Entscheidungsdatum
01.10.2018Norm
AsylG 2005 §55 Abs1Spruch
G307 2149220-1/30E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Serbien, vertreten durch RA Mag. Susanne SINGER, in 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2017, Zahl XXXX nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17.07.2018 zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n , eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer gemäß §§ 58 Abs. 2 iVm. 55 Abs. 1 AsylG, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" bis zum 10.09.2019 erteilt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme (VEB) vom 16.11.2016 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) auf, zur in Aussicht genommenen Erlassung einer Rückkehrentscheidung, allenfalls auch eines Einreiseverbotes binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen und Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen sowie Integrationsschritten zu beantworten.
Mit Schreiben vom 02.12.2016, beim BFA eingelangt am selben Tag, nahm der BF hiezu durch die im Spruch angeführte Rechtsvertreterin (im Folgenden: RV) Stellung.
2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 14.02.2017, der RV des BF zugestellt am 15.02.2017, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen diesen gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt III.).
3. Mit Schriftsatz vom 01.03.2017, bei der belangten Behörde eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch seine RV Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen und durchzuführen, den Bescheid des Bundesamtes dahingehend abzuändern, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt werde, festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig und die Abschiebung nach Serbien nicht zulässig seien, in eventu die bekämpfte Entscheidung aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
4. Die Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsaktes wurden vom BFA am 02.03.2017 dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vorgelegt und langten dort am 06.03.2017 ein.
5. Mit Schreiben vom 24.03.2017, beim BVwG eingelangt am 12.04.2017, teilte der BF mit, dass er seit Anfang März 2017 an zwei bis drei Wochentagen als ehrenamtlicher Mitarbeiter im XXXX beschäftigt sei.
6. Am 06.09.2017 und 07.09.2017 übermittelte der BF dem BVwG ein jeweils von XXXX verfasstes Unterstützungsschreiben.
7. Mit Erkenntnis des BVwG, GZ.: G307 2149220-1/5E, vom 27.09.2017, wurde die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen.
8. Mit Beschluss des VwGH, Zl.: Ra 2017/21/0203, vom 16.01.2018 wurde der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
9. Mit Erkenntnis des VwGH, Zl.: Ra 2017/21/0203, vom 15.03.2018, wurde das unter I.7. zitierte Erkenntnis des BVwG wegen Unterlassens einer mündlichen Verhandlung im Revisionsverfahren behoben.
10. Am 17.07.2018 fand beim BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF persönlich teilnahm und XXXX, geb. XXXX, als Zeuge einvernommen wurde. Die belangte Behörde nahm von der Entsendung eines informierten Vertreters Abstand und blieb der Verhandlung entschuldigt fern.
11. Mit am 20.07.2018 beim BVwG eingelangtem Schreiben brachte der BF ergänzend Unterlagen in Vorlage.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist serbischer Staatsbürger.
Der BF hält sich abgesehen von kurzen Unterbrechungen zwischen 08.11.2017 und 04.02.2018, 02.03.2018 und 14.05.2018 sowie 23.05.2018 und 15.07.2018 seit April durchgehend im Bundesgebiet auf.
Der BF weist vom 26.02.2009 bis zum 08.02.2010 keine Wohnsitzmeldung in Österreich auf. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der BF während dieses Zeitraumes nicht im Bundesgebiet aufhältig war.
Am 18.04.2005 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes, Zahl XXXX, vom 28.04.2005, abgewiesen wurde. Dagegen erhob der BF Berufung und wurde das Rechtsmittelverfahren mit Aktenvermerk des Asylgerichtshofes vom 20.11.2009 eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der BF nicht im Bundesgebiet gemeldet und die Einstellung des Verfahrens durch Hinterlegung im Akt kundgemacht.
Der BF ist nicht im Besitz eines zum längeren Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigenden Rechtstitels.
Der BF erweist sich in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten.
Am 02.05.2016 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK, welcher mit Bescheid des BFA vom 16.06.2016 als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Am 04.08.2016 stellte der BF durch seine RV einen Fortsetzungsantrag gemäß § 24 AsylG, welcher mit Beschluss des BVwG, G309 1260192-0/11E, vom 19.10.2016, als unzulässig zurückgewiesen wurde. Darin wurde festgehalten, dass der in Rede stehende Aktenvermerk des AGH, mit welchem das besagte Asylverfahren eingestellt worden sei, dem Bundesasylamt per Post am 23.11.2009 nachweislich zugestellt und sohin der zuständigen Behörde zur Kenntnis gebracht worden sei. Insofern liege im Lichte der Judikatur des VwGH eine rechtmäßige Einstellung des Verfahrens vor, deren Wirksamkeit nicht vom Zugang einer diesbezüglichen Mitteilung an die betroffene Partei (hier dem BF) abhänge (vgl. VwGH 12.05.1999, 98/01/0563).
Der BF unterhält in Österreich soziale Kontakte zu zahlreichen Freunden, Cousins, Onkel und Tante. Einer davon ist XXXX, welcher das Ansinnen des BF, dauerhaft im Bundesgebiet verbleiben zu können, begrüßt und unterstützt.
Aktuell lebt der BF mit seiner Tante im gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet.
Der BF ging bis dato keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und lebte bisher überwiegend von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, vermochte jedoch Bemühungen hinsichtlich des Erhalts eines Arbeitsplatzes in Österreich nachzuweisen.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig und arbeitet seit März 2017 ehrenamtlich im XXXX.
Der BF ist im Besitz eines "Sprachzertifikat Deutsch des Österreichischen Integrationsfonds der Niveaustufe A2 des Europarates", ausgestellt am 03.12.2011 und der deutschen Sprache auf besagtem Niveau mächtig.
Im Herkunftsstaat halten sich Angehörige des BF, insbesondere dessen Frau und beiden minderjährigen Kinder auf und verfügt der BF über eine Liegenschaft in Serbien, welche von diesen bewohnt wird. Der BF hält zu seinen Angehörigen im Herkunftsstaat telefonisch und elektronisch regelmäßigen Kontakt.
Der Lebensmittelpunkt des BF liegt in Österreich.
2. Beweiswürdigung
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten sowie einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität und Staatsbürgerschaft getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde.
Zum Beweis seiner Identität brachte der BF einen auf seinen Namen ausgestellten serbischen Reisepass in Vorlage, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.
Der Nichtbesitz eines Aufenthaltstitels beruht auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters.
Die seinerzeitige Einreise des BF ins Bundesgebiet ergibt sich ebenfalls aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die in der gegenständlichen Beschwerde vom BF bestätigt wurden und zudem im Datenbestand des Zentralen Melderegisters wie im Inhalt des Asylantrags des BF eine Bestätigung erfahren.
Die Aufenthaltsunterbrechungen innerhalb der oben zitierten Zeiträume beruhen auf einer dokumentierten freiwilligen Rückkehr des BF nach Serbien am 08.11.2017 sowie dem Datenbestand des Zentralen Melde- und Fremdenregisters.
Die Meldungslücke des BF zwischen 26.02.2005 und 08.02.2010 folgt dem Datenbestand des Zentralen Melderegisters und erschließt sich die Nichtfeststellbarkeit eines Aufenthaltes außerhalb Österreichs aus dem Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung, welches durch die Angaben des XXXX bestätigt wurde. So gab der BF an, im besagten Zeitraum im Bundesgebiet aufhältig gewesen zu sein und es zu einer versehentlichen Abmeldung durch seinen ehemaligen Unterkunftgeber, welcher mehrere Fremde in einem Hoteltrakt beherbergt habe, gekommen sei. XXXX bestätigte, dass der BF innerhalb der erwähnen Zeitspanne jedenfalls im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei, dem Unterkunftgeber jedoch im Rahmen einer behördlichen Kontrolle seiner Liegenschaft insofern ein Fehler unterlaufen sei, als er den BF ungewollt abgemeldet habe. Nach Bekanntwerden dieses Fehlers habe er den BF jedoch wieder angemeldet. Zudem lässt sich dem Zentralen Fremdenregister entnehmen, dass der BF einzig im Besitz eines alten am 15.11.2005 abgelaufenen Reisepasses war und im Zuge seiner freiwilligen Rückkehr ein Heimreisezertifikat beantragt und ausgestellt werden musste, was wiederum - in Ermangelung der Vorlage darüber hinaus gültiger Reisedokumente bzw. deren Einliegen im Akt - ein weiteres Indiz für einen durchgehenden Aufenthalt des BF im Bundesgebiet darstellt. In Ermangelung des Besitzes gültiger Reisedokumente kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF in seinen Herkunftsstaat und zurück gereist ist. Letztlich vermag auch die Existenz von Kindern daran nichts zu ändern. Vielmehr ist vor dem Hintergrund des bisher Gesagten davon auszugehen, dass der BF seine Kinder bei Heimatbesuchen gezeugt hat.
Da die Angaben des BF sich mit jenen des Zeugen in der Verhandlung decken und auch sonst keine Anhaltspunkte, welche eine Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet nahelegen könnten, festgestellt werden konnten, war dem besagten Vorbringen Glauben zu schenken und die obige Feststellung zu treffen. Letztlich, wie sich den Feststellungen im angefochtenen Bescheid entnehmen lässt, hegte auch das BFA keinen Zweifel am seit dem Jahr 2005 andauernden, durchgehenden Aufenthalt des BF im Bundesgebiet.
Der überwiegende Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung sowie die strafgerichtliche Unbescholtenheit, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich sowie das GVS-Informationssystem).
Die vormalige Antragstellung auf Zuerkennung des internationalen Schutzes, dessen Abweisung durch das BFA, die erfolglose Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK, die Einstellung des vom BF dagegen eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens sowie die Stellung eines Fortsetzungsantrages und dessen Zurückweisung samt Begründung, beruhen auf dem Datenbestand des Zentralen Fremdenregisters sowie dem oben zitierten Beschluss des BVwG vom 19.10.2016.
Die sozialen und familiären Kontakte des BF in Österreich ergeben sich aus dem Vorbringen des BF vor der belangten Behörde, den Angaben in der mündlichen Verhandlung, einer in Vorlage gebrachten Unterschriftenliste), der Vorlage einer Ablichtung der in Serbien ausgestellten sowie diverser Reisepässe, Aufenthaltstitel und Meldezettel von im Bundesgebiet aufhältigen Angehörigen und Bekannter. Das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes mit der Tante des BF folgt dem Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung und ist aus dem Datenbestand des ZMR ersichtlich.
Die bisherige Erwerbslosigkeit des BF ist dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges ersichtlich, deckt sich mit seinem Vorbringen des BF und lässt die Vorlage einer Einstellungszusage der XXXX seine Bemühungen um einen Arbeitsplatz erkennen.
Der Gesundheitszustand beruht auf dem konkreten Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung und erschließt sich dessen Arbeitsfähigkeit aus seinem Gesundheitszustand sowie der vom BF in der mündlichen Verhandlung bekundeten, durch die Vorlage einer Einstellungszusage untermauerten, Arbeitswilligkeit.
Durch die Vorlage einer Bestätigung seitens der XXXX, vom 24.03.2017, konnte der BF dessen ehrenamtliche Tätigkeit seit März 2017 nachweisen.
Das Bestehen von Deutschkenntnissen des Niveaus "A2" sowie der Besitz eines Deutschzertifikates des Österreichischen Integrationsfonds derselben Niveaustufe beruht auf der Vorlage einer Ablichtung des besagten Zertifikates. In der mündlichen Verhandlung konnte zudem durch unmittelbare Wahrnehmung seitens des erkennenden Richters das Vorhandensein besagter Deutschkenntnisse bestätigt werden.
Die familiären Anknüpfungspunkte sowie der Liegenschaftsbesitz des BF in Serbien beruhen auf dem konkreten Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung sowie der Vorlage einer Heiratsurkunde und erschließt sich der regelmäßige elektronische und telefonische Kontakt zu diesen aus dem Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung sowie dem langjährigen durchgehenden Aufenthalt in Österreich.
Der Kontakt zu XXXX erschließt sich aus dessen Angaben bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme in der mündlichen Verhandlung und dessen im Akt einliegenden zahlreichen Unterstützungsschreiben für den BF.
Die Feststellung, dass der Lebensmittelpunkt des BF in Österreich gelegen ist, beruht auf dem Umstand, dass der BF sich beginnend mit 2005 - beinahe - durchgehend in Österreich aufhält und bis auf die oben dargelegten Zeiträume keine Aufenthaltsunterbrechungen festgestellt werden konnten. Die Tatsache, dass Frau und Kinder in Serbien leben, lässt für sich allein nicht den Schluss zu, zu diesen ein enges Verhältnis zu pflegen oder mit diesen ein tatsächliches Familienleben zu führen. Gegen eine enge Kontaktpflege spricht die Aussage des BF, er habe lediglich auf elektronischem oder telefonischem Wege Kontakt zu diesen gehalten und im Jahr 2009 eine Freundin in Österreich gehabt.
Daran vermag auch die am XXXX.2017 geschlossene Ehe des BF mit seiner langjährigen Lebensgefährtin nichts zu ändern. Vielmehr bestätigt der Umstand, dass er seine LG erst nach der erzwungenen Rückkehr nach Serbien im November 2017 geehelicht hat, auf einen nahezu durchgehenden Aufenthalt in Österreich zurückblicken kann und den Kontakt mit seiner Familie in Serbien überwiegend unter Zuhilfenahme von Telekommunikationsmitteln wahrnimmt, die relativierte Beziehung zu seinen Angehörigen. Die nunmehr vor kurzem erfolgte Intensivierung der Beziehungen im Herkunftsstaat, mögen die bestehenden Bindungen des BF zu Österreich nicht maßgeblich zu schmälern. Auch allfällige Besuche des BF in Serbien allein vermögen zudem in Ermangelung eines erkennbaren auf Aufgabe des Lebensmittelpunktes in Österreich gerichteten Willens, eine Verschiebung des Lebensmittelpunktes nicht zu bewirken (vgl. VwGH 11.06.2013, 2012/21/0088). Eingedenk der im Zeitpunkt der freiwilligen Ausreise des BF vorgelegenen rechtskräftigen Rückkehrentscheidung seitens des BVwG und einer Revision beim VwGH ex lege nicht zukommenden aufschiebenden Wirkung (vgl. § 30 Abs. 1 VwGG) diese wurde erst mit Beschluss des VwGH am 16.01.2018 zuerkannt kann der vom BF gezeigte Wille, freiwillig nach Serbien zurückkehren zu wollen, keinesfalls als gewollte Aufgabe seines Lebensmittelpunktes in Österreich gedeutet werden. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass diese Vorgehensweise vor dem Hintergrund der bisher im Bundesgebiet zugebrachten Zeit vielmehr als Reaktion auf drohende fremdenrechtliche Maßnahmen (hier: die Abschiebung nach Serbien) gedeutet werden kann. Der BF brachte in der mündlichen Verhandlung vor, erst nach Kenntnis von der drohenden Abschiebung der Aufforderung, sich zu einer freiwilligen Rückkehr zu entscheiden, nachgegeben hätte. In einem am 22.03.2018 beim BVwG eingelangtem Schreiben des XXXX bestätigt dieser das Vorbringen des BF und gab an, Zeuge des beschriebenen Sachverhaltes gewesen zu sein.
Im Ergebnis kann, nach dem gegenständlichen Ermittlungsstand, nicht festgestellt werden, dass der Lebensmittelpunkt des BF außerhalb Österreichs gelegen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:
3.1.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück FPG zu verbinden.
Gemäß § 13 Abs. 1 AsylG ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
"(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."
Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG lautet:
"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."
Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG lautet:
"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.
(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten."
Der mit "Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen" betitelte § 60 AsylG lautet:
"§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn
1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder
2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA VG lautet wie folgt:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Gemäß § 81 Abs. 36 NAG (36) gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.
Gemäß § 14a Abs. 4 NAG idF BGBl. I Nr. 100/2005, ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,
2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 vorlegt,
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht oder
4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 besitzt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Integrationsverordnung (IV-V) idF. BGBl. II Nr. 205/2011 ist es Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.
Der mit "Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse" betitelte § 9 IV-V idF. BGBl. II Nr. 205/2011 lautete:
"§ 9. (1) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 14a Abs. 4 Z 2 und § 14b Abs. 2 Z 2 NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere von folgenden Einrichtungen:
1. Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;
2. Goethe-Institut e.V.;
3. Telc GmbH.
(2) Jede Einrichtung hat in dem von ihr auszustellenden Sprachdiplom oder Kurszeugnis gemäß Abs. 1 schriftlich zu bestätigen, dass der betreffende Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest
1. auf A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder
2. auf B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen
verfügt.
(3) Fehlt eine Bestätigung nach Abs. 2, gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse auf der entsprechenden Niveaustufe als nicht erbracht.
(4) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 gelten Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Das Zeugnis hat dem Muster der Anlage B zu entsprechen."
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit. als Drittstaatsangehöriger, jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der BF als serbischer Staatsbürger ist sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
3.1.3. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
• die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
• das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),
• die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
• den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),
• die Bindungen zum Heimatstaat,
• die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie
• auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).
Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).
"Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bzw. die Nichterteilung eines humanitären Aufenthaltstitels ausnahmsweise nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (Hinweis E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253)." (VwGH 26.01.2017, Ra Ra 2016/21/0168)
"Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, können Ausweisungen ausnahmsweise auch nach über zehn Jahre dauernden Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. E 30. August 2011,