Entscheidungsdatum
26.07.2018Norm
AlVG §25 Abs4Spruch
L503 2015051-1/20E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Herrn KOLLER und Mag. SIGHARTNER über die Beschwerde von XXXXgegen den Bescheid des AMS Linz vom 24.04.2014 zur XXXX, betreffend Abweisung eines Antrags auf Gewährung einer Zahlungserleichterung (Ratenzahlung), beschlossen:
A.) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das AMS Linz zurückverwiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Im Rahmen einer mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") am 13.3.2014 beim AMS aufgenommenen Niederschrift stellte die BF ein Ratenansuchen gem. § 25 Abs 4 AlVG (offener Rückforderungsbetrag des AMS in Höhe von € 7.562,69 aufgrund eines vorangegangenen Widerrufs der Notstandshilfe).
2. Zum weiteren Verfahrensgang sei insbesondere auf das Erkenntnis des BVwG vom 23.2.2015, Zl. L503 2015051-1/4E verwiesen: Zunächst teilte das AMS der BF mit Schreiben vom 17.3.2014 mit, dass ihr Ansuchen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht bewilligt werden könne. Die BF wertete dieses Schreiben als Bescheid und erhob dagegen Beschwerde. Am 24.4.2014 erließ das AMS sodann einen (den nunmehr verfahrensgegenständlichen) Bescheid, mit dem der Antrag der BF auf Gewährung einer Zahlungserleichterung abgewiesen wurde, wogegen die BF Beschwerde erhob. Das BVwG teilte die Ansicht der BF, wonach es sich bereits beim Schreiben vom 17.3.2014 um einen Bescheid handle, und hob einen vom AMS erlassenen Bescheid, mit dem die Beschwerde der BF gegen den "Bescheid" vom 17.3.2014 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen wurde, auf (Erkenntnis des BVwG vom 23.2.2015, Zl. L503 2007603-1/4E); weiters behob das BVwG den "Bescheid" des AMS vom 17.3.2014 und verwies die Sache gem. § 28 Abs 3 VwGVG an das AMS zurück (Beschluss des BVwG vom 23.2.2015, Zl. L503 2007603-1/5E); schließlich gab das BVwG der Beschwerde der BF gegen den Bescheid des AMS vom 24.4.2014 statt und hob den Bescheid auf, zumal bereits entschiedene Sache vorliege (Erkenntnis des BVwG vom 23.2.2015, Zl. L503 2015051-1/4E).
Der im Rahmen einer außerordentlichen Amtsrevision angerufene VwGH kam zum Ergebnis, dass es sich beim Schreiben des AMS vom 17.4.2014 entgegen der Auffassung des BVwG um keinen Bescheid gehandelt habe; folglich änderte er das Erkenntnis des BVwG zur Zl. L503 2007603-1/5E dahingehend ab, dass die Beschwerde unter Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung vom 23.4.2014 zurückgewiesen wird, weiters behob er den Beschluss des BVwG zur Zl. L503 2007603-1/5E wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts und schließlich hob der VwGH das Erkenntnis des BVwG zur Zl. L503 2015051-1/4E wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf (Erkenntnisse des VwGH vom 11.4.2018, Zl. Ra 2015/08/0033-8, 0047-8 und 0048-7).
3. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist somit nur mehr der Bescheid des AMS vom 24.4.2014, mit dem das AMS den Antrag der BF auf Gewährung einer Zahlungserleichterung (Ratenzahlung) vom 13.3.2014 gem. § 25 Abs. 4 AlVG "mangels Vorliegen der Voraussetzungen" abgewiesen hat; begründend wurde darin nach Wiedergabe von § 25 Abs 4 AlVG lediglich wörtlich ausgeführt:
"Ratenzahlungen können nur gewährt werden, wenn sie die Einbringlichkeit der Forderung nicht gefährden. Aufgrund Ihrer derzeitigen wirtschaftlichen Situation würde eine Ratengewährung die Einbringlichkeit gefährden."
Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz vom 6.5.2014 fristgerecht Beschwerde, in der sie insbesondere vorbrachte, dass eine entsprechende Begründung des AMS, warum ihre wirtschaftlichen Verhältnisse einer Ratenzahlung entgegenstehen sollten, fehle, dies umso mehr vor dem Hintergrund, dass in der Niederschrift vom 13.3.2014 festgehalten werde, dass der BF monatlich € 495,97 zum Leben bleiben würden. Aus dem Berechnungsblatt ergebe sich eindeutig, dass die BF aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sei, den gesamten Rückforderungsbetrag auf einmal zurückzuzahlen. Darüber hinaus begründe das AMS auch nicht, warum die Einbringlichkeit der Forderung durch die Gewährung einer Ratenzahlung gefährdet werden würde. Sie könne aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation keinesfalls den gesamten aushaftenden Betrag auf einmal begleichen; gerade eine Ratenzahlung würde dem AMS die Rückzahlung des Betrages sichern.
Am 4.12.2014 legte das AMS den Akt dem BVwG vor. Darin führte das AMS insbesondere aus, aufgrund der bisherigen Ereignisse (offene Forderung aus dem Jahr 2011, letztes Dienstverhältnis 2003, Stundung, "BU-Pension" vom 1.1.2007 bis 31.1.2014, weiteres Pensionsantragsverfahren "negativ 2/2014") habe das Ratenansuchen aus Sicht des AMS nicht bewilligt werden können, da mit einer weiteren Abdeckung des bereits seit 2011 entstandenen Übergenusses nicht zu rechnen gewesen sei, das heiße, dass das AMS die Einbringlichkeit dieser offenen Forderung durch eine solche Zahlungserleichterung als gefährdet angesehen habe. Bei einem solchen Sachverhalt sei die Abstattung der offenen Forderung durch Hälfteeinbehalt des Leistungsbezuges (schuldmindernd und zinsenfrei) abgedeckt. Mit Bescheid vom 19.5.2014 habe das AMS den Leistungsbezug der BF mangels Verfügbarkeit (Arbeitsunfähigkeit mit offenem Ende) eingestellt; seither sei die BF Sozialhilfeempfängerin. Am 5.11.2014 und am 2.12.2014 habe die BF jeweils € 30 zur Einzahlung gebracht. Der Übergenuss habe sich daher auf aktuell € 6.887,34 reduziert.
4. Mit Schreiben vom 9.5.2018 - nach Abschluss der oben dargestellten Verfahren beim VwGH - ersuchte das BVwG das AMS um Stellungnahme dahingehend, ob nach Auffassung des AMS auch aktuell noch eine Ratenzahlung nicht zu bewilligen ist. Bejahendenfalls wurde das AMS ersucht, dem BVwG diese (aktuellen) Umstände konkret im Einzelnen darzulegen.
5. Mit Schreiben vom 11.5.2018 teilte das AMS dem BVwG mit, dass an die BF eine Aufforderung zum Nachweis ihrer aktuellen Einkommenssituation ergangen sei, und zwar mit Frist zur Stellungnahme bis zum 22.5.2018. Das an die BF gerichtete Schreiben wurde beigelegt.
6. Mit Schreiben vom 18.5.2018 teilte das AMS dem BVwG mit, dass nach den getätigten Ermittlungen nach Auffassung des AMS der nunmehrigen Bewilligung von Raten dem Grunde nach nichts entgegenstehe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mit dem bekämpften Bescheid vom 24.4.2014 hat das AMS den Antrag der BF auf Gewährung einer Zahlungserleichterung (Ratenzahlung) vom 13.3.2014 gem. § 25 Abs 4 AlVG abgewiesen, da aufgrund der (damaligen) wirtschaftlichen Situation nach Ansicht des AMS eine Ratengewährung die Einbringlichkeit gefährdet hätte.
1.2. Mit Schreiben vom 18.5.2018 teilte das AMS dem BVwG mit, dass nach Auffassung des AMS der nunmehrigen Bewilligung von Raten "dem Grunde nach nichts entgegensteht".
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aufhebung des Bescheids vom 24.4.2014 und Zurückverweisung der Angelegenheit gem. § 28 Abs 3 VwGVG
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gem. § 56 Abs 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter steht gem. § 56 Abs 4 AlVG für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu; die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen.
Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. § 28 VwGVG lautet auszugsweise:
[...]
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[...]
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Mit dem bekämpften Bescheid vom 24.4.2014 hat das AMS den Antrag der BF auf Gewährung einer Zahlungserleichterung (Ratenzahlung) vom 13.3.2014 gem. § 25 Abs 4 AlVG abgewiesen, da aufgrund der (damaligen) wirtschaftlichen Situation nach Ansicht des AMS eine Ratengewährung die Einbringlichkeit gefährdet hätte.
Mit Schreiben vom 18.5.2018 teilte das AMS dem BVwG mit, dass nach Auffassung des AMS der nunmehrigen Bewilligung von Raten "dem Grunde nach nichts entgegensteht".
Damit drückt das AMS selbst aus, dass der seinerzeit im bekämpften Bescheid festgestellte Sachverhalt keinen Bestand mehr hat. Abgesehen davon verfügt das BVwG aber auch, ausgehend von der Annahme, dass einer Bewilligung von Raten "dem Grunde nach" nunmehr eben nichts entgegensteht, über keine konkreten Informationen, insbesondere etwa im Hinblick auf die monatliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der BF, um der BF eine angemessene, betragsmäßig genau umschriebene, Ratenzahlung zu bewilligen. Dass das BVwG im gegenständlichen Fall - als quasi erstinstanzliche Behörde - nach Durchführung entsprechender Ermittlungen eine konkrete Ratenzahlung bewilligt, wäre zudem gerade nicht im Interesse der Raschheit oder Kostenersparnis gelegen, zumal das AMS über sämtliche Informationen die BF betreffend verfügt. Aus all diesen Erwägungen ist hier das vom VwGH in seiner Rechtsprechung für eine Zurückverweisung aufgestellte Erfordernis eines "qualifiziert mangelhaften Sachverhalts" (vgl. insbesondere VwGH vom 26.6.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) als erfüllt anzusehen.
Folglich ist spruchgemäß mit einer Zurückverweisung vorzugehen; das AMS wird im Folgeverfahren eine konkrete Ratenzahlung zu bewilligen haben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsgericht kassatorisch zu entscheiden vermag, eine klare und aktuelle (siehe insbesondere die Erkenntnisse des VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005 und vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063) Rechtsprechung des VwGH besteht, auf die sich die vorliegende Entscheidung stützt.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2015051.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.01.2019