TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/15 99/03/0225

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Veröffentlicht am 15.09.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
Geschwindigkeitsbeschränkung Autobahnen Nachtzeit 1989 §1 litc;
StVO 1960 §99 Abs3 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H G in O, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 27. April 1999, Zl. uvs-1998/14/97-3, betreffend Übertretung einer Straßenverkehrsvorschrift, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. Juli 1997 um

22.55 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw in Wörgl auf der Inntalautobahn, A 12, bei km 19.0 in Richtung Westen gelenkt und dabei die auf der A 12 in der Zeit vom 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um 54 km/h überschritten. Er habe dadurch § 1 lit. c der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989, BGBl. Nr. 527, verletzt. Hiefür wurde über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die vom Beschwerdeführer eingehaltene Geschwindigkeit durch Messung mittels eines geeichten Laser-Messgerätes der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E festgestellt worden sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Im § 1 lit. c der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. November 1989, BGBl. Nr. 527, wurde unter anderem für den Bereich der Inntalautobahn in der Zeit vom 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr die erlaubte Höchstgeschwindigkeit für die Lenker der nicht in lit. a und b angeführten übrigen Kraftfahrzeuge mit 110 km/h festgesetzt.

Unbestritten ist, dass zu diesen Kraftfahrzeugen das vom Beschwerdeführer gelenkte gehört.

Es trifft zwar zu, dass - wie der Beschwerdeführer vorbringt - im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z. 2 VStG) lediglich als "Verordnung des BMföWuV, BGBl. 527/89" bezeichnet war; die belangte Behörde hat jedoch im Spruch des angefochtenen Bescheides die der Rechtslage entsprechende Präzisierung der Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift vorgenommen. Dies war entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zlen. 98/03/0036, 0212).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde die Vernehmung seiner Gattin als Zeugin unterlassen habe. Der Beschwerdeführer hatte die Einvernahme dieser Zeugin im Verwaltungsstrafverfahren zum Beweis dafür beantragt, "dass dieser bei Kilometer 19 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h nicht überschritten hat, weiters dazu, dass in diesem Vorfallsbereich unmittelbar hinter und neben dem Beschuldigtenfahrzeug andere Fahrzeuge unterwegs waren. Ebenfalls zum Beweis dafür, dass es zum Vorfallszeitpunkt dunkel gewesen war". Was das erstangeführte Beweisthema anlangt, so lässt der Beweisantrag nicht erkennen, aufgrund welcher bestimmter Wahrnehmungen der Zeugin die Richtigkeit des Ergebnisses der Ermittlung der vom Beschwerdeführer eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit durch die Gendarmeriebeamten in Zweifel zu ziehen gewesen wäre. Wäre die Zeugin lediglich zu diesem Thema beantragt worden, hätte die belangte Behörde, ohne ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, von der Aufnahme dieses Beweises Abstand nehmen dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 97/03/0155). Soweit die Zeugin allerdings auch zum Beweis dafür beantragt worden war, dass im "Vorfallsbereich" unmittelbar hinter und neben dem Fahrzeug des Beschwerdeführers andere Fahrzeuge unterwegs gewesen seien und dass es zum "Vorfallszeitpunkt" dunkel gewesen sei, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vernehmung der Zeugin zu diesen Themen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Messungen bei Dunkelheit und auf Autobahnen mit sehr dichtem Verkehr ohne photographische Dokumentation werden in der Literatur (vgl. Löhle/Beck, Fehlerquellen bei Geschwindigkeitsmessungen, DAR 12/94, 472) als "äußerst kritisch" eingeschätzt. Im Gegensatz zu dem dem hg. Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 98/03/0144, zugrundeliegenden Beschwerdefall kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, es hätten sich keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, dass dem Meldungsleger bei der Handhabung des Gerätes Bedienungsfehler unterlaufen wären. Der Gendarmeriebeamte, der die Messung vorgenommen hatte, sagte nämlich als Zeuge vernommen aus, dass er das Fahrzeug zwar im Kennzeichenbereich anvisiert habe, er könne aber nicht ausschließen, die Windschutzscheibe getroffen zu haben. Dem könnte im Hinblick auf Punkt F.2.2.9 der Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 17. Dezember 1992, Zl. 43 427/92, (Amtsblatt für das Vermessungswesen Nr. 1/1993) Bedeutung zukommen. Dieser auch für die Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 14. März 1994, Zl. 43 427/92/1, (Amtsblatt für das Eich- und Vermessungswesen Nr. 3/1994) geltende Punkt lautet:

"Ein Messergebnis darf grundsätzlich nur dann zur Auswertung herangezogen werden, wenn einwandfrei zu erkennen ist, von welchem Fahrzeug dieses Messergebnis verursacht wurde.

Dies ist mit Sicherheit dann gegeben, wenn das zu messende Fahrzeug mit dem roten Visierpunkt im Zielfernrohr einwandfrei anvisiert worden ist. Beim Anvisieren eines Fahrzeuges ist auf dessen Front- bzw. Heckpartie, keinesfalls aber auf Fensterflächen zu zielen."

Bei diesen Gegebenheiten hätte sich die belangte Behörde auch nicht über die vom Beschwerdeführer beantragte Aufnahme eines Sachverständigenbeweises über die Verlässlichkeit des erzielten Messergebnisses hinwegsetzen dürfen. Dass allerdings - wie der Beschwerdeführer meint - darüber hinaus auch die Durchführung eines Lokalaugenscheines zur Prüfung dieser Frage erforderlich gewesen wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Dazu kommt, dass in dem in den Verwaltungsstrafakten erliegenden Messprotokoll entgegen dem Punkt F.2.2.7 letzter Satz der Zulassung Nr. 43 427/92 die Durchführung der in der genannten Bestimmung vorgeschriebenen Kontrollen nicht belegt ist. Mit diesem schon in dem Verfahren vor der erstinstanzlichen Behörde erstatteten Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 6. April 1998 aufgezeigten Umstand hat sich die belangte Behörde ebenfalls nicht auseinander gesetzt.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigte sich. Im Grundsätzlichen wird dazu jedoch auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/03/0360, hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. September 1999

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999030225.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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