TE Bvwg Beschluss 2018/11/12 W187 2208747-1

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Veröffentlicht am 12.11.2018
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Entscheidungsdatum

12.11.2018

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1 Z2
BVergG 2006 §141
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §6
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs2
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W187 2208747-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag der Bewerbergemeinschaft 1. XXXX 2. XXXX , vertreten durch Eberl, Hubner, Krivanec, Ramsauer & Partner, Rechtsanwälte, Nonntaler Hauptstraße 44, 5020 Salzburg, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "PVA - Ambulante Rehabilitation Tranche I" der Auftraggeberinnen 1. Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1021 Wien, 2. Burgenländische Gebietskrankenkasse, Siegfried Marcus-Straße 6, 7000 Eisenstadt, 3. Salzburger Gebietskrankenkasse, Engelbert Weiß-Weg 10, 5020 Salzburg, 4. Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Josef Pongratz-Platz 1, 8010 Graz, 5. Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien, 6. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Josefstädter Straße 80, 1080 Wien, und 7. Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau, Linke Wienzeile 48-52, 1060 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch die Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien, vom 2. November 2018 beschlossen:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der Bewerbergemeinschaft 1. XXXX , 2. XXXX , das Bundesverwaltungsgericht möge "eine einstweilige Verfügung gemäß § 351 BVergG 2018 (§ 329 BVergG 2006) erlassen, mit welcher a) der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird, Angebote zu öffnen, und b) im gegenständlichen Vergabeverfahren in der zweiten Stufe der Lauf der Angebotsfrist für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens ausgesetzt wird", gemäß §§ 350 Abs 1, 351 Abs 1, 3 und 4 BVergG statt.

Das Bundesverwaltungsgericht untersagt den Auftraggeberinnen 1. Pensionsversicherungsanstalt, 2. Burgenländische Gebietskrankenkasse, 3. Salzburger Gebietskrankenkasse, 4. Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 5. Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, 6. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und 7. Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau im Vergabeverfahren "PVA - Ambulante Rehabilitation Tranche I", für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens Angebote zu öffnen und setzt den Lauf der Angebotsfrist aus.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 2. November 2018 beantragte die Bewerbergemeinschaft 1. XXXX , 2. XXXX , vertreten durch Eberl, Hubner, Krivanec, Ramsauer & Partner, Rechtsanwälte, Nonntaler Hauptstraße 44, 5020 Salzburg, in der Folge Antragstellerin, die Nichtigerklärung der am 23. Oktober 2018 bekannt gegebenen Ausscheidensentscheidung, die Akteneinsicht gemäß § 17 AVG, die Ausnahme der eigenen Teilnahmeanträge und Angebote von der Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie im Spruch unter A) wiedergegeben samt einer Reihe weiterer Eventualanträge sowie den Ersatz der Pauschalgebühr. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren "PVA - Ambulante Rehabilitation Tranche I" der Auftraggeberinnen 1. Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1021 Wien, 2. Burgenländische Gebietskrankenkasse, Siegfried Marcus-Straße 6, 7000 Eisenstadt, 3. Salzburger Gebietskrankenkasse, Engelbert Weiß-Weg 10, 5020 Salzburg, 4. Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Josef Pongratz-Platz 1, 8010 Graz, 5. Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien, 6. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Josefstädter Straße 80, 1080 Wien, und 7. Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau, Linke Wienzeile 48-52, 1060 Wien, vertreten durch die vergebende Stelle Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch die Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien.

1.1 Nach Ausführungen zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zur angefochtenen Entscheidung, der Rechtzeitigkeit der Beschwerde und der Pauschalgebühr stellen die Antragstellerinnen den Sachverhalt dar. Sie behaupten ein Interesse am Vertragsabschluss, da die ausgeschriebenen Leistungen ein wesentlicher Geschäftszweig der Antragstellerinnen sei und sie das Interesse am Vertragsabschluss durch die Ausarbeitung und Übersendung der Angebotsunterlagen und die Teilnahme am Vergabeverfahren eindeutig dargelegt habe. Den Antragstellerinnen entgingen die Möglichkeit der Zuschlagserteilung und die Erzielung eines angemessenen Gewinns. Dieses und die näher bezifferten bisherigen Kosten für die Beteiligung am Vergabeverfahren sowie der rechtsfreundlichen Vertretung und den Verlust eines Referenzprojekts machen die Antragstellerinnen als drohenden Schaden geltend. Die Antragstellerinnen erachten sich in ihren Rechten auf Durchführung eines (vergabe-)rechtskonformen Vergabeverfahrens gemäß § 19 BVergG 2006, insbesondere auf (vergabe-)rechtskonforme Prüfung der Teilnahmeanträge unter Beachtung des Sachlichkeitsgebotes, des Gebots der Gleichbehandlung der Bieter und der Kalkulierbarkeit der Risiken sowie auf Einladung zur zweiten Verfahrensstufe und auf Zuschlagserteilung verletzt. Im Einzelnen erachten sich die Antragstellerinnen in ihren Rechten auf vergaberechtskonforme Prüfung der Teilnahmeanträge, auf Nichtausscheiden des eigenen Teilnahmeantrags ohne Vorliegen von Ausscheidensgründen, auf Gleichbehandlung der Bieter sowie auf Beachtung des Sachlichkeitsgebots, auf Einhaltung des Verbots der Überwälzung unkalkulierbarer Risiken auf die Antragstellerinnen als Bewerberin, auf Einladung zur zweiten Verhandlungsstufe sowie auf Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung.

1.2 Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führen die Antragstellerinnen im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerinnen frist- und formgerecht vollständig die "zwingenden Mindesterfordernisse" gemäß den gegenständlichen Teilnahmeunterlagen der Auftraggeberinnen dahingehend nachgewiesen, dass keine Ausschlussgründe vorlägen und alle Eignungskriterien erfüllt seien. Die Ausscheidensentscheidung widerspreche daher den eignen Teilnahmeunterlagen der Auftraggeberinnen. Vorauszuschicken sei, dass die einschlägige Passage in Punkt 4.1.2 der Teilnahmeunterlagen schwer verständlich und offenkundig grammatikalisch unvollständig sei. Alle Unklarheiten hätten daher gemäß § 915 ABGB zu Lasten der Auftraggeberinnen zu gehen. Unkalkulierbare Risiken dürften nicht einseitig auf die Bieter abgewälzt werden. Der Abruf aus der Rahmenvereinbarung könne nicht klar vorhergesehen werden und werde erst in der zweiten Stufe des Vergabeverfahrens offengelegt. In der ersten Stufe stehe für einen Bewerber daher weder fest, ob er zur Angebotsabgabe eingeladen werde, noch sei ihm die Vorgangsweise für Leistungsabrufe aus der Rahmenvereinbarung schon bekannt, sodass eine präzise wirtschaftliche Kalkulation und detaillierte Planung der Betriebsanlage sowie erhebliche wirtschaftliche Dispositionen wie der Abschluss von langfristig bindenden Verträgen in dieser Verfahrensstufe gar nicht möglich sei. Die Bestimmung des Punktes

4.1.2 könne daher nicht dahingehend verstanden werden, dass der Bewerber bereits Eigentümer oder Mieter beziehungsweise Fruchtnießer einer möglicherweise zukünftigen Betriebsliegenschaft sei. Eine Bestätigung wie jene der XXXX als für den Fall der Zuschlagserteilung zukünftiger Vermieter müsse daher ausreichen. Die Unwägbarkeit der ersten Verfahrensstufe zeige sich auch darin, dass die Auftraggeberinnen das aufwändige Verfahren der Bedarfsprüfung auf die zweite Stufe verschoben hätten. Ergebnis wäre, dass wirtschaftlich kalkulierende Bewerber, die bereits Eigentümer oder Bestandnehmer in festen Bestandsverhältnissen sein müssten, die Unwägbarkeiten generell in ihren Angeboten verteuernd einpreisen müssten. Effekt wäre für die Auftraggeberinnen eine Angebotsstruktur, die den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit widersprechen würde.

1.3 Die Antragstellerin macht das Vorbringen zum Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und führt im Wesentlichen aus, dass die Aussetzung der Angebotsfrist und die Öffnung der Angebote deshalb zwingend erforderlich seien, weil die Auftraggeberinnen unumkehrbare Tatsachen schaffen würden, die von den Antragstellerinnen mit den Mitteln des Vergaberechts nicht mehr beseitigt werden könnten. Den Antragstellerinnen drohte der Eintritt des geltend gemachten Schadens. Im Fall der Abweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wären die Antragstellerin auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Es gelte der Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes. Es handle sich um notwendige, geeignete, verhältnis- und zweckmäßige Maßnahmen. Es seien auch keine Interessen der Auftraggeberinnen oder Mitbewerber ersichtlich, die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprächen. Jeder Auftraggeber müsse die Dauer eines Rechtsschutzverfahrens in seiner Zeitplanung berücksichtigen. Die Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter liege im öffentlichen Interesse. Besondere öffentliche Interessen, die für eine Fortführung des Vergabeverfahrens sprächen, seien nicht ersichtlich.

2. Am 8. November 2018 teilte die Heid und Partner Rechtsanwälte GmbH mit, dass sie die Auftraggeberinnen vertrete, erteilte allgemeine Auskünfte, sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der die Angebotsöffnung untersagt werde, betreffend das Los 9 Wörgl aus, und ersuchte um Fristerstreckung für die Vorlage des Vergabeakts und die inhaltliche Stellungnahme bis 13. November 2018.

4. Am 8. November 2018 räumte die vergebende Stelle dem senatsvorsitzenden Richter einen Zugang zum elektronischen Vergabeakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Die 1. Pensionsversicherungsanstalt, 2. Burgenländische Gebietskrankenkasse, 3. Salzburger Gebietskrankenkasse, 4. Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 5. Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, 6. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und 7. Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau schreiben unter der Bezeichnung "PVA - Ambulante Rehabilitation Tranche I" Dienstleistungen mit den CPV-Codes 85100000-0 - Nadeln für medizinische Zwecke im Oberschwellenbereich, 75300000-9 und 8531000-5 in einem zweistufigen Zertifizierungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit einem oder mehreren zertifizierten Betreiber(n) pro Los nach den Regeln für nicht prioritäre Dienstleistungen gemäß § 141 BVergG 2006 bzw soziale Dienstleistungen gemäß Art 74 RL 2014/24/EU nach dem Bestangebotsprinzip ab. Vergebende Stelle ist die Pensionsversicherungsanstalt. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtauftrags beträgt € 41,3 Mio, jener des verfahrensgegenständlichen Loses € 3,1 Mio, jeweils ohne USt. Die Auftraggeberin veröffentlichte die Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 10. Juli 2018 zur Zahl 2018/S 130-297494 und im Amtlichen Lieferungsanzeiger vom 9. Juli 2018 zur Zahl L-652614-875, abgesandt am 6. Juli 2018. Das Ende der Teilnahmefrist war der 31. August 2018, 12.00 Uhr. (Auskünfte der Auftraggeberin, Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.2 Am 31. August 2018 fand von 12.01 Uhr bis 12.35 Uhr die Öffnung der Teilnahmeanträge für alle Lose statt, bei der ua der Teilnahmeantrag der Antragstellerinnen geöffnet wurde. (Protokoll über die Öffnung der Teilnahmeanträge in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.3 Am 23. Oktober 2018 gaben die Auftraggeberinnen den Antragstellerinnen die Ausscheidensentscheidung bekannt. (Ausscheidensentscheidung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.4 Die Auftraggeberinnen haben weder das Vergabeverfahren widerrufen noch den Zuschlag erteilt. Sie haben auch keine Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung übermittelt. (Auskünfte der Auftraggeberin, Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.5 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von €

2.160. (Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

2. Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl I 2013/10, idgF lauten:

"Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist."

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl I 2013/33 idgF, lauten:

"Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

...

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) ...

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

..."

3.1.3 Zu Bestimmungen gemäß § 58 Abs 2 VwGVG zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält und daher als lex specialis den Bestimmungen des BVergG vorgeht. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, lauten:

"4. Teil

Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht

1. Hauptstück

Zuständigkeit, fachkundige Laienrichter, Ausschluss und Ablehnung

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) ...

2. Hauptstück

Besondere Bestimmungen über das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) ...

2. Abschnitt

Nachprüfungsverfahren

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) ...

3. Abschnitt

Einstweilige Verfügungen

Antragstellung

§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,

3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,

4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,

5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) ...

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

...

Inkrafttretens-, Außerkrafttretens- und Übergangsvorschriften

§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.

(2) ...

(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage."

3.2 Zu Spruchpunkt A) -Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

3.2.1 Maßgebliche Rechtslage

3.2.1.1 Am 21. August 2018 trat das BVergG 2018 nach seinem § 376 Abs 1 in Kraft und das BVergG 2006 zu diesem Zeitpunkt außer Kraft.

3.2.1.2 Nach § 376 Abs 4 BVergG 2018 sind Vergabeverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 eingeleitet waren, nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Vergabeverfahren am 6. Juli 2018 eingeleitet wurde, ist es nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage, dem BVergG 2006, zu Ende zu führen und zu beurteilen.

3.2.1.3 Nach § 376 Abs 4 BVergG 2018 sind Nachprüfungsverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig waren, nach der nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Da das gegenständliche Nachprüfungsverfahren nach diesem Zeitpunkt eingeleitet wurde, ist es nach der Rechtslage des BVergG 2018 zu führen.

3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

3.2.1.1 Auftraggeberinnen im Sinne des § 2 Z 8 BVergG 2006 sind die

1. Pensionsversicherungsanstalt, 2. Burgenländische Gebietskrankenkasse, 3. Salzburger Gebietskrankenkasse, 4. Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 5. Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, 6. Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter und 7. Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau. Alle sind Sozialversicherungsträger, Körperschaften öffentlichen Rechts und nach ständiger Rechtsprechung öffentliche Auftraggeberinnen gemäß § 3 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 (zB BVwG 23. 8. 2017, W187 2163208-2/18E; 19. 6. 2018, W187 2195740-2/21E; 12. 9. 2018, W138 2200339-2/22E, W138 2201255-2/22E, W138 2203735-2/13E; BVA 10. 3. 2009, N/0145-BVA/09/2008-81; 26. 6. 2009, N/0049-BVA/10/2009-48; 21. 11. 2013, N/0100-BVA/06/2013-27). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen nicht prioritären Dienstleistungsauftrag gemäß § 6 iVm Anh IV BVergG 2006. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens und des verfahrensgegenständlichen Loses liegen jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 2 BVergG 2006, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG 2006 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

3.2.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit b B-VG ist sohin gegeben.

3.2.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 342 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

3.2.1.4 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.

3.2.1.5 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen.

3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages

3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs 1 BVergG 20108 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin die Erklärung des Widerrufs beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zutreffen und sie daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 - Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebenen Leistungen und eine Zuschlagserteilung ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).

3.2.2.2 Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens, in der Einladung zur Angebotslegung und im Erhalt des Auftrags.

3.3.2.3 Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus.

3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).

3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Erklärung des Widerrufs und Neuausschreibung des Auftrags erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.

3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen des Auftraggebers gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags wäre die Auftraggeberin verpflichtet gewesen, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen.

3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

3.2.2.8 Bei der bevorstehenden Einladung der ausgewählten Bewerber zur Angebotslegung und der bevorstehenden Angebotsöffnung ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die vorläufige Untersagung der Angebotsöffnung (zB BVwG 11. 9. 2015, W187 2113572-1/3E; 30. 1. 2018, W134 2183925-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E). Um den Antragstellerinnen die Möglichkeit zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu bewahren, ist die Aussetzung der Angebotsfrist ebenfalls erforderlich (zB BVwG 20. 9. 2016, W139 2134579-1/2E; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 12. 7. 2018, W138 2200339-1/2E). Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E; BVA 9. 3. 2007, N/0018-BVA/10/2007-EV011).

3.2.2.9 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.

§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Der Auftraggeber ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

3.2.2.10 Da das Bundesverwaltungsgericht den beiden unbedingt gestellten Anträgen stattgibt, muss es auf die Eventualanträge nicht weiter eingehen.

3.2.2.11 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

3.3 Zu Spruchpunkt B) - Nichtzulassung der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausscheidensentscheidung, Ausscheidensgründe, Aussetzung der
Angebotsfrist, Bietergemeinschaft, Bietergleichbehandlung, Dauer der
Maßnahme, Dienstleistungsauftrag, drohende Schädigung, einstweilige
Verfügung, Entscheidungsfrist, Frist, Fristenlauf, gelindeste
Maßnahme, gelindestes Mittel, Interessenabwägung, Kalkulation,
Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, öffentliche Interessen,
öffentlicher Auftraggeber, Provisorialverfahren, Rahmenvereinbarung,
Risikotragung, Schaden, Untersagung der Angebotsöffnung,
Vergabeverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W187.2208747.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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