TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/11 W195 2198010-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2018
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Entscheidungsdatum

11.10.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W195 2198010-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vomXXXX, Zl.XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

1. Das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird eingestellt.

2. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte erstmals am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer am XXXX erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte der BF befragt nach jenen Gründen, die ihn bewogen hätten, sein Heimatland zu verlassen, aus, wegen seiner Tätigkeit als XXXX der Chhatra Dal, einer politischen Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein. Am XXXX sei eine Protestkundgebung seiner Partei von Mitgliedern der Chhatra League und der Polizei gewaltsam aufgelöst worden und sei es in diesem Zusammenhang zu Ausschreitungen gekommen. Infolge dieses Vorfalles seien der BF und mehrere seiner Parteikollegen fälschlicherweise strafrechtlich angezeigt worden. Dabei sei dem BF Schutzgelderpressung mit Waffengewalt zur Last gelegt worden. Da ihn in Bangladesch kein faires Verfahren erwarte und er Angst habe, in Polizeihaft misshandelt zu werden, habe er sein Heimatland verlassen.

I.1.2. Im Rahmen einer am XXXXvor dem Bundesasylamt erfolgten niederschriftlichen Einvernahme, gab der BF - aufgefordert abermals seine Fluchtgründe zu darzulegen - ergänzend zu seinen Ausführungen in seiner Erstbefragung an, dass er und seine Parteikollegen im Zuge der geschilderten Ausschreitungen am XXXX, die in XXXX stattgefunden hätten, mit Hockeystangen, Messer und Stöcken attackiert und mit dem Umbringen bedroht worden seien. Der BF habe jedoch die Flucht ergreifen können und sich ab XXXX bei einer Cousine aufgehalten. Am XXXX habe ihn seine Mutter telefonisch informiert, dass die Polizei nach dem BF wegen illegalen Waffenbesitzes und Schmiergeldforderungen suche. Der BF sei daraufhin nicht wieder nach Hause zurückgekehrt und habe am XXXX sein Heimatland schlepperunterstützt verlassen. Der BF sei seit dem JahrXXXX Mitglied bei Chhatra Dal und habe ab dem Jahr XXXX die Funktion des XXXX der Chhatra Dal in XXXX ausgeübt.

I.1.3. Am XXXXlangten beim Bundesasylamt vom BF übermittelte Unterlagen und Dokumente in bengalischer Sprache - darunter Schulbestätigungen, ein Staatsbürgerschaftsnachweis, eine Geburtsurkunde, ein Bestätigungsschreiben, Anzeigen und Ermittlungsberichte - ein.

I.1.4. Mit Schriftsatz vom XXXX brachte der BF ergänzend vor, dass seit seiner Ausreise aus Bangladesch zwei weitere falsche Anschuldigungen gegen ihn ausgesprochen und zwei Haftbefehle (wegen Mordes bzw. Waffenbesitzes) erlassen worden seien. Die Polizei habe bereits dreimal das Haus der Familie durchsucht und Mitglieder der gegnerischen Partei hätten seine Familie bedroht und angekündigt, den BF zu töten. Die ausgestellten Haftbefehle habe sein Onkel dem BF postalisch übermittelt.

I.1.5. Mit Datum vom XXXX stellte das Bundesasylamt eine Anfrage an die Staatendokumentation zur Überprüfung der Angaben des BF hinsichtlich seiner Mitgliedschaft bei der Chhatra Dal bzw. seiner Funktion als XXXXund zur Verifizierung der vom BF vorgelegten Unterlagen. Darüber hinaus wurde ersucht, zu ermitteln, ob gegen den BF in seinem Heimatland tatsächlich Falschanzeigen erstattet worden seien.

I.1.6. Mit Datum vom XXXX übermittelte die Staatendokumentation eine Anfragebeantwortung, wonach Vor-Ort-Recherchen der österreichischen Vertretungsbehörden in Bangladesch - unter Beiziehung eines Vertrauensanwaltes - zusammengefasst ergeben hätten, dass sich der BF wohl bereits seit dem Jahr XXXX im Ausland aufhalte und daher auch kein Mitglied der Chhatra Dal bzw. XXXX des Studentenflügels der BNP-Partei gewesen sei. Die im Zusammenhang mit der Rechtssache stehenden vorgelegten Unterlagen hätten sich als "als absolut falsch und nachgemacht" herausgestellt und würden demzufolge auch keine Anzeigen gegen den BF in seinem Heimatland vorliegen.

I.1.7. Im Zuge einer am XXXX erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurden dem BF die Ermittlungsergebnisse der Staatendokumentation vorgehalten und wurde der BF abermals ausführlich zu seinem Fluchtvorbringen befragt. Dabei hielt der BF seine Fluchtgründe aufrecht.

I.1.8 Mit Bescheid des BFA vom XXXX, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom XXXX bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005

(Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem BF wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, den BF gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass das Fluchtvorbringen des BF - insbesondere mit Verweis auf die vorliegenden Rechercheergebnisse der Staatendokumentation betreffend die Angaben des BF und die Echtheit der vom BF vorgelegten Unterlagen - nicht den Tatsachen entspreche und auch im Übrigen im Ermittlungsverfahren keine Verfolgungsgründe hervorgekommen seien. Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des BF sei darüber hinaus auch nicht davon auszugehen, dass dieser im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine die Existenz bedrohende Lage gelangen würde.

Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs.

I.2. Zweiter (gegenständlicher) Antrag auf internationalen Schutz:

I.2.1. Am XXXX stellte der BF einen zweiten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag), zu dem er am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde. Auf die Frage, aus welchen Gründen der BF neuerlich einen Antrag stelle, gab dieser eingangs an, im Rahmen seines ersten Verfahrens unrichtige Angaben betreffend seine Fluchtgründe getätigt zu haben, da Mitreisende ihn falsch beraten hätten. Vielmehr könne der BF nicht in sein Heimatland zurückkehren, da er homosexuell sei und ihm aus diesem Grunde in Bangladesch eine mindestens zehnjährige Haftstrafe drohe. In Bangladesch könne er seine Sexualität nicht ausleben. Informationen seiner Mutter zu Folge, hätten Polizisten gestern das Haus der Familie umstellt und seiner Mutter mitgeteilt, dass sie Informationen erhalten hätten, wonach ihr Sohn homosexuell sei. Im Falle einer Rückkehr fürchte der BF von der Justiz verfolgt zu werden.

I.2.2. Mit Aktenvermerk vom XXXX wurde das Verfahren des BF, da dessen Aufenthaltsort der Behörde zu diesem Zeitpunkt weder bekannt noch sonst leicht feststellbar gewesen sei und eine Entscheidung ohne weitere Einvernahme nicht erfolgen habe können, seitens des BFA eingestellt.

I.2.3. Nach Ermittlungen der Behörde (Behördenanfrage an das Zentrale Melderegister vom XXXX) - wonach der BF (mit Unterbrechungen) seit NovemberXXXXwieder eine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet aufweisen konnte, wurde das Verfahren des BF wieder aufgenommen und der BF für den XXXX zu einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA geladen.

I.2.4. Im Rahmen dieser niederschriftlichen Einvernahme vom XXXX führte der BF aus, in seiner (für den gegenständlichen Antrag) Erstbefragung vom XXXX unrichtige Angaben zu seinen Fluchtgründen getätigt zu haben. So sei er doch nicht homosexuell, sondern suche die Polizei in seinem Heimatland vielmehr immer noch aus denselben Gründen nach ihm, die der BF bereits in seinem ersten Asylverfahren vorgebracht habe. Dies habe ihm seine Mutter eine Woche vor der erneuten Antragstellung mitgeteilt. Außerdem sei nach wie vor die Awami League an der Macht. Er fürchte im Falle einer Rückkehr, wegen der gegen ihn fälschlicherweise erhobenen Anzeigen 15 bis 16 Jahre inhaftiert zu werden. Weitere Fluchtgründe gebe es nicht. Dass sein Antrag aus dem Jahr XXXX, der sich auf dieses Vorbringen gestützt habe, negativ entschieden worden sei, wisse der BF. Er wolle nur in Österreich bleiben.

Weiters erklärte der BF bei seiner Vernehmung amXXXX, dass er keine familiären oder sozialen Bindungen habe. Er sei jedoch in Österreich wegen einer Freundin geblieben. Auf die Frage, ob er Freunde in Österreich habe sagte der BF aus, er habe "flüchtige Bekanntschaften mit Landsleuten". Als Aktivitäten nannte er "Spazierengehen und Fussball schauen".

Befragt hinsichtlich diverser Anzeigen in Österreich teilte er mit, dass er seine Freundin zum Hausarzt begleitet habe; ein Unbekannter habe seine Freundin grundlos beschimpft, so dass er ihn zur Rede stellte. Darauf habe dieser die Polizei geholt, weil er ihn bedroht hätte, was aber nicht stimme. Hinsichtlich des behaupteten schweren Raubes führte der BF aus, dass dies seine Freundin lediglich geträumt habe, weil sie unter Medikamenten stand und ihre Anzeige danach zurückgezogen habe.

Seine Freundin sei Frau XXXX, ungarische Staatsbürgerin und seit 20 Jahren in Österreich; sie sei in Frühpension und 40 Jahre alt. Sie wohne in XXXX, XXXX.

Seine Freundin wolle jedoch nicht mehr, dass er bei ihr gemeldet sei.

Diese Aussagen tätigte der BF im Rahmen seiner Vernehmung am XXXX.

Wie dem im Akt befindlichen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX entnommen werden kann war der BF tatsächlich vom XXXX bis XXXX sowie vom XXXX bis XXXX in derXXXX, somit insgesamt 11 Tage im Jahr XXXX, gemeldet, danach wieder in der XXXX.

I.2.5. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX,

Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Weiters wurde dem BF erneut kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.), gegenüber den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG abermals eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF keine neuen Fluchtgründe behauptet habe. Auch im übrigen Ermittlungsverfahren seien keine Verfolgungsgründe hervorgekommen und sei der wahre Grund der Ausreise des BF aus Bangladesh ausschließlich in wirtschaftlichen Motiven zu suchen. Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des BF sei darüber hinaus auch nicht davon auszugehen, dass dieser im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine die Existenz bedrohende Lage geraten würde. Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" lägen nicht vor. Zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und auszusprechen, dass eine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei.

I.2.6. Mit Schriftsatz vom XXXX, eingelangt beim BFA am XXXX, erhob der BF, unterstützt durch den ihm amtswegig zur Seite gestellten Rechtsberater, vollinhaltliche Beschwerde gegen den spruchgegenständlichen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der BF habe seine Ausführungen in nachvollziehbarer, detaillierter, hinreichend bestimmter und mit den landeskundlichen Erkenntnissen übereinstimmender Weise geschildert. Darüber hinaus befinde sich der BF seit XXXX in Österreich, finde hier sein gesamtes Privatleben statt, beherrsche er die deutsche Sprache und sei ihm aus diesen Gründen in eventu ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen.

I.2.7. Mit Datum vom XXXX legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.2.8. Mit Schreiben vom XXXX, übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangaldesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den XXXX angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung.

I.2.9. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Konkret gab der BF an, dass er seine Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides zurückzieht.

Hinsichtlich der anderen Beschwerdepunkte gab er an, dass er sich seit XXXX in Österreich aufhalte. Zwar sei sein erster Antrag negativ beschieden worden, aber er habe einen Folgeantrag gestellt, weil er seit fünf Jahren in einer Beziehung lebe. Er habe eine ungarische Freundin (geboren am XXXX), die verwitwet sei und ein sechszehnjähriges Kind habe. Sie seien zwar getrennt gemeldet, würden jedoch die meiste Zeit miteinander verbringen. Sie hätten einen gemeinsamen Freundeskreis, der zum Großteil aus ihren Freunden bestünde. Da er nicht arbeiten dürfe - er habe bisher noch nie in Österreich gearbeitet - kümmere er sich um den Einkauf und zeitweise auch um den Sohn der Freundin.

Der BF führte weiters aus, dass das Gericht diese Freundin auch als Zeugin laden könne bzw. eine schriftliche Stellungnahme von ihr einholen könne. Sie werde aber jetzt nicht als Zeugin von Seiten des BF genannt.

Vom Richter während der mündlichen Verhandlung befragt, ob der BF homosexuell sei, teilte dieser mit, dass diese seine Angabe ein Fehler sei; er sei nicht homosexuell.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Der BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch. Er ist sunnitischer Moslem, ledig, volljährig und gehört der Volksgruppe der Bengalen an. Seine Muttersprache ist Bengali.

Der BF hat in Bangladesch eine mehrjährige Schulausbildung absolviert und spricht neben seiner Muttersprache etwas Englisch sowie Deutsch.

Der BF reiste XXXX in das Bundesgebiet ein. Obwohl sein erster Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid des BFA vom XXXX (rechtskräftig seit XXXX) abgewiesen, dem BF zugleich ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen versagt, ihn gegenüber eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt wurde, dass eine Abschiebung nach Bangladesch zulässig ist, reiste der BF im Jahr XXXX - trotz der ihm vorgeschriebenen Verpflichtung, Österreich zu verlassen - nicht aus dem Bundesgebiet aus, sondern hielt sich weiterhin (rechtswidrig) bis zu Stellung des gegenständlichen Folgeantrages am XXXXin Österreich auf.

Der BF bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Er ist in Österreich kein Mitglied in einem Verein, engagierte sich während seines bisherigen Aufenthaltes nicht ehrenamtlich und nimmt auch nicht auf andere Weise am sozialen bzw. kulturellen Leben in Österreich teil. Seine Freizeit verbringt er meistens zu Hause (beim Fernsehen) bzw. mit Spaziergängen. Darüber hinaus hat sich der BF während seines Aufenthaltes im Bundegebiet nicht aus-, fort- und weitergebildet. Der BF pflegt in Österreich lose Bekanntschaften mit Landsleuten und behauptet, dass er in einer (losen) Beziehung mit einer ungarischen Staatsbürgerin, mit der er - nachweislich - keinen gemeinsamen Haushalt teilt, lebt. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF befindet sich nicht in ärztlicher Behandlung und ist gesund.

Im Bundesgebiet befinden sich keine Familienangehörigen des BF. In Bangladesch halten sich die Mutter des BF sowie ein Bruder und eine verheiratete Schwester. Eine weitere (verheiratete) Schwester lebt in Kanada. Die Mutter des BF finanziert in Bangladesch ihren Lebensunterhalt mit der Vermietung von zwei Geschäftslokalen.

II.1.2. Zu den vom BF im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründen:

Der vom BF vorgebrachte Sachverhalt, mit dem der BF eine Verfolgung seiner Person im Rahmen seines (gegenständlichen) zweiten Antrages auf internationalen Schutz begründet, baut er ursprünglich auf die Begründung, dass er homosexuell sei und in Bangladesh deshalb einer Verfolgung ausgesetzt sei. Erst im Zuge einer weiteren Vernehmung verwirft er die Behauptung, homosexuell zu sein, und zieht sich auf seine im ersten Verfahren geltend gemachten - und rechtskräftig als unglaubhaft qualifizierten - Fluchtgründe zurück und weist darüber hinaus für sich gesehen keinen glaubhaften Kern auf. Mit dem nunmehrigen Fluchtvorbringen des BF ist es - im Hinblick auf den in seinem ersten Verfahren festgestellten Sachverhalt - daher zu keiner entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderung gekommen.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Kurzinformation vom 23.03.2018, Oppositionsführerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt (relevant für Abschnitt 2. Politische Lage)

Am 8. Februar 2018 wurde Begum Khaleda Zia, die frühere Premierministerin von Bangladesch und Vorsitzende der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) durch ein Gericht in Dhaka für schuldig befunden, während ihrer ersten Amtszeit von 1991 bis 1996 Spendengelder in Höhe von 21 Millionen Taka (etwa 200.000 Euro) veruntreut zu haben, die für die wohltätige Organisation Zia Orphanage Trust bestimmt waren. Das Gericht verurteilte Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft, vier Berater und ihren Sohn Tarique Rahman zu je zehnjährigen Haftstrafen (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018). Der in London im Exil lebende Tarique Rahman ist von der Parteiführung im Zuge des Urteils zum Leiter der BNP erkoren worden (Indianexpress 12.2.2018).

Die Anklage gegen Khaleda Zia und ihren älteren Sohn erfolgte bereits 2008 durch die damalige militärische Übergangsregierung (Indianexpress 12.2.2018).

BNP Generalsekretär Mirza Fakrul Islam Alamgir kritisierte das Urteil scharf als einen Versuch Khaleda Zia zu verunglimpfen und sie von der Teilnahme an den nächsten Wahlen auszuschließen und kündigte an, das Urteil anzufechten (DW 8.2.2018; vgl. The Guardian 8.2.2018).

Im Vorfeld der Urteilsverkündung gegen Khaleda Zia haben die Behörden am 30. Jänner damit begonnen landesweit Unterstützer der oppositionellen BNP zu verhaften (OMCT 22.3.2018). Die in Dhaka ansässigen Menschenrechtsorganisation Ain O Salish Kendra berichtet, dass in den acht Tagen vor der Urteilsverkündigung insgesamt 1.786 Personen, Mitglieder der BNP, der islamistischen politischen Partei Jamaat-e-Islami und parteilose, festgenommen wurden (HRW 8.2.2018). BNP-Sprecher Rizvi Ahmed spricht von der Verhaftung von ungefähr

3.500 Aktivisten und Funktionären (The Guardian 8.2.2018).

Noch vor der Urteilsverkündung kam es in Dhaka zu Zusammenstößen zwischen Gefolgsleuten der BNP und der Polizei. Im Fernsehen waren brennende Motorräder zu sehen. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, um die Demonstranten, die ein behördliches Versammlungsverbot missachtet hatten, zu zerstreuen (DW 8.2.2018).

Auch nach der Urteilsverkündung kam es in Bangladeschs Großstädten zu Zwischenfällen bei denen Polizeibeamte und Anhänger der BNP verletzt wurden. In der nordöstlichen Stadt Sylhet feuerten Polizisten mit Gummigeschossen auf Demonstranten, wobei vier Personen verletzt wurden. In der Hafenstadt Chittagong wurden mindestens sieben BNP-Funktionäre, darunter der lokale Parteivorsitzende verhaftet, nachdem es zu einem Handgemenge zwischen Anhänger der Opposition und der Polizei gekommen war (The Guardian 8.2.2018; vgl. BBC News 8.2.2018).

Etwa 5.000 Unterstützer der Opposition wurden bisher landesweit inhaftiert (OMCT 22.3.2018). Die Parteiführung der BNP fordert deren bedingungslose Freilassung (Dhaka Tribune 10.2.2018).

Seit der Inhaftierung von Khaleda Zia hat die BNP bei verschiedenen, friedlichen Aktionen, wie eine landesweite Flugblattaktion am 1. März, die Bildung einer Menschenkette in Dhaka am 6. März, sowie Sit-ins, symbolische Hungerstreiks und Protestzüge, ihre Freilassung gefordert (Dhaka Tribune 6.3.2018; vgl. Gulf Times 4.3.2018).

Am 19. März hat das Höchstgericht von Bangladesch den Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Dhaka, der ehemaligen Premierministerin Khaleda Zia Kaution zu gewähren, bis zum 8. Mai ausgesetzt (ANI 19.3.2018).

Quellen:

-

ANI - Asian News International (19.3.2018): B'desh SC stays Khaleda Zia's bail in orphanage graft case, https://www.aninews.in/news/world/asia/bdesh-sc-stays-khaleda-zias-bail-inorphanage-graft-case201803191613580001/, Zugriff 22.3.2018

-

BBC News (8.2.2018): Bangladesh ex-PM Khaleda Zia jailed amid clashes, http://www.bbc.com/news/world-asia-42987765, Zugriff 22.3.2018

-

Deutsche Welle (8.2.2018): Ex-Premierministerin Khaleda Zia zu fünf Jahren Haft verurteilt,

http://www.dw.com/de/ex-premierministerin-khaleda-zia-zu-f%C3%Bcnf-jahren-haftverurteilt/a-42499619, Zugriff 22.3.2018

-

Dhaka Tribune (10.2.2018): BNP announces more protest plans over Khaleda conviction,

http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/02/10/bnp-announces-protest-planskhaleda-conviction/, Zugriff 22.3.2018

-

Dhaka Tribune (6.3.2018): BNP forms human chain demanding Khaleda's release,

http://www.dhakatribune.com/bangladesh/politics/2018/03/06/bnp-forms-human-chaindemanding-khaledas-release/, Zugriff 22.3.2018

-

Gulf Times (4.3.2018): BNP announces fresh protest to demand release of Zia,

http://www.gulf-times.com/story/583845/BNP-announces-fresh-protest-to-demand-release-of-Z, Zugriff 22.3.2018

-

HRW - Human Rights Watch (8.2.2018): Bangladesh: End Crackdown on Opposition Supporters,

https://www.ecoi.net/de/dokument/1423887.html, Zugriff 22.3.2018

-

Indianexpress (12.2.2018): The solitary prisoner, http://indianexpress.com/article/opinion/columns/khaleda-zia-bangladesh-politics-bnp-thesolitary-prisoner-5060031/, Zugriff 22.3.2018

-

OMCT -World Organisation Against Torture (22.3.2018): Bangladesh:

Bangladesh: Civil society decries mass arrests amid worsening human rights situation,

http://www.omct.org/monitoring-protectionmechanisms/statements/bangladesh/2018/03/d24780/, Zugriff 22.3.2018

-

The Daily Star (25.2.2018): ASK blasts cop action on BNP programme,

http://www.thedailystar.net/country/ain-o-salish-kendra-ask-blasts-police-action-bnpprogramme-153989, Zugriff 22.3.2018

-

The Guardian (8.2.2018): Violent protests as opposition leader is jailed in Bangladesh,

https://www.theguardian.com/world/2018/feb/08/violent-protests-opposition-leader-jailedbangladesh-khaleda-zia, Zugriff 22.3.2018

Politische Lage

Bangladesch ist eine Volksrepublik (People' s Republic of Bangladesh) mit einer seit 1991 wieder geltenden parlamentarischen Demokratie als Regierungsform (GIZ 5.2017).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt Großteils zeremonielle Funktionen aus, die Macht liegt in den Händen des Premierministers als Regierungschef, der von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird. Der Premierminister, ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der 5-jährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige "Caretaker"-Regierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. GIZ 5.2017). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 5.2017). Aktuell hat Sheikh Hasina von der Awami League (AL) das Amt der Premierministerin inne (ÖB New Delhi 12.2016)

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten Abgeordneten (ÖB New Delhi 12.2016) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 14.1.2016). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der "Caretaker"-Regierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB New Delhi 12.2016).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind stark politisiert und parteipolitisch durchdrungen (AA 3.2017a). AL und BNP werden quasi-dynastisch von Sheikh Hasina und Begum Khaleda Zia geführt, die das politische Vermächtnis ihrer ermordeten Männer fortführen und eine unangefochtene Machtstellung in ihrer jeweiligen Partei genießen. Sie beeinflussen den Kandidatenauswahlprozess für Partei- und Staatsämter und geben den Takt für die politischen Auseinandersetzungen vor. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks (Hartals) großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 5.2017). Nennenswerte parlamentarische Stärke haben in der Vergangenheit sonst nur die Jatiya Party (JP) und die JI erzielt (GIZ 5.2017).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto jedoch die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten ist. Wie schon die Vorgängerregierungen, so baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in der Verwaltung, im Rechtswesen und im Militär aus. Auch im Regierungskabinett folgen Ernennungen und Umbesetzungen meist dem Prinzip der Patronage (GIZ 5.2017).

Bereits am 30.7.2011 hat das Parlament bei nur einer Gegenstimme, die BNP und ihre Verbündeten haben der Parlamentssitzung nicht beigewohnt, in der 15. Verfassungsänderung den Islam als Staatsreligion bestätigt, jedoch den Zusatz "Absolutes Vertrauen und der Glauben an den Allmächtigen Allah soll die Basis allen Handelns sein" aus der Verfassung gestrichen. Ungeachtet der ausgeprägten Leistungsdefizite staatlicher Institutionen, der undemokratischen innerparteilichen? Entscheidungsstrukturen und der in der letzten Dekade verstärkt gewalttätig ausgetragenen Parteienrivalität ist der Glauben an die Demokratie innerhalb der Bevölkerung ungebrochen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017).

Am 5.1.2014 boykottierte die BNP die 10. Parlamentswahlen wodurch die AL eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen konnte. Weitere Sitze gingen an Koalitionspartner der AL. Die sehr geringe Wahlbeteiligung von nur ca. 30% bei den Parlamentswahlen 2014 ist auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen. Es gab Berichte über massive Einschüchterungsversuche wahlbereiter Bürger seitens oppositioneller Gruppen (GIZ 5.2017; vgl. AA 3.2017a). Am Wahltag wurden mindestens 21 Menschen getötet und über 130 Wahllokale in Brand gesetzt. Die Opposition reagierte bereits einen Tag nach den Wahlen mit Generalstreiks und in vielen Distrikten wurde über Attacken gegen ethnische und religiöse Minderheiten, v.a. Hindus, berichtet. Die AL versuchte mit gezielten Verhaftungen von Oppositionspolitikern den Druck auf das Regime zu schwächen (GIZ 5.2017).

Die verfassungsändernde Mehrheit im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration in den Händen der AL respektive der Regierung. Mit neuen Gesetzen zu Medien, Äußerungen im Internet, Absetzung von obersten Richtern und Förderung von NGOs aus dem Ausland wird diese Konzentration noch weiter verstärkt. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren (AA 3.2017a). Auch die BNP ist dadurch in der Defensive (GIZ 5.2017). Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 3.2017a). Mittlerweile wurden acht Todesurteile und mehrere lebenslange Haftstrafen ausgesprochen, sechs Hinrichtungen wurden vollstreckt. Dabei hat sich innerhalb der säkularen Zivilgesellschaft mit Blick auf das Kriegsverbrechertribunal ein grundlegender Dissens entwickelt: Während die einen auf rechtstaatliche Standards pochen und die Todesstrafe ablehnen, ist für andere, v.a. aus der urbanen Protestbewegung Shabagh, jedes Urteil unterhalb der Todesstrafe inakzeptabel (GIZ 5.2017).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/334685/476437_de.html, Zugriff 9.6.2017

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NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 9.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

Sicherheitslage

Es gibt in Bangladesch keine Bürgerkriegsgebiete (AA 3.2017).

Die Opposition organisierte Proteste und Straßenblockaden, unter denen die Wirtschaft leidet. Die Regierung reagiert mit Verhaftungen und mit Einschränkungen von Grundrechten. Sie will die öffentliche Ruhe mit allen Mitteln wiederherstellen. Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Gewalt scharf und hat die Beteiligten zum Dialog aufgerufen (GIZ 5.2017).

Extremistische Gruppen, wie Jamaat-ul-Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansar al-Islam, die ihre Zugehörigkeit zu Daesh und Al Qaida auf dem indischen Subkontinent (AQIS) erklärten, haben Angriffe auf Angehörige religiöser Minderheiten, Akademiker, Ausländer, Menschenrechtsaktivisten und LGBTI-Personen, sowie weitere Gruppen durchgeführt (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). Medienberichten zufolge hat die Terrororganisation IS 2016 für 39 Morde die Verantwortung übernommen, der bengalische Al-Kaida-Ableger soll sich zu acht Taten bekannt haben (GIZ 5.2017). Die Sicherheitsbehörden waren zunächst nicht bereit, angemessene Schutzmaßnahmen zu veranlassen, gewährt aber in vielen Fällen inzwischen Personenschutz (AA 14.1.2016). Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt (AA 3.2017a; vgl. AI 22.2.2017). Die Polizei tötete laut eigenen Angaben mindestens 45 mutmaßliche Terroristen in Schießereien (AI 22.2.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/336450/479091_de.html, Zugriff 28.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2017): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/#c14332, Zugriff 9.6.2017

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die Gerichtsbarkeit ist überlastet und sieht sich von vielen Seiten Versuchen der Einflussnahme ausgesetzt. (AA 3.2017a). Zusätzlich behindern Korruption und ein erheblicher Verfahrensrückstand das Gerichtssystem. Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017). Straffälle gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2017). Richter des Obersten Gerichtshofs haben des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB New Delhi 12.2016). Durch eine kürzlich erfolgte Verfassungsänderung hat nunmehr das Parlament das Recht, oberste Richter abzusetzen (AA 3.2017a).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB New Delhi 12.2016).

Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB New Delhi 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017a): Bangladesch, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Bangladesch/Innenpolitik_node.html, Zugriff 9.6.2017

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FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/341770/485095_de.html, Zugriff 28.6.2017

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ÖB New Delhi (12.2016): Asylländerbericht

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USDOS (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Bangladesh, http://www.ecoi.net/local_link/337142/479908_de.html, Zugriff 12.6.2017

Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit und Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Diese Mechanismen werden aber nicht immer angewandt (USDOS 3.3.2017). Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 14.1.2016). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. Die Polizei hat Regeln für angemessene Gewaltausübung in ihre Grundausbildung einbezogen, um bürgernahe Polizeiarbeit umsetzen zu können (USDOS 3.3.2017).

Bangladeschs Sicherheitskräfte haben eine lange Geschichte von willkürlichen Verhaftungen, erzwungenem Verschwinden Lassen und außergerichtlichen Tötungen (HRW 12.1.2017). Obwohl gesetzlich verboten, gibt es Hinweise auf willkürliche Festnahmen, sowie auf die willkürliche Anwendung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen gemäß den Spezialgesetzen "Special Powers Act" und "Public Safety Act". Diese erlauben die 30-tägige Inhaftierung ohne Angabe von Gründen, um Taten zu verhindern, welche die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden. Nach 30 Tagen sind dem Angehaltenen die Haftgründe zu nennen, oder er muss entlassen werden. Die Praxis weicht davon ab. Die Arretierten haben keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Die davon hauptsächlich betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben (ÖB New Delhi 12.2016). Des Weiteren gibt es Berichte von Folter und anderen Missbräuchlichen Handlungen in Polizeigewahrsam. Der "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" von 2013 wird nur schleppend umgesetzt (AI 22.2.2017). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben (AA 14.1.2016).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung:

Rapid Action Bataillons (RABs): Das Rapid Action Bataillon (RAB), gegründet 2004, untersteht dem Innenministerium. Es unterhält 14 Standorte in Bangladesch (RAB-1 bis RAB-14) (AA 14.1.2016) mit insgesamt ca. 8.500 Mann. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen und die Terrorabwehr (ÖB New Delhi 12.2016; vgl. AA 14.1.2016). Die gut ausgebildeten und modern ausgerüsteten RABs sind hauptsächlich in den urbanen Zentren des Landes stationiert und verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Tötungen während Schusswechseln führt. Auch im Zuge von Demonstrationen setzten die RABs neben Gummigeschossen scharfe Munition ein, was auch hier zu Todesopfern führte. Insgesamt starben seit der Gründung 2004 laut Schätzungen über 800 Personen entweder durch Schusswechsel oder in RAB-Gewahrsam, es kam jedoch bisher zu keinen Verurteilungen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leichtbewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB New Delhi 12.2016).

Bangladesch Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Innenministerium, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB New Delhi 12.2016).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" (32 Personen) geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sogenannte "Town Defence Parties" (ÖB New Delhi 12.2016).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 14.1.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (14.1.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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