TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/25 G306 2196417-1

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Entscheidungsdatum

25.09.2018

Norm

AsylG 2005 §55
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3

Spruch

G306 2196417-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Mazedonien, vertreten durch RA. Mag. Stefan ERRATH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 18.04.2018, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.08.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 29.09.2017 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens".

Zuvor brachte der BF am 25.11.2016 bei der Magistratsabteilung XXXX (MA XXXX) in XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Studierender" ein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der MA XXXX am 09.01.2017 abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vor dem Landesverwaltungsgericht Wien zurückgezogen.

Am 13.07.2017 brachte der BF beim BFA einen Antrag gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ein. Dieser Antrag wurde vom BFA gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG am 14.07.2017 zurückgewiesen.

Zum gegenständlichen Antrag wurde der BF am 01.03.2018 vorn Organen des BFA niederschriftlich einvernommen.

Mit Schreiben vom 13.03.2018 des BFA wurde dem BF nachweislich zur Kenntnis gebracht, dass es beabsichtigt sei, den Antrag vom 29.09.2017 abzuweisen. Zur Abgabe einer Stellungnahme wurde dem BF eine Frist von zwei Wochen gewährt. Eine Stellungnahme langte nicht ein.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 19.04.2018, wurde der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005, abgewiesen (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Mazedonien gemäß § 46 FÜR zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie eine Frist von 4 Wochen für die freiwillige Ausreise - ab Rechtskraft - eingeräumt (Spruchpunkt IV.).

Mit per Post am 17.05.2018 beim BFA eingebrachtem Schreiben, erhob der BF vermittels seines Rechtsvertreters (RV) gegen den zuvor genannten Bescheid Beschwerde an das BVwG.

Darin wurde, neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Behebung des bekämpften Bescheides; in eventu diesen mit Beschluss zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen, beantragt.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 07.11.2017 vom BFA vorgelegt.

Am 28.08.2018 fand beim BvWG - Außenstelle Graz - eine mündliche Verhandlung statt an der der BF persönliche teilnahm. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger der Republik Mazedonien und im Besitz eines gültigen biometrischen Reisepasses.

Der BF ist gegenwärtig ohne gütigem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhältig.

Der BF verfügte über folgende Aufenthaltstitel "Studierender":

09.02.2007 - 09.02.2008, 04.02.2008 - 04.02.2009, 28.01.2009 - 28.01.2010, 29.01.2010 - 29.01.2011, 20.01.2011 - 20.01.2012, 21.01.2012 - 21.01.2013, 22.01.2013 - 22.01.2014, 23.01.2014 - 23.01.2015, 24.01.2015 - 24.01.2016 sowie 25.01.2016 - 25.01.2017.

Der BF brachte zwar fristgerecht einen neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels für Studierende ein, jedoch wurde dieser Antrag, mangels Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen abgewiesen.

Der BF ist seit dem 07.03.2007 durchgehend im Bundesgebiet mittels Hauptwohnsitz gemeldet. Der BF ist ledig und kinderlos. Der BF geht aktuell keiner Erwerbstätigkeit nach.

Der BF weist zuvor folgende Beschäftigungen - teils mit sowie teils ohne Beschäftigungsbewilligung - im Bundesgebiet auf:

28.01.2009 - 10.02.2009 (ohne Beschäftigungsbewilligung)

16.06.2009 - 25.05.2010 (Beschäftigungsbewilligung)

05.07.2010 - 17.09.2010 (Beschäftigungsbewilligung)

20.06.2011 - 30.09.2011 (Beschäftigungsbewilligung)

25.06.2012 - 30.09.2012 (Beschäftigungsbewilligung)

17.06.2013 - 27.09.2013 (Beschäftigungsbewilligung)

01.07.2014 - 13.07.2014 (ohne Beschäftigungsbewilligung)

01.05.2015 - 21.04.2017 (Beschäftigungsbewilligung)

Der BF weist im Bundesgebiet familiäre Bindungen in Form seine Schwester sowie Cousinen und Cousins auf. Ein gemeinsamer Wohnsitz (Haushalt) bzw. ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis konnte nicht festgestellt werden.

Der BF hielt sich letztmalig für 14 Tage, ab dem XXXX2017, in Mazedonien auf.

Am 29.09.2017 stellte der BF den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen.

Der BF ist weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch einer Arbeitserlaubnis oder einer Beschäftigungsbewilligung und stellte gegenwärtig mehr keinen neuen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Studierender".

Der BF geht keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und lebt überwiegend von Zuwendungen seiner Schwester und Eltern.

Der BF ist der Deutschen Sprache mächtig.

Im Herkunftsstaat halten sich weiterhin Familienangehörige des BF auf.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF an einer Krankheit leidet und/oder arbeitsunfähig ist.

Der BF verfügt im Bundesgebiet über familiäre und private Bindungen jedoch konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer tiefgreifenden Integration in Österreich festgestellt werden.

Der BF wurde XXXX.2017 von der Landespolizeidirektion XXXX der Staatsanwaltschaft XXXX zur Anzeige gebracht (Fälschung eines Beweismittels gemäß § 293 StGB). Der BF legte der MA XXXX bei der Antragsstellung eine Bestätigung der Universität XXXX über die positiv absolvierten Prüfungen vor, wobei nachgewiesen werden konnte, dass 3 Prüfungen nicht rechtmäßig zustande gekommen sind. Die Staatsanwaltschaft XXXX trat von der Verfolgung gemäß § 203 Abs. 1 StPO unter Bestimmung einer Probezeit von 2 Jahren zurück. Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft XXXX vom XXXX.2018, wurde dem BF mitgeteilt, dass die Verfolgung endgültig zurückgelegt wurde.

Der BF hält sich seit dem XXXX.2017 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zur Schwester sowie den Cousins und Cousinen deren Aufenthalt im Bundesgebiet, zur Hauptwohnsitzmeldung, zu der letztmaligen Rückkreise nach Mazedonien, zum Nichtbesitz eines Aufenthaltstitels sowie Arbeitsbewilligung, zur Erwerbslosigkeit sowie das de BF gegenwärtig keinem Studium nachgeht getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie aus den eigenen Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung.

Zudem wurde die Feststellung zum Nichtbesitz eines zum längeren Aufenthalt und zu Erwerbstätigkeiten berechtigenden Rechtstitels, durch den Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters und die Erwerbslosigkeit im Bundesgebiet, durch einen Sozialversicherungsauszug gestützt.

Die gegenwärtig Nichtbeantragung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG beruht auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters und dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes seitens des BF in der mündlichen Verhandlung.

Die Deutschsprachkenntnisse des BF beruhen auf der durchgeführten mündlichen Verhandlung, und ergibt sich die gegenständliche Antragstellung aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Dass der BF überwiegend von Zuwendungen Dritter lebt, über eine Wohnsitzadresse sowie über Familienangehörige im Herkunftsstaat verfügt, beruhen auf dem Vorbringen des BF vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Verhandlung.

Die Arbeitsfähigkeit des BF beruht auf der Tatsache, dass nichts gegenteiliges vorgebracht wurde und aus den Angaben des BF, dass dieser, sobald er dürfe, wieder einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgehen möchte.

Die Nichtfeststellbarkeit einer Erkrankung des BF beruht auf dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes seitens des BF sowie dem Umstand seiner Arbeitsfähigkeit.

Die Nichtfeststellbarkeit von Anhaltspunkten welche für eine tiefgreifende Integration des BF im Bundesgebiet sprechen können, beruht auf dem Nichtvorbringen eines eine solche nahelegenden Sachverhaltes seitens des BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu den Spruchpunkten I., II. und III. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG idgF. lautet:

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem

7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."

Der mit "Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen" betitelte § 60 AsylG lautet:

"§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde."

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und jener Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist, gemäß Abs. 4 Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger.

Der BF ist aufgrund seiner Staatsangehörigkeit von Mazedonien Drittstaatsangehöriger gemäß

§ 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Staatsangehörige der Republik Mazedonien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, und Art 6 der Verordnung (EU) Nr. 2016/399 vom 09.03.2016, ABl. L 77/1 (Schengener Grenzkodex) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs. 1 lit. a bis e Schengener Grenzkodex vorliegen.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß § 58 Abs. Abs. 13 AsylG begründet ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG kein Aufenthalts- und Bleiberecht, steht ein solcher der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen und kann daher im Verfahren nach dem 7. Und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a.,

Zl. 26940/10).

Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet - unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände - ein großes Gewicht verleihen (vgl. VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (vgl. zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165).

Nach der Judikatur des VwGH ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer. (VwGH 17.10.2016 Ro, 2016/22/0005; 23.02.2017 Ra2016/21/0340).

Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 10. November 2015, Ro 2015/19/0001; B 3. September 2015, Ra 2015/21/0121; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (zB AuslBG, E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062; B 25. April 2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. B 20. Juli 2016, Ra 2016/22/0039; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. E 31. Jänner 2013, 2012/23/0006).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Auch der Verfassungsgerichtshof verweist darauf, dass ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken könne. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfSlg. 19.086/2010 mwH).

Der lange, mittlerweile zehnjährige, Aufenthalt des BF verstärkt das persönliche Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich maßgeblich. Jedoch ist die Länge der Aufenthaltsdauer gleichzeitig dadurch relativiert, dass der BF im Wissen, dass ihm für die Erlangung eines neuerlichen Aufenthaltstitels für Studierende, noch Prüfungen bzw. für den erforderlichen Studienerfolg, noch ECTS Punkte fehlen, sich drei Prüfungen an der Universität XXXX - zur welcher er keine Zulassung besitzt - in Anspruch genommen hat um die fehlenden ECTS Punkte für den Studienerfolgsnachweis erbringen zu können. Da der BF kein Student der Universität XXXX ist, und daher auch kein Sammelzeugnis erhalten konnte, wurde ihm eine "individuelle Bestätigung" in einem XXXX Cafe ausgehändigt, welcher der BF im Anschluss der MAXXXX vorlegte. Die Ermittlungen der MAXXXX haben diesen Sachverhalt ans Tageslicht gebracht und führte dies auch dazu, dass dem BF mit Bescheid vom 09.01.2017 kein neuerlicher Aufenthaltstitel nach den NAG gewährt bzw. der Antrag abgewiesen wurde. Bereits ab diesem Zeitpunkt wusste der BF, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet kein gewisser ist. Der BF ergriff zwar noch das Rechtsmittel der Beschwerde, jedoch wurde diese mit Eingabe vom 08.08.2017 wieder zurückgezogen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt muss der BF gewusst haben, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr rechtmäßig ist. Der BF hält sich nun bereits seit August 2017 unrechtmäßig in Österreich auf. Ein beharrliches illegales Verbleiben im Bundesgebiet ohne Aufenthaltstitel stellt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der BF im Zeitraum 28.01.2009 - 10.02.2009 sowie 01.07.2014 - 13.07.2014 einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen ist obwohl er nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung war. Darüber hinaus gab der BF in der mündlichen Verhandlung an, dass er 2 - 3 Monate nach dem Vorfall (gemeint illegal erlangten Prüfungen an der Universität XXXX) wieder die erforderlichen Nachweise für die Erlangung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG "Studierende" gehabt hätte. Sein Anwalt habe ihm jedoch geraten keinen Antrag zu stellen, denn nach 10-jährigem Aufenthalt im Bundesgebiet wäre es leichter einen diesbezüglichen Aufenthaltstitel zu bekommen. Der BF begründet dies in der mündlichen Verhandlung weiters damit, dass man für die Erlangung eines Aufenthaltstitels für Studierende immer einen enormen Druck ausgesetzt wird, weil man immer einen Studienerfolg erbringen muss. Dies erzeuge einen großen Aufwand. Es wäre für den BF daher leichter einen Titel aufgrund seines 10-jährigen Aufenthaltes zu bekommen, denn dann könne er arbeiten gehen und sein Studium nebenbei betreiben. Damit machte der BF deutlich, dass er - obwohl er die Nachweise für einen Titel nach dem NAG erbringen könnte - dies mit dem gegenständlichen Antrag umgehen möchte.

Der BF hat zwar verwandtschaftliche und damit entsprechend zu beurteilende Beziehungen in Form seiner Schwester sowie Cousin und Cousinen im Bundesgebiet, jedoch konnte zu diesen Personen kein Abhängigkeitsverhältnis sowie gemeinsamer Wohnistz (Haushalt) festgestellt werden - welches vom BF auch nicht behauptet wurde - sodass er kein Familienleben in Österreich führt und es unter diesem Aspekt nicht zu einer Verstärkung seines Interesses am Verbleib in Österreich kommt.

Die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens ist dadurch gemindert, dass der BF bereits im Jahr 2016 wissentlich Prüfungen an der Universität XXXX - obwohl nicht zugelassen - absolvierte und den so fälschlich erlangten Studienerfolg zur Erlangung eines Aufenthaltstitels der MA35 vorlegte, sowie der BF 2-mal Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet nachging, obwohl er nicht die erforderlichen Bewilligungen hatte. Der BF blieb überhaupt im gesamten Verfahren schuldig Angaben über sein Privatleben bzw. die Intensität seiner privaten und sozialen Verankerung im Bundesgebiet darzulegen. Auch in der mündlichen Verhandlung stützte der BF sein Recht auf den Aufenthalt im Bundesgebiet nur auf seinen 10-jährigen Aufenthalt ohne seine Verwurzelung in privater und familiäre Sicht darzustellen. Nur die Mitgliedschaft zum Verein XXXX - vermag keine tiefgreifende Verwurzelung im Bundesgebiet nachweisen. Mangels Erkrankung des BF oder Hervorkommens sonstiger beachtenswerter Umstände sind keine zusätzlichen für die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens sprechenden Aspekte hervorgekommen.

Der BF lebt seit März 2007 in Österreich. Der BF hat deutsche Sprachkenntnisse erworben. Er ging immer wieder einer geringfügigen Erwerbstätigkeit nach und ist zurzeit ohne Erwerbstätigkeit und damit Einkommen im Bundesgebiet aufhältig. Der BF geht gegenwärtig (ab WS 2017) mehr kein Studium im Bundesgebiet nach. Der BF verfügt über sozialen Bindungen in Österreich, er nimmt am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teil. Er hat damit im Laufe seines Aufenthalts sowohl sprachliche, als auch wirtschaftliche (berufliche) und soziale Integrationsschritte gesetzt. Es lebt im Bundesgebiet auch die Schwester sowie Cousins und Cousinen zu welchen jedoch kein Abhängigkeitsverhältnis besteht.

Zugleich hat der BF auch anhaltende und starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat Mazedonien: Der BF ist im Alter von 23 Jahren nach Österreich gelangt, zuvor befand und lebte er in Mazedonien. Er verbrachte damit einen prägenden und weit überwiegenden Teil seines Lebens in Mazedonien, wurde dort sozialisiert und spricht die Sprache auf muttersprachlichem Niveau, machte dort seine Schulausbildung. Der BF pflegt zu seiner Familie telefonischen Kontakt und besuchte seine Eltern regelmäßig im Heimatland - er hat sohin bestehende familiäre Bindungen in Mazedonien. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren und sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Darüber hinaus sind seine Eltern nach wie vor berufstätig und kann er auch durch diese - wenn auch nur vorübergehen - finanziellen und sachbezogen Beistand erfahren.

Unter Berücksichtigung der Feststellungen zur allgemeinen Lage in Mazedonien ist festzuhalten, dass die Situation, die der BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat vorfinden wird, sich hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von den Verhältnissen in Österreich zwar unterscheidet, in Hinblick auf die persönliche Situation des BF - der BF ist gesund, arbeitsfähig, verfügt über Berufserfahrung, zudem hat er durch seine Familie zu der er nach wie vor Kontakt pflegt, familiäre Anknüpfungspunkte - ist festzustellen, dass seine persönliche Situation im Herkunftsland nicht zu einer wesentlichen Verstärkung seiner Interessen am Verbleib in Österreich führt.

Der BF ist zwar straffällig und zur Anzeige gebracht worden, jedoch wurde das Verfahren durch eine Diversion beendet. Die Fremdenbehörde ist jedoch nicht an die Entscheidungen der Strafgerichte gebunden, sondern muss sich - aus fremdenrechtlicher Sicht - ein eigenes Bild vom BF machen. Wobei davon auszugehen ist, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Der BF begründete sein Privatleben ganz überwiegend in einem Zeitpunkt, als sein Aufenthalt immer vom erbringen eines Studienerfolges abhängig war und war dem BF auch bewusst, dass dies nicht immer möglich ist. Was auch dazu im Jahr 2016 führte, dass dem BF Prüfungen für einen neuerlichen Erfolgsnachweis fehlten und sich sodann für eine illegale Beschaffung dieser entschied. Mit Blick auf die vom BF gesetzten Integrationsschritte ist daher festzuhalten, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus bzw. später seines unrechtmäßigen Aufenthalts und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste.

In einer Gesamtabwägung kommt das erkennende Gericht damit zum Schluss, dass zwar dem mittlerweile zehnjährigen Inlandsaufenthalt des BF aufgrund der langen Dauer ein schweres Gewicht zukommt und seine Interessen am Verbleib damit maßgeblich verstärkt und er zudem in dieser Zeit unstrittig auf mehreren Ebenen Integrationsschritte setzte, die zu seinen Gunsten zu gewichten sind. Die lange Aufenthaltsdauer ist aber dadurch relativiert, dass der BF sich nun seit über einem Jahr unrechtmäßig in Österreich aufhält. Seinen Aufenthalt schon im Jahr 2016 durch Beischaffung illegal erworbenen Prüfungen zu ermöglichen. Den privaten Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber, wobei nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Es stehen dem persönlichen Interesse des BF auch wesentliche Umstände entgegen - wie bereits dargestellt wurde. Diese Umstände verstärken das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse bzw. relativieren die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland.

Die festgelegte Frist von 4 Wochen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten Bindungen des BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Überdies bestünde für den BF auch die Möglichkeit, allenfalls nach den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) einen Aufenthaltstitel zu beantragen. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass keine Umstände hervorgekommen sind, weshalb es dem BF nicht möglich sein sollte, zum Zweck eines beabsichtigten längerfristigen Aufenthalts in Österreich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zu stellen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein solcher Antrag grundsätzlich auch im Fall einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gestellt werden kann, nachdem der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist (§ 11 Abs. 1 Z 3 NAG). Der Umstand, dass eine solche Antragstellung nachweis-, gebühren- und allenfalls auch quotenpflichtig ist, vermag daran nichts zu ändern, da eine Antragstellung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes mit einer von Anfang an beabsichtigen Umgehung der Bestimmungen des NAG als missbräuchlich anzusehen wäre.

Im Lichter einer nach § 9 BFA-VG iVm. Art 8 Abs. 2 EMRK (vgl. VwGH 23.02.2017, RA 2016 21/0325) gebotenen Abwägung, hat sich somit insgesamt nicht ergeben, dass vorhandene familiäre oder nachhaltige private Bindungen des BF in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts durch Nichterteilen eines Aufenthaltstitels nach

§ 55 AsylG überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des

§ 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet in Form der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG, das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die Nichterteilung des beantragten Aufenthaltstitels eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt.

Im Ergebnis liegen sohin die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht vor, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

illegaler Aufenthalt, öffentliche Ordnung, öffentliches Interesse,
Prüfung, Rechtsmissbrauch, Rückkehrentscheidung, Studierender,
Studium, Täuschung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G306.2196417.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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