Entscheidungsdatum
14.11.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W151 2179285-2/5E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen Spruchpunkt VII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Vorarlberg vom 17.10.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A) In Stattgebung der Beschwerde wird Spruchpunkt VII. des
angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am darauf folgenden Tag fand vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF im Beisein eines Dolmetschers, welcher in die Sprache Dari übersetzte, statt. Dort gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, da er Hazara und Schiite sei und immer wieder von Taliban bedroht und geschlagen worden sei. Die Taliban hätten ihm gedroht, ihn umzubringen, weshalb er geflüchtet sei.
3. In einer Einvernahme beim BFA am 15.10.2018 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi wurde der BF erneut zu seinen Fluchtgründen befragt. Dabei brachte der BF vor, er komme aus dem Iran. Er wäre noch nie in Afghanistan gewesen und hätte auch nicht in Daykundi die Schule besucht. Er habe keine Verwandten in Österreich, sondern hätte die von ihm als solche genannten Personen unterwegs kennen gelernt. Er habe den Iran verlassen, da er dort nichts erreichen konnte.
4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 17.10.2018, Zahl: XXXX , den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Weiters wurde (unter Spruchpunkt VI.) ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und dass dieser Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (unter Spruchpunkt VII.). Zudem habe der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 15.10.2018 verloren (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 53 Abs. 3 Z 7 FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF den Iran aufgrund seiner Perspektivlosigkeit verlassen habe. Zudem habe er in Österreich mehrere Verbrechen und Vergehen verübt und damit mehrmals die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und befinde sich zudem in Untersuchungshaft, weswegen eine Abschiebung zulässig sei.
5. Gegen diesen Bescheid des BFA richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in dem u.a. der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt wurde
Des Weiteren wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem BF Asyl gewährt werde, in eventu ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, jedenfalls die ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an die 1. Instanz zurückzuverweisen, jedenfalls das unbefristete Einreiseverbot aufzuheben und in eventu dieses zu reduzieren.
6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 12.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Am 13.11.2018 wurde amtswegig ein Strafregisterauszug erhoben.
8. Mit Schreiben vom 13.11.2018 übermittelte das BFA ein Ersuchen des BF, in dem dieser bekräftigte, seine Fehler nicht zu wiederholen und um eine zweite Chance ersuchte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 22/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG i.d.g.F hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hierbei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vorherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 16 Abs. 4 BFA-VG nicht getroffen werden, da mit der Beschwerde der rechtlichen Beurteilung sowie dem Ermittlungsverfahren der belangten Behörde in substantiierter Weise entgegengetreten wurde.
Darüber hinaus ist dem Vorbringen der belangten Behörde entgegenzutreten, wenn diese die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit begründet, dass aufgrund vom BF verübter Straftaten dessen Ausweisung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erforderlich ist. Ein durch das erkennende Gericht amtswegig erhobener Strafregisterauszug ergab, dass zum BF keine rechtskräftige Verurteilung vorliegend ist, sodass auch im Hinblick darauf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geboten ist.
Das Bundesverwaltungsgericht war daher im Ergebnis gehalten, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vorzugehen.
Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet, wird darüber gesondert entschieden werden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwecks Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Der im vorliegenden Fall entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt erscheint aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. Insbesondere stand bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides aufzuheben war.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung derEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W151.2179285.2.00Zuletzt aktualisiert am
11.01.2019