Entscheidungsdatum
16.10.2018Norm
AlVG §10Spruch
W255 2207200-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta KEUL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 06.09.2018, GZ RAG/A05661/2018, betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 08.08.2018, GZ 2845 160689, beschlossen:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid
vom 06.09.2018 ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 08.08.2018 sprach das Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) gemäß § 10 iVm. § 38 AlVG den Verlust des Anspruchs der Notstandshilfe im Zeitraum vom 23.07.2018 bis 16.09.2018 aus. Nachsicht wurde nicht erteilt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass sich der nunmehrige Beschwerdeführer nicht auf die ihm vermittelte, zumutbare Stelle als Gemeindemitarbeiter beim Dienstgeber XXXX beworben habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 20.08.2018 fristgerecht Beschwerde, in der er ausführte, sich fristgerecht beworben zu haben.
3. Am 08.10.2018 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag vor.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des AMS vom 06.09.2018 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.08.2018 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Nach Wiedergabe der rechtlichen Bestimmungen sowie des Sachverhalts wurde in Bezug auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung Folgendes ausgeführt:
Das Arbeitslosenversicherungsrecht bezwecke, arbeitslos gewordene Versicherte durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und in die Lage zu versetzen, den Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.
§ 10 AlVG sanktioniere durch befristeten Leistungsausschluss diejenigen Personen, die erforderliche Anstrengungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit schuldhaft unterlassen oder vereiteln würden.
Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Hierzu werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer bereits seit Juli 2016 im Leistungsbezug der Arbeitslosenversicherung stehe, sohin Langzeitarbeitslosigkeit vorliege. Innerhalb der letzten 12 Monate sei gegen den Beschwerdeführer bereits die zweite Sanktion gemäß § 10 iVm. § 38 AlVG verhängt worden, was bei der Gesamtbetrachtung der Umstände die Einbringlichkeit der der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung als gefährdet erscheinen lasse.
Eine Gewährung der aufschiebenden Wirkung würde daher den aus generalpräventiven Gründen im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Aus diesem Grund überwiege das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei daher entsprechend der Interessenabwägung auszuschließen.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 13.09.2018 fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde. Begründend wurde darin u.a. ausgeführt, dass er sich fristgerecht bei der Gemeinde XXXXbeworben habe, er zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden sei und es am 04.09.2018 zu einem Bewerbungsgespräch gekommen sei. Das Ergebnis des Termins stehe noch aus. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung sei daher nicht gerechtfertigt. Seiner Beschwerde fügte der BF eine Einladung des potentiellen Dienstgebers Gemeinde XXXX vom 22.08.2018 für ein Vorstellungsgespräch am 04.09.2018 bei.
6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom AMS einlangend erst am 08.10.2018 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Pkt. I. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.
Der Beschwerdeführer bezieht seit Juli 2016 Notstandshilfe.
Festgestellt wird, dass mit Bescheiden des AMS vom 08.08.2018 gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 23.07.2018 bis 16.09.2018 ausgesprochen wurde, wobei Nachsicht nicht erteilt wurde.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben.
Gegenständlich wurde vom AMS die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.08.2018 ausgeschlossen.
Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde seitens des AMS - abgesehen von generalpräventiven Überlegungen zum Normzweck - unter Verweis auf den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung seit Juli 2016 und die insoweit aus Sicht der belangten Behörde bestehende Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers sowie mit Blick auf die Verhängung der zweiten Sanktion nach § 10 AlVG seit der zuletzt erworbenen Anwartschaft und die daraus abgeleitete Gefährdung der Einbringlichkeit der Forderung begründet.
Eine Begründung, ob und inwieweit im vorliegenden Fall die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides zur Abwendung eines gravierenden Nachteils im Einzelfall dringend notwendig ist, ist weder dem bekämpften Bescheid zu entnehmen, noch ergibt sich dies aus den vorliegenden Aktenteilen. Dem Bescheid ist nicht zu entnehmen, warum aus Sicht des AMSF Gefahr in Verzug vorliegt. Dem Bescheid ist keine Interessenabwägung zu entnehmen. Im übermittelten Akt finden sich keine Hinweise auf Exekutionsverfahren odgl.
Das AMS legte nicht konkret dar, aus welchen Gründen die Einbringlichkeit der Forderung nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens im gegenständlichen Fall gefährdet erscheint und der vorzeitige Vollzug des Bescheides dringend geboten ist, sodass die Interessenabwägung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausschlägt.
Das AMS begründete den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe vom 23.07.2018 bis 16.09.2018 damit, dass sich der Beschwerdeführer nicht bei der Gemeinde XXXX beworben habe. Der BF konnte mit der Vorlage eines Schreibens der Gemeinde XXXX vom 22.08.2018 nachweisen, dass er sich beworben hat, zumal er mit diesem Schreiben zu einem Vorstellungsgespräch am 04.09.2018 eingeladen wurde. Laut Angaben des Beschwerdeführers hat er diesen Termin wahrgenommen und ist eine Entscheidung über seine Anstellung ausständig. Die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde des Beschwerdeführers machen eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich (vgl. VwGH 09.05.2016, Ra 2016/09/0035).
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den nunmehr vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und in den Gerichtsakt betreffend das zu Zahl W255 2207200-1 geführte Verfahren.
Die Begründung des von der belangten Behörde verfügten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid.
Das auszugsweise wiedergegebene Vorbringen des Beschwerdeführers ist dem Beschwerdeschriftsatz zu entnehmen. Ebenso das von ihm mit der Beschwerde vorgelegte Einladungsschreiben der Gemeinde XXXX.
Bezüglich der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung wird auf die rechtlichen Ausführungen verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0065 und Ra 2017/08/0081, wurde ausgesprochen, dass Entscheidungen über Beschwerden gegen die aufschiebende Wirkung ausschließende Bescheide des AMS gemäß § 56 Abs. 2 AlVG in Senatsbesetzung (und nicht durch Einzelrichter) zu treffen sind.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
3.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen den - durch verfahrensrechtlichen Bescheid ausgesprochenen - Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den die Hauptsache betreffenden Bescheid.
Gemäß § 13 Abs. 2 letzter Satz VwGVG ist ein Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung "tunlichst" schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen. Beim Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG in dem die Hauptsache erledigenden Bescheid handelt es sich um einen von der Hauptsache trennbaren, selbstständigen Nebenabspruch. Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (erst) im Anschluss an den in der Hauptsache ergangenen Bescheid ausgesprochen wird.
Treten die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erst nach Erlassung des Bescheides ein, kann (muss) die Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nachträglich durch gesonderten verfahrensrechtlichen Bescheid aberkennen (vgl. zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Berufungen VwGH 24.01.1995, 93/04/0203; 17.02.2000, 97/18/0564). Aber auch, wenn die Voraussetzungen bei Erlassung des Bescheides bereits vorlagen, die Behörde jedoch die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht ausgeschlossen hat, kann sie nachträglich ihrer Verpflichtung nachkommen und einen dahingehend lautenden verfahrensrechtlichen Bescheid erlassen. Ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht kommt diesem die Zuständigkeit zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung zu (vgl. § 22 Abs. 3 VwGVG).
Mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird lediglich über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache eingebrachten Beschwerde abgesprochen. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 03.10.2017 ist im gegenständlichen Verfahren hingegen nicht zu prüfen (vgl. z.B. VwGH 11.01.2012, AW 2011/07/0062).
Mangels Erledigung der Rechtssache in der Hauptsache hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss zu erfolgen.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.3. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) oder mit Beschluss (§ 22 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Angemerkt wird, dass dem Bundesverwaltungsgericht die am 14.09.2018 beim AMS eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.09.2018 erst am 08.10.2018 vorgelegt wurde.
Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen. Dass das Verwaltungsgericht ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat, bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam in einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). "Unverzüglich" und "ohne weiteres Verfahren" heißt demnach wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).
3.4. Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anlangt, entsprechen diese Großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5 ff.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, Ra 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anhand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.
Dementsprechend genügt es für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung (nunmehr: Beschwerde) nicht, dass ein Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles an der vorzeitigen Vollstreckung des Bescheides besteht, sondern es muss darüber hinaus noch die Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sein (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31).
"Gefahr im Verzug" bedeutet, dass den berührten öffentlichen Interessen oder den Interessen einer anderen Partei (als des Beschwerdeführers) ein derart gravierender Nachteil droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr im Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde mit dem Ergebnis, dass die Gefahr für den Fall des Zuwartens konkret besteht (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, K10 f. zu § 13 VwGVG mit Hinweis auf VwGH 24.05.2002, 2002/18/0001, und VwGH 22.03.1988, 87/07/0108; Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31).
Die Entscheidung über die Zuerkennung oder die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kann nur das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung sein, welche die berührten öffentlichen Interessen und die Interessen der Verfahrensparteien berücksichtigt (VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028; VfGH 02.12.2014, G74/2014). Es muss sich um ein besonderes öffentliches Interesse handeln, aus dem wegen der "triftigen Gründe" des konkreten Falles die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides sachlich geboten ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 64 Rz 29 mHa VfSlg 11.196/1986; 16.460/2002; 17.346/2004).
3.5. Die belangte Behörde begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung - abgesehen von generalpräventiven Überlegungen zum Normzweck - unter Verweis auf den Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung seit Juli 2016 und die insoweit aus Sicht der belangten Behörde bestehende Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers sowie mit Blick auf die Verhängung der zweiten Sanktion nach § 10 AlVG innerhalb der letzten 12 Monate. Daraus leitete die Behörde eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Forderung ab. Würde in einem solchen Fall die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen, ginge - so die belangte Behörde - der im öffentlichen Interesse liegende Sanktionscharakter verloren und der Normzweck würde unterlaufen.
Im Hinblick auf die im Einzelfall vorzunehmende Interessensabwägung - die im gegenständlichen Bescheid gänzlich unterlassen wurde - wäre die aufschiebende Wirkung etwa dann nicht zu gewähren, wenn begründete Zweifel an der späteren Einbringlichkeit der Forderung bestünden, da in diesem Fall das Interesse der Versichertengemeinschaft, somit das öffentliche Interesse an der Verfügbarkeit von Mitteln für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung überwiegen würde (VwGH 13.05.2009, 2007/08/0285).
Dass gegenständlich die Einbringlichkeit der Forderung nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens nicht möglich wäre, also Gefahr im Verzug bestünde, wurde im Bescheid jedoch nicht ansatzweise konkret dargelegt. Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand, dass gegen den Beschwerdeführer bereits zum zweiten Mal eine Sanktion nach § 10 AlVG verhängt wurde, vermag nicht ohne Weiteres eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Forderung zu begründen. Aus dem Akt ergeben sich diesbezüglich ebenfalls keine Hinweise. Insbesondere sind keine gegen den Beschwerdeführer geführten Exekutionsverfahren ersichtlich. Schließlich erfolgte auch keinerlei Auseinandersetzung der belangten Behörde mit der gemäß § 25 Abs. 4 AlVG vorgesehenen Möglichkeit, die offene Forderung im Falle der Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Rückersatz der (vorläufig) empfangenen Notstandshilfe durch Gewährung von Ratenzahlungen oder im Wege der teilweisen Einbehaltung eines laufenden Notstandshilfebezuges hereinzubringen.
Dass im konkreten Einzelfall begründete Zweifel an der Einbringlichkeit der Forderung nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens bestehen, konnte vom Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden.
3.6. Nach Maßgabe des vom Bundesverwaltungsgericht im Lichte der übermittelten Aktenteile festgestellten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes geht das erkennende Gericht daher nicht davon aus, dass der vorzeitige Vollzug des Bescheides vom 08.08.2018 wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Vielmehr schlägt die Interessenabwägung im gegenständlichen Fall zu Gunsten des Beschwerdeführers aus, weshalb der Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung spruchgemäß stattzugeben war.
Die Akten des Verfahrens sind der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht zurückzustellen, da bisher keine Beschwerdevorentscheidung ergangen ist und dem Gericht daher auch (noch) kein Vorlageantrag übermittelt wurde.
3.7. Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden", was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Pkt. II.3. wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar zumal die Bestimmung des § 64 Abs. 2 AVG Vorbild für jene des § 13 Abs. 2 VwGVG war (vgl. Lehhofer, aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es handelt sich bei der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Begründungspflicht, InteressenabwägungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2207200.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.01.2019