Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr.
Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G*****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die verpflichtete Partei M*****, vertreten durch Dr. Christian Willmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.109.809,74 EUR sA, über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Juni 2018, GZ 47 R 81/18m-44, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 20. Februar 2018, GZ 69 E 974/16a-38, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht sprach von Amts wegen die Einstellung der Rechteexekution nach § 39 Abs 1 Z 8 EO aus.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betreibenden Folge und hob den angefochtenen Beschluss zur Verfahrensergänzung und allfälligen neuerlichen Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Verpflichteten gegen diesen Aufhebungsbeschluss ist – ungeachtet des nicht bindenden gegenteiligen Ausspruchs des Rekursgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO iVm § 78 EO) – nicht zulässig, weil damit keine erheblichen Rechtsfragen angesprochen werden. Das ist wie folgt kurz zu begründen (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO iVm § 78 EO):
1. § 39 Abs 1 Z 8 EO nennt als Einstellungsgrund, „wenn sich nicht erwarten lässt, dass die Fortsetzung oder Durchführung der Exekution einen die Kosten dieser Exekution übersteigenden Ertrag ergeben wird“, wenn sich also nicht erwarten lässt, dass der Erlös den Betrag der Exekutionskosten übersteigen werde, gleichgültig, wem der Erlös zukommt (RIS-Justiz RS0001516).
1.1. Die Frage, ob zu erwarten oder nicht zu erwarten ist, dass die Durchführung der Exekution einen deren Kosten übersteigenden Ertrag ergeben wird, kann vorher niemals mit apodiktischer Sicherheit beantwortet werden, es ist daher in jedem Fall nur eine gewissenhafte Prognose möglich, für die es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls ankommt (3 Ob 12/78; RIS-Justiz RS0001553). Die Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 8 EO kommt erst in Betracht, wenn trotz Ausschöpfung aller sonstigen Möglichkeiten, davon auszugehen ist, dass das Exekutionsobjekt schlechthin unverkäuflich ist (3 Ob 18/91 = RIS-Justiz RS0001508 [zur analogen Anwendung bei Versteigerung einer gemeinsamen Liegenschaft]). Ein Erlös kann auch dann zu erwarten sein, wenn zwar der Schätzwert Null beträgt, dennoch aber jemand bereit ist, den gepfändeten Geschäftsanteil zu erwerben, sodass nicht von dessen Unverkäuflichkeit ausgegangen werden kann. Der erkennende Senat hat (ebenfalls in einer Rechteexekution betreffend GmbH-Geschäftsanteile) die Beachtlichkeit konkreter Angebote Dritter bei der Prüfung, ob nach § 39 Abs 2 Z 8 EO einzustellen ist, bereits grundsätzlich anerkannt (3 Ob 194/82).
1.2. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt daher weder darin, dass das Rekursgericht in diesem Sinn die Behauptung des Betreibenden, es existiere ein Interessent, der bereit wäre, die Geschäftsanteile des Verpflichteten an der GmbH um 10.000 EUR oder mehr zu erwerben, als relevant ansah, noch darin, dass es die von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängige Frage, ob das bisher erstattete Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist (RIS-Justiz RS0042828 [T9]), bejahte.
2. Die Rechtsfrage, ob der Betreibende im Rekurs auch den vom Erstgericht zugrunde gelegten Schätzwert von Null zulässig bekämpfen konnte, erweist sich somit als nicht präjudiziell (RIS-Justiz RS0088931 [T2]). Denn die vom Rekursgericht zwecks Verfahrensergänzung als erforderlich angesehene Aufhebung basiert schon im Hinblick auf die behauptete Existenz kaufbereiten Interessenten auf einer vertretbaren Rechtsansicht, selbst wenn von einem Schätzwert der gepfändeten Geschäftsanteile von Null auszugehen wäre.
3. Die vom Rekursgericht zusätzlich aufgetragene Ergänzung/Verbesserung des Schätzgutachtens kann keinesfalls einen Verfahrensmangel begründen, weil ein solcher immer nur in einem „zu wenig“, niemals aber in einem „zu viel“ an Verfahrensergebnissen liegen kann (RIS-Justiz RS0125622 [T1]; RS0037095 [T18]; RS0043049 [T9]).
Der Antrag auf Zuspruch von Kosten der Rekursbeantwortung ist abzuweisen, weil das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – einseitig ist. Nach Ansicht des erkennenden Fachsenats des Obersten Gerichtshofs bestand keine Veranlassung, dem Betreibenden (nochmals) die Möglichkeit einer Stellungnahme in Form einer Rekursbeantwortung einzuräumen; hatte er doch seinen Rechtsstandpunkt bereits in seiner Äußerung und in seinem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbeschluss dargelegt (RIS-Justiz RS0118686 [T1, T17]).
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine dennoch erstattete Rechtsmittelbeantwortung mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0118686 [T1]); sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und ist daher nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0118686 [T12]).
Textnummer
E123677European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00146.18V.1121.000Im RIS seit
09.01.2019Zuletzt aktualisiert am
23.04.2019