TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/8 W235 2191093-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.11.2018
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Entscheidungsdatum

08.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2191093-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018, Zl. 1120355103-160887579, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.06.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.06.2016 gab der Beschwerdeführer zunächst zu seiner Person an, dass er am XXXX .1997 geboren sei, aus XXXX in der pakistanischen Provinz Punjab stamme und dort insgesamt neun Jahre die Grund- und Hauptschule besucht habe. Zuletzt sei er als Hilfsarbeiter tätig gewesen. Er spreche Urdu sowie Punjabi und sei Angehöriger der sunnitischen Richtung des Islams. In Pakistan würden noch seine Eltern und seine fünf Geschwister leben. Der Beschwerdeführer habe Pakistan im März 2016 unrechtmäßig verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien sowie über Ungarn nach Österreich gereist. Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor, in seinem Heimatdorf habe es mit anderen Bewohnern eine Auseinandersetzung wegen seines Grundstücks gegeben. Ein Mann namens XXXX habe seiner Familie ihr Grundstück weggenommen. Er habe sich nicht wehren können, da dieser Mann gefährlich ausgesehen habe und gesagt habe, wenn ihm der Beschwerdeführer das Grundstück nicht übergebe, müsse er sein Leben hergeben. Dies sei sein einziger Fluchtgrund.

1.3. Da sich aus einer EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am XXXX .2016 in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 25.07.2016 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) ein Wiederaufnahmegesuch an Ungarn.

Mit Schreiben vom 28.07.2016 teilte die ungarische Behörde für Einwanderung und Staatsangehörigkeit mit, dass das Verfahren des Beschwerdeführers über seinen Antrag auf internationalen Schutz vom XXXX .2016 am XXXX 2016 eingestellt worden sei. Da der Beschwerdeführer laut dem in Ungarn registrierten Geburtsdatum volljährig sei, während er nach seinen Angaben im österreichischen Verfahren minderjährig sei, werde dem Aufnahmegesuch bis zur Abklärung seines Alters vorläufig nicht stattgegeben.

1.4. Mit Schreiben vom 29.11.2016 beauftragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Dr. med. et phil. XXXX , allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für medizinische Begutachtung in Asylverfahren, mit der Vornahme einer Altersschätzung beim Beschwerdeführer.

Dem entsprechenden Gutachten vom 13.12.2016 ist zusammengefasst zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Zuge der Befundaufnahme am 06.12.2016 das Geburtsdatum " XXXX .1999" angab. Das angegebene Alter sei mit den Ergebnissen der durchgeführten "multifaktorellen" Befunderhebung zur Altersfeststellung (Anamnese, körperliche und radiologische Untersuchung, zahnärztliches Orthopantomogramm sowie Knochen-CT) vereinbar, da das festgestellte absolute Mindestalter laut den Untersuchungsergebnissen bei 17,1 Jahren liege. Die Differenz betrage daher + 0,15 Jahre.

1.5. Am 23.03.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Urdu einvernommen, wobei eine Bestätigung über die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme "Zukunft.Bildung.Steiermark" (Basisbildung im Sprachniveau A1 im Ausmaß von 20 Unterrichtseinheiten) vorgelegt wurde.

In dieser Einvernahme gab er verfahrenswesentlich und zusammengefasst an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben im Asylverfahren zu machen. Er sei kränklich, befinde sich aber nicht in ärztlicher Behandlung. Gesundheitliche Probleme würden bestehen, seit er ein Kind gewesen sei. Er habe in Pakistan einen Arzt aufgesucht, aber dann habe er so viele Tabletten nehmen müssen. Im Verfahren habe er bisher der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht, jedoch seien ihm seine Angaben nicht rückübersetzt worden. Er komme aus " XXXX " und habe neun Jahre die Grundschule besucht. Ein- bis zweimal wöchentlich habe er Kontakt zu seiner Familie und telefoniere mit seinem Vater übers Internet via "IMO". Seine Angehörigen würden an der genannten Adresse leben. Sein Vater sei beim Militär gewesen und sei nunmehr in Pension. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat nicht gearbeitet. In Österreich habe er keine Verwandten oder sonstige Familienangehörige. Zurzeit lerne er Deutsch, wolle eine Tanzschule besuchen und interessiere sich auch für Computer. In seiner Freizeit lerne er mit einer App am Handy Deutsch.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, sein Vater habe genug Geld bekommen, als er in Pension gegangen sei und habe sich damit ein Grundstück gekauft. Dies sei jedoch nicht im Grundbuch eingetragen worden. Ein "reicherer Mann" sei gekommen und habe behauptet, dass ihm dieses Grundstück gehöre. Er habe der Familie gedroht, sie umzubringen, wenn sie das Grundstück nicht freiwillig verlassen würden. Zudem habe er jemanden beauftragt, der die Familie töten solle. Einmal seien der Beschwerdeführer und sein Bruder mit einem Messer von dem "Beauftragten" am Fuß verletzt worden. Der Beschwerdeführer habe eine Narbe von diesem Vorfall. Sein Bruder sei nach XXXX gegangen. Der Vater habe dem Bruder gesagt, dass er nicht so viel Geld habe, um sie schützen zu können. Von einem Onkel in Deutschland habe sich der Vater Geld ausgeliehen und den Beschwerdeführer nach Europa geschickt. Als er in Bulgarien gewesen sei, habe er erfahren, dass seinem Bruder der Fuß gebrochen worden sei. Es sei nämlich auf seinen Bruder geschossen worden, als er mit dem Motorrad gefahren sei. Die Kugel habe das Rad getroffen und der entgegenkommende Lastwagen habe den Bruder des Beschwerdeführers gerammt. Sein Vater habe zum Beschwerdeführer gesagt, es sei gut, dass er weg sei, da ihm sonst das Gleiche passiert wäre. Der Beschwerdeführer möge keine Streitereien und werde auch im Lager immer wieder belästigt und gefragt, ob er mit irgendjemanden das Zimmer teilen wolle. Er wolle aber lieber alleine liegen. Auf Nachfrage gab er an, betreffend sein Heimatland habe er alle Fluchtgründe vorgebracht.

Zum Zeitpunkt der genannten Vorfälle befragt, führte er aus, der Vorfall mit dem Messer sei vor ca. eineinhalb Jahren gewesen. Nachdem der Beschwerdeführer aufgefordert worden war, die Ereignisse genauer zu schildern, gab er zu Protokoll, als der Schulunterricht um 11.00 Uhr beendet worden sei, sei er mit dem Motorrad in die Stadt gefahren. Ein Auto sei neben ihm stehen geblieben und die Tür sei geöffnet worden. Er habe hochgeschaut und "sie" hätten ein Messer gezückt. Er habe mit dem Motorrad wegfahren wollen, dieses sei jedoch umgestoßen worden. Leute seien zur Hilfe gekommen. Der Beschwerdeführer habe das Motorrad liegen gelassen und sei weggelaufen. Dann habe etwas seinen Fuß getroffen; das sei ein Messer gewesen. Zuhause habe er seinen Fuß mit einem Tuch verbunden. Einen Arzt habe er nicht aufgesucht. Sein Vater sei in der Arbeit gewesen. Nach zwei Tagen habe seine Familie erfahren, dass er attackiert worden sei. Dann sei er zum Arzt gebracht und versorgt worden. Auf weitere Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, dies sei heute vor 19 Monaten gewesen. Der reiche Mann heiße XXXX . Nach drei bis vier Monaten sei er gekommen. Zum Grundstück befragt, führte er aus, es sei einen Kilar, also acht Kanal, groß gewesen. Das entspreche ungefähr einem Fußballfeld. Es habe 1.800.000 PKR gekostet. Vom Haus sei es zu Fuß innerhalb von ca. 20 bis 25 Minuten erreichbar gewesen. Sein Vater habe begonnen, das Grundstück zu bewirtschaften. Ziel sei gewesen, dort Reis anzubauen. Bevor jedoch mit der Bepflanzung begonnen werden habe können, sei XXXX gekommen und habe alles gestoppt.

Nach Aufforderung, die Situation genauer zu schildern, erklärte der Beschwerdeführer, er habe XXXX selbst nie gesehen, sondern wisse nur aus den Erzählungen des Vaters, dass er gekommen sei und behauptet habe, das Grundstück sei sein Land. Es habe dann auch Probleme mit der Familie gegeben. Seine Mutter sei besorgt gewesen, da sie keinen Ärger gewollt habe, während der Vater das Grundstück nicht so leicht hergeben habe wollen, zumal er hart dafür gearbeitet habe. Der "Killer" habe seinen Vater damit bedroht, dass er ihn samt seiner Familie umbringen werde, wenn er das Grundstück nicht hergebe. Der Vater habe es dennoch nicht hergeben wollen und seine Eltern würden noch immer deswegen streiten. Die Pension des Vaters reiche gerade einmal für das Essen. Die Sache sei noch immer nicht erledigt, es gebe immer noch Streitereien. Momentan nutze das Grundstück niemand, seit sie es verlassen hätten. Der Mittelsmann, der das Land bewirtschaften solle, wolle nicht arbeiten, bevor das Problem nicht gelöst sei. Er habe Angst, dass er wegen des Streits ebenfalls Ärger bekomme. Der Beschwerdeführer habe aus Angst um sein Leben das Land verlassen. Ihm sei gedroht worden. Auch sein älterer Bruder sei weggeschickt worden. Einmal habe sein Bruder die Eltern besucht, dann sei der Vorfall mit dem gebrochenen Fuß gewesen. Seither habe es keine Vorfälle gegeben. Der Rest der Familie sei "dort" geblieben, weil alle jünger seien als er. Sein Zwillingsbruder lebe bei seiner Großmutter.

Im Rahmen der Erörterung der Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Herkunftsstaat merkte der Beschwerdeführer an, man arbeite und werde nicht vollständig bezahlt. Man werde bedroht und gehe zur Polizei. In Österreich habe ein Kanalreiniger denselben Beruf wie ein Kanzler in Pakistan.

Im Fall seiner Rückkehr werde er erschossen bzw. umgebracht. Er wolle nicht zurück nach Pakistan. Es sei so viel Geld für seine Reise ausgeborgt worden und "sie" würden die ganze Zeit fragen, wann sie das Geld zurückbekämen. Auch der Fuß seines Bruders sei gebrochen, weshalb er nicht arbeiten könne. Die anderen Geschwister gingen zur Schule. Der Zwillingsbruder gehe nicht mehr in die Schule, weil er auch bedroht worden sei. Deswegen bleibe er den ganzen Tag zuhause. Auf weitere Nachfrage gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, die Leute, die ihm das Messer nachgeworfen hätten, seien sehr starke, dicke Leute, jedoch sei ihr Gesicht verschleiert gewesen. Mehr Informationen habe er nicht. Das Geld für seine Flucht sei zum Teil von seinem in XXXX wohnhaften Onkel sowie von Dorfleuten ausgeborgt worden. Insgesamt seien es € 8.000,00 gewesen. Von wem wie viel Geld stamme, wisse er nicht. Er habe keinen Kontakt mehr zum Onkel. Abschließend merkte der Beschwerdeführer an, auch seine Familie habe große Schwierigkeiten, besitze allerdings kein Geld, um die Schlepper zu bezahlen. Die Familie brauche auch Hilfe. In Pakistan seien sie sehr knapp bei Kasse. Jeden Tag würden Kartoffeln gekocht werden, weil das am billigsten sei. Seine Mutter habe solche Zahnschmerzen, dass sie nicht mehr deutlich sprechen könne. Auch die Medikamente würden nicht helfen.

Im Zuge der Einvernahme wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers zugesagt, die erhobenen Länderinformationen per E-Mail unter Einräumung einer Frist von 14 Tagen zur Stellungnahme zu übermitteln.

1.6. In der folgenden Stellungnahme vom 31.03.2017 verwies der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung nach Wiederholung seines Fluchtvorbringens betreffend die instabile Sicherheitslage in Pakistan sowie die Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit der pakistanischen Behörden auszugsweise auf die Länderfeststellungen des Bundesamtes vom 22.03.2017, auf den Informationsvermerk ("briefing notes") des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, den "ARC - Asylum Research Consultancy:

Pakistan Country Report" vom Juni 2015, sowie auf den Bericht des UK Home Office "Country Policy and Information Note Pakistan: Land Disputes, Januar 2017". Letzterem ist folgende Passage zu entnehmen:

"Those involved in disputes over land or property in Pakistan may be at risk of persecution or serious harm from non-state ators or rogue state actors. However, each case must be considered on ist facts. The onus is on the person to demonstrate they would be personally at risk on return to Pakistan because oft he dispute". Unter Hinweis auf die Entscheidung des EGMR vom 05.04.2011, Rahimi gegen Griechenland, Nr. 8687/08, wurde zudem die besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers aufgrund seiner Minderjährigkeit hervorgehoben. Ferner wurde ausgeführt, es liege im Fall des minderjährigen Beschwerdeführers begründete Furcht vor Verfolgung vor, da seine Unversehrtheit als Zivilperson in Gefahr sei, zumal er sich aufgrund der Schutzunfähigkeit des pakistanischen Staates nicht vor der willkürlichen Gewalt des XXXX und seinen "Killern" schützen könne. Aufgrund der Verfolgungsgefahr sei eine Rückkehr in das familiäre Netzwerk nicht möglich und sei die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative infolge seiner Minderjährigkeit, fehlender familiärer Anknüpfungspunkte außerhalb des Heimatortes und der instabilen Sicherheitslage in Pakistan nicht zumutbar.

1.7. Mit Schreiben vom 06.07.2017 wurden nachstehende Unterlagen (in Kopie) vorgelegt:

* Bestätigung über die Teilnahme am Workshop "Übertragung von Krankheiten und Frauenbilder" vom XXXX .05.2017, ausgestellt vom Diakoniewerk XXXX und

* Bestätigung über die Teilnahme am Workshop "Sport, Sportverletzungen und richtiges Aufwärmen; richtiges Trainieren im Fitnesscenter" vom XXXX .05.2017, ausgestellt vom Diakoniewerk XXXX

Mit Schreiben vom 28.09.2017 wurden ergänzend nachstehende Unterlagen (ebenso in Kopie) vorgelegt:

* Bestätigung vom XXXX .08.2017 über die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Summerschool 2017 im Ausmaß von 72 Stunden durchgeführt vom Verein "DA in der Region - Deutsch und Ausbildung in der Region";

* Zertifikat über die Absolvierung von 444 Unterrichtseinheiten des Bildungsangebots "Zukunft.Bildung.Steiermark" im Zeitraum von XXXX .01.2017 bis XXXX .06.2017;

* ÖSD Zertifikat A1 vom XXXX .07.2017;

* Zahlungsbestätigung des Mitgliedsbeitrags für den Besuch einer Tanzschule für die Dauer von drei Monaten und

* Schulbesuchsbestätigung vom XXXX .09.2017, welcher zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer im Schuljahr 2017/2018 die XXXX besucht

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Pakistan und sunnitischer Muslim sei. Seine Identität stehe nicht fest. Er leide an keiner schwerwiegenden lebensbedrohenden psychischen oder physischen Krankheit. Im Herkunftsstaat werde er nicht bedroht oder verfolgt. Eine aktuelle Bedrohungssituation in Pakistan könne nicht festgestellt werden. In Österreich habe er weder Familienangehörige noch Verwandte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 9 bis 45 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels Vorlage von amtlichen Dokumenten nicht feststehe. Aufgrund der Sprach- und Landeskenntnisse sowie seines [diesbezüglichen] Vorbringens habe seine Staatsangehörigkeit dennoch festgestellt werden können. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand würden sich aus dem Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahme ergeben. Zu seinen Fluchtgründen habe der Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten bedroht worden zu sein. Der Sachverhalt sei allerdings nur vage geschildert worden und beschränke sich auf Gemeinplätze. Er sei nicht in der Lage gewesen, konkrete und detaillierte Angaben über etwaige Erlebnisse und daran beteiligte Personen zu machen. Weiters sei der Umstand, dass seine Familienangehörigen noch in Pakistan leben würden, ein Hinweis darauf, dass keine Verfolgungsabsicht bestehe und die dargelegte Furcht sohin unbegründet sei. Der behauptete Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer mit einem Messer bedroht worden sei, sei infolge der vagen Angaben nicht glaubhaft. Zudem sei unschlüssig, warum gerade der Beschwerdeführer solcher Gefahr ausgesetzt sei und nicht sein Vater; wäre doch anzunehmen, dass für den Vater die größte Gefahr bestehen würde. Dieser könne aber ebenso wie die Mutter und die jüngeren Geschwister ohne Probleme im Heimatdorf leben. Unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers sei, dass der Antragsteller nicht bloß eine Rahmengeschichte vorbringe ohne diese durch Details, Interaktionen und glaubhafte Emotionen zu substanziieren. Die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Ereignissen zeichne sich gerade durch detailreiche, oft weit schweifende Angaben sowie spontane Rückerinnerungen an oft auch unwesentliche Details oder Nebenumstände aus. Dies gelte insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handle. Im konkreten Fall sei dies dem Beschwerdeführer nicht gelungen und werde daher sein Fluchtvorbringen nicht als glaubhaft erachtet. Da ihm sohin keine Verfolgung drohe, er über Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfüge, er an keiner lebensbedrohenden Krankheit leide, noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen außergewöhnlichen Umstand behauptet oder bescheinigt habe, sei davon auszugehen, dass ihm im Herkunftsstaat keine Gefahren drohen, zumal eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage nicht gegeben sei. Vielmehr sei er ein mobiler, junger, gesunder und arbeitsfähiger Mensch ohne erkennbare familiäre Verpflichtungen und komme aus einem Staat, in welchem die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet sei. Im Übrigen gehöre er auch keinem Personenkreis an, der qualifiziert schutzbedürftig sei. Aus diesen Umständen sowie aus den getroffenen Länderfeststellungen gehe sohin hervor, dass er in der Lage sei, im Herkunftsstaat ein adäquates Leben zu führen. Die Feststellungen zu den Erwerbsmöglichkeiten würden sich aus den Länderfeststellungen ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers würden sich im Übrigen auf den Akteninhalt stützen. Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes beruhen.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, asylrelevante Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft darzulegen. Sohin könne eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ausgeschlossen werden. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, es seien keine Umstände ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nicht wieder sein gewohntes, existenzgesichertes Leben aufnehmen könne. Die notwendigen Rahmenbedingungen für sein wirtschaftliches Überleben als gesunder und arbeitsfähiger Mann würden sich im Vergleich zur Situation vor der Flucht als unverändert darstellen. Er verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte und könne im Fall einer vorübergehenden Erwerbslosigkeit von seiner Familie Unterstützung erhalten. Im Übrigen sei es im Herkunftsstaat möglich, Sozialbeihilfen zu beziehen. Einer existentiellen Notlage, die einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention gleichzuhalten sei, wäre er sohin im Fall der Rückkehr nicht ausgesetzt. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten, welche die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Hinsichtlich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Spruchpunkt IV.) folgerte die Behörde, dass den öffentlichen Interessen an der Rückkehrentscheidung ein größeres Gewicht zukomme als dem Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer sei unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und befinde sich erst seit Juni 2016 in Österreich. Sein Aufenthalt sei lediglich aufgrund des verfahrensgegenständlichen Antrages legitimiert. Er sei nicht selbsterhaltungsfähig, befinde sich in keinem Ausbildungsverhältnis und beherrsche auch die deutsche Sprache nicht. Über verwandtschaftliche Bindungen verfüge er in Österreich ebenso wenig. Besondere Integrationsmerkmale würden nicht vorliegen und gegen die Rückkehrentscheidung spreche lediglich die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers. Zusammengefasst liege weder eine verfestigte Integration in wirtschaftlicher noch in sozialer oder familiärer Hinsicht im Bundesgebiet vor. In Pakistan habe der Beschwerdeführer hingegen den Großteil seines Lebens verbracht, sei dort sozialisiert worden, in die Schule gegangen und beherrsche die Sprache. Einer Wiedereingliederung in die pakistanische Gesellschaft würden somit keine unüberwindbaren Hürden entgegenstehen. Eine Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 bis Abs. 3 BFA-VG sei daher zulässig. Zu Spruchpunkt V. wurde festgehalten, dass sich bereits aus den bisherigen Erwägungen keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 ergebe, eine vorläufige Maßnahme im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG vom EGMR im konkreten Fall nicht empfohlen worden sei und sohin eine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Zu Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass besondere Umstände der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, die die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt hätten, überwiegen würden, nicht festgestellt werden hätten können. Das bedeute, dass er ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertreterin fristgerecht am 26.03.2018 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragte (unter anderem) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Begründend wurde nach Wiederholung des Verfahrensgangs und des wesentlichen Fluchtvorbringens ausgeführt, die belangte Behörde habe den Grundsatz der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts verletzt. So würden Berichte fehlen, welche sich mit der Lage bzw. den Konsequenzen für Personen auseinandersetzen, die von einem Grundstücksstreit betroffen seien und von den Behörden keinen Schutz erhielten. Die Länderberichte seien nur allgemein gehalten und habe die Behörde ihre eigenen Berichte nicht vollständig ausgewertet. Nach der Judikatur des VfGH müssten sich die Länderfeststellungen hingegen mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers befassen. Beweiswürdigende Erwägungen zum Fluchtvorbringen dürften nicht nur auf das Vorbringen des Beschwerdeführers beschränkt werden, sondern bedürfe es vielmehr einer Betrachtung der konkreten Lage im Herkunftsstaat, da die Angaben nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich seien (vgl. VwGH vom 28.01.2005, Zl. 2004/01/0476 mwN). Die Asylbehörden seien von dieser Ermittlungspflicht auch dann nicht befreit, wenn die Schilderung von vornherein als kaum glaubwürdig und irreal erscheine (vgl. VfGH vom 02.10.2001, B 2136/00). Im Folgenden zitierte die Beschwerde auszugsweise den "World Report 2018 - Pakistan", einen Bericht von Human Rights Watch vom 25.09.2016, den "EASO Country of Origin Information Report - Pakistani Security Report" sowie einen Länderbericht der Bertelsmann Stiftung von 2016, welchem zu entnehmen ist, dass in Pakistan die Gewaltentrennung in der Praxis nicht umgesetzt werde, das Recht auf ein faires Verfahren insbesondere aufgrund von Korruption nicht eingehalten werde und sich der Shia-Sunniten-Konflikt fortsetze. Weiters wurde auf die Reise- und Sicherheitshinweise des deutschen Auswärtigen Amtes vom 22.05.2017 auszugsweise hingewiesen. Ergänzend wurde auf einen Artikel der Tageszeitung Kurier mit dem Titel "Familiensache - Wie ein Clan Pakistan beherrscht", den Artikel "Pakistans Mittelklasse rennt davon" (Quelle: freitag.de) sowie den Artikel "Katerstimmung in Pakistan" (Quelle: heise.de) verwiesen. Zu den zitierten Berichten wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die erkennende Behörde bei Berücksichtigung dieser Berichte zu dem Ergebnis kommen hätte müssen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers in Einklang mit den aktuellen Länderberichten zu Pakistan stehe, ihm sohin im Fall seiner Rückkehr eine asylrelevante Verfolgung drohe und eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung stehe. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage im Fall seiner Rückkehr eine Verletzung in seinen Rechten nach Art. 2 EMRK und Art. 3 EMRK drohen würde.

Zur Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung wurde vorgebracht, das Bundesamt habe es unterlassen, vollständige Länderberichte zu recherchieren und sei bereits aus diesem Grund die Beweiswürdigung nicht mängelfrei. Eine ganzheitliche Würdigung, die im Einklang mit der VwGH-Judikatur stehe, sei nicht vorgenommen worden, zumal eine solche die Würdigung des individuellen Vorbringens unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens zu erfolgen habe, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit den Länderberichten verlange. Der Beschwerdeführer gehöre zur Gruppe von Personen, welchen aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten eine Verfolgung drohe. Trotz einer Anzeige habe die Polizei die Streitigkeit weder verhindert noch beendet. Die Behörde habe verkannt, dass die Familienmitglieder des Beschwerdeführers nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen würden, um selbst flüchten zu können. Daher würden sich seine Eltern im eigenen Haus versteckt aufhalten, während seine Geschwister - ebenfalls versteckt - bei Verwandten leben würden. Sohin sei das Argument, wonach seine Familienangehörigen in Pakistan leben und keine Verfolgungsabsicht bestehe, obsolet. Davon abgesehen könne der Beschwerdeführer durch seine Narbe beweisen, dass die behauptete Messerattacke stattgefunden habe. Sein Vater habe das Land nicht verlassen wollen, da er seine Kinder schützen habe wollen und lange für den Erwerb des Grundstückes gespart habe. Daher verlasse er das Haus nur, wenn dies dringend geboten sei. Seine Kinder habe er hingegen weggeschickt, damit diese nicht vom "reichen Mann" bedroht werden könnten. Im Übrigen seien die Angaben des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Grundstücksstreitigkeit sehr genau gewesen. Davon abgesehen verfüge der Beschwerdeführer zwar über Schulbildung, jedoch nicht über Berufserfahrung. Daher sei er am Arbeitsmarkt besonders benachteiligt. Einen spezifischen Beruf könne er nicht ausüben, da er bisher noch nie gearbeitet habe und die Bedingungen sehr schwierig seien. Die Behörde sei im Übrigen ihrer Verpflichtung, das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative konkret darzulegen, nicht nachgekommen. Durch einen Abgleich mit den einschlägigen Länderberichten hätte die Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine persönliche Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund der Zugehörigkeit zur Gruppe von Personen, die von einem Grundstücksstreit betroffen seien, sowie aufgrund seiner pro-westlichen Einstellung überaus wahrscheinlich sei.

Zur rechtlichen Begründung der Behörde wurde hinsichtlich Spruchpunkt I. ausgeführt, im gegenständlichen Fall handle es sich um keine vom pakistanischen Staat ausgehende Verfolgung, doch sei das Asylrecht als Ausgleich für fehlenden staatlichen Schutz konzipiert und sei der Herkunftsstaat im konkreten Fall nicht in der Lage, den Beschwerdeführer zu schützen, zumal seine Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit aus den zitierten Länderberichten hervorgehe. Betreffend die innerstaatlichen Fluchtalternative wurde nach der ausführlichen Darlegung rechtlicher Erwägungen zur Interpretation der Statusrichtlinie im Lichte der österreichischen, deutschen und britischen Judikatur ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zur Frage der Interpretation von Art. 8 Abs. 1 der RL 2011/95/EU ("StatusRL") angeregt. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass für den Beschwerdeführer das reale Risiko einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK bei seiner Rückkehr nach Pakistan bestünde, da er mangels Berufsausbildung am Arbeitsmarkt besonders benachteiligt sei. Er könne keinen spezifischen Beruf ausüben, da er noch nie beschäftigt gewesen sei. Finanzielle Unterstützung von seiner Familie würde er nicht erhalten. Folglich sei davon auszugehen, dass er im Fall seiner Rückkehr in eine aussichtslose Lage geriete. Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer um seine Integration bemüht sei, seine Sprachkenntnisse verbessern wolle und erfolgreich an Workshops teilgenommen habe. Er wolle in Zukunft eine Ausbildung als Bäcker machen. Die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl des Landes würde er nicht gefährden.

Mit der Beschwerde wurde neben den bereits vorgelegten Unterlagen eine Bestätigung über die Teilnahme am Workshop zum Thema "Gewalt" vom XXXX .08.2017, ausgestellt vom Diakoniewerk XXXX , vorgelegt.

4. Mit Urteil vom XXXX .08.2018 des Landesgerichtes für Strafsachen

XXXX , GZ. XXXX , wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG, teils als Beitragstäter im Sinne des § 12 dritter Fall StGB, sowie nach § 27 Abs. 2a erster Fall SMG schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten verurteilt, wobei ihm die Vorhaft vom XXXX .06.2018 bis XXXX .06.2018 auf die zu verbüßende Freiheitsstrafe angerechnet wurde.

5. Am 21.09.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgrund unbekannten Aufenthalts von der Grundversorgung abgemeldet.

6.1. Mit Verfahrensanordnung vom 19.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Frist von drei Wochen aufgetragen, zum Länderinformationsblatt Pakistan vom 21.06.2018 Stellung zu nehmen, neue Flucht- oder Verfolgungsgründe unter Nennung und Vorlage von Beweismitteln darzutun, sämtliche sonstigen Beweismittel vorzulegen sowie folgende Informationen bekanntzugeben:

1. Befinden sich enge Familienangehörige im Bundesgebiet?

2. Sprechen Sie deutsch und wenn ja, wie gut?

3. Haben sie Arbeit in Österreich bzw. waren Sie jemals in Österreich selbsterhaltungsfähig und nicht von Leistungen des österreichischen Staates abhängig?

4. Wie finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

5. Haben Sie in Österreich jemals Kurse, Vereine, eine Schule oder eine Universität besucht?

6. Haben Sie einen Freundeskreis oder bisher nicht genannte Verwandte in Österreich?

7. Sind Sie legal in das Bundesgebiet eingereist?

8. Hatten Sie jemals ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich?

9. Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt?

10. Haben Sie eine andere, besondere Bindung an Österreich?

6.2. Im Wege der von der ausgewiesenen Vertretung eingebrachten Stellungnahme vom 09.10.2018 wurde betreffend die Fluchtgründe auf die Beschwerde vom 26.03.2018 verwiesen und ausgeführt, dass sich sämtliche Beweismittel bereits im Akt befinden würden. Zu den vom Bundesverwaltungsgericht übermittelten Fragen wurde ausgeführt, dass sich keine Familienangehörigen im Bundesgebiet befänden. Der Beschwerdeführer habe erfolgreich an Workshops teilgenommen, möchte seine Sprachkenntnisse weiterhin verbessern und wolle eine Ausbildung zum Bäcker absolvieren. Bisher habe er in Österreich die Schule besucht und gehe keiner Erwerbstätigkeit nach. Zu den restlichen Fragen wurde ebenfalls auf die Beschwerde verwiesen. Im Hinblick auf das übermittelte Länderinformationsblatt wurden im Wesentlichen die Ausführungen in der Beschwerde zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes wiederholt und der Schluss gezogen, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hätte unter Berücksichtigung der angeführten Berichte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine asylrelevante Verfolgung im konkreten Fall vorliege. Ferner verletze den Beschwerdeführer eine Rückkehr nach Pakistan jedenfalls in seinen Rechten nach Art. 2 und Art. 3 EMRK. Ergänzend wurde vorgebracht, dass es notwendig sei, sich mit der Situation von Personen auseinanderzusetzen, denen bei einer Rückkehr eine westliche Gesinnung unterstellt werde oder denen aufgrund der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz in Österreich im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung drohen würde. Neue Beweismittel wurden nicht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt jedenfalls volljährige Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus der Stadt XXXX in der pakistanischen Provinz Punjab. Im März 2016 hat er Pakistan verlassen und ist über den Iran, die Türkei, Bulgarien und Serbien nach Ungarn gereist, wo er am XXXX .2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er wartete das Verfahren jedoch nicht ab, sondern begab sich nach Österreich, wo er am 25.06.2016 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.2. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zur Gänze bzw. zum Teil der Wahrheit entspricht, da sich aus seinem Vorbringen kein Asylgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ableiten lässt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Pakistan eine Verfolgung aus politischen Gründen, religiösen Gründen, aus Gründen der Rasse, der Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe droht.

1.1.3. Der Beschwerdeführer verfügt in Pakistan über eine gesicherte Existenzgrundlage. Seine Eltern leben in seinem Herkunftsort. Die Familie besitzt dort ein Wohnhaus. Der Vater des Beschwerdeführers hat vor seiner Pensionierung beim Militär gearbeitet und finanziert nunmehr seinen Lebensunterhalt durch den Bezug von Pensionsleistungen. Die Geschwister des Beschwerdeführers leben ebenfalls in Pakistan. Zu seiner Familie hat der Beschwerdeführer regelmäßigen Kontakt. Er telefoniert ein- bis zweimal wöchentlich mit seinem Vater via IMO. Der Beschwerdeführer, der Urdu und Punjabi spricht, hat neun Jahre die Grund- sowie die Hauptschule besucht. Auch in Österreich besuchte er ein weiteres Jahr die Schule. An einer schwerwiegenden psychischen oder physischen Krankheit leidet er nicht. Er ist jung, ledig ohne Obsorgeverpflichtungen, erwerbsfähig und verfügt über ein soziales Netzwerk in Pakistan. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan in keine existenzgefährdende Lage geraten wird.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. In Österreich besuchte der Beschwerdeführer im Schuljahr 2017/2018 die XXXX und absolvierte seit seiner Einreise in das Bundesgebiet diverse Integrationsworkshops. Seine Deutschkenntnisse befinden sich auf dem Sprachniveau A1. Einer Erwerbstätigkeit ist der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt nachgegangen, sondern hat seinen Lebensunterhalt aus den Mitteln der Grundversorgung bestritten, bis er aufgrund seines unbekannten Aufenthalts von dieser per 21.09.2018 abgemeldet wurde. Er ist sohin nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über keine Familienangehörigen und lebt auch mit niemandem in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich vor.

Mit Urteil vom XXXX .08.2018 des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , GZ. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG, teils als Beitragstäter im Sinne des § 12 dritter Fall StGB sowie nach § 27 Abs. 2a erster Fall SMG schuldig gesprochen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten verurteilt.

Aufgrund der Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrags kam dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu, welche jedoch mit der Verhängung der Untersuchungshaft wegen der Begehung zweier Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz ex lege erlosch. Seither ist sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht während seines Aufenthalts im Bundesgebiet konnte nicht festgestellt werden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Pakistan:

1.2.1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen:

Kurzinformation vom 18.7.2018: Anschläge und Proteste im Vorfeld der Wahlen am 25.7.2018 (betrifft: Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Im Vorfeld der Wahlen am 25. Juli 2018 kam es zu zahlreichen Anschlägen mit Todesopfern (Dawn 13.7.2018a).

Am 13. Juli sind bei einem Selbstmordanschlag in Mastung, Provinz Belutschistan, nach offiziellen Angaben 149 Menschen ums Leben gekommen und über 200 Menschen verletzt worden (CNN 16.7.2018). Das Attentat hatte einer Veranstaltung der Baluchistan Awami Partei gegolten (Dawn 13.7.2018a; vgl. ORF 13.7.2018, CNN 16.7.2018). Es ist der schwerste Anschlag in Pakistan seit vielen Jahren - ähnlich viele Tote gab es zuletzt beim Angriff der Taliban auf die Armeeschule in Peschawar im Dezember 2014 mit ca. 150 Toten (Standard 14.7.2018) - und der Terrorangriff mit den zweitmeisten Todesopfern in der Geschichte Pakistans (CNN 16.7.2018). Die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich (ORF 13.7.2018; vgl. CNN 16.7.2018, Standard 14.7.2018), ebenso wie die Ghazi-Gruppe der radikalislamischen Taliban (Standard 14.7.2018). In Folge des Anschlages wurden die Wahlen im Wahlkreis PB-35 (Mastung) verschoben (Nation 14.7.2018).

Ebenfalls am 13. Juli wurden in Bannu [Provinz Khyber Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu den ehem. Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA)] bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung des Chief Minister der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Akram Khan Durrani, vier Menschen getötet und 32 Menschen verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. News 13.7.2018). Durrani wurde bei dem Anschlag nicht verletzt (Express Tribune 13.7.2018; vgl. Dawn 13.7.2018b). Durrani tritt im Wahlkreis NA-35 (Bannu) als Kandidat der Partei Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) an (Dawn 13.7.2018b; vgl News 13.7.2018). Ebenfalls in Bannu wurden wenige Tage zuvor am 7.7. bei einem Bombenangriff auf einen Konvoi des Kandidaten der Muttahida Majlis-i-Amal (MMA) für den Wahlkreis PK-89, Sherin Malik, sieben Personen, darunter der Kandidat, verletzt (Dawn 7.7.2018).

Am 10. Juli wurden bei einem Selbstmordanschlag in Peschawar, Hauptstadt der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, 22 Menschen getötet und 63 Personen verletzt (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 11.7.2018). Unter den Toten befindet sich Haroom Bilour, Provinzvorsitzender der Awami National Party (ANP) (Dawn 10.7.2018a) und Kandidat für den Wahlkreis Peschawar PK-78 (Nation 11.7.2018; vgl. Dawn 10.7.2018a). Die Pakistanischen Taliban haben sich zu dem Anschlag bekannt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die ANP war bereits im Vorfeld der Wahlen 2013 ein Hauptziel der Taliban (Nation 11.7.2018). Gemäß Angaben der Taliban wurde der Angriff auf Bilour aufgrund deren "anti-islamischen Politik" durchgeführt (Dawn 10.7.2018a; vgl. CNN 11.7.2018). Die Behörden gaben an, dass der Bombenanschlag ein gezieltes Attentat auf Haroom Biloor gewesen sei. Als Folge des Angriffes wurden die Wahlen im Wahlkreis PK-78 verschoben (Dawn 10.7.2018a).

Am 13. Juli kehrten der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam aus Großbritannien nach Pakistan zurück. Sie wurden bei ihrer angekündigten Ankunft am Flughafen Lahore verhaftet, nachdem sie eine Woche zuvor wegen Korruption in Abwesenheit zu zehn bzw. sieben Jahren Haft verurteilt wurden (CNN 13.7.2018; vgl. New York Times 13.7.2018). In Lahore kam es zu Protesten von Anhängern der Partei Pakistani Muslim League-Nawaz (PML-N), die vom ehemaligen Chief Minister der Provinz Punjab und derzeitigem Parteiführer der PML-N Shahbaz Sharif - Bruder des ehemaligen Premierministers - angeführt wurden (CNN 13.7.2018). Im Vorfeld der angekündigten Proteste wurden etwa 500 Mitglieder der PML-N von den Sicherheitskräften verhaftet (CNN 13.7.2018).

Am 9. Juli veröffentlichte die Nationale Behörde für Terrorismusbekämpfung (National Counter Terrorism Authority - NACTA) die Namen von sechs Persönlichkeiten, für die besondere Gefahr durch terroristische Angriffe bestünde: Imran Khan, Vorsitzender der Pakistan Tehreek-i-Insaf; Asfandyar Wali und Ameer Haider Hoti, Vorsitzende der Awami National Party; Aftab Sherpao, Vorsitzender der Qaumi Watan Party; Akram Khan Durrani, Vorsitzender der Jamiat Ulema-i-Islam-Fazl; und Talha Saeed, Sohn von Hafiz Saeed. Weitere Bedrohungen bestünden gegen die Führungsebenen der Pakistan Peoples Party und der Pakistan Muslim League-Nawaz. Das Innenministerium wurde angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen für die Parteiführungen zu erhöhen (Dawn 10.7.2018b). Für den Wahltag am 25.7. werden etwa 372.000 Sicherheitskräfte eingeteilt, um einen sicheren Ablauf der Wahl zu gewährleisten (CNN 11.7.2018; vgl. Nation 14.7.2018).

Quellen:

* CNN (11.7.2018): Pakistani Taliban claims responsibility for deadly election suicide attack, https://edition.cnn.com/2018/07/11/asia/pakistan-peshawar-taliban-suicide-attack-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018;

* CNN (13.7.2018): Former Pakistani Prime Minister Nawaz Sharif arrested after return,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/nawaz-maryam-sharif-return-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018;

* CNN (16.7.2018): At least 149 killed in Pakistan terror strike targeting political rally,

https://edition.cnn.com/2018/07/13/asia/pakistan-suicide-attack-balochistan-intl/index.html, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (10.7.2018a): TTP claims responsibility for Peshawar blast;

ANP's Haroon Bilour laid to rest, https://www.dawn.com/news/1419202, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (10.7.2018b): Nacta names six politicians under threat from terrorists, https://www.dawn.com/news/1419042, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (13.7.2018): Mastung bombing: 128 dead, over 200 injured in deadliest attack since APS, IS claims responsibility, https://www.dawn.com/news/1419812, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (13.7.2018b): Blast targets convoy of JUI-F leader Akram Khan Durrani in Bannu, 4 killed,

https://www.dawn.com/news/1419792/blast-targets-convoy-of-jui-f-leader-akram-khan-durrani-4-killed, Zugriff 17.7.2018;

* Dawn (7.7.2018): 7 including MMA candidate injured in Bannu blast, https://www.dawn.com/news/1418562, Zugriff 17.7.2018;

* Express Tribune, the (13.7.2018): Four die as blast targets Durrani,

https://tribune.com.pk/story/1756834/1-least-four-killed-16-injured-akram-durranis-convoy-comes-attack/, Zugriff 17.7.2018;

* Nation, the (11.7.2018): Peshawar attack: death toll rises to 22, https://nation.com.pk/11-Jul-2018/peshawar-attack-death-toll-increase-to-20, Zugriff 17.7.2018;

* Nation, the (14.7.2018): BAP candidate among 128 killed in Mastung blast,

https://nation.com.pk/14-Jul-2018/bap-candidate-among-128-killed-in-mastung-blast?show=preview/, Zugriff 17.7.2018;

* News, the (13.7.2018): Four killed in bomb attack on Akram Durrani's rally in Bannu,

https://www.thenews.com.pk/latest/341264-several-injured-in-bomb-attack-near-convoy-of-ex-kp-cm-akram-durrani, Zugriff 17.7.2018;

* ORF (13.7.2018): Anschlag in Pakistan: Zahl der Opfer steigt auf 128, http://www.orf.at//stories/2446861/, Zugriff 17.7.2018 und

* Standard, der (14.7.2018): Nach Selbstmordanschlag: Zahl der Toten steigt auf 140,

https://derstandard.at/2000083427458/Zwei-Bomben-im-pakistanischen-Wahlkampf-mindestens-20-Tote, Zugriff 17.7.2018

1.2.2. Sicherheitslage:

Zentrales Problem für die innere Sicherheit Pakistans bleibt die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus. Seit Jahren verüben die Taliban und andere terroristische Organisationen schwere Terroranschläge, von denen vor allem die Provinzen Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, aber auch pakistanische Großstädte wie Karatschi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind. Die Terroranschläge richten sich vor allem gegen Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie z. B. die Sufis (AA 10.2017a). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2013 kontinuierlich zurückgegangen, wobei der Rückgang 2017 nicht so deutlich ausfiel wie im Jahr zuvor und auch nicht alle Landesteile gleich betraf. In Belutschistan und Punjab stieg 2017 die Zahl terroristischer Anschläge, die Opferzahlen gingen jedoch im Vergleich zum Vorjahr auch in diesen Provinzen zurück (PIPS 1.2018 S 21f).

Die pakistanischen Taliban hatten in einigen Regionen an der Grenze zu Afghanistan über Jahre eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und versucht, ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchzusetzen (AA 20.10.2017). Seit Ende April 2009, als die Armee die vorübergehende Herrschaft der Taliban über das im Norden Pakistans gelegene Swat-Tal mit einer Militäraktion beendete, haben sich die Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den pakistanischen Taliban verschärft. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (ehem. Federally Administered Tribal Areas - FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie vom Militär wieder vertrieben wurden (AA 10.2017a).

Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten, wurde der Dialogprozess im Juni 2014, nach Beginn einer umfassenden Militäroperation in Nord-Wasiristan abgebrochen. Die Militäroperation begann am 15.4.2014 in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der aufständischen Gruppen in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 10.2017a). Durch verschiedene Operationen der Sicherheitskräfte gegen Terrorgruppen in den [ehem.] Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte dort das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden. Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 20.10.2017).

Durch die Militäroperation wurden ca. 1,5 Millionen Menschen vertrieben. Die geordnete Rückführung der Binnenvertriebenen in die betroffenen Regionen der Stammesgebiete, die Beseitigung der Schäden an der Infrastruktur und an privatem Eigentum ebenso wie der Wiederaufbau in den Bereichen zivile Sicherheitsorgane, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz stellen Regierung, Behörden und Militär vor große Herausforderungen (AA 20.10.2017).

Im Gefolge des schweren Terrorangriffs auf eine Armeeschule in Peshawar am 16.12.2014, bei dem über 150 Menschen, darunter über 130 Schulkinder, ums Leben kamen und für den die pakistanischen Taliban die Verantwortung übernahmen, haben Regierung und Militär mit Zustimmung aller politischen Kräfte des Landes ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Terror und Extremismus beschlossen. Es umfasst u. a. die Aufhebung des seit 2008 geltenden Todesstrafen-Moratoriums für Terrorismus-Straftaten, die Einführung von Militärgerichten zur Aburteilung ziviler Terrorismus verdächtiger und Maßnahmen gegen Hassprediger, Terrorfinanzierung, etc. Ferner sind Ansätze erkennbar, konsequenter als bisher gegen extremistische Organisationen unterschiedlicher Couleur im ganzen Land vorzugehen und die staatliche Kontrolle über die zahlreichen Koranschulen (Madrassen) zu verstärken (AA 10.2017a).

2016 wurden weiterhin Anti-Terroroperationen in den Agencies Khyber und Nord-Wasiristan durchgeführt, um aufständische Feinde des Staates zu eliminieren. Militärische, paramilitärische und zivile Sicherheitskräfte führten landesweit Operationen durch. Sicherheitskräfte, inklusive der paramilitärischen Sindh Rangers, verhafteten Verdächtige und vereitelten Anschlagspläne in Großstädten wie Karatschi. Operationen der paramilitärischen Rangers gegen Terrorismus und Kriminalität führten zu geringeren Ausmaßen an Gewalt und in Karatschi, jedoch wurden in den Medien Vorwürfe veröffentlicht, dass die Rangers gegen bestimmte politische Parteien auch aus politischen Gründen vorgingen (USDOS 7.2017).

Spezialisierte Einheiten der Exekutive leiden unter einem Mangel an Ausrüstung und Training, um die weitreichenden Möglichkeiten der Anti-Terrorismus-Gesetzgebung durchzusetzen. Die Informationsweitergabe zwischen den unterschiedlichen Behörden funktioniert nur schleppend. Anti-Terror-Gerichte sind langsam bei der Abarbeitung von Terrorfällen, da die Terrorismusdelikte sehr breit definiert sind. In Terrorismusprozessen gibt es eine hohe Rate an Freisprüchen. Dies liegt auch daran, dass Staatsanwälte in Terrorismusfällen eine untergeordnete Rolle spielen und die Rechtsabteilungen von militärischen und zivilen Einrichtungen Ermittlungen behindern. Ebenso werden Zeugen, Polizei, Opfer, Ankläger, Anwälte und Richter von terroristischen Gruppen eingeschüchtert (USDOS 7.2017).

Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS landesweit 76 terroristische Angriffe, bei denen 105 Personen ums Leben kamen und 171 Personen verletzt wurden. Unter den Todesopfern befanden sich 44 Zivilisten, 28 Polizisten, 31 Mitglieder von Grenzschutz oder Rangers, zwei Steuereintreiber sowie zehn Aufständische (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018).

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-sektiererischen Gruppierungen führten 2017 370 terroristische Angriffe in 64 Distrikten Pakistans durch. Dabei kamen 815 Menschen ums Leben und weitere 1.736 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 563 Zivilisten, 217 Angehörige der Sicherheitskräfte und 35 Aufständische. 160 (43 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, 86 (23 %) auf Zivilisten, 22 waren religös-sektiererisch motiviert, 16 Angriffe zielten auf staatliche Einrichtungen, 13 waren gezielte Angriffe auf politische Persönlichkeiten oder Parteien, zwölf waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste, zehn Angriffe betrafen nicht-belutschische Arbeiter oder Siedler in Belutschistan und neun betrafen Journalisten oder Medienvertreter (PIPS 1.2018 S 17f).

2015 gab es 625 Terrorakte in 76 Distrikten/Regionen in Pakistan, 48 % weniger als 2014. Mindestens 1.069 Menschen verloren dabei ihr Leben, 38 % weniger als 2014, 1443 Personen wurden verletzt, 54 % weniger als 2014. Unter den Todesopfern waren 630 Zivilisten, 318 Angehörige der Sicherheits- und Rechtsdurchsetzungsbehörden und 121 Aufständische (PIPS 3.1.2016). Im Jahr 2016 ging die Zahl der Terroranschläge um weitere 28 % auf 441 zurück, betroffen waren 57 Distrikte. Getötet wurden dabei 908 Personen. Der Umstand, dass ein Rückgang von 28 % bei der Zahl der Anschläge nur einen leichten Rückgang von 12 % bei den Todesopfern mit sich brachte, zeigt auch, dass den Aufständischen einige größere Anschläge gelingen konnten. Zu Tode kamen 545 Zivilisten, 302 Angehörige der Sicherheitskräfte und 61 Aufständische (PIPS 1.2017).

Die Situation verbesserte sich kontinuierlich seit 2013 und der Trend setzte sich auch 2017 fort. Dies lässt sich Großteils auf landesweite, umfassende Operationen gegen Aufständische durch die Sicherheitsbehörden als Teil des National Action Plan (NAP) zurückführen, beispielsweise von den Militäroperationen in den [ehem.] FATA zu den von den Rangers angeführten gezielten Operationen in Karatschi (PIPS 1.2018 S 17ff).

Etwa 58 % (213 von 370) aller Anschläge mit 604 Toten und 1374 Verletzten wurden von Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihren Splittergruppen bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen in den [ehem.] FATA und Khyber Pakhtunkhwa wie die Lashkar-e-Islam sowie von IS-Unterstützern durchgeführt. Nationalistische Gruppierungen führten 138 Anschläge durch, vorwiegend in Belutschistan, und einige wenige in Sindh, dabei kamen 140 Menschen ums Leben und 265 Menschen wurden verletzt. 19 Anschläge mit 71 Toten und 97 Verletzten wurden durch religiös-sektiererische Gruppen durchgeführt (PIPS 1.2018 S 17).

Insgesamt gab es im Jahr 2017 in Pakistan, inklusive der Anschläge, 713 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2016:

749; -5 %), darunter 75 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2016: 95), 68 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2016: 105), 171 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2016: 74) und vier Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2016: zwölf) (PIPS 1.2018 S 20; Zahlen für 2016: PIPS 1.2017). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 15 % auf 1.611 von 1.887 im Jahr 2016, die Zahl der verletzten Personen stieg jedoch im selben Zeitraum um 13 % von 1.956 auf 2.212 (PIPS 1.2018 S 20). Im Jahr 2016 gab es im Vergleich zu 2015 32 % weniger Vorfälle und 46 % weniger Todesopfer (PIPS 1.2017).

Im Jahr 2017 wurden 75 operative Schläge und Razzien (2016: 95; -21 %) in 28 Distrikten oder Regionen Pakistans durchgeführt (2016: 35), davon 39 in Belutschistan (2016: 38), 18 in den [ehem.] FATA (2016: 24), acht in Khyber Pakhtunkhwa (2016: fünf), sieben im Punjab (2016: 13) und drei in Karatschi (2016: 15). 296 Menschen wurden dabei getötet (2016: 492), davon 281 Aufständische (2016: 481) (PIPS 1.2018 S 23; Zahlen für 2016: PIPS 1.2017). Im Jahr 2015 wurden 143 Sicherheitsoperationen in 31 Distrikten mit 1.545 Todesopfern durchgeführt (PIPS 1.2017).

Es scheint, dass sich nun erfolgreich eine Null-Toleranz-Sicht in Staat und Gesellschaft gegenüber Terror durchsetzt. Die Sicherheitseinrichtungen sind weiterhin mit vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert. Die wichtigsten davon sind Kapazitätslücken in der B

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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