TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/9 W224 2201278-1

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Veröffentlicht am 09.10.2018
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Entscheidungsdatum

09.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
B-VG Art.140
StubeiV 2004 §2b Abs6 Z2
UG §92 Abs1 Z5
VwGVG §14
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W224 2201278-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, gegen den durch die Beschwerdevorentscheidung vom 27.06.2018, GZ. 08602343 WiSe18/W, bestätigten Bescheid des Rektorats der Universität Wien vom 20.04.2018, GZ. 08602343-WiSe18/W, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 92 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 - UG, BGBl. I Nr. 120/2002, idF BGBl. I Nr. 56/2018, als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch des Bescheides des Rektorats der Universität Wien vom 20.04.2018 wie folgt lautet:

"Ihr Antrag auf Erlass des Studienbeitrages auf Grund von Berufstätigkeit für das Wintersemester 2018 wird abgewiesen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte mit ausgefülltem und am 29.03.2018 unterzeichnetem Formular einen Antrag auf Erlass des Studienbeitrages, wobei er als Erlasszeitraum durch Ankreuzen sowohl das Sommersemester 2018 als auch das Wintersemester 2018/19 anführte. Hinsichtlich des Erlassgrundes berief er sich auf seine Berufstätigkeit und legte dem Antrag auch seinen Einkommensteuerbescheid 2017 bei.

2. Mit E-Mail vom 12.04.2018 wurde der Beschwerdeführer über die positive Erledigung seines Antrages für das Sommersemester 2018 informiert und zugleich darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Erlass des Studienbeitrages wegen Erwerbstätigkeit für das Wintersemester 2018/19 nicht mehr möglich sei, da der Erlass- und Rückerstattungsgrund der Erwerbstätigkeit gemäß § 92 Abs. 5 UG mit Wirkung 30.06.2018 aufgehoben worden sei.

3. Darauf antwortete der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 13.04.2018 und beantragte die bescheidförmige Absprache über seinen Antrag für das Wintersemester 2018/19. Dazu führte er aus, dass die Aufhebung des § 92 Abs. 5 UG ab 30.06.2018 nicht zwingend ein Verbot der Berücksichtigung der Beteiligung des Studierenden an der Universitätsfinanzierung durch die allgemeine Steuerlast nach sich ziehe. Es stehe der Universität frei, durch interne Regelungen einen dem aufgehobenen § 92 Abs. 5 UG nachgestellten Erlassgrund (wieder) einzuführen.

4. Mit Bescheid des Rektorats der Universität Wien vom 20.04.2018, GZ. 08602343-WiSe18/W, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass des Studienbeitrages auf Grund von Berufstätigkeit für das Wintersemester 2018/19 "als unzulässig zurückgewiesen". Das Rektorat der Universität Wien (im Folgenden: belangte Behörde) führte dazu im Wesentlichen aus, dass das Wintersemester 2018/19 erst am 01.10.2018 beginne; ein Anspruch auf Erledigung des Antrages pro futuro bestehe nicht. Mit Wirkung 01.06.2018 sei der Erlassgrund der Berufstätigkeit gemäß § 92 Abs. 5 UG nicht mehr Teil des Rechtsbestandes. Eine Antragslegitimation für das Wintersemester 2018/19 bestehe daher weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte darin zusammengefasst aus, dass § 92 UG die Gründe für den Erlass des Studienbeitrages nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft regle. Da der VfGH in seinem Erkenntnis keine generellen Bedenken gegen die Berücksichtigung der Erwerbstätigkeit als Erlassgrund geäußert habe und andererseits § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV 2004 vorsehe, die Gewährung auch für das folgende Semester auszusprechen, habe die belangte Behörde rechtswidrig eine Sachentscheidung über den auf das Wintersemester 2018/19 bezogenen Erlassantrag verweigert.

6. Der Senat der Universität Wien erstellte mit Beschluss vom 21.06.2018 gemäß § 46 UG ein Gutachten, GZ. RMKGu 751 - 2017/18.

7. Seitens der belangten Behörde erging am 27.06.2018 eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde gemäß § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV iVm § 92 Abs. 1 Z 5 UG als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde ausgeführt, nach § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV könne bei Geltendmachung des Erlassgrundes "Berufstätigkeit" der Erlass für das betreffende Sommer- und das darauffolgende Wintersemester gewährt werden, wobei der Behörde ein Ermessen eingeräumt sei, welches sie im Sinne des Gesetzes auszuüben habe. Die belangte Behörde übe dieses Ermessen jedenfalls gesetzmäßig aus, wenn sie die sich vor Semesterbeginn ändernde Rechtslage berücksichtige und eine Rückerstattung auf Grundlage des § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV iVm § 92 Abs. 1 Z 5 UG nicht mehr gewähre, weil der betreffende Erlassgrund schon vor Beginn des Wintersemesters 2018/19 wegfalle.

8. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde.

9. Dem Bundesverwaltungsgericht wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 16.07.2018, eingelangt am 19.07.2018, die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte mit E-Mail vom 29.03.2018 beim Referat Studienzulassung des Studienservices der Universität Wien den Antrag auf Erlass des Studienbeitrages sowohl für das Sommersemester 2018 als auch für das Wintersemester 2018/19. Als Erlassgrund führte er Berufstätigkeit an und legte dem Antrag einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 bei.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

2. Die maßgeblichen Bestimmungen im Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 - UG), BGBl I. Nr. 120/2002, idF BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"II. Teil

Studienrecht

8. Abschnitt

Studienbeitragsbestimmungen

[...]

Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages

§ 92. (1) Der Studienbeitrag ist ordentlichen Studierenden insbesondere zu erlassen

1. für die Semester, in denen sie nachweislich Studien oder Praxiszeiten im Rahmen von transnationalen EU-, staatlichen oder universitären Mobilitätsprogrammen absolvieren werden;

2. für die Semester, in denen sie auf Grund verpflichtender Bestimmungen im Curriculum Studien im Ausland absolvieren werden;

3. wenn die von ihnen zuletzt besuchte ausländische postsekundäre Bildungseinrichtung mit der österreichischen Universität ein Partnerschaftsabkommen abgeschlossen hat, welches auch den gegenseitigen Erlass des Studienbeitrages vorsieht;

3a. wenn sie Staatsangehörige von in der Studienbeitragsverordnung festgelegten Staaten sind, wobei sich die Festlegung an den "Least Developed Countries" gemäß der "DAC List of ODA Recipients" zu orientieren hat, welche vom Ausschuss für Entwicklungshilfe (kurz DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erstellt wird;

4. welche die Voraussetzungen gemäß § 91 Abs. 1 erfüllen, auch bei Überschreitung des in Abs. 1 festgelegten Zeitraumes für Semester, in denen sie nachweislich mehr als zwei Monate durch Krankheit oder Schwangerschaft bzw. durch Kinderbetreuungspflichten von Kindern bis zum 7. Geburtstag oder einem allfälligen späteren Schuleintritt oder durch andere gleichartige Betreuungspflichten am Studium gehindert waren;

(Anm.: Z 5 aufgehoben durch VfGH, BGBl. I Nr. 11/2017)

6. welche die Voraussetzungen gemäß § 91 Abs. 1 erfüllen, auch bei Überschreitung des in Abs. 1 festgelegten Zeitraumes, wenn eine Behinderung nach bundesgesetzlichen Vorschriften mit mindestens 50 % festgestellt ist;

7. wenn sie im vergangenen Semester Studienbeihilfe gemäß dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992, bezogen haben oder im laufenden Semester beziehen.

(2) Über den Antrag auf Erlass des Studienbeitrages entscheidet das Rektorat. Dem Antrag sind die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise beizufügen.

(3) [...]"

Nähere Bestimmungen zur Einhebung des Studienbeitrages sind gemäß § 91 Abs. 6 UG durch eine Verordnung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung festzulegen. Die maßgeblichen Bestimmungen in der Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über Studienbeiträge (StubeiV 2004), BGBl. II Nr. 55/2004, idF BGBl. II Nr. 17/2017, lauten:

"Erlass des Studienbeitrages gemäß § 92 des Universitätsgesetzes 2002

§ 2b. (1) Liegt ein Grund für einen Erlass des Studienbeitrages gemäß § 92 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 vor, so kann die oder der Studierende einen Antrag auf Erlass des Studienbeitrages stellen.

(2) [...]

(3) Der Antrag auf Erlass des Studienbeitrages ist bis längstens 31. Oktober bzw. 31. März des betreffenden Semesters zu stellen, soferne von der jeweiligen Universität keine abweichende Regelung getroffen wird. Können die Nachweise für den Erlass des Studienbeitrages nicht fristgerecht nachgewiesen werden, so ist der Studienbeitrag zu entrichten. Ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Wintersemester ist bis zum nächstfolgenden 31. März, ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Sommersemester ist bis zum nächstfolgenden 30. September zulässig; die Dauer eines allfälligen Verbesserungsauftrages darf eine zur Behebung des Mangels erforderliche angemessene Frist nicht überschreiten.

(4) Für den Nachweis der Gründe gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 und 6 Universitätsgesetz 2002 gilt Folgendes:

1. Die Hinderung am Studium durch mehr als zwei Monate durch Krankheit oder Schwangerschaft (§ 92 Abs. 1 Z 4 des Universitätsgesetzes 2002) ist durch eine entsprechende fachärztliche Bestätigung nachzuweisen.

2. Die überwiegende Betreuung von Kindern bis zum 7. Geburtstag oder einem allfälligen späteren Schuleintritt (§ 92 Abs. 1 Z 4 des Universitätsgesetzes 2002) ist durch folgende Dokumente nachzuweisen:

-

Geburtsurkunde des Kindes,

-

Meldezettel der oder des Studierenden,

-

Meldezettel des Kindes, wobei die angegebene Adresse mit der Adresse der oder des Studierenden übereinstimmen muss, und

-

eidesstattliche Erklärung der oder des Studierenden, dass das Kind überwiegend von ihr oder von ihm betreut wird.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch VfGH, BGBl. II Nr. 17/2017)

4. Die Behinderung gemäß § 92 Abs. 1 Z 6 des Universitätsgesetzes 2002 ist durch den Behindertenpass des Bundessozialamtes nachzuweisen.

(5) Die Erlasstatbestände gemäß § 92 Abs. 1 Z 1, 2, 3, 4 und 6 des Universitätsgesetzes 2002 sind für jene Semester nachzuweisen, für die der Erlass des Studienbeitrages beantragt wird.

(6) Der Erlass des Studienbeitrages kann, bei Vorliegen der entsprechenden Nachweise, für folgende Dauer gewährt werden:

1. in den Fällen des § 92 Abs. 1 Z 4 und 7 des Universitätsgesetzes 2002 für längstens zwei aufeinander folgende Semester;

2. in den Fällen des § 92 Abs. 1 Z 5 des Universitätsgesetzes 2002 für das betreffende Sommer- und das darauf folgende Wintersemester;

3. in den Fällen des § 92 Abs. 1 Z 6 des Universitätsgesetzes 2002 für die gesamte Studiendauer;

4. in allen anderen Fällen für das jeweilige Semester.

(7) Die Nachweise für den Erlass des Studienbeitrages gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 bis 6 des Universitätsgesetzes 2002 sind von der Universität mindestens drei Jahre aufzubewahren."

Zu A) Abweisung der Beschwerde

1.1. Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Erlass des Studienbeitrages für das Wintersemester 2018/19 und führte als Erlassgrund seine Berufstätigkeit an.

Zwar hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 20.04.2018 "zurückgewiesen", begründend führte sie aber aus, dass das Wintersemester 2018/19, für welches der Erlass beantragt wurde, erst am 01.10.2018 beginne, der Erlassgrund "Berufstätigkeit" des § 92 Abs. 1 Z 5 UG iVm. § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV aber bereits mit Wirkung 01.07.2018 nicht mehr Teil des Rechtsbestandes sei. In der Beschwerdevorentscheidung vom 27.06.2018 wurde begründend ausgeführt, dass die belangte Behörde zu Recht die sich vor Semesterbeginn ändernde Rechtslage berücksichtigt und eine Rückerstattung auf Grundlage des § 92 Abs. 1 Z 5 UG iVm § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV nicht mehr gewährt habe, weil der betreffende Erlassgrund schon vor Beginn des Wintersemesters 2018/19 wegfallen sei. Die "Zurückweisung" mit Bescheid vom 20.04.2018 sowie die Bestätigung der "Zurückweisung" durch die Beschwerdevorentscheidung vom 27.06.2018 erfolgten daher auf Grund der Auffassung der belangten Behörde, dass es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage mangle. Die "Zurückweisung mangels Rechtsgrundlage" war aber im Beschwerdefall eine (abweisliche) Sachentscheidung und die Bezeichnung als "Zurückweisung" somit bloß ein Vergreifen im Ausdruck (vgl. VwGH 29.01.2013, 2012/05/0219 mit Hinweis auf VwGH 20.12.1993, 93/02/0289 und 26.03.1998, 97/11/0267).

1.2. Fallbezogen hat das Bundesverwaltungsgericht daher die Sachentscheidung der belangten Behörde zu überprüfen. Dabei ist zunächst zu beurteilen, welche Rechtslage auf den gegenständlichen Antrag auf Erlass des Studienbeitrages für das Wintersemester 2018/19 anzuwenden ist.

1.3. Die Behörden haben nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich ihrer Entscheidung das zum Entscheidungszeitpunkt geltende Recht zu Grunde zu legen (zuletzt etwa VwGH 26.06.2014, 2012/03/0011). Ohne Bedeutung ist im Allgemeinen hingegen insbesondere der Zeitpunkt der Antragstellung (VwGH 20.04.1993, 91/07/0140).

Eine andere Betrachtungsweise ist allerdings nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter anderem dann geboten, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag (vgl. etwa VwGH 05.05.2003, 2002/10/0222) oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war. Eine solche "Zeitraumbezogenheit" des Gesetzes wurde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise bejaht für den Anspruch auf Studienbeihilfe (vgl. VwGH 14.07.2011, 2009/10/0177) oder den Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. VwGH 30.01.2014, 2012/16/0052). Auch zur Frage der Verpflichtung zur Entrichtung des Studienbeitrages für ein bestimmtes Semester im Sinne des § 92 UG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es dabei um die Frage, was in Ansehung dieser Verpflichtung während dieses Zeitraums rechtens ist, geht (vgl. VwGH 29.11.2011, 2010/10/0057). Bei der Pflicht zur Entrichtung des Studienbeitrages bzw. dessen Erlass nach den Bestimmungen des UG handelt es sich daher um zeitraumbezogene Pflichten bzw. Rechte.

Es ist daher fallbezogen nicht die im Zeitpunkt der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltende Rechtslage maßgebend, sondern ist eine zeitraumbezogene Beurteilung vorzunehmen. Es ist somit auf die Rechtslage abzustellen, die für den Bezug der Studienbeihilfe im Wintersemester 2018/19 maßgeblich ist.

1.4. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung VfSlg. 20.123/2016 die Bestimmung des § 92 Abs. 1 Z 5 UG, BGBl. I Nr. 120/2002 idF BGBl. I Nr. 79/2013, welche den Erlassgrund "Berufstätigkeit" regelte, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit 30.06.2018 in Kraft tritt. Auch damit in Zusammenhang stehende Bestimmungen der StubeiV, BGBl. II Nr. 55/2004 idF BGBl. II Nr. 211/2010, die durch die Aufhebung des § 92 Abs. 1 Z 5 UG ihre gesetzliche Grundlage verloren haben, wurden als gesetzwidrig aufgehoben.

Das Wintersemester 2018/19 beginnt am 01.10.2018. Im Zeitraum, der für den Erlass des Studienbeitrages für das Wintersemester 2018/19 maßgeblich ist, gehört die Bestimmung des § 92 Abs. 1 Z 5 UG daher nicht mehr dem geltenden Rechtsbestand an und kann diese nicht als Grundlage für eine Gewährung eines Erlasses des Studienbeitrages herangezogen werden.

1.5. Der Beschwerdeführer hielt dem entgegen, dass § 92 UG die Gründe für einen Erlass des Studienbeitrages nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft regle und der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis auch keine generellen Bedenken gegen die Berücksichtigung der Erwerbstätigkeit als Erlassgrund geäußert habe. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht zielführend, da alleine aus der deklarativen Aufzählung des § 92 Abs. 1 UG und der § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV nicht abgeleitet werden kann, dass ein Erlass zu gewähren ist:

§ 92 Abs. 1 UG legt die Gründe für die Erlassung des Studienbeitrages nur mehr demonstrativ fest ("insbesondere"). Die Universitäten sind dadurch ermächtigt, in der Satzung, der Verordnungscharakter zukommt, weitere Gründe für einen Erlass des Studienbeitrages vorzusehen, welche jedoch nicht gegen gesetzliche Regelungen verstoßen dürfen (vgl. Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner (Hrsg), UG3, § 93, II.).

Ein Erlasstatbestand für erwerbstätige Personen findet sich seit der Aufhebung des § 92 Abs. 1 Z 5 UG durch VfSlg. 20.123/2016 weder in § 92 Abs. 1 UG, noch wurde ein solcher in der Satzung der Universität Wien vorgesehen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem Wortlaut des § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV 2004 der Erlass des Studienbeitrages bei Vorliegen der entsprechenden Nachweise "in den Fällen des § 92 Abs. 1 Z 5 des Universitätsgesetzes 2002 für das betreffende Sommer- und das darauf folgende Wintersemester" gewährt werden kann. Diese Bestimmung bildet - entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht - keine Rechtsgrundlage für die Gewährung seines Erlasses, sondern regelt ausschließlich, auf welche Dauer ein gemäß § 92 Abs. 1 zu gewährender Erlass (ohne neuerliche Antragstellung) maximal gewährt werden kann. Wesentliche Voraussetzung für eine Gewährung des Erlasses für die in § 2b Abs. 6 StubeiV 2004 genannte Dauer ist nämlich, dass überhaupt ein Anspruch auf Erlass des Studienbeitrages während dieser Dauer besteht. Da - wie soeben ausgeführt - für den Beschwerdeführer im Wintersemester 2018/19 kein Anspruch auf Erlass des Studienbeitrages besteht, ist eine Gewährung des Erlasses selbst unter Heranziehung der Bestimmung des § 2b Abs. 6 Z 2 StubeiV 2004 nicht möglich.

1.6. Wenn der Beschwerdeführer ferner vorbringt, die Aufhebung ziehe nicht zwingend ein Verbot der Berücksichtigung der Beteiligung des Studierenden an der Universitätsfinanzierung durch die allgemeine Steuerlast nach sich, sodass es der Universität trotz der Aufhebung des § 92 Abs. 1 Z 5 UG freistehe, durch interne Regelungen einen dem aufgehobenen § 92 Abs. 1 Z 5 UG nachgestalteten Erlassgrund wieder einzuführen, ist dem entgegenzuhalten, dass eine entsprechende Regelung zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht getroffen wurde und dieses Argument daher keine Berücksichtigung finden kann.

1.7. Die belangte Behörde ist daher zurecht vom Nichtvorliegen einer Rechtsgrundlage für einen Erlass des Studienbeitrages für das Wintersemester 2018/19 ausgegangen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde bzw. dem Vorlageantrag geklärt erschien, weil der Sachverhalt nach einem grundsätzlich ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde festgestellt wurde und dieser Sachverhaltsfeststellung nicht substantiiert entgegen getreten wurde. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen (zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz 34 ff). Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Auch hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Die Abweisung ergeht in Anlehnung an die zu Spruchpunkt A) zitierte, einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Rechtsgrundlagen des vorliegenden Falles.

Schlagworte

Berufstätigkeit, Beschwerdevorentscheidung, Erlassantrag,
Erlasstatbestände Studienbeitrag, Gesetzesaufhebung, meritorische
Entscheidung, Rechtslage, Semester, Spruchpunkt - Abänderung,
Studienbeitrag, VfGH, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W224.2201278.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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