TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/19 W154 2207855-1

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Veröffentlicht am 19.10.2018
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Entscheidungsdatum

19.10.2018

Norm

AVG §19
BFA-VG §34 Abs3 Z4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W 154 2207855-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch Flüchtlings- und Integrations-Arbeit Internationale Baptistengemeinde Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, Zahl:

[1098462905/180849345], zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, Zahl: [1098462905/180849345], dem ausgewiesenen Vertreter zugestellt am selben Tag, wurde unter Spruchteil I. gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG dem Beschwerdeführer (in Folge: BF) aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes den Interviewtermin bei der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan am 12.10.2018 um 10:00 Uhr persönlich wahrzunehmen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken, wobei er diesen Bescheid und die in seinem Besitz befindlichen relevanten Dokumente mitzubringen habe. Wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass seine Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG angeordnet werde. Unter Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

In der Begründung des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den BF mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.07.2018 eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei. Der BF sei der Verpflichtung zur Ausreise in sein Heimatland jedoch bislang noch nicht nachgekommen und verfüge über kein gültiges Reisedokument.

Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde insbesondere ausgeführt, dass der nun anstehende Botschaftstermin mit einer Vertretung des Heimatlandes des BF es dem BFA ermögliche, die Identität des BF durch autorisierte Vertreter seines Herkunftslandes festzustellen bzw. zu bestätigen. Ohne Reisedokumente (Ersatzreisedokument) sei eine Durchsetzung einer aufenthaltsbeendeten Maßnahme nicht möglich und habe der BF die Verpflichtung an der Beschaffung eines (Ersatz-) Reisedokumentes mitzuwirken. Dies sei im Fall des BF mit einer Ladung zu einer Amtshandlung des BFA zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes bei der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan verbunden. Ein Behördenvertreter werde anwesend sein. Anderenfalls wäre eine Durchsetzung der gesetzlichen Verpflichtung des BF nicht möglich. Für den Fall, dass der BF dem Auftrag nicht Folge leisten würde, würde von der Ermächtigung zur Erlassung eines Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG Gebrauch gemacht werden.

Zu Spruchpunkt II. wurde insbesondere ausgeführt, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aufgrund der überwiegenden öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Bescheides ausgeschlossen sei, zumal der BF der gegen seine Person bestehenden vollstreckbaren Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei und ein weiterer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen widerspreche. Demgegenüber stehe lediglich ein bloßes faktisches Interesse des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, weshalb die öffentlichen Interessen klar überwiegen würden.

Mit Schriftsatz vom 05.10.2018 stellte der BF beim BFA unter Bezugnahme auf seine am 05.09.2018 geborene Tochter einen Asylantrag gemäß § 34 AsylG.

Mit Schriftsatz vom 06.10.2018, durch Beschwerdevorlage seitens des BFA beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 18.10.2018, erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Vertreter Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Bescheid betreffend Wahrnehmung eines Interviewtermins bei der Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan und Androhung der Festnahme bei Nichtwahrnehmung sowie Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. Begründet wurde die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass dem BF die Wahrnehmung des Termins bei der Botschaft seines Heimatlandes aufgrund seiner Asylantragstellung nicht möglich sei. In einem ersuchte der BF um Abberaumung des Botschaftstermins am 12.10.2018.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 27.09.2018 wurde der BF für den 12.10.2018 zu einem Interviewtermin in die afghanische Botschaft zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes geladen. Für den Fall seines Nichterscheinens ohne wichtigen Grund wurde dem BF die Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG angedroht.

Mit Schriftsatz vom 05.10.2018 stellte der BF beim BFA unter Bezugnahme auf seine am 05.09.2018 geborene Tochter einen Asylantrag gemäß § 34 AsylG.

Im Beschwerdeschriftsatz vom 06.10.2018 ersuchte der BF unter Hinweis auf seinen Asylantrag um Abberaumung des Botschaftstermins am 12.10.2018.

Der BF ist zu dem Interviewtermin am 12.10.2018 bei der afghanischen Botschaft nicht erschienen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 46 Abs. 2a und 2b FPG lauten:

"(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt."

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann vom Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug geboten ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bestimmt, dass in der Ladung außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben ist, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind. Abs. 3 ordnet an, dass, wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung hat, der Ladung Folge zu leisten, und zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden kann. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war. Gemäß Abs. 4 ist gegen die Ladung oder die Vorführung kein Rechtsmittel zulässig.

Maßgeblich für die Entscheidung der Berufungs- bzw. Beschwerdeinstanz ist die Sachlage im Entscheidungszeitpunkt (VwGH vom 14.01.1987, Zl. 86/06/0072; VwGH vom 25.06.1999, Zl. 99/19/0052; VwGH vom 16.11.2017, Ra2017/07/0042; VwGH vom 22.02.2018, Ra2018/220018 uvm.).

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Reisedokument und ist seiner Verpflichtung zur Ausreise in sein Heimatland nicht nachgekommen. Um seine Ausreise in sein Heimatland sicherzustellen, wurde ihm im angefochtenen Bescheid die Mitwirkung spruchgemäß aufgetragen.

Dem Bescheid ist zu entnehmen, dass Gegenstand der Amtshandlung ein Interviewtermin bei der afghanischen Botschaft zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgeführt, dass Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates zulässig sind, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind (vgl. VwGH 11.06.2013, 2012/21/0121, mwN).

Im angefochtenen Bescheid werden der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.

Insoweit entspricht der angefochtene Bescheid den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.

Nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 AVG ist überdies zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Amtsbereich der belangten Behörde seinen Aufenthalt hat und ob sein Erscheinen "nötig" ist:

Der Beschwerdeführer hat seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, sodass die Voraussetzung des Aufenthaltes im Amtsbereich der belangten Behörde erfüllt ist.

Angesichts der Tatsache, dass der BF am 05.10.2018 einen Asylantrag gemäß § 34 AsylG gestellt hat, über den zum Zeitpunkt des Interviewtermins noch nicht entschieden war, ist jedoch die Voraussetzung der Notwendigkeit des Erscheinens des BF im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Aus diesem Grund ist auch die Grundlage für die angeordnete Festnahme (nachträglich) weggefallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Aufgrund der ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheides, war es auch nicht mehr erforderlich, sich mit der Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde näher auseinander zu setzen.

Da im vorliegenden Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG), war keine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Anhängigkeit, Asylantragstellung, Behebung der Entscheidung,
ersatzlose Behebung, Festnahmeauftrag, Ladungsbescheid,
Mitwirkungspflicht, Reisedokument, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W154.2207855.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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