TE Bvwg Beschluss 2018/11/19 W229 2198188-1

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Veröffentlicht am 19.11.2018
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Entscheidungsdatum

19.11.2018

Norm

AlVG §24
AlVG §7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W229 2198188-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag.a Gabriele STRAßEGGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Günther KRAPF als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Johnstraße vom 28.02.2018 GZ: XXXX , in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 31 iVm. § 28 Abs. 3 zweiter Satz des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice Wien Johnstraße zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 28.09.2017 (Datum der Geltendmachung: 27.09.2017) beim Arbeitsmarktservice Wien Dresdner Straße einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

2. Mit Bescheid vom 28.02.2018 sprach das AMS Wien Johnstraße (im Folgenden AMS) aus, dass der Bezug des Arbeitslosengeldes des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs 1 und § 7 Abs 1, 2 und 3 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) ab 01.01.2018 mangels Verfügbarkeit eingestellt werde.

Das AMS begründete den Bescheid damit, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel, der ihn zur Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtige, verfüge und stehe somit der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Der Bezug des Arbeitslosengeldes werde daher eingestellt.

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und führte aus, das AMS habe ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer nicht verfügbar sei, ohne im Ermittlungsverfahren den Sachverhalt genau festzustellen. Er sei Asylwerber, er befinde sich im laufenden Asylverfahren.

Er sei im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung (weiße Karte) gewesen und verfüge derzeit über faktischen Abschiebeschutz (siehe beiliegende Bestätigung des Asylzentrums der Caritas vom 15.1 1.2017). Die Anwartschaft für die Leistung nach dem AlVG habe er erworben.

Der Umstand, dass er im laufenden Asylverfahren sei, sei auch der Behörde bekannt und aktenkundig gewesen. Er habe ihr zudem auch mitgeteilt, dass das BFA Anfang November 2017 die (weiße) Karte über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung (§ 51 AsylG) eingezogen und ihm die (grüne) Verfahrenskarte ausgehändigt habe. Dazu habe er vom BFA kein gesondertes Schriftstück erhalten. Auch wenn er nicht mehr über die weiße Karte verfüge, stehe er auch weiterhin der Arbeitsmarktvermittlung nach § 4 Abs 1 Z 1 AuslBG zur Verfügung. Diese Bestimmung sehe den Anspruch einer Beschäftigungsbewilligung unter anderen auch für Asylwerber vor, die zum Asylverfahren zugelassen seien und über ein Aufenthaltsrecht oder faktischen Anschiebschutz (§§ 12, 13 AsylG) verfügen.

Er habe auch am 16.11.2017 die AMS - Leistung zugesprochen bekommen. Sein Sozialarbeiter XXXX hat Herrn XXXX , den AMS Betreuer, auch kontaktiert und ihm von der Besprechung mit dem Asylzentrum der Caritas berichtet und auf den § 4 Abs 1 Z 1 AuslBG Bezug genommen.

Das AMS habe es zudem auch verabsäumt ihn vor Einstellung des Bezugs davon zu benachrichtigen und sein Recht auf Parteiengehör verletzt.

Wenn das AMS seinen Rechtsstatus aufgrund seiner Einvernahme mit Sachverhaltsdarstellung, der Email-Korrespondenz zwischen AMS Betreuer und Sozialarbeiter und der Bestätigung des Asylzentrums der Caritas über das laufende Asylverfahren noch immer nicht für ausreichend geklärt befunden hätte, hätte sie das BFA um diesbezügliche Auskunft ersuchen müssen und nicht sogleich die Leistung einstellen dürfen.

4. Mit Schreiben vom 13.06.2018 legte das AMS die Beschwerde sowie den Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor. Ergänzend führte das AMS aus, der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger des Sudan. Am 27.09.2017 habe er erstmals einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt, die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld sei während der Haft erworben worden. Der Beschwerdeführer habe zunächst über eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG, Karten Nr XXXX verfügt, die Karte sei eingezogen worden. Derzeit verfüge der Beschwerdeführer über eine Verfahrenskarte gemäß § 50 AsylG, Karten Nr XXXX . Im vorliegenden Fall sei dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG entzogen worden, damit stehe fest, dass er nicht mehr über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG verfüge. Der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG an sich stelle kein Aufenthaltsrecht in Österreich dar, damit ist die Voraussetzung der Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Ziffer 2 AlVG nicht erfülle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Sudan und hat in Österreich einen Antrag auf internationalem Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer befand sich von 26.01.2017 bis 26.09.2017 in Strafhaft und erwarb von 07.03.2017 bis 26.09.2017 Versicherungszeiten gemäß § 66a AlVG.

Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 28.09.2017 (Datum der Geltendmachung: 27.09.2017) beim AMS einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

Der Beschwerdeführer habe zunächst über eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG, Karten Nr XXXX verfügt, diese Karte wurde Anfang November 2017 vom BFA eingezogen.

Derzeit verfügt der Beschwerdeführer über eine Verfahrenskarte gemäß § 50 AsylG, Karten Nr XXXX . Der Beschwerdeführer verfügt über faktischen Abschiebeschutz.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag auf Arbeitslosengeld sowie die vorgelegten Verfahrenskarten in Kopie liegen im Akt ein.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und der Asylantragstellung ergeben sich aus den Verfahrenskarten, dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Schreiben der BFA vom 05.10.2017 und dem Schreiben der Caritas vom 15.11.2017.

Die Feststellungen zur Strafhaft des BF ergeben sich aus der Bestätigung der Justizanstalt Klagenfurt vom 26.09.2017.

Die Feststellungen zu den Verfahrenskarten gemäß § 51 und 50 AsylG ergeben sich aus der Beschwerde ("Ich habe zudem auch mitgeteilt, dass das BFA Anfang November 2017 die (weiße) Karte über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung (§ 51 AsylG) eingezogen hat und mir die (grüne) Verfahrenskarte ausgehändigt hat.") sowie dem damit übereinstimmenden Vorbringen des AMS in der Beschwerdevorlage. Dass der Beschwerdeführer faktischen Abschiebeschutz genießt, ergibt sich einerseits aus seinen Angaben sowie jenen des AMS, aber auch aus dem Umstand, dass sein Asylverfahren nach Mitteilung des BFA vom 30.10.2018 nach wie vor nicht abgeschlossen ist (siehe dazu auch die rechtlichen Ausführungen unter Pkt. 3.3.2.).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm. § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

3.2.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht von der in § 28 Abs. 3 VwGVG festgelegten Befugnis zur Aufhebung und Zurückverweisung Gebrauch machen darf, im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, näher präzisiert.

Danach hat die meritorische Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichts Vorrang und bildet die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme, deren Inanspruchnahme begründungspflichtig ist und die strikt auf den ihr gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Zur Aufhebung und Zurückverweisung ist das Verwaltungsgericht bei "krassen oder besonders gravierenden Ermittlungslücken" befugt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Verwaltungsbehörde "jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat", "lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt" oder "bloß ansatzweise ermittelt" hat oder wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden ("Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Hat die Behörde erforderliche Ermittlungen zwar vorgenommen, die Ermittlungsergebnisse aber nicht ausreichend gewürdigt oder überhaupt davon abgesehen, diese in der Begründung des angefochtenen Bescheides darzulegen, so kommt eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht in Betracht. Dies ist etwa der Fall, wenn zwar die Bescheidbegründung dürftig ist, jedoch brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen (vgl. VwGH 10.09.2014, Zl. RA 2014/08/0005 und 17.02.2015, Zl. Ra 2014/09/0037, 27.01.2016, Ra 2015/08/0171 sowie zuletzt 09.03.2016, Ra 2015/08/0025).

3.3.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid, mit dem dem Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 27.09.2017 gemäß § 7 Abs. 1, 2 und 3 AlVG mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt keine Folge gegeben.

Die Ablehnung erfolgte dabei aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit des Beschwerdeführers mangels des Bestehens eines gültigen Aufenthaltstitels; die Behörde kam diesbezüglich zum Schluss, dass ein solcher nicht gegeben ist.

Hierzu ist jedoch folgendes auszuführen:

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

"Arbeitslosengeld

Voraussetzungen des Anspruches

§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. die sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben sowie, wenn ihr eine unselbständige Beschäftigung nur nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestattet ist, keine dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, entgegenstehenden wichtigen Gründe wie insbesondere wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate vorliegen.

(4) - (8)"

"Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen. (...)"

§ 44 AlVG regelt die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen und der Landesgeschäftsstellen des AMS.

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) lauten:

"Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war, (...)"

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG) lauten:

Faktischer Abschiebeschutz

§ 12. (1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.

(2) Der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, ist für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 4 befindet, zulässig. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet zulässig, wenn und solange dies

1. zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist;

2. notwendig ist, um Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder

3. für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.

Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet zulässig.

(3) Der Aufenthalt gemäß Abs. 1 und 2 stellt kein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 dar.

Aufenthaltsrecht

§ 13. (1) Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.

(2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder

4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.

(3) Hat ein Asylwerber sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Abs. 2 verloren, kommt ihm faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

(4) Das Bundesamt hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen.

Verfahrenskarte

§ 50. (1) Einem Asylwerber ist nach Einbringung des Antrages ohne unnötigen Aufschub eine Verfahrenskarte auszustellen. Diese berechtigt bei Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes zum Aufenthalt in dieser und zur Teilnahme an der Versorgung nach Maßgabe der Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird - GVG-B 2005, BGBl. Nr. 405/1991. Darüber hinaus können durch die Verfahrenskarte jene Verfahrensschritte dokumentiert werden, die erforderlich sind, um das Zulassungsverfahren abzuschließen. Wenn die Zulassung des Verfahrens vor Ausstellung der Karte erfolgt, kann die Ausstellung unterbleiben. (...)

Aufenthaltsberechtigungskarte

§ 51. (1) Einem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist und dem ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 zukommt, ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig.

(2) Die Aufenthaltsberechtigungskarte dient dem Nachweis der Identität für Verfahren nach diesem Bundesgesetz und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Nach Beendigung des Verfahrens oder bei Verlust des Aufenthaltsrechts ist die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Fremden dem Bundesamt zurückzustellen. (...)

3.3.2.1. Gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 kann und darf eine Person eine Beschäftigung zunächst aufnehmen, wenn sie sich berechtigt im Bundesgebiet aufhält, um eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 22.02.2012, 2010/08/0031 mit Hinweis auf VwGH vom 24.06.2006, 2005/08/0211), hat der Gesetzgeber durch die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 erfolgte Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes eine eindeutige Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung und der Leistungsverpflichtung der Arbeitslosenversicherung vorgenommen. Die Novellierung des § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG durch die AlVG-Novelle BGBl. I Nr. 102/2005 diente der Klarstellung der Verfügbarkeit zur Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe im Hinblick auf die vorgesehenen Neuordnungen im Aufenthaltsrecht. Durch diese Neuformulierung hat sich am Inhalt dieser Bestimmung nichts geändert, sodass das Vorliegen der aufenthaltsrechtlichen Berechtigung, eine unselbständige Beschäftigung im Bundesgebiet aufnehmen zu dürfen, Voraussetzung für die Verfügbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG ist. Es kommt dabei nicht auf die subjektive Absicht des Betroffenen an, im Inland eine Beschäftigung aufnehmen zu wollen, sondern darauf, dass seine Berechtigung zum Aufenthalt die Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme in rechtlicher Hinsicht abdeckt (VwGH vom 22.02.2012, 2010/08/0031 mHa VwGH vom 28.06.2006, 2006/08/0020).

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 AuslBG in der geltenden Fassung ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt, oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder über ein Aufenthaltsrecht gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen war, (...).

3.3.2.2. Im vorliegenden Fall steht aufgrund der vorgelegten Verfahrenskarten fest, dass der Beschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht gemäß §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt. Der Beschwerdeführer hat zunächst über eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 verfügt, diese Karte wurde Anfang November 2017 vom BFA eingezogen. Gemäß § 51 Abs 2 AsylG 2005 ist diese Karte nach Beendigung des Verfahrens oder bei Verlust des Aufenthaltsrechts an das BFA zurückzustellen. Aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers ist vorliegend gem. § 13 Abs. 2 AsylG 2005 von einem Verlust des Aufenthaltsrechtes auszugehen. Gem. § 13 Abs. 3 leg. cit. kommt dem Beschwerdeführer, der sich nach wie vor im aufrechten Asylverfahren befindet, faktischer Abschiebeschutz zu. Davon geht auch die belangte Behörde im Vorlageschreiben aus.

Dem Beschwerdeführer kommt somit zwar nicht ein vorläufiges Aufenthaltsrecht, jedoch faktischer Abschiebeschutz zu. Damit kommt ihm gem. § 4 Abs. 1 Z 3 AuslbG in der hier anzuwendenden Fassung grundsätzlich eine Berechtigung zum Aufenthalt zum Zweck der Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung zu (vgl. im Ergebnis VwGH 12.09.2013, 2011/08/0377 anders noch zur Rechtslage vor 01.01.2010 siehe VwGH 07.09.2011, Zl. 2008/08/0211 und 23.01.2008, Zl. 2007/08/0342). Vor diesem Hintergrund ist der Beschwerdeführer der Arbeitsvermittlung - vorbehaltlich der Prüfung nach § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 2. Halbsatz sowie §§ 8, 9 und 12 AlVG - hinsichtlich § 7 Abs. 3 Z 2 1. Halbsatz AlVG verfügbar (vgl. VwGH vom 21.01.2009, 2006/08/0030).

3.3.3. Für eine abschließende Beurteilung der Verfügbarkeit des Beschwerdeführers ist somit eine Prüfung hinsichtlich der § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 2. Halbsatz sowie §§ 8, 9 und 12 AlVG erforderlich. Zu diesen weiteren Voraussetzungen finden sich im Akt keinerlei Ermittlungsergebnisse der Behörde und ist die Ermittlung dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht selbst nicht "im Interesse der Raschheit gelegen" oder mit einer "erheblichen" Kostenersparnis verbunden. Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass das Fehlen der weiteren Ermittlungsergebnisse lediglich darauf beruht, dass die Behörde die Relevanz des faktischen Abschiebeschutzes für die Verfügbarkeit gemäß § 7 Abs. 3 Z 2 1. Halbsatz AlVG nicht gesehen hat, so lässt sich die Inanspruchnahme der Befugnis der Zurückverweisung mit den genannten einschlägigen Kautelen in Einklang bringen. Vorliegend wurde hinsichtlich der genannten Voraussetzungen der § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 2. Halbsatz sowie §§ 8, 9 und 12 AlVG jegliche Ermittlungstätigkeiten unterlassen und liegen somit auch keine brauchbaren Ermittlungsergebnisse vor.

3.3.4. Die Behörde wird sich im fortgesetzten Verfahren damit auseinander setzen zu haben, ob vom Beschwerdeführer die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 2. Halbsatz sowie §§ 8, 9 und 12 AlVG erfüllt werden und gestützt auf die Ermittlungsergebnisse - nach Gewährung von Parteiengehör - einen neuen Bescheid zu erlassen bzw. die Leistung in der im gesetzlichen Ausmaß zustehenden Höhe zu gewähren haben.

3.4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nimmt das Bundesverwaltungsgericht Abstand. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Die vorliegende Entscheidung wurde getroffen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (s. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG). Im Hinblick darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid gerade deswegen aufhebt, weil der von der belangten Behörde heranzuziehende Sachverhalt erst zu ermitteln wäre, ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag zur Feststellung des Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung hätte leisten können. Bei dieser Ausgangslage steht eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC im Einklang, sondern liegt auch im Sinne des Gesetzes, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (zur ähnlich gelagerten Konstellation bei Anwendung von § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG s. zB VwGH 23.05.2013, 2010/09/0013, 12.12.2008, 2005/12/0183).

3.5 Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der Beurteilung wurde unter Bezugnahme auf einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass im Verfahren vor belangten Behörde notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, vielmehr orientiert sich die Entscheidung an den in Pkt. 3.3 zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG.

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Ermittlungspflicht, faktischer Abschiebeschutz,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Verfügbarkeit am
Arbeitsmarkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W229.2198188.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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