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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, LL.M., über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. März 2017, Zl. VGW-251/002/11110/2016/VOR-9, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO (mitbeteiligte Partei: UAG, vertreten durch H in ), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen eine Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO Folge und hob den bekämpften Bescheid ersatzlos auf.
5 Das Verwaltungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, dass sich zwar die gegenständliche Entscheidung an der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 iVm § 89a StVO orientiere, doch sei der Rechtsprechung keine ausdrückliche Aussage darüber zu entnehmen, ab welcher Restfahrbahnbreite auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr (§ 24 Abs. 3 lit. d StVO) von einer (zu befürchtenden) Hinderung anderer Fahrzeuglenker am Vorbeifahren (§ 89a Abs. 2a lit. c StVO) auszugehen sei. Wenngleich auch stark einzelfallbezogene Fragen zu beurteilen gewesen seien, so komme der angesprochenen Rechtsfrage doch eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
6 Der revisionswerbende Magistrat verweist auf die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes.
7 Die vom Verwaltungsgericht vermisste Angabe der erforderlichen Restfahrbahnbreite für Gegenverkehrsbereiche allein reicht in concreto nicht aus, um das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2a lit. c StVO abschließend beurteilen zu können. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannte, sind hiebei die Umstände des Einzelfalles zu beachten. So können die Zeit und der Ort der angenommenen Verkehrsbeeinträchtigung nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. z.B. VwGH 3.10.1990, 89/02/0195) und es sind vor allem die Verkehrsdichte sowie allfälliger Straßenbahnverkehr zu berücksichtigen (vgl. etwa VwGH 30.11.1978, 1593/77). Damit unterliegt die Frage, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2a lit. c StVO vorliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 22.3.2016, Ra 2016/02/0049).
8 Die rechtliche Prüfung des Verwaltungsgerichtes, ob das entgegen der Vorschrift des § 24 Abs. 3 lit. d StVO abgestellte Fahrzeug der mitbeteiligten Partei zu einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des § 89a Abs. 2a lit. c StVO führte, orientierte sich an der reichhaltigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und stellt im Ergebnis keine zu beanstandende Fehlbeurteilung dar: Zwar entlastet es den falsch Parkenden grundsätzlich nicht, wenn sich vor oder nach seinem Fahrzeug eine weitere Engstelle befindet (vgl. etwa VwGH 31.7.1998, 97/02/0489), doch stellte das Verwaltungsgericht ohnedies tragend auf die hier relevante Möglichkeit des Vorbeifahrens am Fahrzeug der mitbeteiligten Partei ab. Dass eine Fahrzeuglenkerin - wie vom revisionswerbenden Magistrat hervorgehoben wurde - zum Durchfahren der Kurve den Gegenverkehr abwarten musste, erforderte von ihr kein rechtswidriges Verhalten wie das Überfahren einer Sperrfläche (vgl. VwGH 20.12.1993, 93/02/0192) und kann lediglich als Behinderung angesehen werden (vgl. die in Pürstl, StVO13 § 89a E 90 zitierte hg. Rechtsprechung). Der Hinweis des revisionswerbenden Magistrats auf einen dort Tage zuvor stattgefundenen Verkehrsunfall wegen unzureichender Restfahrbahnbreite ist mangels näherer Angaben zur Vergleichbarkeit der Verkehrssituation für die Beurteilung einer Verkehrsbeeinträchtigung durch das Fahrzeug der mitbeteiligten Partei nicht ausreichend konkret. Der im Straferkenntnis gegen den Lenker des Fahrzeuges der mitbeteiligten Partei festgestellte erhöhte Platzbedarf im Kurvenauslass entfaltet keine Bindungswirkung (vgl. VwGH 19.12.1990, 89/03/0225), wurde aber im hier angefochtenen Erkenntnis ohnedies ausreichend berücksichtigt (S 8 und 9).
9 Im vorliegenden Fall werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RO2017020021.J00Im RIS seit
11.01.2019Zuletzt aktualisiert am
18.01.2019