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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §983;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der Z GesmbH in W, vertreten durch Dr. Christoph Leon, Rechtsanwalt in Wien I, Reichsratsstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat III) vom 14. Dezember 1993, Zl. 6/2-2342/92-10, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1983 und 1984 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 1984 und 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei der beschwerdeführenden GmbH, die sich mit Heizungs- und Lüftungsbau befasst, fand für den Zeitraum 1982 bis 1984 eine abgabenbehördliche Prüfung statt, mit der auch eine Umsatzsteuernachschau bis zum 31. März 1986 verbunden war. Der Prüfer traf u.a. folgende Feststellungen:
Der frühere Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin, Dipl.-Ing. Sch., habe seine Geschäftsanteile im Jahr 1982 an Herbert C. abgetreten. Zu diesem Zeitpunkt habe eine Darlehensforderung des Dipl.-Ing. Sch. an die Beschwerdeführerin im Ausmaß von S 1,967.958,50 bestanden. Das Darlehen hätte gemäß einer Vereinbarung vom 29. Juli 1982, abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin und Dipl.-Ing. Sch., insoweit zurückgezahlt werden sollen, als es "aus der eingehenden Beteiligungssumme gemäß Punkt II./2. dieses Vertrages abgedeckt werden kann". In der zitierten Vertragsbestimmung sei vereinbart worden, dass Dipl.-Ing. Sch. an den Einnahmen ("Netto-Fakturensumme") aus einem damals erwarteten Auftrag seitens einer ARGE mit jeweils 3 % beteiligt werden sollte. Entgegen dieser Vereinbarung habe die Beschwerdeführerin die Darlehensverbindlichkeit per 31. Dezember 1982 als a.o. Ertrag ausgebucht und anschließend alle als Provision bezeichneten Zahlungen an Dipl.-Ing. Sch. als Betriebsausgaben geltend gemacht. Da jedoch Dipl.-Ing. Sch. nach eigenem Vorbringen auf seine Darlehensforderung nicht verzichtet habe, sei die entsprechende Verbindlichkeit bei der Beschwerdeführerin durch die Betriebsprüfung wiederum in die Bilanz zum 31. Dezember 1982 eingestellt worden. Die Zahlungen an Dipl.-Ing. Sch. seien sodann (erfolgsneutral) als Darlehensrückzahlungen verbucht worden.
Das Finanzamt folgte dem Prüfungsfeststellungen und erließ
entsprechende Abgabenbescheide.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Dipl.-Ing. Sch. habe im Rahmen des Abtretungsvertrages auf seine Darlehensforderung verzichtet. Bei den Zahlungen an ihn könne es sich daher nicht um (erfolgsneutrale) Darlehensrückzahlungen handeln; vielmehr lägen als Betriebsausgaben abzugsfähige Provisionszahlungen vor. Gegen eine rechtliche Beurteilung der Zahlungen als Darlehensrückzahlungen spreche auch, dass das Darlehen des Dipl.-Ing. Sch. "den Charakter verdeckten Eigenkapitals" trage. Eine Kapitalherabsetzung habe nicht stattgefunden; eine Rückzahlung von Eigenkapital sei (daher) unzulässig.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung bezüglich des Streitpunktes "Abzugsfähigkeit von Provisionszahlungen an Dipl.-Ing. Sch." ab. (Andere Streitpunkte sind nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der durch Anbot und Annahme zustande gekommene Abtretungsvertrag betreffend die Gesellschaftsanteile an der Beschwerdeführerin sieht einen Abtretungspreis von S 1,-- und zusätzlich die Übernahme bestimmter in einer Beilage aufgelisteter Verbindlichkeiten vor. Darüber hinausgehende bekannte oder unbekannte Forderungen Dritter sollten zu Lasten des Übergebers gehen. Dieser verpflichtet sich, den Übernehmer (und auch die Beschwerdeführerin) diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.
Eine Vereinbarung gleichen Datums zwischen der Beschwerdeführerin und Dipl.-Ing. Sch. enthält im Wesentlichen folgende zusätzliche Regelungen:
"...
II.
1. Der ..... (Beschwerdeführerin) wurde seitens der ARGE .....
ein Auftrag für Subarbeiten ..... zugesagt.
2. Nach Annahme des ... Abtretungsanbotes wird die ...
(Beschwerdeführerin) im Fall des Zustandekommens dieses ...
Auftrages an Herrn Dipl.-Ing. Sch. jeweils 3 % von der jeweiligen
Netto-Fakturensumme, die an die ... für die oben genannten Arbeiten
gelegt wird, bezahlen. Abzüge auf Grund von Mängelrügen bleiben bei
der Bemessung dieses Beteiligungsverhältnisses außer Ansatz. Im
Fall der genannte .... Auftrag ganz oder teilweise an andere
Auftragnehmer .... zurückübertragen wird, wird Herr Dipl.-Ing. Sch.
an den hiefür bezahlten Ablösebeträgen zur Hälfte beteiligt.
...
3. Mit Zahlung dieser Beträge sind sämtliche Forderungen des
Herrn Dipl.-Ing. Sch. gegen die ... (Beschwerdeführerin) und/oder
Herrn Herbert C. als Übernehmer der Geschäftsanteile, endgültig abgegolten.
4. Die Rückzahlung des in der Bilanz zum 31. März 1982 ausgewiesenen Gesellschafterdarlehens des Dipl.-Ing. Sch. an die
... (Beschwerdeführerin) in der Höhe von S 1,967.958,50 .... erfolgt insoweit, als dieses Darlehen aus der eingehenden Beteiligungssumme gemäß Punkt II./2 dieses Vertrages abgedeckt werden kann.
Herr Dipl.-Ing. Sch. verzichtet weiters auf sämtliche allfällige ihm gegenüber der ... (Beschwerdeführerin) zustehende Forderungen, aus welchem Rechtstitel auch immer.
..."
Ebenfalls mit Datum 29. Juli 1982 und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die eben wiedergegebene Vereinbarung übernahm der Erwerber der Gesellschaftsanteile die Haftung für die an Dipl.-Ing. Sch. zu leistenden Zahlungen.
In der Beschwerde wird zu Recht nicht mehr die Behauptung aufgestellt, Dipl.-Ing. Sch. habe auf seine Darlehensforderung der Beschwerdeführerin gegenüber verzichtet. Es wird aber vorgebracht, Dipl.-Ing. Sch. habe in der Vergangenheit sein Verrechnungskonto bei der Beschwerdeführerin "widerrechtlich mit Forderungsansprüchen
... aufgebaut". Das in der Vereinbarung vom 29. Juli 1982 mit S 1,967.958,50 ausgewiesene Darlehen sei in Wahrheit höchstens mit S 390.000,-- anzusetzen.
Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verstößt (§ 41 VwGG), mutet die Rüge, der Betriebsprüfer hätte das Zustandekommen des Darlehens auf seine Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen gehabt, seltsam an. Hat doch die Beschwerdeführerin selbst die Höhe des Darlehens und ihre diesbezügliche Rückzahlungsverpflichtung in der Vereinbarung vom 29. Juli 1982 ausdrücklich festgehalten. Dass diese Vereinbarung zwischen Dipl.-Ing. Sch. und der Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Alleingesellschafter und Geschäftsführer Dipl.-Ing. Sch. zustande gekommen ist, macht sie nicht unwirksam. Auch so genannte "Insichgeschäfte" sind abgabenrechtlich anzuerkennen, wenn keine Veranlassung besteht, an ihrer Ernsthaftigkeit und ihrem reellen Zustandekommen zu zweifeln. Ein Grund für solche Zweifel war auch deswegen nicht gegeben, weil der Erwerber der Gesellschaftsanteile unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Vereinbarung die Haftung dafür übernahm, dass die Beschwerdeführerin ihren Verpflichtungen dem Dipl.-Ing. Sch. gegenüber nachkommen werde. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass Dipl.-Ing. Sch. eine Darlehensforderung in der bereits mehrfach genannten Höhe der Beschwerdeführerin gegenüber hatte und dass eine Rückzahlung dieses Darlehens vereinbart war.
Wenn auch die Wortwahl des Betriebsprüfers, die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übernommen wurde, wonach "die bezahlten Beträge ... mit dieser Verbindlichkeit aufgerechnet werden", irreführend ist, weil eine Aufrechnung wechselseitige Rechte bzw. Pflichten voraussetzt und begrifflich nicht zum Tragen kommen kann, wenn eine Person einer anderen Person gegenüber zwei verschiedene Forderungen hat, ohne dass eine Gegenforderung besteht (im Beschwerdefall: eine Darlehensforderung und eine Provisionsforderung). Die Vereinbarung lässt aber klar den Willen der Vertragspartner erkennen, dass die Beträge, die als Provisionszahlungen in Betracht kämen, so lange für die Darlehenstilgung verwendet werden sollten, bis dieses zur Gänze zurückbezahlt war (siehe Punkt II./4. der Vereinbarung, wonach die Darlehensrückzahlung insoweit erfolgen soll, als die hiefür erforderlichen Beträge aus der bedungenen "Beteiligungssumme" (= Provision) "abgedeckt" werden können). Erst nach vollständiger Rückzahlung des Darlehens sollten allfällige weitere Provisionen als solche dem Dipl.-Ing. Sch. ausbezahlt werden. So gesehen wird die Rückzahlung des Darlehens davon abhängig gemacht, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich die erwarteten Aufträge erhält und aus den hieraus erzielten Nettoerlösen in die Lage versetzt wird, die vereinbarten Zahlungen an Dipl.-Ing. Sch. zu leisten.
Diese Modalitäten ändern aber nichts am rechtlichen Charakter der Zahlungen als Darlehenstilgungen.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, bei dem Gesellschafterdarlehen habe es sich in Wahrheit um Eigenkapital gehandelt, dessen Rückzahlung (ohne Kapitalherabsetzung) unzulässig sei. Sie übersieht, dass nach dem so genannten Trennungsprinzip grundsätzlich alle Arten von Verträgen zwischen einer GmbH und ihren Gesellschaftern zulässig und auch steuerlich anzuerkennen sind, wenn sie wie unter einander fremden Personen gestaltet sind. Dies gilt auch für Verträge einer GmbH mit ihrem Alleingesellschafter. Besondere Gründe, die im Beschwerdefall dagegen gesprochen hätten, den Darlehensvertrag anzuerkennen, sind nicht hervorgekommen.
Ein weiteres Argument der Beschwerdeführerin besteht im Hinweis auf die in der Vereinbarung vom 29. Juli 1982 für die Provisionsbemessung als maßgebend bestimmte "Netto-Fakturensumme". Dies mache deutlich, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen zwei Unternehmern gehandelt habe, "die sehr wohl wussten, dass für Provisionszahlungen dieser Art Umsatzsteuer anfällt".
Nun kann aber aus der vereinbarten Bemessungsgrundlage für eine bestimmte Zahlung nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass der ausdrücklich bezeichnete Zahlungszweck in Wahrheit ein anderer ist. Wie bereits gesagt, ist in der vereinbarten Rückzahlung des Darlehens nach Maßgabe vorhandener Betriebseinnahmen aus bestimmten Geschäften eine bloße Rückzahlungsmodalität zu erblicken, die am rechtlichen Charakter der Zahlungen als Darlehenstilgungen nichts ändert.
Ebenso wenig entscheidend ist der Umstand, dass die Beschwerdeführerin - von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung ihrer Zahlungen ausgehend - die von ihr als "Provisionsgutschriften" bezeichneten Beträge mit Umsatzsteuer ausgewiesen hat. Auch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei der Beschwerdeführerin ist daraus nicht abzuleiten, weil Voraussetzung für den Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 ist, dass von einem Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt wird, was bei der bloßen Rückzahlung von Darlehen nicht der Fall ist.
Schließlich kann es auf sich beruhen, ob die belangte Behörde in einer Eventualbegründung zu Recht davon ausgehen durfte, dass die Zahlungen in Wahrheit ein zusätzliches Entgelt für die Übertragung der Gesellschaftsanteile darstellten, das von Herbert C. an Dipl.-Ing. Sch. zu entrichten gewesen wäre, das aber von der Beschwerdeführerin für diesen entrichtet worden sei. Die Beschwerdeführerin habe daher für ihren Alleingesellschafter Herbert C. eine diesem obliegende Zahlungsverpflichtung erfüllt.
Aus der zutreffendenfalls sich ergebenden Rechtsfolge des Vorliegens einer verdeckten Gewinnausschüttung hat die belangte Behörde nämlich keine weiteren Konsequenzen gezogen, als die Abzugsfähigkeit der Zahlungen als Betriebsausgaben zu verneinen. Zu dem selben Ergebnis führt aber auch die rechtliche Beurteilung als Darlehensrückzahlung, gegen die der Gerichtshof, wie bereits dargetan, keine Bedenken hat.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. September 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1994130053.X00Im RIS seit
20.11.2000