TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/12 W248 2175932-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W248 2175932-1/13E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 28.06.2018 MÜNDLICH VERKÜNDETEN

ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. NEUBAUER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1 Verfahrensgang:

1. XXXX , geb. XXXX (im Folgenden Beschwerdeführer), stellte am 27.10.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In seiner Erstbefragung am 27.10.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, er habe in Pakistan ein Mädchen kennengelernt, deren Eltern jedoch mit ihrer Beziehung nicht einverstanden gewesen seien. Daher sei der Beschwerdeführer mit dem Mädchen in den Iran geflüchtet. Zudem habe er auch seine jüngeren Geschwister mit in den Iran genommen, da seine Eltern bereits verstorben seien. Befragt zu seiner Religionszugehörigkeit gab der Beschwerdeführer an, ohne Glaubensbekenntnis zu sein.

3. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) am 09.10.2017 brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, seine Familie habe Afghanistan aufgrund des Krieges verlassen und sei nach Pakistan gezogen, als der Beschwerdeführer vier Jahre alt gewesen sei. Pakistan habe der Beschwerdeführer aufgrund von Schwierigkeiten mit der Familie seiner Ehefrau verlassen, weil sie gegen ihre Heirat gewesen sei. Den Iran habe der Beschwerdeführer verlassen, weil er keine Aufenthaltsdokumente besessen habe; außerdem habe die Gefahr bestanden, dass sein Schwiegervater in den Iran kommen würde. Zu seinem Glauben befragt, gab der Beschwerdeführer an, nun Christ zu sein. Als er nach Österreich gekommen sei, sei er hoffnungslos gewesen. In seiner Unterkunft habe er dann einen anderen Afghanen kennengelernt, welcher eine iranische Kirche in Wien besucht habe. Der Beschwerdeführer habe ihn zu den Messen begleitet und auch am Bibelunterricht teilgenommen. Nach etwa acht Monaten habe er zum Glauben gefunden und sei getauft worden. Dies habe ihm Hoffnung gegeben. Nach wie vor besuche er regelmäßig die Messe sowie die Bibelstunde. Aufgrund seiner Konversion zum Christentum könne der Beschwerdeführer nicht nach Afghanistan zurückkehren, da er dort deswegen umgebracht würde.

4. Mit Bescheid vom 13.10.2017, Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Abschließend wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

In der Begründung des Bescheides gab das BFA die entscheidungsrelevanten Angaben des Beschwerdeführers wieder und traf Feststellungen zur Lage in Afghanistan. Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen glaubhaft zu machen. Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde aus, dass im Fall des Beschwerdeführers eine Rückkehr nach Kabul, insbesondere aufgrund seiner bereits gesammelten Arbeitserfahrung, möglich wäre. Es bestehe kein Zweifel daran, dass sich der Beschwerdeführer als arbeitsfähiger und gesunder Mann ohne traditionelle, sprachliche oder kulturelle Barrieren in Kabul selbst versorgen könne, zumal dort eine Unterstützung von Rückkehrern durch internationale Hilfsorganisationen gewährleistet sei.

5. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 13.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich amtswegig als Rechtsberatung zur Seite gegeben.

6. Mit Schreiben vom 03.11.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA in vollem Umfang. Darin führte der Beschwerdeführer zum Vorwurf der Scheinkonversion aus, er habe in der Einvernahme vor dem BFA seine Gründe und inneren Motive für den Konfessionswechsel dargelegt, welchen vom BFA jedoch keine Bedeutung beigemessen worden sei. Auch der Vorwurf, seine Kenntnisse über das Christentum seien "äußerst vage", sei nicht gerechtfertigt. Schließlich komme angesichts der Tatsache, dass in Afghanistan als islamischer Republik beim Abfall vom Glauben im gesamten Staatsgebiet schwerwiegende Sanktionen bis hin zur Todesstrafe drohen würden, eine innerstaatliche Fluchtalternative keinesfalls in Frage.

7. Mit Schreiben vom 25.06.2018 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den vom Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingebrachten Länderberichten.

8. Am 28.06.2018 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Vertretung des Beschwerdeführers, XXXX , statt. Das BFA als belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.

Zu seiner behaupteten Zuwendung zum Christentum befragt, gab der Beschwerdeführer an, er sei bereits in Pakistan bzw. im Iran kein gläubiger Muslim gewesen. In Österreich habe er dann von einem anderen Afghanen in seiner Unterkunft, der die Kirche der iranisch christlichen Gemeinde besucht habe, vom Christentum erfahren und begonnen, ebenfalls die Kirche zu besuchen. Er habe daraufhin etwa acht Monate den Taufvorbereitungskurs besucht sowie an weiteren Veranstaltungen der Gemeinde (Gebetsrunde, Bibelkurs) teilgenommen und sei am XXXX getauft worden. Bevor der Beschwerdeführer nach Österreich gekommen sei, habe er keine Hoffnung gehabt, durch das Christentum habe er schließlich einen inneren Frieden gefunden.

Der Zeuge XXXX , XXXX , welcher den Beschwerdeführer während seiner Taufvorbereitung betreut hat, gab hierzu an, der Beschwerdeführer habe den Kurs regelmäßig besucht und auch fleißig mitgearbeitet. Seit seiner Taufe besuche der Beschwerdeführer weiterhin regelmäßig den Gottesdienst und nehme auch außerhalb des Gottesdienstes am Gemeindeleben teil. Die von ihm beobachteten Veränderungen im Verhalten des Beschwerdeführers und Gespräche mit dem Beschwerdeführer während der Taufvorbereitung sowie danach hätten ihn zu der Überzeugung gelangen lassen, dass sich der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewendet habe.

2 Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1 Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA

* Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.06.2018 sowie Einsichtnahme in die in der Verhandlung vorgelegten Dokumente

* Einsichtnahme in folgende vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

o Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung 02.03.2017, letzte Kurzinformation vom 30.01.2018

o UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 mit Anmerkungen vom Dezember 2016

o Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Afghanistan vom 12.07.2017: Christen, Konvertiten, Abtrünnige in Afghanistan

o EASO Country of Origin Information Report Afghanistan, Security Situation, Dezember 2017

o Dossier der Staatendokumentation zur Stammes- und Clanstruktur (2016)

2.2 Feststellungen:

2.2.1 Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinen Fluchtgründen

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger aus der Volksgruppe der Hazara. Der Beschwerdeführer entstammt einer muslimischen Familie, hat sich jedoch vom Islam abgewandt und ist zum Christentum konvertiert.

Der Beschwerdeführer befindet sich zumindest seit 27.10.2015 in Österreich, besuchte regelmäßig den Taufunterricht der iranischen christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde sowie den Gottesdienst, nahm auch an anderen Veranstaltungen der Gemeinde teil (Gebetsrunden, Missionarskursen) und wurde schließlich am XXXX getauft. Der Beschwerdeführer besucht nach wie vor regelmäßig den Gottesdienst und nimmt an Aktivitäten des Gemeindelebens teil. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.2.2 Feststellungen zum Herkunftsstaat:

2.2.2.1 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Afghanistan (Gesamtaktualisierung 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018):

"[...]

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zur Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich, den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten, individuelle Freiheiten zu verteidigen, bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage, um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

[...]

Christen und Konversionen zum Christentum

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 9.2016). Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich nicht öffentlich bekennen (AA 2.3.2015; vgl. auch: USDOS.10.8.2016).

Nichtmuslim/innen, z.B. Sikhs, Hindus und Christen, sind Belästigungen ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Nachdem Religion und Ethnie stark miteinander verbunden sind, ist es schwierig die vielen Vorfälle nur als Vorfälle wegen religiöser Identität zu kategorisieren (USDOS 10.8.2016).

Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte (AA 9.2016; vgl. USDOS 10.8.2016) - sofern die Konversion nicht widerrufen wird (USDOS 10.8.2016). Keiner wurde bisher aufgrund von Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet (AA 9.2016).

Die Christen verlautbarten, dass die öffentliche Meinung gegenüber Missionierung feindlich ist. Es gibt keine öffentlichen Kirchen (CRS 8.11.2016). Für christliche Afghan/innen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt (AA 9.2016). Einem Bericht einer kanadischen christlichen Organisation zufolge, wächst die Zahl der Hauskirchen in Afghanistan. In diesem Bericht wird angedeutet, dass einige Mitglieder des Parlaments selbst das Christentum angenommen und an christlichen Gottesdiensten teilgenommen haben (The Voice of the Martyrs Canada 5.4.2012).

Einige Konversionsfälle von Christen haben zu harten Strafen geführt und dadurch internationale Aufmerksamkeit erlangt (CRS 8.11.2016). Die im Libanon geborenen Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghanis, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014).

Berichten zufolge gibt es ein christliches Spital in Kabul (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014)."

2.2.2.2 UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs Afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016:

"Konversion vom Islam

Eine Konversion vom Islam wird als Apostasie betrachtet und gemäß den Auslegungen des islamischen Rechts durch die Gerichte mit dem Tod bestraft. Zwar wird Apostasie im afghanischen Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich als Straftat definiert, fällt jedoch nach allgemeiner afghanischer Rechtsauffassung unter die nicht weiter definierten "ungeheuerlichen Straftaten", die laut Strafgesetzbuch nach der islamischen Hanafi-Rechtslehre bestraft werden und in den Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft fallen. Damit wird Apostasie als Straftat behandelt, obwohl nach der afghanischen Verfassung keine Handlung als Straftat eingestuft werden darf, sofern sie nicht als solche gesetzlich definiert ist. Geistig zurechnungsfähige männliche Bürger über 18 Jahren und weibliche Bürger über 16 Jahren, die vom Islam konvertieren und ihre Konversion nicht innerhalb von drei Tagen widerrufen, riskieren die Annullierung ihrer Ehe und eine Enteignung ihres gesamten Grund und sonstigen Eigentums. Außerdem können sie von ihren Familien und Gemeinschaften zurückgewiesen werden und ihre Arbeit verlieren.

Berichten zufolge herrscht in der öffentlichen Meinung eine feindliche Einstellung gegenüber missionarisch tätigen Personen und Einrichtungen. Rechtsanwälte, die Angeklagte vertreten, denen Apostasie zur Last gelegt wird, können Berichten zufolge selbst der Apostasie bezichtigt und mit dem Tod bedroht werden.

Andere Handlungen, die gegen die Scharia verstoßen

[...]

Darüber hinaus besteht für Personen, denen Verstöße gegen die Scharia wie Apostasie, Blasphemie, einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Ehebruch (zina) vorgeworfen werden, nicht nur die Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung, sondern auch der gesellschaftlichen Ächtung und Gewalt durch Familienangehörige, andere Mitglieder ihrer Gemeinschaften, die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte (AGEs)."

2.3 Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen insofern unbedenkliche Angaben sowie die eingeholte Strafregisterauskunft. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person im Asylverfahren, da darüber hinaus keine die Identität des Beschwerdeführers belegenden Dokumente beigebracht wurden.

Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zu Grunde gelegt werden konnten.

Den Feststellungen hinsichtlich der Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum liegen die vom Beschwerdeführer diesbezüglich vorgelegten Unterlagen und Schriftsätze, insbesondere das Taufzeugnis vom XXXX , die Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie ein Schreiben vom 01.02.2018 zur christlichen Taufe des Beschwerdeführers und zu seinem aktiven Ausleben des Christentums von XXXX , XXXX , welcher den Beschwerdeführer während der Taufvorbereitung betreut hat, und die Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA, im Beschwerdeverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zugrunde.

Vor allem der in der mündlichen Verhandlung gewonnene, persönlich glaubwürdige und überzeugende Eindruck des Beschwerdeführers führt zu der Annahme, dass sich dieser aus freier persönlicher Überzeugung vom Islam dem Christentum zugewandt hat und dass er auch beabsichtigt, in Zukunft diesen Glauben zu leben und auszuüben und sich dazu zu bekennen. So waren die Schilderungen des Beschwerdeführers zu seinen Beweggründen zum Glaubenswechsel, wonach er sich vor seiner Hinwendung zum Christentum hoffnungslos gefühlt habe und sich dieser Umstand mit dem Besuch der Kirche und der Veranstaltungen der iranischen christlichen Gemeinde, insbesondere des Taufunterrichts, wesentlich gebessert habe, lebensnah und nachvollziehbar. Dies wird auch vom XXXX , XXXX bestätigt, welcher in mündlichen Verhandlung von seinem vom Beschwerdeführer während der Taufvorbereitung sowie in der Zeit danach gewonnen Eindruck erzählte, wonach der Beschwerdeführer offener und freundlicher geworden sei und den christlichen Glauben seiner Meinung nach verinnerlicht habe.

Darüber hinaus vermochte der Beschwerdeführer die ihm in der mündlichen Verhandlung zu seinem christlichen Glauben, zu christlichen Festen und zu seiner Taufe gestellten Fragen auf überzeugende Weise zu beantworten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich seiner Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner in Österreich erfolgten Konversion zum Christentum war in ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage von Christen und Konvertiten in Afghanistan, als glaubhaft zu beurteilen.

Für das Bundesverwaltungsgericht steht damit insgesamt unzweifelhaft fest, dass die Hinwendung des Beschwerdeführers zum Christentum ernsthaft, nachhaltig und nach außen hin erkennbar erfolgt ist.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan die Gefahr einer Verfolgung aufgrund seiner religiösen Gesinnung droht, ergibt sich aus den zitierten Länderinformationen. Demnach hat sich die Religionsfreiheit zwar seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegenüber religiösen Minderheiten und reformierten Muslimen behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden vom Staat als Kapitalverbrechen angesehen, die mit dem Tod bestraft werden können (laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen). Auch die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Konvertiten ist ablehnend, sodass der Beschwerdeführer nicht nur durch den Staat, sondern auch von Seiten der Zivilgesellschaft ernste Verfolgung zu befürchten hat.

Da dem Beschwerdeführer bereits aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben Asyl zuzuerkennen war (siehe rechtliche Beurteilung), konnte eine beweiswürdigende Auseinandersetzung mit etwaigen weiteren asylrelevanten Aspekten im Vorbringen des Beschwerdeführers unterbleiben.

2.4 Rechtliche Beurteilung:

2.4.1 Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH 16.06.1994, 94/19/0183).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Nach Ansicht der Höchstgerichte erfordert die Beachtung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Glaubens- und Gewissensfreiheit im Asylverfahren eine besonders sorgfältige Auseinandersetzung im konkreten Fall mit der Frage, ob ein Religionswechsel aus innerer Überzeugung oder lediglich zum Schein erfolgt ist. Sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, ist es erforderlich, sich auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht (vgl. VfGH 12.12.2013, U 2272/2012).

Für die Frage des Vorliegens des geltend gemachten Nachfluchtgrundes der Konversion zum Christentum kommt es auch nicht entscheidend darauf an, dass es sich um eine bereits im Herkunftsstaat bestehende Überzeugung handelt. Für die Beurteilung einer allfällig im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Glaubensüberzeugung muss sich das Bundesverwaltungsgerichts konkret etwa mit den Angaben von Zeugen auseinandersetzen (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675, wonach es nicht einmal darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer schon dort mit dem Christentum "in Berührung gekommen" ist).

Bei einer nicht nur zum Schein erfolgten Konversion ist maßgeblich, ob der Beschwerdeführer bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117 mit Hinweis auf 2003/20/0544).

Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführ die Taufe der iranischen christlichen Gemeinde, einer christlichen Glaubensgemeinschaft, empfangen und hat sein Taufzeugnis vom XXXX vorlegt. Auf Grund dieser äußeren Tatsachen ist eine Hinwendung zum christlichen Glauben aus innerer Überzeugung nicht als von vornherein unwahrscheinlich zu betrachten. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführlich zu seinen Beweggründen für den Glaubenswechsel, zu Inhalten der christlichen Glaubenslehre sowie zu seiner christlichen Lebensführung befragt und konnte seinen Religionswechsel insgesamt nachvollziehbar darlegen. In diesem Zusammenhang ist etwa auch zu beachten, dass eine detaillierte Beantwortung von Fragen iZm dem Religionswechsel und das Vermögen, Stellen aus der Bibel zu zitieren, als starkes Indiz für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel zu werten sind (VfGH 12.12.2013, U2272/2012). Besondere Bedeutung kommt im konkreten Fall auch den Aussagen des - glaubwürdigen - Zeugen XXXX ( XXXX und Mitglied im Leitungsteam der Evangeliumsgemeinde) zu, der glaubhaft Auskunft über die tatsächliche Hinwendung des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben, das Vorhandensein einer christlichen Glaubensbasis, und das Leben christlicher Werte im Alltag durch den Beschwerdeführer geben konnte, sodass eine innere christliche Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers vom Bundesverwaltungsgericht im Entscheidungszeitpunkt nicht schlüssig verneint werden kann.

Vor dem Hintergrund der dem Verfahren zugrunde gelegten aktuellen Länderberichte zu Afghanistan, insbesondere der dort dargestellten Situation der Christen in Afghanistan, speziell der vom Islam zum christlichen Glauben konvertierten Personen, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Person mit innerer christlicher Überzeugung im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen und Diskriminierungen im persönlichen Bereich auf Grund seiner religiösen Überzeugung sowie einem erheblichen Verfolgungsrisiko für seine persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater Seite - ohne dass in dieser Hinsicht staatlicher Schutz zukäme - als auch von staatlicher Seite ausgesetzt wäre. Dass die Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum den afghanischen Behörden oder anderen Personen in seinem familiären und sozialen Umfeld verborgen bleiben würde, kann nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, zumal er seiner Familie von seinem Glaubenswechsel bereits erzählt hat und er darüber hinaus beabsichtigt, seinen christlichen Glauben frei auszuleben.

Im Fall des Beschwerdeführers liegt das dargestellte Verfolgungsrisiko in seiner religiösen Überzeugung begründet (vgl. AsylGH 21.06.2011, C18 407.576-1/2009/16E und viele andere).

Anhand der Ermittlungsergebnisse ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer wohlbegründete Furcht hegt, wegen seines Religionsbekenntnisses verfolgt zu werden, und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, nach Afghanistan zurückzukehren.

Anhaltspunkte für das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative bestehen - aufgrund des gültigen islamischen Rechts und der in der afghanischen Gesellschaft bestehenden Intoleranz Konvertiten gegenüber - nicht.

Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Speziell ist im Hinblick auf § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 auf die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu verweisen.

Der Beschwerde war daher stattzugeben, dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 27.10.2015 und somit vor dem 15.11.2015 gestellt hat, ist die Bestimmung des § 3 Abs. 4 AsylG 2005 (Asyl auf Zeit) gemäß § 75 Abs. 24 AsylG 2005 nicht anzuwenden.

2.4.2 Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, gesamtes Staatsgebiet,
Konversion, Nachfluchtgründe, Religion, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W248.2175932.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten