TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/17 W151 2185932-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2018
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Entscheidungsdatum

17.10.2018

Norm

AuslBG §14
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W151 2185764-1/8E

W151 2185932-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über die Beschwerden der Erstbeschwerdeführerin XXXX und des Zweitbeschwerdeführers XXXX , StA Republik Kosovo, beide vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt, Schottenfeldgasse 2-4/23, 1070 Wien, gegen den Bescheid des AMS Wien Esteplatz, GZ: XXXX , vom 29.11.2017 betreffend Nichtzulassung zu einer Beschäftigungsbewilligung als Künstler gemäß § 14 iVm. § 20d Abs. 1 Z 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird Folge gegeben und festgestellt, dass seitens der belangten Behörde gegenüber der Niederlassungs- und Aufenthalts-Behörde gemäß § 20d Abs 1 Z 6 AuslBG die Mitteilung zu ergehen hat, dass XXXX die Kriterien für eine Beschäftigung als Künstler nach § 14 AuslBG erfüllt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1 XXXX (im Folgenden: BF 2), XXXX , StA Kosovo, stellte am 08.06.2017 bei der Magistratsabteilung 35 (MA 35) einen Antrag auf Änderung des Zwecks seines bisherigen Aufenthaltstitels "Aufenthaltsbewilligung Studierender" in "Aufenthaltsbewilligung-Künstler". Dem angeschlossen befand sich die Arbeitgebererklärung der XXXX (im Folgenden: BF 1), wonach der BF 2 für die berufliche Tätigkeit "Geiger" mit 40 Wochenstunden zu einem Bruttomonatsgehalt (ohne Zulagen) von € 1400,- beschäftigt werden soll. Eine Vermittlung von Ersatzkräften wurde gewünscht. Beigelegt waren folgende Unterlagen:

-

Kopie des von 21.08.2016 bis 21.08.2017 gültigen Aufenthaltstitels "Aufenthaltsbewilligung Studierender";

-

eine beglaubigt übersetzte Bestätigung vom 07.06.2017 über die Tätigkeit des BF 2 als Geiger im Ensemble für Gesang und Tanz im XXXX im Zeitraum von 06.10.2010 bis 31.03.2014;

-

eine beglaubigt übersetzte Bewertungsbescheinigung über den Abschluss eines Musikkulturkurses für die Violine von 11.01.2010 bis 09.07.2010 in XXXX mit Erfolg;

-

eine beglaubigt übersetzte Bestätigung über den Abschluss eines Musikkulturkurses für die Violine von 11.01.2010 bis 09.07.2010 mit insgesamt 180 Stunden;

-

eine Einreichbestätigung der MA35 über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 08.06.2017;

2. Am 07.08.2017 stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den BF 2 für die berufliche Tätigkeit als Marketingassistent mit 10 Wochenstunden zu einem Bruttomonatsgehalt (ohne Zulagen) von € 400,-. Dieser Antrag wurde mit Bescheiden des AMS Wien Esteplatz (im Folgenden belangte Behörde oder AMS) vom 26.09.2017, GZ: XXXX abgewiesen, wogegen von den BF fristgerecht Beschwerde erhoben wurde. Nach Aufforderung durch das BVwG mittels Parteiengehör vom 21.09.2018, einen Antrag aufgrund der Unzulässigkeit bedingter und konkurrenzierender Anträge zurückzuziehen, teilten die BF mit Schreiben vom 28.09.2018 mit, dass sie den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung nach § 4 AuslBG für die berufliche Tätigkeit als Marketingassistent zurückziehen.

3. Betreffend den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung Künstler ersuchte das MA35 mit Schreiben vom 19.07.2017 um Beglaubigung der vorgelegten Bescheinigungen bezüglich der Qualifikation des BF 2 als Künstler durch das kosovarische Außenministerium sowie um Nachreichung eines Sammelzeugnisses.

4. Mit 22.08.2017 wurden folgende Unterlagen nachgereicht:

-

eine beglaubigte Bestätigung über die Tätigkeit des BF 2 als Geiger im XXXX im Zeitraum von 06.10.2010 bis 31.03.2014;

-

zwei Feedback-Bögen der XXXX über die Einstufung der Sprachkenntnisse des BF 2;

-

Ein Studienblatt vom 02.02.2017 über die Meldung des BF 2 zum Universitätslehrgang Vorstudienlehrgang seit 01.10.2015.

5. Mit Schreiben vom 30.08.2017 wurde der Antrag der belangten Behörde übermittelt.

6. Mit Parteiengehör vom 29.09.2017 teilte die belangte Börde den BF mit, dass der BF 2 bereits seit 2016 Beschäftigungsbewilligungen als Marketingassistent erteilt worden waren. Eine Beschäftigungsbewilligung nach § 14 wäre jedoch nicht zu erteilen, wenn der Anteil der künstlerischen Tätigkeit in der beabsichtigten Beschäftigung eine nur untergeordnete Rolle spielt. Da aufgrund der vorgelegten Unterlagen Zweifel an der künstlerischen Eignung des BF 2 bestanden wurde der BF 2 ersucht nachzuweisen, welche Gründe für die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit vorliegen.

7. Dazu nahmen die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12.10.2017 Stellung und brachten vor, dass aufgrund der geänderten Auftragslage eine Erhöhung der Kapazitäten erforderlich ist, und die offenen Stellen vorzüglich an bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vergeben werden. Der BF 2 habe sich zudem bei seinem Vorspiel kompetent und gut vorbereitet gezeigt.

8. Mit Parteiengehör vom 31.10.2017 teilte des AMS mit, dass eine Überprüfung des gegenständlichen Antrages ergeben habe, dass der BF 2 seit 24.06.2017 ohne erforderliche arbeitsrechtliche Bewilligung beim BF 1 (Anmerkung: das AMS bezieht sich auf eine Beschäftigung als Marketingassistent) beschäftigt gewesen sei und aufgrund dessen gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 AuslBG nicht möglich ist.

9. Mit Bescheiden vom 29.11.2017 GZ: XXXX wies das AMS die gegenständlichen Anträge ab und begründete dies damit, dass der BF 2 seit 24.06.2017 ohne erforderliche arbeitsrechtliche Bewilligung beim BF 1 (Anmerkung: das AMS bezieht sich auf eine Beschäftigung als Marketingassistent) beschäftigt gewesen sei und aufgrund dessen gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 14 AuslBG zu versagen ist.

10. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde für die Erlassung eines Bescheides nach dem NAG nicht zuständig sei. Zudem habe die belangte Behörde die vorangegangenen Stellungnahmen nicht berücksichtigt und sei aufgrund dessen betreffend die Beschäftigung des BF 2 ohne erforderliche Bewilligung zu einem falschen Schluss gekommen. Schließlich wäre der angefochtene Bescheid wegen Verletzung der Begründungspflicht rechtswidrig. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde Folge zu geben den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu in der Sache selbst zu entscheiden oder an die zuständige Behörde zurückzuverweisen und dem jeweiligen Rechtsträger den Ersatz der Verfahrenskosten aufzutragen. Ferner wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

11. Mit Schreiben des AMS vom 09.02.2018 wurden die Beschwerden dem BVwG vorgelegt.

12. Mit Schreiben vom 13.04.2018 stellten die Beschwerdeführer einen Antrag auf mündliche Verhandlung.

13. Am 30.08.2018 langte ein Fristsetzungsantrag der BF an den VwGH beim BVwG ein.

14. Aus einem am 20.09.2018 amtswegig vom BVwG erhobenen Hauptverbandsauszug ergab sich, dass vom 01.07.2016 bis 18.12.2017 eine Beschäftigung des BF 2 als geringfügig beschäftigter Angestellter bei der BF 1 bestanden hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF 2, XXXX , Staatsangehörigkeit Kosovo, ist Geiger. Er hat im Zeitraum von 11.01.2010 bis 09.07.2010 einen Musikkurs für Geige im Ausmaß von 180 Stunden in Deqan abgeschlossen. Dem BF 2 wird durch Bestätigung vom 07.06.2017 bescheinigt, dass er als Geiger in der Zeit von 06.10.2010 bis 31.03.2014 als Mitglied eines Gesangs- und Tanzensembles XXXX in tätig war.

Der BF 2 war vom 01.07.2016 bis zum 18.12.2017 als Marketingassistent bei der BF 1 geringfügig angestellt. Die Beschäftigungsbewilligung für die Anstellung des BF 2 als Marketingassistent endete am 23.06.2017. Am 08.06.2017 wurde eine Aufenthaltsbewilligung für den BF 2 als Künstler beantragt. Es liegen somit unterschiedliche Bewilligungsformen vor.

Die in Frage kommende Arbeitgeberin organisiert in der Regel täglich Konzerte in verschiedenen großen Konzertsälen wie dem Palais Auersperg.

Der BF 2 wird bei der BF 1 als Geiger im Ausmaß von 40 Wochenstunden beschäftigt werden. Es liegt somit eine künstlerische Tätigkeit vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der dem BVwG vorgelegten Aktenlage und dem amtswegig erhobenen Hauptverbandsauszug zum BF 2.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i. entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Es liegt somit im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Stattgabe

§ 4 AuslBG lautet wie folgt:

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine

Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. bis 3. ...

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. bis 11. ...

(2) bis (7) ...

§ 14 AuslBG:

(1) Ausländer, deren unselbständige Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, werden zu einer Beschäftigung als Künstler zugelassen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme des Abs. 1 Z 1 vorliegen. Bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen darf die Zulassung nur versagt werden, wenn die Beeinträchtigung der durch dieses Bundesgesetz geschützten öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wiegt als die Beeinträchtigung der Freiheit der Kunst des Ausländers.

(2) Bei der Abwägung gemäß Abs. 1 ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass durch die Versagung der Zulassung dem Ausländer eine zumutbare Ausübung der Kunst im Ergebnis nicht unmöglich gemacht wird. Dabei darf weder ein Urteil über den Wert der künstlerischen Tätigkeit noch über die künstlerische Qualität des Künstlers maßgebend sein.

(3) Bei begründeten Zweifeln hat der Ausländer oder sein Arbeitgeber die beabsichtigte Ausübung einer künstlerischen Tätigkeit glaubhaft zu machen.

§ 20d AuslBG:

(1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine "Rot-Weiß-Rot - Karte", Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine "Blaue Karte EU" und ausländische Künstler den Antrag auf eine "Aufenthaltsbewilligung - Künstler" gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde - je nach Antrag - schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung

..

6. als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) bis (4) [...]"

Auf den konkreten Fall angewendet bedeutet dies:

1. Zur Versagung der Beschäftigungsbewilligung aufgrund bereits begonnener Tätigkeit:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG ist eine Beschäftigungsbewilligung nicht zu erteilen, wenn die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat.

Dieser Tatbestand ist erfüllt, wenn eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wird, die mit der beantragten Beschäftigung in inhaltlichem Zusammenhang steht. Ein solcher inhaltlicher Zusammenhang besteht, wenn Tätigkeiten, zu deren Durchführung sich der Beschäftigte aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet hat, zumindest gleichartig sind (vgl. VwGH 21.10.1998, Zl 96/09/0347).

Der BF 2 war unstrittig vom 01.07.2016 bis zum 18.12.2017 als Marketingassistent bei der BF 1 geringfügig angestellt. Bei der antragsgegenständlichen Tätigkeit handelt es sich um die eines Geigers im Ausmaß von 40 Wochenstunden zu einem Bruttomonatsgehalt von € 1400,-. Eine Gleichartigkeit der Tätigkeiten im Sinne der angeführten Judikatur ist hier gerade nicht gegeben, weshalb ein inhaltlicher Zusammenhang nicht vorliegend ist.

Daraus folgt, dass sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall bei der Abweisung des Antrages zu Unrecht auf den Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Z 4 AuslBG gestützt hat.

2. Zur Zulassung zu einer Tätigkeit als Künstler gemäß § 14 AuslBG:

§ 14 Abs. 1 AuslBG erfordert, dass die unselbständige Tätigkeit des antragstellenden Künstlers überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist.

Unter Zugrundelegung der Berufssystematik des AMS Österreich wird die Tätigkeit im Regelfall bei Musikern durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt sein (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz (2018), zu § 14, Rz 4).

Gemäß dem (zur früheren Rechtslage ergangenen) Erkenntnis des VwGH vom 14.10.2011, Zl. 2009/09/0098, war nach der im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 4a AuslBG kein "Qualifikationsnachweis" zu erbringen, sondern lediglich die Voraussetzung der beabsichtigten künstlerischen Tätigkeit bei begründeten Zweifeln glaubhaft zu machen. Dieses Erkenntnis ist zweifelsfrei auch auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 14 AuslBG den Erläuterungen zufolge jenen des früheren § 4a AuslBG entsprechen (s. RV 2163 BlgNR 24. GP, S 4).

§ 14 AuslBG enthält zwar (wie § 4a AuslBG) weder eine Definition des Künstlers noch eine Auflistung der als künstlerisch geltenden Tätigkeiten. Unter die sehr offene Formulierung "Aufgaben der künstlerischen Gestaltung" in Abs. 1 sind aber alle künstlerischen Tätigkeiten von darstellenden und schaffenden Künstlern (z.B. Musiker, Sänger, Tänzer, Bühnenbildner etc.) zu subsumieren. Dabei darf gemäß § 14 Abs. 2 2. Satz AuslBG weder ein Urteil über den Wert der künstlerischen Tätigkeit noch über die künstlerische Qualität des Künstlers maßgebend sein (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz (2018), zu § 14, Rz 4).

Das in Abs. 1 geforderte "Überwiegen" bezieht sich primär auf das zeitliche Ausmaß und nicht auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit. Demnach kommt § 14 nicht zur Anwendung, wenn im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses der Anteil der künstlerischen Tätigkeit nur eine untergeordnete Rolle spielt (Deutsch/Nowotny/Seitz, a.a.O. Rz 4).

Das Vorliegen der im § 14 AuslBG geforderten Voraussetzungen ist im gegenständlichen Fall zu bejahen:

Es kommt bei der Prüfung des § 14 AuslBG nicht darauf an, ob die Ausbildung zum Künstler einer österreichischen Ausbildung für diesen Kunstbereich entspricht oder gleichwertig ist. Die Ausbildung und Berufserfahrung muss geeignet sein, dass der Bewilligungswerber die in Aussicht genommene künstlerische Tätigkeit in der Qualität ausfüllen kann, die erwartet wird.

Die Tätigkeit des BF 2 wird durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt. Er ist ausschließlich als Geiger engagiert für 40 Stunden. Insofern kann dahingestellt bleiben, ob die musikalische Ausbildung des BF 2 bestimmten Standards entspricht, da es bei der Erfüllung der Voraussetzungen des § 14 AuslBG auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit gerade nicht ankommt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass es sich beim BF 1 um einen anerkannten Veranstalter klassischer Musikkonzerte mit Veranstaltungen in verschiedenen großen Konzertsälen wie dem Palais Auersperg handelt. Ein Hinweis dafür, dass es sich bei der beabsichtigten Beschäftigung des BF 2 nicht um eine künstlerische Tätigkeit handelt, ist daher nicht zu ersehen.

Das Gericht sieht daher keine Gründe, die dafür sprechen, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 14 AuslBG zu verneinen, weil die Beeinträchtigung der durch das AuslBG geschützten öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wögen als die Beeinträchtigung der Freiheit der Kunst des Ausländers.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erschien.

Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6. Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 2010/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die VwGH-Erkenntnisse vom 29. Juni 2005, Zl. 2004/08/0044, und vom 19. November 2004, Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte (vgl. das VwGH-Erkenntnis vom 28. September 2010, 2009/05/0160).

Wenngleich die Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragten, liegen solche Umstände, die ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung rechtfertigen, auch im gegenständlichen Fall vor, da keine Tatsachenfragen aufgeworfen wurden, die eine mündliche Verhandlung erforderlich gemacht hätten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschäftigungsbewilligung, Künstler, künstlerische Tätigkeit,
Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W151.2185932.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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