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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des FL in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in Wien I, Dorotheergasse 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 3. Jänner 1994, Zl. 6/3 - 3361/93-04, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der seine Tätigkeit mit Vermietung und Verpachtung angibt (daneben erzielt er noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit), teilte dem Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1990 in einer "Ergänzung zur vorläufigen Steuererklärung" mit, dass er "in Namibia eine offiziell eingetragene Gästefarm, die wie ein Hotel geführt wird und auch im Touropa-Reisekatalog als Reiseziel angeboten wird", betreibe. Im Jahr 1990 habe er erhebliche Anlaufverluste erwirtschaftet und zahlreiche Investitionen vorgenommen. In Zukunft seien aber sehr wohl Gewinne zu erwarten, die in Österreich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen wären, weil mit Namibia kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehe und der Beschwerdeführer in Österreich über einen Wohnsitz verfüge. Dem Schreiben war eine Kostenaufstellung bis zum 29. Februar 1992 angeschlossen, in der die Einnahmen mit "Null" bezeichnet wurden. Danach war mit einem Gesamtverlust von R 615.085,71 (= ca. S 2,500.000,--) zu rechnen. Angaben über die Höhe des im Jahr 1990 erwirtschafteten Verlustes wurden nicht gemacht.
Das Finanzamt erließ einen vorläufigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990, in dem es die dem Grunde nach mitgeteilten Verluste aus der Gästefarm - ohne weitere Begründung - unberücksichtigt ließ.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte gleichzeitig eine berichtigte Einkommensteuererklärung 1990 ein, in der der Verlust aus der Gästefarm mit S 784.078,-- angegeben wurde.
Das Finanzamt hielt dem Beschwerdeführer vor, dass seine Gästefarm "in keinem einschlägigen Reisebüro angeboten" werde. Auch bei Touropa scheine die Farm nicht auf. Sollte nichts Gegenteiliges nachgewiesen werden, so sei beabsichtigt, die Berufung abzuweisen.
In Beantwortung dieses Vorhaltes teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, dass im Touropa-Reisekatalog "Meridian", Ferne Länder, Winter 91/92 auf Seite 43 seine "Safari-Lodge" sehr wohl angeboten werde. Zurzeit werde die Safari-Lodge über die Veranstalter "Privat-Tours" und Kasuga-Reisen angeboten. Auch in Namibia werde von vielen großen Reiseunternehmungen für die Lodge geworben. In Zukunft seien auch Jagdarrangements geplant.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 1. Juli 1993 ab. Die Farm sei am 2. Juni 1987 vom Beschwerdeführer gekauft worden. Seither sei nur investiert, aber es seien bislang keine Einnahmen erzielt worden. Umfangreiche amtswegige Erhebungen bei Reisebüros hätten ergeben, dass mit einer ertragbringenden Einnahmenerzielung auch in nächster Zeit nicht zu rechnen sei, da Buchungen ohne eigene Jagd kaum abgeschlossen werden dürften. Da also in einem überschaubaren Zeitraum kein positives Gesamtergebnis zu erwarten sei, handle es sich bei der Farm um Liebhaberei.
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 4. August 1993 die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es bestehe sehr wohl die Möglichkeit, auf der Farm zu jagen bzw. gemäß einer Vereinbarung mit den umliegenden Farmen auf nunmehr 50.000 ha "Jagden mit professional hunter" zu veranstalten. Der Beschwerdeführer habe sämtliche vom Finanzamt geforderten Beweisstücke beigebracht. Es seien aber von der Behörde nicht alle Umstände berücksichtigt worden.
In einer Ergänzung zu diesem Schreiben wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass aus dem Schriftverkehr mit Interessenten sowie aus Zeitungsinseraten und aus der Übernahme seiner Gästefarm in das Angebot weiterer Reisebüros deutlich das Bemühen erkennbar sei, einen Gesamtgewinn aus dieser Tätigkeit zu erzielen. "Dass die Farm bereits 1987 gekauft wurde und seither ... lediglich investiert wurde bzw. die Einnahmen Null S betrugen, hat keine Aussagekraft für die Zukunft, da seriöserweise erst nach Abschluss der umfangreichen Investitionen auf der Farm Gäste beherbergt werden sollten".
Dem Schreiben waren Unterlagen über diverse Zeitungseinschaltungen und schriftliche Kontakte mit fünf Interessenten sowie eine Buchungsbestätigung, sämtliche aus dem Zeitraum Juni bis August 1993 angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und stützte sich dabei auf die Bestimmung der Liebhabereiverordnung vom 18. Mai 1990, BGBl. Nr. 322.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, dass für das Streitjahr bereits die Bestimmungen der Liebhabereiverordnung 1990 anzuwenden waren. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der erstinstanzliche Einkommensteuerbescheid gemäß § 200 BAO vorläufig erlassen wurde und dass die vollinhaltliche Bestätigung dieses Bescheides durch den angefochtenen Bescheid dazu führt, dass auch in diesem nur ein vorläufiger Einkommensteuerbescheid 1990 zu erblicken ist. Dies wird auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides klargestellt.
Im Beschwerdefall ist daher zu beachten, dass mit dem angefochtenen Bescheid noch keine endgültige rechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Gästefarm erfolgte. Vielmehr hatte die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung darauf abzustellen, welche rechtliche Beurteilung dieser Tätigkeit den größeren Grad der Wahrscheinlichkeit hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1988, 87/14/0034). Eine Änderung der Beurteilung in einem später ergehenden endgültigen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990 war dadurch keineswegs ausgeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde bei dieser Beurteilung rechtswidrig vorgegangen wäre. Sie hat die Tätigkeit des Beschwerdeführers ihrer Art nach zunächst unter § 1 Abs. 1 der Verordnung subsumiert. Danach ist das Vorliegen von Einkünften zu vermuten bei einer Betätigung, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, und nicht unter Abs. 2 fällt (letzteres ist unbestritten nicht der Fall). Die im Abs. 1 als Tatbestandsmerkmal normierte Vermutung kann widerlegt werden. Wird sie widerlegt, so liegt einkommensteuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Vermutung der Gewinnerzielungsabsicht im Beschwerdefall (vorläufig) als widerlegt anzusehen sei, weil sie "nicht an Hand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist" (vgl. § 1 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung).
§ 2 Abs. 1 der Verordnung lautet:
"§ 2. (1) Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere an Hand folgender Umstände zu beurteilen:
1.
Ausmaß und Entwicklung der Verluste,
2.
Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,
3.
Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird,
4.
marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,
5.
marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,
6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen
(z.B. Rationalisierungsmaßnahmen)."
Im angefochtenen Bescheid wird die Gewinnerzielungsabsicht an Hand dieser Kriterien verneint. Bezüglich Ausmaß und Entwicklung der Verluste sowie Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen wird auf das oben erwähnte unbestrittene Zahlenmaterial und insbesondere auf den Umstand verwiesen, dass seit dem Ankauf der Farm im Juni 1987 noch keinerlei Einnahmen erzielt worden seien.
Als Ursache dafür, dass im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben kein Gewinn erwirtschaftet worden sei und bezüglich der Bemühungen um Verbesserung der Ertragslage, enthält der angefochtene Bescheid die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach dem Erwerb der Farm im Juni 1987 zunächst weder wesentliche zielgerichtete Maßnahmen in Richtung Erschließung einer Einkunftsquelle getätigt habe, noch in den Steuererklärungen für die Jahre 1987 bis 1989 irgendwelche Hinweise auf solche Maßnahmen gemacht worden seien.
Dieser Umstand ist durchaus geeignet, Zweifel an der von Beginn an gegebenen Absicht der Erschließung einer Einkunftsquelle zu wecken. Obwohl der Beschwerdeführer nach Durchführung zahlreicher Investitionen in den Jahren 1990 und 1991 mit der Werbung für seine Gästefarm begonnen hatte, konnte bis Mitte 1993 keine einzige Buchung nachgewiesen werden und wurden auch keine Einnahmen erzielt. Erst im Zuge des Berufungsverfahrens wurde die Werbetätigkeit durch Einschaltung diverser Inserate in einschlägigen Zeitungen und Prospekten intensiviert, die zwar einige Anfragen von Interessenten, aber nur eine einzige Buchung zur Folge hatten.
Unter diesen Umständen wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, die Gründe hiefür vorzutragen, vor allem aber eine Prognose über die tatsächlich zu erwartenden Erträge zu geben. Beides ist unterblieben. Weder über die Kapazität der Gästefarm noch über die für eine ertragbringende Tätigkeit erforderliche und auch tatsächlich erwartbare Auslastung sowie über die mit einem solchen tatsächlichen Betrieb verbundenen Kosten einschließlich laufender Reparaturen wurden Angaben gemacht. Derartige Angaben wären aber erforderlich gewesen, um eine Abwägung der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Einkunftsquelle zu Gunsten des Beschwerdeführers zu ermöglichen. Der Hinweis des Beschwerdeführers darauf, dass es sich bei den Verlusten um so genannte Anlaufverluste gehandelt habe, kann im Hinblick darauf, dass seit dem Kauf der Gästefarm im Jahr 1987 bis zur Bescheiderlassung mehr als sechs Jahre vergangen waren, nicht als ausreichend angesehen werden. Wenn der Beschwerdeführer der belangten Behörde den Vorwurf macht, ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht entsprochen zu haben, so genügt ein Hinweis auf die ständige hg. Rechtsprechung, wonach bei Sachverhalten, deren Verwirklichung (schwerpunktmäßig) im Ausland behauptet wird, eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen besteht (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, S. 1272 f). Dass die belangte Behörde die in Reiseprospekten mitgeteilten Arrangement-Preise für sich allein nicht als ausreichend erachtet hat, um das Vorliegen einer Einkunftsquelle als wahrscheinlicher anzusehen als das Gegenteil, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten in beantragter Höhe gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994130055.X00Im RIS seit
20.11.2000