Entscheidungsdatum
12.11.2018Norm
AVG §76 Abs1Spruch
W247 2016689-1/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2014, Zl. XXXX , sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:
A) I. Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer
der Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher XXXX für die Sprache ENGLISCH in der Verhandlung vom 09.01.2015 iHv € 157,00 auferlegt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer brachte am 8. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab im Zuge der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die im Spruch genannten Personalien an. Er habe seinen Herkunftsstaat im Herbst 2011 legal mit einem Reisepass verlassen, diesen habe er in weiterer Folge verloren. Er sei über Niger nach Libyen gelangt und dort ein Jahr und zehn Monate verblieben. Anschließend sei er am 8. November 2014 mit einem Schlauchboot nach Lampedusa/italien gelangt und habe dort um Asyl angesucht; diesbezüglich legte der Beschwerdeführer eine Karte "permesso di soggiorno" vor. Befragt nach Argumenten, die dagegen sprächen nach Italien zurückzukehren und sein Asylverfahren dort weiter zu führen, gab der Beschwerdeführe an, es gäbe keine.
1.2. Mit Verfahrensanordnung vom 10. November 2014, dem Beschwerdeführer persönlich ausgefolgt am 11. November 2014, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, das beabsichtigt werde, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, Dublin Konsultationen mit Italien würden seit 10. November 2014 geführt werden.
1.3. Der Beschwerdeführer verließ am 15. November 2014 die ihm zugewiesene Betreuungsstelle und war unbekannten Aufenthaltes.
1.4. Mit Schreiben vom 26. November 2014 wurde seitens der belangten Behörde den italienischen Behörden mitgeteilt, dass die Zuständigkeit zur Überprüfung des Antrages auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers auf Italien übergegangen ist.
1.5. Am 27. November 2014 kehrte der Beschwerdeführer in die ihm zugewiesene Betreuungseinrichtung zurück, verließ diese jedoch neuerlich am selben Tag.
1.6. In weiterer Folge wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 8. November 2014 mit "Bescheid" der belangten Behörde vom 9. Dezember 2014, IFA-Zahl: XXXX V-Zahl: XXXX , ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, als unzulässig zurückgewiesen und für die Prüfung des Antrages gemäß Artikel 18 (1) b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Italien für zuständig erklärt. Unter Spruchpunkt II. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, die Außerlandesbringung angeordnet und demzufolge seine Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG nach Italien für zulässig erklärt. Dieser Bescheid wurde infolge unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Akt hinterlegt.
1.7. Am 23. Dezember 2014 langte bei der belangten Behörde eine Einverständniserklärung des Beschwerdeführers, übermittelt vom Verein Menschenrechte Österreich ein, wonach dieser mit einer Überstellung einverstanden und bereit sei, an einer solchen ohne Verzug mitzuwirken.
1.8. Am 29. Dezember 2014 um 20:50 Uhr wurde der Beschwerdeführer im Zuge eines Suchmittelplanquadrates durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen. Nach Kontaktaufnahme mit der belangten Behörde ordnete diese um 21:20 Uhr die Überstellung des Beschwerdeführers in das Polizeianhaltezentrum Linz an. Um 22:03 wurde ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG an das Polizeianhaltezentrum Linz übermittelt.
2.1. Mit nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2014, Zahl: XXXX , wurde über den Beschwerdeführer gemäß Art 28 der Verordnung (EU) 604/2013 in Verbindung mit § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 (AVG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die belangte Behörde hielt in diesem Bescheid fest, die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest, er sei ledig ohne Sorgepflichten, volljährig und gesund. Er sei ohne Reisedokumente, von Italien kommend, illegal in das Bundesgebiet eingereist, habe am 8. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, welcher rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Nach Erhalt der Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG sei er seit dem 15. November 2014 untergetaucht, auch derzeit scheine keine aufrechte Meldung auf. Der Beschwerdeführer gehe in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach und sei in keinster Weise integriert, da er weder über familiäre noch soziale Bindungen in Österreich verfüge. Er besitze kein gültiges Reisedokument und könne Österreich aus eigenem Entschluss nicht verlassen. An Barmitteln besitze er € 20,-. Diese Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des Aktes des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere seiner Erstbefragung, seines Vorbescheides sowie Einsichtnahme in EKIS und ZMR. Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung sei erforderlich, da der Beschwerdeführer sich aufgrund seines Vorverhaltens (illegale Einreise von Italien kommend, ungerechtfertigtes Verlassen der Betreuungseinrichtung und Untertauchen nach Übernahme der Verfahrensanordnung betreffend beabsichtigte Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz, Unterlassen der Meldeverpflichtung und mangelnde Integration) als nicht vertrauenswürdig erwiesen habe. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch künftig nicht gewillt sei, die Rechtsvorschriften einzuhalten und Entscheidungen der Behörden zur Kenntnis zu nehmen. Bezüglich des Beschwerdeführers läge ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vor. In Abwägung der Anordnung eines gelinderen Mittels führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei bereits einmal untergetaucht. Dieses Risiko bestehe weiterhin, wodurch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung vereitelt wäre. Weiters sei aufgrund seines Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie seine Haftfähigkeit, gegeben seien, insofern der Beschwerdeführer "die letzten Monate in Strafhaft" verbracht habe.
2.2. Gegenständlicher Schubhaftbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 30. Dezember 2014 um 9:30 Uhr durch persönliche Ausfolgung zugestellt.
2.3. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer in das Polizeianhaltezentrum Hernals überstellt.
2.4. Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, innerhalb offener Frist Schubhaftbeschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft und die andauernde Anhaltung in Schubhaft.
Begründend wurde ausgeführt, die Behörde habe sich mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers nicht hinreichend auseinandergesetzt und ohne ausreichende Begründung die Schubhaft angeordnet. Der Beschwerdeführer sei ausreisewillig und wolle ehest möglich nach Italien zurückkehren. Daher habe er bereits am 23. Dezember 2014 die Beratungsstelle des Vereins Menschenrechte, Geschäftsstelle Linz aufgesucht, um seine freiwillige Rückkehr zeitnahe umzusetzen. Aus diesem Grund bestehe kein Sicherungsbedarf. Der Beschwerdeführer habe seine freiwillige Rückkehr bereits auch unterschrieben und gebe es auch keine Gründe daran zu zweifeln, dass er dieser nicht tatsächlich in Anspruch nehmen werde. Eine selbständige Rückkehr nach Italien sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, da seine Aufenthaltsberechtigungskarte für Italien bei den österreichischen Asylbehörden aufliege. Der Beschwerdeführer sei zwar ohne Meldezettel in Linz wohnhaft, jedoch seien der Rückkehrberatung seine Kontaktdaten bekannt gewesen.
Weiters wurde begründet, dass die belangte Behörde die Anordnung der Schubhaft nach der unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Artikel 28 Dublin-III-VO hätte prüfen müssen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, das Bestehen einer erheblichen Fluchtgefahr im konkreten Fall zu prüfen. Das Vorliegen einer erheblichen Fluchtgefahr werde von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid nicht einmal behauptet. Ebenso habe es die belangte Behörde unterlassen, die über die Fluchtgefahr, Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit (vgl. Erwägungsgrund 20 der Dublin-III- VO) hinausgehenden, in Artikel 28 Dublin-III- VO normierten Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft zu prüfen. Die belangte Behörde beschränke sich bei der Begründung des bekämpften Bescheides fast ausschließlich auf rechtliche Ausführungen allgemeiner Natur und auf modulhafte Formulierungen. Schon dies mache die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft rechtswidrig.
Es folgen Ausführungen zur sachlichen Unzuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, zur Frage der Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichtes, der Rechtsmittelfrist, der Einbringungsstelle und der Kosten. Zudem wurde auf den Prüfbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 hingewiesen und ausgeführt, dass auch der VfGH verfassungsrechtliche Bedenken hege und beschlossen habe, § 22a Abs. 1 bis 3 BFA-VG von Amts wegen auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Abschließend wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den bekämpften Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt sei, im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" auszusprechen, dass die Voraussetzung zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen, Kostenersatz im Umfang der anzuwendenden Pauschalersatzverordnung (Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) und der Eingabegebühr zuzuerkennen, in eventu die ordentliche Revision zuzulassen, auszusprechen, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage das Verwaltungsgericht zur gegenständlichen Entscheidung berufen sei, in eventu die Beschwerde an das zuständige Gericht bzw. die zuständige Behörde weiterzuleiten.
2.5. Ebenfalls am 5. Jänner 2015 ersuchte der Verein Menschenrechte Österreich die belangte Behörde per E-Mail, den Beschwerdeführer am 13. Jänner 2015 um 9:00 Uhr aus der Schubhaft zu entlassen, damit er am selben Tag um 12:10 Uhr seine Reise nach Italien antreten könne.
2.6. Im Rahmen der Beschwerdevorlage vom 7. Jänner 2015 beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten (Vorlageaufwand und Schriftsatzaufwand) verpflichten. Bezugnehmend auf die Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer bei einem Freund wohnhaft war und sich dort auch anmelden könne, werde nochmals festgehalten, dass der Beschwerdeführer am 15. November 2014, somit sechs Wochen vor seiner Inschubhaftnahme, von der ihm zugewiesenen Betreuungseinrichtung abgemeldet werden musste, da er diese ungerechtfertigt verlassen habe und unbekannten Aufenthaltes gewesen sei. Auch habe es der Beschwerdeführer unterlassen, der belangten Behörde seinen Aufenthaltsort bzw. eine neue Wohnanschrift bekannt zu geben. Lediglich am 27. November 2014 sei der Beschwerdeführer wieder in der Betreuungseinrichtung erschienen, habe diese jedoch nach einer Stunde neuerlich verlassen. Erst mit seiner Festnahme am 29. Dezember 2014 sei sein Aufenthalt somit wieder bekannt gewesen.
Bezüglich des ins Treffen geführten Umstandes, wonach sich der Beschwerdeführer beim Verein Menschenrechte Österreich bezüglich einer freiwilligen Rückkehr nach Italien erkundigt und ein diesbezügliches Formular unterschrieben habe, könne ein Sicherungsbedarf nicht ausgeschlossen werden; es sei nämlich anzunehmen, dass sich eine rückkehrwillige Person zuerst an die für sie zuständige Behörde wenden würde, um etwa seine dort aufliegenden Dokumente wiederzuerlangen.
2.7. Am 9. Jänner 2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein eines Dolmetschers für die englische Sprache eine öffentliche Beschwerdeverhandlung statt. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme und beantragte neuerlich die Abweisung der Beschwerde. Zu Beginn der Verhandlung bejahte der Beschwerdeführer die Frage, ob die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen hinsichtlich seiner Person korrekt seien. Weiters befragt gab der Beschwerdeführer an, über keine Angehörigen und über Barmittel in Höhe von € 10,- bis 12,- in Österreich zu verfügen. Seinen Herkunftsstaat habe er im Jahre 2011 verlassen, Libyen sodann im Jahre 2013. In Italien habe er im Jahr 2013 einen Asylantrag gestellt und sich dann in Palermo aufgehalten. Befragt nach dem Grund für seine Einreise gab der Beschwerdeführer an, er hätte in Österreich einen Freund besuchen wollen, den er in Italien kennengelernt habe. Das Verlassen der ihm zugewiesenen Betreuungsstelle am 15. November 2014 erklärte er damit, er habe infolge der Gebietsbeschränkung nach Vöcklabruck gelangen wollen, sei mit dem Zug gefahren und habe sich verirrt. Dies habe länger als drei Tage gedauert, es sei ihm jedoch nur eine Abwesenheit von 24 Stunden erlaubt gewesen. Am 27. November 2014 habe ihn ein Mann zurück zur Betreuungsstelle gebracht; die Motivation hiezu sei vom Beschwerdeführer selbst gekommen. Dort habe er eine Rechtsberaterin kontaktiert und ihr erläutert, dass er zurückgehen wolle, das Verfahren würde zu lange dauern. Diese habe er ersucht, zu erklären, wie er am leichtesten wieder zurückkehren könne, worauf diese ihm eine Adresse in Linz nannte. In diesem Zusammenhang legte der Beschwerdeführer Visitenkarten einer Rechtsberaterin sowie einer Mitarbeiterin des Vereins Menschenrechte Österreich, Geschäftsstelle Linz, vor. Seit diesem Zeitpunkt habe er in Linz zuerst bei einem Freund und danach bei einer Freundin gelebt, deren Adresse der Beschwerdeführer bekanntgab. Nach wie vor hege er den Wunsch, wieder nach Italien zurückzukehren. Am 23. Dezember 2014 sei er von sich aus beim Verein Menschrechte Österreich, Geschäftsstelle Linz, vorstellig gewesen, habe sich dort wegen einer freiwilligen Rückkehr erkundigt, ein Einverständnisformular unterzeichnet und als Kontaktmöglichkeit seine Telefonnummer hinterlassen. Bei der belangten Behörde habe er sich nicht wegen einer freiwilligen Rückkehr erkundigt, da ihm seitens des Vereins Menschenrechte Österreich erklärt worden sei, dass ihm seine bei der Behörde aufliegenden Dokumente am Flughafen vor seiner Ausreise ausgehändigt werden würden. Das Mobiltelefon habe er bereits bei seiner Einreise nach Österreich bei sich gehabt; er verfüge über zwei SIM-Karten, die er je nach Bedarf wechsle. Vor seiner Inschubhaftnahme sei er nicht einvernommen worden. Bei einer Enthaftung würde er sich bis zu seiner Ausreise bei seiner Freundin aufhalten, deren Adresse er nenne. Für den Verein Menschrechte Österreich sei er entweder über diese Adresse oder auch über sein Mobiltelefon erreichbar. Der als Zeuge einvernommene Vertreter des Vereins Menschrechte Österreich bestätigte im Wesentlichen die Angaben des Beschwerdeführers in Bezug auf den gegenseitigen Kontakt. Der erkennende Richter verkündete im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass der Schubhaftbescheid der belangten Behörde vom 30.12.2014, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 30.12.2014 gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG idgF. für rechtswidrig erklärt wird (Spruchpunkt A.I.). Weiter wurde gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Art. 28 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) und § 76 Abs. 2a FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen (Spruchpunkt A.II.). Die Kostenentscheidung wurde der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten (Spruchpunkt A.III.).
2.8. Mit schriftlicher Ausfertigung vom 15.01.2015, Zl. W147 2016689-1/9E, des am 09.01.2015 mündlich verkündeten Erkenntnisses wurde unter Spruchpunkt V. gemäß § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG dem Beschwerdeführer der Ersatz der Barauslagen für den Dolmetscher für die Sprache Englisch in der Verhandlung vom 09.01.2015 dem Grunde nach auferlegt.
2.9. Mit am 16.01.2015 hg eingelangtem Schriftstück wurde die Honorarnote des Dolmetschers der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vom 09.01.2015 in der Höhe von € 157,- übermittelt.
3.1. Mit Schreiben vom 17.02.2015 erhob die belangten Behörde eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 6 Z 2 B-VG.
3.2. Mit elektronischem Schreiben der belangten Behörde vom 18.02.2015 wurde dem erkennenden Gericht die Ausreisebestätigung des Verein Menschenrechte Österreich für den BF, datiert mit 14.01.2015, übermittelt.
3.3. Mit Entscheidung des VwGH vom 30.06.2015 wurde erkannt, das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt A.V. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und es wurde beschlossen die Revision im Übrigen zurückzuweisen.
Begründend wurde hinsichtlich der Behebung des Spruchpunkt A.V. des angefochtenen Erkenntnisses im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die Amtsrevision hinsichtlich der Auferlegung der Dolmetscherkosten zutreffend bemerkt habe, dass "das BVwG von der iSd. § 17 VwGVG heranzuziehenden, zu den §§ 59 Abs. 1 und 76 Abs. 1 AVG ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wonach sich die Feststellung einer "Kostentragungspflicht lediglich dem Grunde nach" als unzulässig erweist." Des Weiteren verwies der VwGH auf seine Erkenntnisse vom 30.04.1998, Zl. 97/06/0271, und vom 12.04.1999, Zl. 99/11/0016, und auf Hengstschläger/ Leeb, AVG § 59 AVG Rz 52. Schon deshalb war der Spruchpunkt A.V. des hier angefochtenen Bescheides mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und folglich gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
4. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 19.09.2017 wurde die gegenständliche Rechtssache der GA W190 abgenommen und mit 29.09.2017 der GA W247 zugewiesen.
II. Erwägungen:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Auferlegung der Dolmetscherkosten
1. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63-73) sinngemäß anzuwenden.
2. Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.06.2003, 2001/01/0260, bejaht, dass diese Vorschrift auch im Maßnahmebeschwerdeverfahren anwendbar ist und der "Antragsteller" die Barauslagen zu tragen hat. Es besteht kein Zweifel daran, dass dem Beschwerdeführer auch dann die Barauslagen gemäß § 76 Abs. 1 erster Satz AVG aufzuerlegen sind, wenn seine Maßnahmenbeschwerde Erfolg hat (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 31 ff. mwNw).
3. Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Beschwerdeverhandlung Dolmetschergebühren erwachsen. Der Dolmetscher verzeichnete € 157,00 an Gebühren, welche vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden mussten.
Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 157,00 an Barauslagen entstanden, die vom Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Die Revision gegen Spruchpunkt A.I. ist zulässig, weil es an einer Rechtsprechung zur Auferlegung des Barauslagenersatzes im Schubhaftverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG fehlt; eine solche besteht nur im Hinblick auf § 53 Abs. 4 BFA-VG und § 113 Abs. 1 Z 4 FPG (s. VwGH 19.05.2015, Ro 2014/21/0071) bzw. Bescheidbeschwerdeverfahren (VwGH 12.10.2015, Ro 2015/22/0022).
Schlagworte
Barauslagen, Dolmetschergebühren - Neuberechnung, Kostenersatz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W247.2016689.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.01.2019