamt 296 Toten (Großteil dieser Todesfälle: Mitglieder der türkisch-kurdischen PKK im Zuge von Angriffen durch die türkische Luftwaffe) - davon 23 getötete Zivilisten, 44 Zivilisten wurden laut dieser Quelle verletzt. Dabei muss beachtet werden, dass in diesen Zahlen Opfer stammesbezogener Gewalt, "gewöhnlicher" krimineller Handlungen (z.B. Raubüberfälle oder Kidnapping), etc. nicht enthalten sind. Iraqi Body Count dokumentierte für die drei Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya für das Jahr 2016 105 Zivilisten, die durch Gewalt von Seiten "der US-geführten Koalition, der Sicherheitskräfte der irakischen Regierung, paramilitärischer Einheiten oder durch kriminelle Angriffe von anderen" ums Leben kamen. In den letzten drei Jahren hat es einen kontinuierlichen Anstieg der Mord- und Selbstmordraten im Irak gegeben, was einerseits auf die Finanzkrise zurückgeführt werden kann, andererseits aber auch als Folge der Militarisierung der Bevölkerung durch den Kampf gegen den IS und die deutlich größere Verfügbarkeit und steigende Zahl von in Umlauf befindlichen Waffen gesehen wird. So starben im letzten Jahr im Kurdischen Autonomiegebiet alleine 377 Menschen durch Mord oder Selbstmord (Zeitraum 1.6.2016 - 30.6.2016).

Sozioökonomische und Menschenrechtslage im Kurdischen Autonomiegebiet und den von kurdischen Streitkräften kontrollierten Gebieten

In der KRI gab es bedeutend weniger Berichte von Morden oder konfessioneller Gewalt als im restlichen Land. Seit 2003 arbeitetet die KRG (Kurdish Regional Government) daran, Irakisch-Kurdistan als den besseren, d.h. demokratischeren Teil des Irak darzustellen. Tatsächlich ist der Begriff "Demokratie" jedoch irreführend: Die beiden großen Parteien KDP und PUK haben untereinander die Einflussgebiete aufgeteilt - sowohl territorial innerhalb der kurdischen Region, als auch was die jeweiligen politischen Einflussbereiche anbelangt. Während die KDP den kurdischen Präsidenten stellt, ist die PUK traditionell für die Politik in Bagdad verantwortlich. In diesem Kontext der Aufteilung von Machtsphären hat die PUK allerdings in den vergangenen Jahren erheblichen Einfluss an Goran abgeben müssen. Paradoxerweise hat die Aufteilung zwischen KDP und PUK/Goran in den vergangenen Jahren die Aufrechterhaltung gewisser demokratischer Mindeststandards bzw. eine gewisse Pluralität möglich gemacht: Was unter der KDP nicht geäußert werden kann, ist vielleicht unter Herrschaft der PUK sagbar - und umgekehrt. Die sogenannte "Präsidentenkrise" hat allerdings zu einer erheblichen Ernüchterung hinsichtlich der politischen Kultur in Irakisch-Kurdistan geführt.

Es gab Berichte, dass die KRG-Behörden Minderheiten wie z.B. Turkmenen, Araber, Jesiden, Schabak und Christen diskriminieren, sowohl in den umstrittenen Gebieten als auch in den drei Provinzen des "offiziellen" Kurdistans. Jesiden, Christen und sunnitische Anführer gaben weiterhin an, dass sie Schikanen und Misshandlungen durch die Peschmerga der KRG und die Asayisch ausgesetzt waren. Obwohl Araber im Irak die Mehrheit stellen, sind sie in Kirkuk eine Minderheit. Arabische Einwohner Kirkuks beschuldigen die Sicherheitskräfte der KRG regelmäßig, dass diese auf arabische Gemeinden abzielen würden.

Die KDP profitiert massiv von der Zusammenarbeit mit dem US-Militär und dem militärischen Training an amerikanischen Waffen. Die KDP setzt diese Kenntnisse jedoch nicht nur ein, um den IS zu bekämpfen, sondern auch, um in Gebiete, die sie vom IS zurückerobert hat, vorzustoßen und die arabische Bevölkerung von dort zu vertreiben. Dies passiert in jenen Gebieten, die offiziell "umstrittene Gebiete" genannt werden, die die kurdischen Führer seit langem für sich reklamieren und von denen sie nun hoffen, sie annektieren zu können, bzw. Anstrengungen unternehmen, um diese religiös und ethnisch diversen Gebiete zu "kurdifizieren". In den Gebieten, die vom IS zurückerobert wurden, haben sich kurdische Sicherheitskräfte Berichten zufolge an Massenvergeltungsmaßnahmen gegen sunnitisch-arabische und turkmenische Einwohner und Rückkehrer aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermuteten Kollaboration oder Verbindung mit dem IS beteiligt. Zu den gemeldeten Rechtsverletzungen zählen willkürliche Verhaftung, Entführung, Verschwindenlassen von Personen, außergerichtliche Hinrichtung, Zwangsvertreibung, Plünderung, Inbrandsetzung und Zerstörung von Häusern, Geschäften und Moscheen und in einigen Fällen die vorsätzliche Zerstörung ganzer Dörfer.

Die Situation derjenigen Menschen, die in Irakisch-Kurdistan Zuflucht gefunden haben, stellt sich unterschiedlich dar, je nachdem ob es sich um Binnenvertriebene oder um Flüchtlinge aus Syrien, um Kurden oder Araber, um Geschäftsleute oder Mittellose, um Christen, Jeziden oder sunnitische Muslime handelt. Es herrscht die Angst der Bewohner Kurdistans vor dauerhaften demographischen Veränderungen in der kurdischen Region.

Angesichts der Schwierigkeiten, die Flüchtlinge und IDPs in Irakisch-Kurdistan zu gegenwärtigen haben, gerät oftmals aus dem Blick, dass die Aufnahme von Hunderttausenden auch für die irakisch-kurdische Bevölkerung - hier insbesondere für die ökonomische Unter- und Mittelschicht, erhebliche Härten mit sich bringt. Die Tatsache etwa, dass zahlreiche Flüchtlinge und IDPs ohne bzw. mit geringen Qualifikationen auf den Arbeitsmarkt drängen, bedeutet auch einen schlechteren Zugang geringqualifizierter irakisch-kurdischer Bürger zu vielen Jobs. Wasser und Elektrizität waren bereits im irakischen Kurdistan vor 2014 rare Güter - mit der Ankunft zahlreicher Flüchtlinge und IDPs sind sie für alle knapper geworden. Generell stellt die Situation eine enorme Belastung für die KRI hinsichtlich begrenzter Wasserressourcen, eines überstrapazierten Gesundheits- und Schulwesens, der angespannten Situation am Arbeits- und Wohnungsmarkt, des sozialen Friedens, zunehmend prekärer sanitärer und Gesundheitssituation sowie der Umwelt dar. Kurdistan ist heute tief verschuldet, politisch wie wirtschaftlich gebrochen und kaum in der Lage seine Staatsangestellten zu bezahlen (drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung sind Staatsangestellte), was zu andauernden Protesten führt.

Situation von Frauen im Irak

In der Verfassung ist die Gleichstellung der Geschlechter festgeschrieben und eine Frauenquote von 25 Prozent im Parlament (Autonomieregion Kurdistan: 30%) verankert. Dadurch sind im irakischen Parlament derzeit 82 Frauen vertreten (von insgesamt 328 Abgeordneten). Allerdings sind Frauen in den bedeutenden Ausschüssen, wie dem für Verteidigung und Sicherheit oder dem Komitee für Nationale Versöhnung, nicht vertreten. Die geschätzte Erwerbsquote von Frauen lag 2014 bei nur 14%, der Anteil an der arbeitenden Bevölkerung bei 17 %. Laut Art. 14 und 20 der Verfassung ist jede Art von Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verboten. Art. 41 bestimmt jedoch, dass Iraker Personenstandsangelegenheiten ihrer Religion entsprechend regeln dürfen. Viele Frauen kritisieren diesen Paragraphen als Grundlage für eine Re-Islamisierung des Personenstandsrechts und damit eine Verschlechterung der Stellung der Frau. Zudem findet auf einfachgesetzlicher Ebene die verfassungsrechtlich garantierte Gleichstellung häufig keine Entsprechung. Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsangehörigkeitsrecht. Frauen werden noch immer zur Ehe gezwungen, rund 20% der Frauen werden vor ihrem 18. Lebensjahr (religiös) verheiratet, viele davon im Alter von 10 - 14 Jahren. Kinderheirat wie auch sexuelle Ausbeutung werden dadurch begünstigt, dass 10% der irakischen Frauen Witwen, viele davon Alleinversorgerinnen ihrer Familien sind. Frauen und Mädchen werden durch Gesetze und im täglichen Leben diskriminiert und sind nicht ausreichend gegen sexualisierte und andere geschlechtsspezifische Gewalt geschützt. Paragraph 41 des Strafgesetzbuches gibt Ehemännern das Recht, ihre Frauen zu bestrafen, was im gesamten Irak zu einem extremen Ausmaß an häuslicher Gewalt führt. Frauen, die Misshandlungen oder Missbrauch ausgesetzt sind, haben das Problem, dass sie keinen sicheren Zufluchtsort haben. Sexuelle Gewalt ist zwar per Gesetz verboten, diesbezügliche Anschuldigungen können nach Paragraph 398 aber fallen gelassen werden, sofern der Täter das Opfer heiratet. Die Stellung der Frau hat sich im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert. Die prekäre Sicherheitslage und wachsende fundamentalistische Tendenzen in Teilen der irakischen Gesellschaft haben negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten von Frauen. Vor allem im schiitisch geprägten Südirak werden islamische Regeln, z. B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten, stärker durchgesetzt. Frauen werden unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken. Unverheiratete oder verwitwete Frauen sind dabei einem besonders großen Risiko ausgesetzt, Opfer von sexuellen Schikanen zu werden.

Das irakische Gesetz, sowie auch die irakischen Sitten respektieren das Recht auf Bewegungsfreiheit für Frauen grundsätzlich nicht. Zum Beispiel verbietet es das Gesetz auch, dass Frauen ohne Zustimmung ihres Mannes, Vormundes oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass beantragen. Frauen war es auch nicht möglich, ohne Zustimmung eines männlichen Angehörigen das "Civil Status Identification Document" zu beantragen, das für die Inanspruchnahme von öffentlichen Dienstleistungen, Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, Zugang zum Bildungssystem, etc. notwendig ist.

Genitalverstümmelung: In Teilen des stark patriarchalisch strukturierten Nordirak kommt es immer noch zu Genitalverstümmelung bei Frauen. Genitalverstümmlung ist kein ausschließlich kurdisches Problem. Seit 2011 stellt ein Gesetz in der Region Kurdistan-Irak die Genitalverstümmelung unter Strafe.

Häusliche Gewalt: Es gibt wenige Rechtsvorschriften und Schutzmechanismen, die Frauen vor häuslicher Gewalt schützen. Das irakische Strafgesetzbuch enthält zwar einige Bestimmungen zu körperlichen An-/Übergriffen, jedoch fehlt es an der expliziten Nennung des Problems der häuslichen Gewalt. Es kann geschätzt werden, dass im Irak pro Jahr ungefähr 1.000 Frauen oder mehr durch häusliche Gewalt umkommen.

Durch den steigenden Einfluss von besonders konservativen Kräften, einschließlich der schiitischen Milizen, von denen viele mit politischen Akteuren verlinkt sind, geht der Trend deutlich in Richtung Einschränkung der persönlichen Freiheit der Bevölkerung. Die Milizen führen Regelungen ein, die sie für den "richtigen" islamischen Lebensstil halten. Der Kleidungsstil, der von Frauen erwartet wird, ist im Irak über die letzten zwei Dekaden konservativer geworden. Dieses Phänomen hat sich nach 2003 dadurch beschleunigt, dass sunnitische und schiitische religiöse Kräfte im Irak auf dem Vormarsch sind. Im IS-Gebiet gibt es einen strengen Dress Code, der strikt durchgesetzt wird. In schiitischen Gebieten, einschließlich Basra und Bagdad versuchen schiitische Milizen ebenfalls strikte Bekleidungsvorschriften durchzusetzen und sind für gewalttätige Übergriffe auf Frauen verantwortlich, deren Kleidungsstil als unangebracht angesehen wird. Über das Jahr 2006-2007 ist bekannt, dass Milizen in Basra und Diyala hunderte Frauen töteten, weil sie den Dress Code nicht eingehalten hatten. Es gibt Befürchtungen, dass ein solches Ausmaß erneut droht.

Situation von Kindern im Irak

Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Kinder waren und sind Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie sind nach Angaben der Vereinten Nationen in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind von Gewaltakten betroffen, sei es direkt, oder dadurch, dass ihre Familienmitglieder zu Opfern von Gewalt wurden. Laut einem UNICEF-Bericht von 2016 wird der Irak als eines der tödlichsten Länder für Kinder erachtet. 3,6 Millionen Kinder seien dort der Gefahr ausgesetzt, getötet, verletzt, ausgebeutet oder Opfer sexueller Gewalt zu werden. Tötungen und Verstümmelungen sind die am häufigsten gemeldeten Formen von Gewalt gegen Kinder. Kinder werden durch militärische Operationen verletzt und getötet, und Berichten zufolge sind sie von den sich verschlechternden humanitären Bedingungen unverhältnismäßig stark betroffen.

Die Sicherheitslage, die Einquartierung von Binnenvertriebenen und die große Zahl zerstörter Schulen verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate in den letzten 15 Jahren drastisch gefallen ist, besonders in ländlichen Gebieten. Im Unterschied dazu sind in der Region Kurdistan fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig.

Zugang zur Kurdenregion:

Die dänische Einwanderungsbehörde (Danish Immigration Service, DIS) schreibt in ihrem im April 2016 veröffentlichten Fact-Finding-Mission-Bericht, dass mehrere befragte Quellen angaben, dass es möglich sei, ohne Bürgschaft in die KRI einzureisen. Man brauche jedoch in der Praxis eine solche Bürgschaft, um dort zu arbeiten oder sich niederzulassen. Laut IOM würden irakische Bürger bei der Ankunft an einem Checkpoint einer Landgrenze zu Kurdistan oder am Flughafen eine einwöchige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Ein westlicher Diplomat hat angegeben, dass man keine Bürgschaft brauche, um in die KRI einzureisen, irakische Bürger aber eine Bürgschaft bräuchten, um Arbeit zu finden.

Laut USDOS-Menschenrechtsbericht schränkte die KRG im Berichtszeitraum 2016 die Bewegungsfreiheit innerhalb der Gebiete, die sie verwaltet ein, indem sie laut eigenen Angaben "notwendige Sicherheitsmaßnahmen" ergriff. Die Behörden verlangten von Nicht-Einwohnern der KRI das Einholen einer Genehmigung, die einen zeitlich beschränkten Aufenthalt ermöglicht. Diese Genehmigungen konnten in den meisten Fällen erneuert werden. Von den irakischen Bürgern, die aus Gebieten außerhalb der KRI stammten und die versuchten, sich eine solche Genehmigung für den Aufenthalt in den von der KRG kontrollierten Gebieten zu beschaffen, wurde das Vorweisen eines "Bürgen", der innerhalb der Region wohnt, verlangt.

Laut Auswärtigem Amt ist die inner-irakische Migration in die Region Kurdistan-Irak grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss zur Asayisch-Behörde des jeweiligen Bezirks gehen und sich anmelden.

Grundversorgung / Wirtschaft

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen

gewährleisten. Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten zumindest außerhalb der Region Kurdistan-Irak schwierig. Nach Angaben des Programms "Habitat" der Vereinten Nationen gleichen die Lebensbedingungen von 57% der städtischen Bevölkerung im Irak denen von Slums. Das Land befindet sich in einer anschwellenden humanitären Krise, die durch anhaltende Konflikte, beschränkten Zugang zu humanitären Hilfsleistungen, zunehmendes Versagen bestehender Bewältigungsmechanismen und finanzielle Engpässe gekennzeichnet ist. Durch den Konflikt und die anhaltende Vertreibung und Unterbrechung der Grundversorgung ist der Bedarf an humanitärer Hilfe laut Berichten schnell eskaliert. Schätzungsweise über 10 Mio. Menschen, d. h. fast ein Drittel der Bevölkerung, benötigen derzeit humanitäre Hilfe im Irak, einschließlich Binnenvertriebener, Rückkehrer, Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern sowie der Menschen, die in Gebieten leben, die vom IS kontrolliert werden.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen hinsichtlich der Lebensumstände, der Familienverhältnisse, des Gesundheitszustandes sowie der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführer gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde (Protokolle vom 06.04.2018).

Die Identität der Beschwerdeführer steht aufgrund der im Original vorgelegten, unbedenklichen Identitätsdokumente fest. Die Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer sowie der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich überdies aus einer vorgelegten Heiratsurkunde.

Die Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer eine Universität besucht hat, ergibt sich aufgrund seines vorgelegten irakischen Studentenausweises. Die Feststellung, dass dieser für das irakische Militär tätig war, ergibt sich aufgrund seines vorgelegten Militärdienstausweises sowie vorgelegter Bilder, auf welchen dieser in einer militärischen Uniform zu sehen ist.

Die Feststellung, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Irak als Juristin beruflich tätig war, ergibt sich aufgrund ihres vorgelegten Dienstausweises.

Der gemeinsame Wohnsitz der Beschwerdeführer ergibt sich aus einer Abfrage im Zentralen Melderegister der Republik Österreich vom 31.10.2018.

Die Deutschkenntnisse des Erstbeschwerdeführers auf A2-Nivau ergibt sich aufgrund eines vorgelegten ÖSD-Zertifikates vom 08.09.2017, jene der Zweitbeschwerdeführerin auf B1-Niveau aufgrund eines vorgelegten ÖSD-Zertifikates vom 16.11.2017.

Die seitens der Beschwerdeführer in Österreich geschlossenen Bekanntschaften ergeben sich aus einem Konvolut an vorgelegten Referenzschreiben, das ehrenamtliche Engagement des Erstbeschwerdeführers im Rahmen diverser Tätigkeiten aufgrund eines Konvoluts an diesbezüglich vorgelegten Bestätigungsschreiben.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 31.10.2018.

2.3. Zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:

Eigene Fluchtgründe wurden lediglich seitens des Erstbeschwerdeführers vorgebracht.

Der Erstbeschwerdeführer hatte in seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.01.2016 zunächst vorgebracht, im Irak als Taxifahrer gearbeitet und im Zuge eines durch ihn verursachten Unfalles ein 10-jähriges Kind getötet zu haben. Da die Hinterbliebenen des Kindes den Erstbeschwerdeführer hätten töten wollen, habe dieser die Flucht aus dem Irak ergriffen (Protokoll vom 01.01.2016).

Im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 06.04.2018 äußerte der Erstbeschwerdeführer hingegen ein gänzlich anderes Fluchtvorbringen. Er gab explizit an, in seiner Erstbefragung die Unwahrheit hinsichtlich seines Fluchtgrundes gesagt zu haben und führte nunmehr aus, im Irak ein Sicherheitsmitarbeiter sowie eine Vertrauensperson und Schreibkraft des ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani gewesen zu sein. Er sei auch mit Computertätigkeiten betraut gewesen. Nachdem Talabani erkrankt sei, hätten diverse Gruppen dessen Position einnehmen wollen. Der Erstbeschwerdeführer sei in Besitz bestimmter politischer Informationen gewesen, welche besagte Gruppen hätten haben wollen. Der Erstbeschwerdeführer sei aus Angst, getötet zu werden, aus dem Irak geflüchtet (Protokoll vom 06.04.2018).

Die Zweitbeschwerdeführerin verwies in ihrer Erstbefragung am 01.01.2016 ebenfalls auf das Fluchtvorbringen ihres Ehemannes hinsichtlich des durch einen Unfall getöteten Kindes (Protokoll vom 01.01.2016) sowie in ihrer Einvernahme vom 06.04.2018 wiederum auf dessen nunmehr geändertes Fluchtvorbringen bezüglich seiner Tätigkeit für Jalal Talabani (Protokoll vom 06.04.2018).

Die Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer den ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani zumindest einmal getroffen hat, ergibt sich aufgrund eines vorgelegten Fotos, auf welchem der Erstbeschwerdeführer neben Talabani sitzend zu sehen ist.

In den angefochtenen Bescheiden kam das BFA zum Schluss, dass das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht glaubhaft sei; das Bundesverwaltungsgericht muss sich dieser Feststellung aus den folgenden Erwägungen anschließen: Zunächst einmal findet sich in den Angaben in der Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers keinerlei Bezug auf das später getätigte Fluchtvorbringen hinsichtlich seiner angeblichen, wenngleich zu keinem Zeitpunkt konkret dargelegten Verfolgung durch nicht näher bezeichnete politische Gruppierungen. Wenngleich die polizeiliche Erstbefragung eines Fremden insbesondere der Ermittlung von dessen Identität sowie Reiseroute dient, ist es auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben einzubeziehen (VwGH, Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0090 oder auch Beschluss vom 10. November 2015, Ra 2015/19/0189 bzw. Beschluss vom 02.01.2017, Ra 2016/18/0323 und zuletzt VwGH, Beschluss vom 17. Mai 2018, Ra 2018/20/0168). Es muss also festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer in Absprache mit seiner Ehefrau bei der Erstbefragung offensichtlich eine konstruierte Geschichte als Fluchtvorbringen geschildert hatte. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes erscheint es nicht plausibel, dass der Erstbeschwerdeführer im Rahmen dieser Befragung seine später behauptete Tätigkeit für den irakischen Staatspräsidenten nicht erwähnte, sondern es für nötig befunden haben sollte, eine erfundene Fluchtgeschichte vorzutragen. Bereits dies spricht, wie vom BFA aufgezeigt wurde, dafür, dass Zweifel am später erstatteten Vorbringen angebracht erscheinen.

Das neue Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers rund um seine Tätigkeit für den ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Talabani ist aber auch für sich genommen nicht stringent, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Wie das BFA im angefochtenen Bescheid richtig ausführt, war der Erstbeschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt seiner Einvernahme vom 06.04.2018 in der Lage, Detailfragen rund um sein angebliches Fluchtvorbringen zu beantworten. Weder konnte er konkretisieren, von welchen politischen Gruppierungen die angebliche Bedrohung seiner Person ausgehen solle (er spricht von "einigen Gruppen", ehe er auf Nachfrage eine Person als Beispiel anführt), noch, welche Informationen diese angeblich vom Erstbeschwerdeführer gewollt hätten. Der Erstbeschwerdeführer verharrte in vagen, allgemeinen Phrasen wie "politische Informationen" (Protokoll vom 06.04.2018, S 5 und 7), "diplomatische Informationen" (S 7) oder "persönliche Informationen" (S 6), ohne ein konkretes Beispiel zu nennen. Diesbezüglich kann auch nicht nachvollzogen werden, auf welcher Grundlage im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht wird, der Erstbeschwerdeführer habe gegenüber dem BFA hinsichtlich seiner Fluchtgründe "ausführliche und konkrete Schilderungen von Details wie Zeit- und Ortsangaben oder Wahrnehmungen" getätigt (Beschwerdeschriftsatz S 3).

Auch konnte er die Frage des BFA, warum von angeblich ca. 80 Vertrauenspersonen rund um Talabani ausgerechnet er der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt sei, nicht schlüssig beantworten und replizierte auf diese in ausweichender Manier ("Die anderen 80 Personen waren Schutzpersonal. Mein Chef wurde getötet und ich kam hierher", Protokoll vom 06.04.2018, S 5). Überhaupt gab der Erstbeschwerdeführer einmal an, als Bodyguard für Talabani gearbeitet zu haben, dann wieder, er sei eine Vertrauensperson für diesen gewesen und habe Schreiben für ihn verfasst. Dem BFA ist zuzustimmen, dass es dem Erstbeschwerdeführer nicht gelungen ist, eine berufliche Nahebeziehung zum früheren Staatspräsidenten glaubhaft zu machen. Dazu reicht das vorgelegte Foto, das nur beweist, dass es einmal zu einer Begegnung gekommen war, nicht aus.

Der Erstbeschwerdeführer verneinte die Frage, ob er denn jemals persönlich bedroht worden sei (Protokoll vom 06.04.2018, S 6); er stützte die behauptete Bedrohung insbesondere auf die Ermordung seines Vorgesetzten im Jahr 2013. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Ausreise der Beschwerdeführer aus dem Irak im Dezember 2015, also mindestens 2 Jahre später erfolgte, was nicht auf eine akute Bedrohungslage seiner Person schließen lässt. Wenn in der Beschwerde davon gesprochen wird, dass es dem Erstbeschwerdeführer diesbezüglich allenfalls anzurechnen wäre, dass dieser nicht bereits bei der erstbesten Gelegenheit geflüchtet ist, sondern erst, als es unbedingt notwendig war, um sein Leben zu retten (Beschwerdeschriftsatz S 6), so wird auch zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens dargelegt, warum die Bedrohungslage denn zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Dezember 2015 plötzlich derart akut geworden sei.

Weiters konnte der Erstbeschwerdeführer, wie bereits vom BFA aufgezeigt, auch nicht schlüssig darlegen, welche konkrete Rückkehrgefährdung sich im Falle seiner Rückkehr in den Irak im Hinblick auf sein Fluchtvorbringen nun ergeben würde, nachdem Talabani nur bis 2014 politisch aktiv war und schlussendlich im Jahr 2017 in Deutschland verstorben ist. Auf eine diesbezüglich gestellte Frage des BFA antwortete er ebenfalls ausweichend mit "Das gleiche was ich gesagt habe, über diese Informationen, die ich nicht hergeben will und mein Chef wurde getötet" (Protokoll vom 06.04.2018, S 7).

Zusammengefasst war der Erstbeschwerdeführer weder in der Lage seine Tätigkeit für Talabani konkret zu schildern, noch plausibel darzulegen, von wem er warum verfolgt werden sollte.

Nur der Vollständigkeit halber sei auch noch darauf verwiesen, dass auch die Argumentation, warum er als Taxifahrer gearbeitet und an der Universität studiert haben will, wenn er doch zugleich für Talabani tätig war, nicht nachvollziehbar erscheint: "Student war ich schon und ich fuhr mit dem Taxi, weil ich Angst hatte, dass etwas passiert. Ich war kein normaler Mensch. Meine Universität war in Kirkuk und ich wollte nicht mit meinem eigenen Auto fahren, damit ich nicht gekannt werde. Befragt bin ich selber mit dem Taxi gefahren, nicht chauffiert worden. Ich habe aus Sicherheitsgründen ein Taxi gekauft, weil in Kirkuk die Lage nicht sicher ist."

Aus den seitens des Erstbeschwerdeführers als Beweismittel vorgelegten Fotos in uniformierter Adjustierung sowie neben Talabani sitzend lässt sich ableiten, dass der Erstbeschwerdeführer eine militärische Ausbildung genossen und Talabani zumindest einmal getroffen hat. Weder dienen die Fotos als Beweis, dass der Erstbeschwerdeführer tatsächlich im näheren Umfeld in einer relevanten Position von Talabani gearbeitet hat noch dass er aufgrund dessen der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

Soweit der Erstbeschwerdeführer einen Militärdienstausweis und einen Dienstausweis als Sicherheitskraft vorlegte, wird nur ergänzend darauf hingewiesen, dass sich laut dem in den Bescheiden wiedergegebenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, gegen Bezahlung verschaffen lässt; zudem wurde der Dienstausweis als Sicherheitskraft für den Staatspräsidenten im Mai 2015 und damit nach Ende der Amtszeit Talabanis ausgestellt und weist dieser darüber hinaus in der vorgelegten englischen Version Schreibfehler ("Athurized to Carry Personal Weapon") auf. Dem BFA ist daher zu folgen, dass die vorgelegten Beweismittel das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht zu stützen vermögen.

In der seitens des Erstbeschwerdeführers am 24.04.2018 übermittelten schriftlichen Stellungnahme an das BFA wurden einerseits allgemeine Feststellungen zur - inzwischen für Ranya, den Wohnort der Beschwerdeführer, überwundenen - Bedrohungssituation durch den IS getroffen, andererseits machte der Erstbeschwerdeführer eine "politische Tätigkeit" geltend, welche vom BFA im angefochtenen Bescheid als Tätigkeit für den früheren Staatspräsidenten interpretiert wurde. Dem wurde in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten, so dass sich aus dieser Stellungnahme kein über die Einvernahme hinausgehendes Vorbringen ergibt.

All diesen beweiswürdigenden Erwägungen wird im Beschwerdeschriftsatz nicht substantiiert entgegengetreten, sondern lediglich das bereits bekannten Fluchtvorbringen wiederholt. Soweit in der Beschwerde behauptet wird, der Erstbeschwerdeführer habe seine Verfolger namentlich genannt, ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus dem Einvernahmeprotokoll zwar ein Name, insgesamt aber ein sehr vages Vorbringen ergibt (vgl. der folgende Ausschnitt aus dem Protokoll, S 6):

"Leiter der Amtshandlung (LA): Wer sind die Personen, von denen Sie Ihrer Meinung nach bedroht/verfolgt werden?

Verfahrenspartei (VP): In der eigenen Partei wollten einige die Position von Talabani haben. Es waren einige Gruppen und davon zum Beispiel XXXX, der vor zwei Monaten seine eigene Gruppe gegründet hat.

LA: Hatten Sie je persönlich mit denen direkt zu tun?

VP: Wie meinen Sie?

LA: Hatten Sie je mit den Personen, mit den Gruppen, die die Position des Talabani haben wollten, persönlich zu tun?

VP: Sie haben mir einige Frage gestellt und wollten Informationen haben. Sie haben meinen Chef getötet.

LA: Wann wurde Ihr Chef getötet?

VP: 2013.

LA: Gab es einen Nachfolger?

VP: Nein. Sie haben ihn getötet, nachdem Talabani krank geworden ist und wollten Infos von mir haben.

LA: Was haben Sie gesagt?

VP: Wie meinen Sie?

LA: Was haben Sie gesagt, als Sie um Informationen gefragt worden sind?

VP: Sie haben gefragt, welche persönlichen Informationen ich über Talabani habe und ich hatte Angst, dass Sie mich töten. Sie hatten Angst, dass ich diese Informationen an andere Parteien übertrage. Sie haben meinen Chef getötet und dann bin ich auch ausgereist.

LA: Fanden jemals Übergriffe/Angriffe gegen Ihre Person statt?

VP: Nein. Nochmals befragt ich wurde nicht entführt und niemand hat mich geschlagen oder mir was angetan.

LA: Wurden Sie jemals persönlich bedroht?

VP: Nein, sie können das auch nicht in der Öffentlichkeit machen. Mein Chef wurde damals zuhause getötet."

Eine konkrete Benennung der Verfolger, wie in der Beschwerde behauptet, ergibt sich aus diesen Angaben des Erstbeschwerdeführers nicht.

Dem BFA ist daher zuzustimmen, dass jedenfalls nicht glaubhaft ist, dass der Erstbeschwerdeführer in einer relevanten Funktion für den früheren Staatspräsidenten tätig war und aufgrund dessen Verfolgung zu befürchten hätte.

Soweit in der Beschwerde erklärt wird, der irakische Staat sei nicht in der Lage, seine Bürger "vor radikal-islamistischen sunnitischen Terroristen noch vor den schiitischen Milizen" zu schützen, ist dem entgegenzuhalten, dass eine Bedrohung durch diese Personengruppen vom Erstbeschwerdeführer nie behauptet wurde und sich aus den Länderfeststellungen eine generelle Bedrohung durch den IS oder schiitische Milizen für Kurdistan auch nicht ergibt.

Soweit vom Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA behauptet wurde, dass er im Falle der Rückkehr eine Haftstrafe wegen Verlassen des Dienstes zu befürchten hätte, wurde bereits im angefochtenen Bescheid darauf verwiesen, dass dieses Vorbringen, welches sich auf die behauptete - aber nicht glaubhafte - wichtige Tätigkeit für Talabani gründet, ebenfalls nicht glaubhaft ist. Soweit daher in der Beschwerde wiederholt wird, dass bei Verlassen des Militärdienstes eine Haftstrafe droht, wird den Feststellungen im Bescheid nicht substantiiert entgegengetreten.

In der Beschwerde wurde erklärt, dass die Zweitbeschwerdeführerin "deutlich über die gefährliche Lage und ihre Tätigkeit als Anwältin für Frauenrechte gesprochen hat". Ihre "westlich orientierte Lebenseinstellung" widerspreche der streng islamischen Gesellschaftsordnung im Irak. Dieses Vorbringen widerspricht den Aussagen der Zweitbeschwerdeführerin und des Erstbeschwerdeführers:

Die Zweitbeschwerdeführerin brachte im Verwaltungsverfahren nie vor, selbst Probleme im Irak gehabt zu haben. Sie verneinte explizit, Probleme wegen der Religion gehabt zu haben und erklärte dem BFA am 06.04.2018: "Ich habe selber kein Problem im Irak, ich bin nur wegen meinem Mann ausgereist. Ich habe selber keinen eigenen Fluchtgrund."

Dies wurde auch von ihrem Ehemann, dem Erstbeschwerdeführer, verneint. So meinte er bei der Einvernahme durch das BFA am selben Tag: "Meine Frau (hat) auch keine eigenen Fluchtgründe. Sie hat selber kein Problem, aber weil sie meine Frau ist, kam sie mit mir."

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zum Ergebnis, dass weder für die Zweitbeschwerdeführerin noch für die minderjährigen Beschwerdeführer eigene Fluchtgründe vorgebracht wurden.

2.4. Zu den Länderfeststellungen

Die Bescheide stützen sich auf das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak, das - gekürzt auf die fallbezogen wesentlichen Teile - auch in diesem Erkenntnis wiedergegeben wird. Angesichts der Seriosität und Plausibilität des Länderinformationsblattes sowie dem Umstand, dass dieser Bericht auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbietet, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Hinsichtlich des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers in seiner Stellungnahme an das BFA vom 24.04.2018, in welchem dieser eine Gefährdung der kurdischen Regionen im Irak durch terroristische Gruppen und den IS schildert, ist festzuhalten, dass es sich hierbei um keine aktuellen Länderberichte handelt, sondern sich die Situation in der Region Kurdistan seit der Ausreise der Beschwerdeführer im Jahr 2015 deutlich geändert hat und - durch die Vertreibung des Islamischen Staates - eine maßgebliche Verbesserung der Sicherheitslage eingetreten ist, was sich auch den aktuellen Länderberichten in den angefochtenen Bescheiden entnehmen lässt.

Hinsichtlich des im Beschwerdeschriftsatz vom 20.07.2018 gestellten Antrags auf Bestellung eines länderkundlichen Sachverständigen wird ebenfalls auf die vom BFA in den angefochtenen Bescheiden angeführten länderkundlichen Informationen verwiesen. Die Erheblichkeit des Beweisantrags wird vom Bundesverwaltungsgericht in Anbetracht der vorliegenden Informationen zur Lage im Herkunftsstaat nicht erkannt (vgl dazu VwGH 19.06.2018, Ra 2018/20/0069). Dazu tritt, dass das im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist (VwGH 17.11.2015, Ra 2015/02/0141), sodass diesem nicht zu folgen war.

Hinsichtlich der im Beschwerdeschriftsatz zitierten UNHCR Position Returns to Iraq ist festzuhalten, dass die Feststellungen zur Lage von Frauen im Irak (zu Themen wie sexueller Gewalt, häuslicher Gewalt, Genitalverstümmelungen oder Zwangsverheiratungen) ohnehin im Länderinformationsblatt und damit in den angefochtenen Bescheiden wiedergegeben wurden. Damit wird den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zum Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, konnte der Erstbeschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft machen. Er hatte vorgebracht, wegen einer früheren Tätigkeit im Umfeld des ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani der Gefahr einer politischen Verfolgung ausgesetzt ist. Sein entsprechendes Vorbringen ist aber nicht glaubhaft. Für die übrigen Beschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Daher ist festzustellen, dass den Beschwerdeführern im Herkunftsstaat Irak keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und der Ausspruch in Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide zu bestätigen ist.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 idgF ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Trotz der aktuell schwierigen Situation im Irak ist eine Rückkehr in die Autonome Region Kurdistan nicht automatisch mit einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte verbunden. Wie bereits ausgeführt ist nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführer aufgrund einer Nahebeziehung des Erstbeschwerdeführers zum früheren Staatspräsidenten Talabani eine Verfolgung zu befürchten hätte; daraus ergibt sich daher keine Gefährdung der Familie.

In der Beschwerde wurde erklärt, dass die Entscheidung des BFA der ständigen Rechtsprechung bezüglich irakischer Flüchtlinge in Österreich widerspreche, da die "notorische Situation im Irak eine Rückkehr von jemandem wie dem Beschwerdeführer nicht zulässt." Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.06.2018, Ra 2018/20/0069 ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigt hatte, in dem keine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 2 oder 3 EMRK für den Fall der Rückkehr eines kurdischen Mannes in die autonome Region Kurdistan angenommen worden war. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt allerdings nicht, dass dies nicht automatisch auf die Lage von Frauen und Kindern umlegbar ist. In den Länderfeststellungen wird auch betont, dass insbesondere Kinder Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen und der schwierigen humanitären Lage waren, so dass für diese vulnerable Gruppe eine besondere Betrachtung notwendig erscheint. Dazu muss aber festgehalten werden, dass sich aus den Länderfeststellungen insgesamt zwar ergibt, dass sich die Situation in Kurdistan in den letzten Jahren ebenfalls verschlechtert hat, dass im Vergleich zu den sonstigen Regionen des Irak aber von einer stabileren Lage und besseren Grundversorgung ausgegangen werden kann. Alle Mitglieder der Familie sind (abgesehen von einer Allergie bei den Kindern) gesund, so dass daraus keine zusätzliche Verletzlichkeit resultiert. Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin haben eine gute Ausbildung und Berufserfahrung gesammelt. Es ist davon auszugehen, dass es dem Erstbeschwerdeführer oder der Zweitbeschwerdeführerin möglich sein wird, ein grundlegendes Einkommen für die Familie zu sichern, so dass sich auch keine konkrete Existenzbedrohung für die beiden Kinder ergibt. Nachdem die Familie aus der Autonomen Region Kurdistan stammt und es sich um Angehörige der kurdischen Volksgruppe handelt, ist ihr auch eine Rückkehr nach XXXX möglich, bei welcher sie zudem von dem noch vor Ort vorha

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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